Heute kann ich Ihnen wieder sagen: Es ist vollbracht! Der Hauptausschuss hat die Beratung für den Doppelhaushalt 2022/2023 abgeschlossen. Es ist mir eine Freude, Ihnen zu sagen, dass der Hauptausschuss dem Parlament die Annahme der vorliegenden Beschlussempfehlung Drucksache 19/0400 zur Drucksache 19/0200 in veränderter Fassung dringlich empfiehlt. Die Empfehlung ist mit den Stimmen der Koalition und gegen die der Opposition zustande gekommen.
Das Haushaltsgesetz hätte bereits Ende des vorigen Jahres beschlossen werden müssen, um zum 1. Januar 2022 in Kraft zu treten. Dass das Parlament nicht pünktlich mit den Beratungen loslegen konnte, kommt in Berlin etwa alle zehn Jahre vor. Grund war die Abgeordnetenhauswahl im September. Der Haushaltsentwurf musste vom neuen Senat überarbeitet werden, sodass der Hauptausschuss erst ab März beraten konnte. Das Haushaltsgesetz, das wir heute verabschieden werden, wird am Tag nach der amtlichen Verkündung im Gesetzes- und Verordnungsblatt für Berlin sofort in Kraft treten. Damit endet zugleich die vorläufige Haushaltswirtschaft. Dann endlich können Mittel für neue Projekte, Baumaßnahmen oder Beförderungen freigegeben werden.
Hinter uns Haushälterinnen und Haushältern liegt eine intensive Zeit, die wir miteinander, die Sie mit mir verbringen mussten. Im Hauptausschuss brauchten wir zwischen Mitte März und Juni 72 Stunden in 15 Sitzungen, um den Haushaltsplanentwurf mit seinen 4 028 Seiten kapitel-, titel- und stellenweise durchzuarbeiten. Nicht eingerechnet ist die Zeit in den Unter- und Fachausschüssen oder die Zeit jedes Einzelnen für Lesen und Verstehen des Haushaltes und seiner Vorlagen.
Ein beliebtes Spiel ist es unter uns Haushälterinnen und Haushältern, versteckte Geldquellen für mehr eigene Spielräume in den Einzelplänen zu enttarnen, was in der
Regel gut funktioniert. 623 Mal fassten wir bei den Fachverwaltungen nach, um in Erfahrung zu bringen, wo es stinkt, um möglicherweise Schaden vom Land abzuwenden. Regelmäßig bekamen wir dicke Konvolute an Antworten zurück. Neben Zeit braucht es viel Durchhaltevermögen. Hauptausschuss bedeutet also Sitzfleisch, Teamgeist und leidenschaftliches, hingebungsvolles Diskutieren und Streiten, um am Ende zu guten Ergebnissen zu kommen. So werden wir Haushälterinnen und Haushalter unserem Job gerecht. Das Haushaltsrecht ist nun mal die Königsdisziplin.
Meine Stellvertreter, Frau Dr. Schmidt und Herr Schmidt, haben mich während der Beratung immer mal wieder für eine kurze Zeit vertreten. Das haben Sie hervorragend gemacht. Dafür danke ich Ihnen!
Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen im Hauptausschuss für die einwandfreie Zusammenarbeit, Koalition wie Opposition. Die Beratungen waren stets fair und konstruktiv, hart und unerbittlich in der Sache, aber immer kollegial im Umgang.
Ein besonderer Dank geht an die Fraktionsassistentinnen und -assistenten, die viele Überstunden leisten mussten, um dem Hauptausschussbüro unsere Änderungswünsche fristgerecht übermitteln zu können.
[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der CDU, der LINKEN und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD]
By the way, alle Fraktionen hatten bis zur Schlusslesung insgesamt 1 265 Änderungsanträge eingereicht, davon 595 durch die Koalition. Hinzu kamen noch einmal rund 519 Änderungswünsche zu den Auflagen, die wir heute mitbeschließen werden. Sie sehen, Haushaltsberatungen muss man wollen.
Danken möchte ich den haushaltspolitischen Sprecherinnen und Sprechern, insbesondere den Herren Schneider, Schulze und Zillich. Sie haben mit dem Finanzsenator die sogenannten Tickets verhandelt, also mehr Mittel für politische Fokussierungen der Koalitionsfraktionen.
Es konnten dabei 290 Millionen Euro für 2022 und 305 Millionen Euro für 2023 bewegt werden. Der Betrag kommt aus verbleibenden Überschüssen, aus der Steuerschätzung und pauschalen Minderausgaben. Gemessen am Gesamthaushalt ist das ein typischerweise relativ kleiner Prozentsatz – kleine eins – oder anders ausgedrückt: Wir waren nicht ganz unzufrieden mit der Arbeit des Senates.
Gemessen an der politischen Wirkung zeigt es, dass man auch mit kleinen Beiträgen wichtige Akzente setzen kann, beispielsweise die 20 000 Euro für den einmaligen Zuschuss an den BSV Victoria 90 Friedrichshain für ein Sozialgebäude.
Ich danke Herrn Senator Wesener, der wie sein Vorgänger, so oft es die Zeit zuließ, in den Hauptausschuss kam, um mit uns über Krieg, Corona und Kreditermächtigung zur Krisenbewältigung zu sprechen. Das persönliche Erscheinen war im Hauptausschuss nicht immer so selbstverständlich, darum erwähne ich es. Ich als Haushaltsgesetzgeberin kann nicht oft genug betonen, wer im Haushalt die Hosen an hat.
Mein Dank gilt den beiden Staatsekretärinnen in der Finanzverwaltung, Frau Borkamp und Frau Dreher. Ebenso danke ich den Kolleginnen und Kollegen in der Finanzverwaltung, die mit unserer gemeinsamen Sache befasst waren.
Ganz besonders danke ich dem Hauptausschussbüro, Frau Frisch und ihrem Team, Herrn Nowak, Frau Hensel, Herrn Bernhard sowie Frau Kroschk und Frau Röbel in der Geschäftsstelle.
Sie alle haben wie immer eine großartige Arbeit geleistet, zuletzt unter hohem Zeitdruck und mit vielen Überstunden. Ich will ein Beispiel nennen: Ein guter Teil der weit über tausend Änderungsanträge zum Haushaltsgesetz trudelte oft erst kurz vor Sitzungsbeginn im Ausschussbüro ein. Die Kollegen und Kolleginnen blieben immer freundlich und dienstbar, um die Anträge unter Zeitdruck mit höchster Qualität zu bearbeiten und in unsere Unterlagen zu sortieren. Deshalb: ein großes Dankeschön an das Hauptausschussbüro!
[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LINKEN und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]
Weiter danke ich dem Ausschussdienst und dem Stenografischen Dienst für die mehr als 1 100 gefertigten Protokollseiten, die uns stets pünktlich zur Verfügung gestellt wurden. Dort können Sie, meine Damen und Herren, nachlesen, wie die Fraktionen im Einzelnen abgestimmt haben. Sie werden feststellen, dass manche Themen im Konsens diskutiert und beschlossen wurden. Bei den Haushälterinnen und Haushältern kommt das durchaus häufiger vor.
Ich danke den Saaldienern und -dienerinnen, der Technik, dem Sicherheitsdienst und natürlich unserem Hauscaterer, der uns während der gesamten Sitzungsdauer mit Essen und Getränken versorgt hat. Hier im Plenarsaal, in dem wir öffentlich getagt haben, durften wir zwar nichts
essen, doch habe ich versucht, auf die Kollegen und Kolleginnen einzuwirken, dass sie in den Pausen gut essen und trinken, nicht nur damit sie nicht unterzuckert beraten, sondern damit die coronabedingten miesen Umsätze
Jetzt kommt etwas für Insider und Prozessnerds. Wie bereits erwähnt, haben wir viele Berichtswünsche. Dieses Mal haben wir ein anderes Verfahren gewählt, das sich aus meiner Sicht bewährt und zu einer Verschlankung der Tagesordnung geführt hat. Jedem Fachausschuss wurde der von ihm angeforderte Senatsbericht direkt elektronisch zugeleitet. Jeder Ausschuss hat dieses Mal seins gemacht, frei nach dem Motto: mein Verfahren, meine Inhalte. – Das alte Verfahren, bei dem alle Berichte zuerst dem Hauptausschuss zugeleitet wurden, führte regelmäßig zu einer unnötig aufgeblähten Tagesordnung, die den Diskurs aus meiner Sicht kaum bereicherte.
Damit konnten wir die Berichteritis von 2 380 beim letzten Mal auf jetzt 620 vorgelegte Berichte im Hauptausschuss eindämmen und effizienter arbeiten. Aus meiner Sicht genügt es, wenn lediglich die Stellungnahme der Fachausschüsse Teil des Beratungsverfahrens im Hauptausschuss sind. Ich rege an, dass wir das künftig beibehalten. Der Qualität der Debatten tut das keinen Abbruch.
Der kommende Zweijahreshaushalt umfasst ein Rekordvolumen von rund 38,7 Milliarden Euro im Jahr 2022 und 37,9 Milliarden im Jahr 2023. Abweichend vom Senatsentwurf haben wir 685 Titel verändert, davon 591 bei der Hauptverwaltung und 94 bei den Bezirken. Dabei wurde der Senatsentwurf um 1,34 Milliarden Euro im Jahr 2022 und 1,17 Milliarden Euro im Jahr 2023 aufgestockt. In diesen Beträgen sind die Ausgaben für die Geflüchteten aus der Ukraine und die Vorsorgen für vorrangig pandemie- und kriegsbedingte Energie- und Baukostensteigerungen enthalten.
Darüber hinaus wurden Personaltitel angefasst, die Hauptverwaltung bekommt für die beiden Jahre zusätzliche 4 091 Stellen, vor allem für die Bereiche Bildung und Inneres, damit keine Engpässe entstehen. Den Bezirken wurden 400 Stellen zugewiesen.
Apropos: Die Entlastung der Bezirke ist ein wichtiger Schwerpunkt im Haushaltsgesetz. Es werden pauschale Minderausgaben über 78,1 Millionen Euro komplett zurückgenommen, die zuvor noch ausgabewirksam aus dem jeweiligen Haushaltsplänen erbracht werden mussten. Weiter konnten Programme verstetigt oder verstärkt werden, etwa für Bibliotheken oder den Verfügungsfonds an Schulen. In diesem Zusammenhang begrüße ich es, dass noch in diesem Jahr gesetzliche Anstrengungen unternommen werden, um die Zuständigkeit zwischen Bezirken und Land besser zu regeln.
Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Uns liegt kein Sparhaushalt vor. Es ist ein Haushalt in einer krisenhaften, unsicheren Zeit. Jede Zeit braucht neue Antworten, um die Herausforderungen bewältigen zu können. Das gilt auch für die Haushaltsaufstellung. Ich greife hier einmal vier Punkte auf, die aus der Idee des Haushaltsgesetzes heraus diese Antworten bringen, um finanzielle Risiken zu vermeiden. Erstens: Verluste auffangen! Es sind kurz- und längerfristige Kosten der Coronapandemie abgebildet, um Verluste auszugleichen und Hilfen zu gewähren, etwa bei den Landesbetrieben. Dafür bilden wir Rücklagen.
Zweitens: Vorsorge treffen! Es gibt Risiken, die bekannten und die, von denen wir noch gar nicht wissen, wie sie sich auf die deutsche Wirtschaft auswirken werden. Stichworte sind Krieg, Inflation und Kapital. Berlin will besser gerüstet sein und trifft finanzielle Vorsorge etwa für die Baukosten- und Energiepreissteigerungen.
Drittens: Investieren! Es wird weiterhin nachhaltig in die Infrastruktur und damit in die Zukunft Berlins investiert, in Klimaschutz, ÖPNV, Schulbau, Verwaltungsdigitalisierung und soziale Wohnraumförderung. Die Investitionsquote steigt auf 9,1 Prozent.
Viertens: Ausgeglichener Haushalt! Der Haushalt bleibt als Ganzes fest im Blick, also Einnahmen und Ausgaben müssen ausgeglichen sein.
Wie das Jahr weitergeht, wissen wir alle nicht. Gegebenenfalls müssen wir als Haushaltsgesetzgeber im Laufe des Vollzugs nachsteuern.
Ich wünsche uns eine gute Aussprache, in der über das öffentliche Wohl der Berliner und Berlinerinnen noch einmal ausführlich debattiert wird, und einen erfolgreichen Abschluss der Haushaltsberatungen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LINKEN, der AfD und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]
Vielen Dank, Frau Kollegin Becker! – Ich möchte Ihnen, dem gesamten Hauptausschuss, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch im Namen des Hauses für die geleistete Arbeit danken. Mein Dank gilt auch den Fachausschüssen, die die Einzelpläne der Senatsverwaltungen beraten haben. Ich durfte auch ein paar Mal vorbeikommen im Hauptausschuss. Deshalb ein herzlicher Dank für die besondere Arbeit, die Sie da leisten!
Damit kommen wir zur Runde der Fraktionsvorsitzenden. Es beginnt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Kollege Saleh.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte zu Beginn meinen Dank an all diejenigen aussprechen, die zu diesem Haushalt beigetragen haben. Mein Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen in den Bezirken, in den Verwaltungen im Land Berlin, den Kolleginnen und Kollegen hier im Abgeordnetenhaus an den verschiedensten Stellen und natürlich den Kolleginnen und Kollegen hier im Parlament, insbesondere den Kolleginnen und Kollegen im Hauptausschuss, die viele Stunden, Wochen und Monate dazu beigetragen haben, dass der Haushalt 2022/2023 steht. Vielen Dank dafür!
So ein Haushalt ist natürlich immer ein Stück weit ein Ritual. Wir, diejenigen, die diesen Haushalt verantworten, stehen hier, verteidigen den Haushalt – im Senat, aber auch als regierungstragende Fraktionen. Und dann gibt es natürlich die Opposition, die das kritisieren wird, ganz wie immer, und darüber schimpfen wird, was fehlt, was besser sein könnte