Auch legen wir einen Härtefallfonds für Energieschulden auf, damit bei niemandem der Kühlschrank leer bleibt oder ausgeht. Schließlich stärken wir soziale Hilfsangebote dort, wo Menschen zu Hause sind, mit den unabhängigen Sozialberatungen in den Bezirken, weil sie vor Ort bei den Menschen sind und ihnen bei Problemen helfen. Das ist soziale Politik, die den Menschen hilft.
Aber dieses soziale Berlin darf nicht nur dort sein, wo Menschen Hilfe brauchen, sondern muss auch dafür sorgen, dass Menschen erst gar nicht hilfsbedürftig werden. Das bedeutet, eine Politik der Vorsorge zu betreiben, und das tun wir mit diesem Haushalt.
Jedes Jahr werden in Berlin mehrere Tausend Menschen aus ihrer Wohnung zwangsgeräumt. Das ist ein Skandal, den wir nicht akzeptieren dürfen. Um das zu verhindern, nehmen wir als Koalition 1,2 Millionen Euro in die Hand, damit kein Mensch mehr aus seiner Wohnung fliegt, damit sich jeder Mensch zu Hause geborgen fühlt.
Lassen Sie mich noch eines sagen: Niemand wird auf der Straße geboren, aber jeder Mensch kann auf der Straße landen. Das Leben dort ist geprägt von einer unfassbaren Brutalität des Mangels, weil jeder Tag ein Kampf um das eigene Überleben ist, auch jetzt, wo der Durst der größte Feind ist. Kein Mensch soll in Berlin mehr auf der Straße
leben. Das ist das Ziel für uns als Koalition, und dafür sorgen wir, indem wir die Wohnungslosenhilfe stärken mit mehr als 3 Millionen Euro für Housing First, um noch mehr Menschen in Wohnraum unterzubringen, mit einem neuen Hilfsangebot für die Unsichtbaren, die Couchhopper in unserer Stadt, und mit einem neuen Modellprojekt für rollstuhlfahrende Obdachlose, weil es unsere moralische Pflicht ist, denen zu helfen, die es am härtesten auf der Straße haben. Der Wert einer solidarischen Gesellschaft zeigt sich immer am Umgang mit seinen Schwächsten.
Deshalb: Lassen Sie uns weitermachen, lassen Sie uns weiterhin für eine soziale Politik für Berlin streiten, mit diesem Haushalt und mit dem nächsten! – Ich bedanke mich!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Jetzt brennt es lichterloh“. – das waren die Worte des BDIPräsidenten Siegfried Russwurm auf dem „Tag der Industrie“. Die Inflation ist zurück, und zwar so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. Die Energiepreise stiegen um 38 Prozent und die Preise für Lebensmittel um 11 Prozent, und das Ende der Fahnenstange ist noch lange nicht erreicht. Die Anhebung der Mindestlöhne, ein 9Euro-Ticket oder der Tankrabatt kommen doch angesichts der Inflation im Geldbeutel kaum an.
Jeder Fünfte in Deutschland musste sein Konto aufgrund der Inflation überziehen, und Berlin hat 13 neue Armutskieze, insgesamt jetzt 56. Die Tafeln in Berlin melden „Land unter“, so groß war der Andrang noch nie. Das sind die Lebensverhältnisse zurzeit hier in Berlin. Dies dem Haushaltsplan Arbeit und Soziales gegenüberzustellen, ist geradezu erschreckend.
Denn was bringen die Einzelmaßnahmen, die hier aufgeführt sind, älteren Menschen, Alleinerziehenden, Arbeitslosen, prekär Beschäftigten oder vielen Kindern und Jugendlichen aus ärmeren Verhältnissen? Apropos: Berlins Jugendliche sind heute schon der Meinung, die Politik unterstützt sie zu wenig oder gar nicht bei der Ausbildungsplatzsuche. 377 000 Fachkräfte werden dem Berliner Arbeitsmarkt im Jahr 2035 laut IHK fehlen. Genau deshalb wollten wir bedarfsorientierte Qualifizierungsangebote unterstützen oder Programme zur Vertiefung der Berufsorientierung, die früh ansetzen, sowie Modelle und Pilotprojekte zur Berufsorientierung. Projekte wie
Projekt „#seiDUAL“, das Sie auch unterstützt haben – wir hätten uns noch ein bisschen mehr gewünscht – zur Fachkräftesicherung, Förderung der dualen Ausbildung und Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen sind eine gute Sache, und da hätten wir uns, wie gesagt, noch ein bisschen mehr gewünscht.
Auch im Bereich Langzeitarbeitslosigkeit wirkt die Pandemie nach. Deshalb wollten wir die Qualifizierungsmaßnahmen stärken, um die Aufnahme von selbstständiger Tätigkeit zu unterstützen. Aber der Senat finanziert lieber das Pilotprojekt „Solidarisches Grundeinkommen“, welches unter dem Etikettenschwindel, meine Kollegin Jasper-Winter hat es schon gesagt, „Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ daherkommt, nicht nachhaltig ist – Sie legen sonst immer so viel Wert auf Nachhaltigkeit – und 30 Millionen Euro kostet.
Auch im Bereich Obdachlosigkeit fehlt eine solide Bestandsaufnahme, um wirkungsvoll helfen zu können. Die „Nacht der Solidarität“ im Jahr 2020 war nicht sonderlich erfolgreich. Die ca. 2 000 gezählten wohnungslosen Menschen ließen keinerlei Schlussfolgerungen für gezielte Hilfsprogramme zu. Wir würden gern nachweislich nachhaltige Projekte für wohnungslose Menschen unterstützen, und das Projekt Housing First, das wurde hier schon genannt, ist zwar hilfreich, es ist nett, aber es ist viel zu teuer und bietet zu wenig Plätze für zu viel Geld.
Solidarisch und sozial zu sein, heißt nicht immer, Hilfe von oben herab zu gewähren, sondern für die Menschen dieser Stadt die Bedingungen zu schaffen, dass jeder von seiner Arbeit selbstbestimmt und unabhängig leben kann. Die immer weitergehende Ausdehnung von nicht zielführenden Projekten und Parallelstrukturen, statt solide Regelsysteme zu stärken, führt am Ende nicht zu dem, was wir eigentlich wollen, nämlich zum stärkeren Zusammenhalt und dazu, dass wirklich die Hilfe bei den Menschen ankommt. Sie führt nicht zu mehr Wohnungen, zu mehr Ausbildungsplätzen, zu weniger Hartz-IV-Empfängern oder allgemein zu weniger Armut.
Wir haben viele sachlich gut begründete Anträge samt Gegenfinanzierungsangeboten im Fachausschuss eingebracht. Sie wurden alle von Ihnen konsequent abgelehnt, ohne sich überhaupt mit den Inhalten zu beschäftigen. Das ist zwar sehr traurig, lässt sich aber nicht ändern. Wir bleiben weiter am Ball. Den Haushaltsplan lehnen wir natürlich ab, weil Sie unserer Meinung nach hier wieder mal die Schwerpunkte falsch gesetzt haben. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hatten ja bereits heute und auch in der vergangenen Plenarsitzung über die drohende Armutsspirale geredet. Steigende Lebensmittelpreise, steigende Energiekosten treffen Menschen mit niedrigem Einkommen natürlich mit besonderer Wucht, und viele haben die Sorge, dass sie mit ihrem Geld zukünftig nicht mehr über die Runden kommen. Um dieser drohenden Armutsspirale entgegenzuwirken, um den sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt zu sichern, tut der Haushalt tatsächlich eine ganze Menge.
Heute früh haben wir die Erhöhung des Landesmindestlohns beschlossen, 13 Euro, und ein armutsfester Mindestlohn ist allemal besser als irgendwelche Notprogramme und Einmalzahlungen.
Bei der Ausbildungsförderung, bei der Qualifizierung und Vermittlung von jungen Menschen stockt Rot-Rot-Grün ordentlich auf, denn es fehlen nach wie vor Ausbildungsplätze in Berlin. Die Unternehmen bilden zu wenig aus. Während der Covid-19-Pandemie sind die Azubis in Kurzarbeit geschickt worden, während beispielhaft das Ausbildungshotel Am Tierpark vorangeht und die Ausbildung in der Gastronomie gesichert hat. Selbstverständlich wird die Ausbildungsumlage kommen, damit es endlich mehr Ausbildungsplätze in Berlin gibt.
Vorsorge zu treffen gegen die steigenden Preise, allen Berlinerinnen und Berlinern eine Teilhabe in dieser Stadt zu ermöglichen, dafür ist der vorliegende Haushalt eine gute Grundlage. Wir legen einen Härtefallfonds gegen Energiearmut auf, um Menschen mit geringem Einkommen zu unterstützen. Familien finden sich manchmal schwer in dem Formulardschungel der Bildungs- und Teilhabeleistungen zurecht, kurz BuT-Leistungen. Genau deswegen unterstützen wir die mehrsprachige Beratungsstelle, damit Kinder und Familien, die Sozialleistungen beziehen, nachmittags auf den Bolzplatz spielen gehen können und auch Unterstützung bei der Lernförderung erhalten, denn gesellschaftliche Teilhabe darf nicht am Geld scheitern.
Zum sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt gehört auch unser Engagement gegen Wohnungslosigkeit und gegen Obdachlosigkeit. Housing First ist unser Leitmotiv, nämlich alles zu tun, damit eine Wohnung weiterhin ein Zuhause ist, alles zu tun, damit Menschen eine Wohnung
bekommen. Dafür bietet der Haushalt eine gute Chance, damit wir unserem Ziel, Wohnungslosigkeit, Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden, einen Schritt näher kommen. Es gibt mehr Geld für Housing First. Wir stärken die bezirklichen Fachstellen für Wohnungsnotfälle. Wir legen ein Trägerprogramm auf, ein Trägerprogramm mit den Trägern, die die Wohnungsloseneinrichtungen, die ASOG-Unterkünfte, in Wohnraum umbauen können.
Rot-Rot-Grün schafft mehr Stadtteilzentren. Wir unterstützen das Hauptamt und damit natürlich auch ehrenamtliches Engagement in den Stadtteilzentren, und nicht zuletzt stärken wir damit die Kieze, die Stadtteilinitiativen, die Seniorentreffs, die Sozial- und Mietrechtsberatung und vieles andere mehr.
Selbstverständlich sind in diesem Einzelplan und in den anderen Einzelplänen alle wichtigen Themenfelder abgedeckt. Die Seniorenpolitik und das Gutes-Leben-imAlter-Gesetz gehören dazu, das Inklusionstaxi auch, und mit der Umsetzung des Landesgleichberechtigungsgesetzes wird das selbstverständliche Recht von Menschen mit Behinderung auf Teilhabe endlich auch praktisch umgesetzt.
An vielen Stellen hat Rot-Rot-Grün die Mittel aufgestockt. Wir schieben neue Projekte an. Über all die Dinge haben wir in den Haushaltsberatungen im Einzelnen diskutiert; jetzt wird es Zeit, dass wir den Haushalt endlich verabschieden. Dieser Haushalt hat wieder einen starken sozialpolitischen Schwerpunkt, und das ist das Mindeste, was diese Stadt erwarten kann.
Für den Senat spricht die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales. – Bitte sehr, Frau Senatorin Kipping, Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Dieser Haushalt ist dem Ziel verpflichtet, gute Arbeit voranzubringen. So hat beispielsweise heute das Parlament die Erhöhung des Landesmindestlohns auf 13 Euro beschlossen, und das heißt, dort, wo Geld vom Land Berlin drin ist, muss künftig niemand für unter 13 Euro die Stunde arbeiten.
Um mal lebenspraktisch zu veranschaulichen, was das heißt: Ein Beschäftigter mit sagen wir einer Vierzigstundenwoche, der nach Mindestlohn bezahlt wird, bekäme 160 Euro im Monat mehr als ein Beschäftigter, der allein
nach Bundesmindestlohn bezahlt wird. Berlin hat schon immer Trends gesetzt, und das gilt auch, wenn es heißt, Vorreiterin für gute Arbeit und gute Ausbildung zu sein.
Frau Jasper-Winter! Nicht gute Löhne bedeuten Bürokratie, sondern zu niedrige Löhne führen zu Bürokratie, weil Menschen womöglich mit dem Geld nicht über die Runden kommen und dann aufstocken und Sozialleistungen beantragen müssen und das jede Menge Antragswust nach sich zieht.
Wir leben in Zeiten großer Unsicherheiten; umso wichtiger ist Sicherheit in der Arbeitswelt. Sicherheit in der Arbeitswelt beginnt beim Arbeits- und Gesundheitsschutz. Das Landesamt, das den Arbeitsschutz kontrolliert, wird in diesem Doppelhaushalt aufgestockt, und wir schaffen dort 65 neue Stellen. Das ist ein in Stellen geronnenes Bekenntnis für Arbeitsschutz.
Zu diesem Bekenntnis mache ich noch eine politische Ansage: Der Markt der Kurierdienste ist als neuer Markt gerade besonders umkämpft, und dieser Konkurrenzkampf wird nur zu schnell auf dem Rücken von Beschäftigten ausgetragen. Wenn nun ein wirtschaftlicher Player meint, den Arbeitsschutz ignorieren zu können, so muss er damit rechnen, dass die Vollzugsbeamtinnen des LAGetSi ihm auf die Schliche kommen, und das wird für ihn Konsequenzen haben, denn Arbeitsschutz ist eine Frage von Sicherheit, und es ist nicht hinnehmbar, wenn der Konkurrenzkampf auf dem Rücken von Beschäftigten und auf Risiko ihrer Gesundheit und ihres Lebens ausgetragen wird.