Protokoll der Sitzung vom 23.06.2022

Das ist schon deshalb nicht Ihr Ernst, denn wenn Sie mal in die Berliner Verwaltung gucken, dann sehen Sie da diese vergilbte Tastatur, diese vergilbte Maus. Dann schalten Sie den Rechner an und haben Windows 95, wenn überhaupt.

[Senator Stephan Schwarz: Ach komm‘!]

Nicht in Ihrem Büro, das verstehe ich, aber in der Berliner Verwaltung!

[Beifall und Heiterkeit bei der FDP – Beifall von Michael Dietmann (CDU)]

Deshalb sind wir der Auffassung, dass es ziemlich absurd ist, wenn Sie an dieser Stelle eine solche Kampagne auf den Weg bringen und es im eigenen Haus entsprechend umsetzen wollen, wenn Sie selbst nicht in der Lage sind, das zu machen.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Schauen Sie doch auf die Berliner Unternehmen! Die sind wesentlich weiter. Diese Kampagne braucht es nun wirklich nicht, sondern da müssen Sie selbst in Ihren eigenen Reihen anfangen und das nicht den Berliner Wirtschaftsbetrieben anbieten.

[Beifall bei der FDP]

Ich finde – wir haben das bereits im Wirtschaftsausschuss diskutiert –, es wäre so wichtig, endlich die großen Visionen für diese Stadt, für die Metropolregion in den Blick zu nehmen. Da ist es gut, dass es nunmehr eine gemeinsame Kommission gibt, eine ständige Konferenz zwischen dem Berliner Landesparlament und dem Landtag in Brandenburg. Aber ich erwarte von Ihnen eine Strategie für die Metropolregion. Ich erwarte, dass zukünftig Ansiedlungsvorhaben genau in dieser Metropolregion gemeinsam mit Brandenburg entwickelt werden, dass wir darauf hinarbeiten, den Wirtschaftsstandort und den Wirtschaftsraum dieser Metropolregion deutlich zu machen, Frau Giffey! Wenn dann nichts übrig bleibt aus dem Kleist-Forum außer einem gemeinsamen Foto aus dem RE 1, dann würde ich dringend den Modus der Operation ändern und dringend dafür sorgen, dass es größere Visionen vom Wirtschaftssenator gibt.

[Beifall bei der FDP]

Herr Schwarz! Sie waren einer, der als Handwerkskammerpräsident immer davon gesprochen hat, dass es in dieser Stadt jetzt darauf ankommt, insbesondere die Unternehmen starkzumachen und dafür zu sorgen, dass in

dieser Stadt die Unternehmen echte Strahlkraft bekommen.

[Senator Stephan Schwarz: So ist es gekommen!]

Ich kann heute im Rahmen der Haushaltsberatungen erst mal festhalten: Wenn irgendetwas Strahlkraft hat, dann die landeseigenen Betriebe, in denen Sie reinigen, aber nichts anderes.

[Beifall bei der FDP]

Wir sollten deshalb an dieser Stelle die großen Strategien ins Visier nehmen.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Wir sollten es nicht mehr hinnehmen, dass es kein Konzept für das ICC, kein Messe-und-Kongress-Standortkonzept gibt, sondern die Fragen: Wer ist jetzt schuld? Wer ist unschuldig in der Frage der Geschäftsbeziehungen der Messe? – Wir wollen endlich, dass das ICC entwickelt wird. Bei jährlichen Leerstandskosten von 1,2 Millionen Euro ist das rausgeschmissenes Geld. Da könnten wir wesentlich mehr für den Messe- und Kongressstandort in dieser Stadt tun; viel, viel mehr könnten wir tun.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Katalin Gennburg (LINKE)]

Deshalb sage ich Ihnen eins: Für uns steht fest, dass wir einen Mentalitätswechsel brauchen.

[Michael Dietmann (CDU): Wir brauchen eine Regierung!]

Diesen Mentalitätswechsel hätten Sie mit dem Haushalt tatsächlich vollziehen können. Wir haben Ihnen 100 Tage gegeben, um einen Mentalitätswechsel deutlich zu machen. Sie haben das Weiter-so in den 100 Tagen dokumentiert. Sie haben das Weiter-so in den Haushaltsberatungen dokumentiert. Nunmehr ist der Haushalt – ich zitiere Kai Wegner – das Drehbuch für eine weitere schlechtere Politik, und deshalb zählt für uns eines: Wir als Freie Demokraten werden daran arbeiten, diese Stadt, nämlich die Metropolregion Berlin-Brandenburg, zu einer echten Metropolregion, zu einer echten Mutmetropole zu machen mit einer klaren Priorisierung auf Zukunftsinvestitionen in die Infrastruktur, das Bildungssystem und die Digitalisierung der Verwaltung. Deshalb kann man am Ende nur zu dem Ergebnis kommen, Ihren Haushalt abzulehnen, damit in dieser Stadt Chancen und Spielräume eröffnet und nicht geschlossen werden. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für den Senat hat das Wort die Regierende Bürgermeisterin. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Jeder spielt in so einer Generaldebatte zum Haushalt seine Rolle, Herr Czaja. Ich würde sagen, Sie haben mir ein paar Steilvorlagen gegeben, auf die ich sehr gerne eingehe, denn zu dem, was Sie hier herbeireden, auch Sie, Herr Wegner, Scherbenhaufen, Chaos und sonstige chaotische Zustände, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich erlebe die Stadt gerade in diesen Wochen und Monaten ganz anders als Sie.

[Michael Dietmann (CDU): Recht hat er trotzdem! – Stefan Förster (FDP): Das ist alles wahr!]

Ich kann Ihnen sagen, wann ich das letzte Mal den Satz gehört habe: Das ist Berlin, im Sinne von: Das ist typisch Berlin.

[Michael Dietmann (CDU): Das ist ja Ihr Problem!]

Das war am letzten Wochenende auf dem August-BebelPlatz,

[Heiko Melzer (CDU): Sie haben ja auch die SPD ganz anders erlebt!]

als wir am Sonnabendabend „Staatsoper für alle“ eröffnet haben und als Hunderte Menschen auf diesem AugustBebel-Platz saßen, bei herrlichstem Wetter, als die Premiere von „Turandot“ in der Oper stattfand und die Menschen draußen zugehört haben, gemeinsam zusammengekommen sind und sich ihr Picknick mitbrachten und sich darüber freuten, dass der Kultursommer eröffnet ist mit 90 Tagen und 90 Orten,

[Michael Dietmann (CDU): Ihr glaubt, dit is Berlin?]

umsonst und draußen, und dass das durch Berlin ermöglicht wird, und wie mir die Menschen gesagt haben: Das ist Berlin. Das ist hier bei uns möglich.

[Starker Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN]

Ich habe es auch gestern wieder gehört, als ich gemeinsam mit dem Bundeskanzler und Dietmar Woidke die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung besuchen und eröffnen durfte mit über 500 Ausstellern aus 26 Ländern, eine Hochtechnologieausstellung, die die Wirtschaftskooperation von Berlin-Brandenburg zeigt, wo wir gemeinsam mit 6 Millionen Euro in die Unterstützung dieser internationalen Ausstellung gehen und einen Umsatz generieren und einen Schub für die Entwicklung in unserer Stadt von 200 Millionen Euro in nur wenigen Tagen. Das ist Wirtschaftskooperation. Das ist unsere Strategie.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wir haben nicht nur eine Ausstellung. Wir haben einen strategischen Gesamtrahmen für die Zusammenarbeit in der Metropolregion Berlin-Brandenburg, und ja, wir sind

(Sebastian Czaja)

mit dem Regionalexpress nach Frankfurt zum gemeinsamen Kabinett gefahren.

[Paul Fresdorf (FDP): Kabarett!]

Aber daraus sind feste Verabredungen geworden über die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Verkehr und Sicherheit. Es hat ein Bahngipfel stattgefunden, und es wird eine nächste gemeinsame Kabinettssitzung im Herbst stattfinden.

[Heiko Melzer (CDU): Es ist schon Herbst?]

Wir haben unheimlich viele Anknüpfungspunkte für die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg, und das ist weit mehr als eine Fahrt im Regionalexpress. Darauf können Sie sich verlassen.

[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN]

Wenn Sie hier das Bild von vergilbten Tastaturen malen, dann muss ich Ihnen ganz klar sagen: Unsere über 130 000 Kolleginnen und Kollegen in der Berliner Verwaltung, die jeden Tag gemeinsam mit Polizei, Feuerwehr, Lehrerinnen und Lehrern dafür sorgen, dass diese Stadt läuft,

[Sebastian Czaja (FDP): Einen hervorragenden Job ma- chen, ja! Es ist die Ausstattung!]

haben es nicht verdient, in eine Schublade gesteckt zu werden von vergilbten Tastaturen. Das ist nicht in Ordnung,

[Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN]

weil Sie damit ein Bild zeichnen, das nicht den Tatsachen entspricht.

[Zuruf von der AfD: Doch!]

Wir haben uns an vielen Stellen sehr wohl schon längst nicht nur auf den Weg gemacht, sondern sind in der Umsetzung von Digitalisierungsprozessen, von Verbesserungsprozessen, und wir werden gerade auch in diesem Haushalt massiv investieren in die Digitalisierung der Verwaltung, in die Zusammenarbeit mit den Bezirken, in die verstärkte Ausstattung der Bezirke für Digitalisierung, für Bürgerservice, für all das, was Sie hier ansprechen.