Protokoll der Sitzung vom 21.03.2024

Auch finanzielle Transaktionen müssen unter dem Gesichtspunkt der Tragfähigkeit der Landesfinanzen betrachtet werden und im Einzelnen dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen. Zudem müssen sie vor dem Hintergrund der europäischen Schuldenregelungen sorgfältig geprüft werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Rechnungshof haben Sie eine Institution, die unabhängig prüft. Ich freue mich, wenn Sie unsere Empfehlungen nutzen. Es ist aber auch Aufgabe des Rechnungshofs, unangenehme Ergebnisse auszusprechen. Ich empfinde es als hohen Wert, dass Sie als Parlament und Regierung diese Diskussion mit einer unabhängigen Prüfinstanz so führen, denn gerade auch die sachliche Auseinandersetzung über manchmal unterschiedliche Standpunkte trägt dazu bei, das Vertrauen in den Staat und in die Demokratie zu stärken, und das können wir in diesen Zeiten brauchen.

[Allgemeiner Beifall]

Die Beiträge des Jahresberichts werden nun im Einzelnen im Unterausschuss Haushaltskontrolle behandelt. Ich freue mich auf diese immer konstruktiven und sachlichen Beratungen. – Vielen Dank!

[Allgemeiner Beifall]

Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Frau Klingen! – Wir kommen zur Besprechung mit einer Redezeit von bis zu zehn Minuten pro Fraktion. Es beginnt die Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Kollege Goiny, Sie haben das Wort!

(Karin Klingen)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! – Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofs! Ich darf mich auch im Namen der CDU-Fraktion sehr herzlich bei Ihnen, dem Direktorium und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs bedanken für die wichtige gründliche Arbeit, die Sie Jahr um Jahr machen, und auch für den Bericht, den Sie uns hier heute präsentiert haben.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und der AfD]

Ich glaube, es gehört tatsächlich zu einem wichtigen Teil unserer Arbeit, dass wir hier von einer unabhängigen Instanz wie dem Rechnungshof auf Dinge hingewiesen werden, die Sie hier ja auch gerade noch mal kritisch angemerkt haben und die für uns natürlich auch Gegenstand der Diskussion und Beratung sein werden. Ich will aus Sicht der CDU-Fraktion zu einigen Punkten Stellung nehmen. Sie haben ja auf die Länge des Berichts hingewiesen, und man kann den hier jetzt natürlich nicht im Detail diskutieren.

In der Tat ist es so – Sie hatten das ja zum Schluss auch noch mal erwähnt –, dass es sehr wichtig und sehr hilfreich war, was der Rechnungshof auch gerade zur Aufarbeitung der Verfahren beim rbb uns aufgeschrieben und gefordert hat. Das sind wichtige Dinge, die wir jetzt auch umgesetzt haben. Wenn es nach der CDU-Fraktion gegangen wäre, hätte man das mit dem Staatsvertrag schon ein Jahr früher umsetzen können, aber wir haben ja einen Zwei-Länder-Staatsvertrag und mussten das gemeinsam mit Brandenburg verhandeln. Dadurch hat es etwas gedauert. Ich will aber auch noch mal anmerken: Das eine oder andere, was wir jetzt im Staatsvertrag geregelt haben, was uns perspektivisch beim rbb auch Geld kostet, kam nicht von der Berliner Seite rein.

Im Zusammenhang mit der Frage der Beitragsstabilität geht es natürlich auch immer um die Frage: Welchen Auftrag geben wir dem öffentlich-rechtlichen Rund-funk? –, und wenn wir ihm mehr Aufträge geben, wird es vermutlich auch mehr Geld kosten. Auch hier werden wir die Debatte also an der Stelle weiterführen, aber das, was da vonseiten des Rechnungshofs an Hinweisen kam, haben wir für sehr wichtig und nützlich erachtet, und wir freuen uns darüber, dass das im Staatsvertrag auch eingearbeitet werden konnte.

Sie haben auf die Finanzlage des Landes Berlin hingewiesen. In der Tat ist das für uns auch ein ernstes Thema. Wir haben ja hier vor einem Jahr eine Finanzlage vorgefunden, die eine historische Ursache hatte. In der Tat ist durch die Coronakrise und die Kreditaufnahme, die damals ja nicht nur im Land Berlin erfolgte, sondern in allen Bundesländern und auch vom Bund durchgeführt wurde, der Schuldenstand des Landes Berlin noch mal

enorm angewachsen. Wir waren damals nicht in der Regierung, aber wir haben bei den Coronakrediten ja mitbestimmt.

Wir haben danach aber auch gesehen, dass es mit dem Ukrainekrieg eine Entwicklung gab, die auch zu weiteren Problemen geführt hat. Die Inflation und die Preissteigerung, die wir danach gesehen haben, haben ja nicht nur vorübergehend zu höheren Steuereinnahmen geführt, sondern sie haben natürlich auch deutlich gemacht, dass in einer Stadt wie Berlin viele Menschen auch weiter, nach Corona und durch den Ukrainekrieg, auf staatliche Hilfen angewiesen sind und das natürlich auch noch mal eine Herausforderung für die öffentlichen Haushalte gewesen ist und ist. Die vielen Flüchtlinge aus der Ukraine, die in Berlin untergebracht worden sind, und die Finanzierung einer angemessenen Unterbringung und Versorgung ist natürlich auch ein Prozess, der viel Geld gekostet hat und auch weiter Geld kostet. Insofern gibt es hier natürlich ein Stück weit eine Erklärung für die hohen Ausgaben.

Was wir in der Vergangenheit kritisiert haben – und Sie haben das ja auch kritisch angemerkt –, ist der Umgang mit Landesunternehmen, insbesondere den Wohnungsbaugesellschaften, und die Finanzierung und am Ende auch Verschuldung der Wohnungsbaugesellschaften durch den Ankauf von unsanierten Wohnungsbeständen, die natürlich am Ende auch die Wohnungsbaugesellschaften belasten. Das ist natürlich – Sie haben das in Ihrem Bericht auch angesprochen, Frau Präsidentin – eine Herausforderung, der wir uns widmen müssen, nämlich die Situation der Landesunternehmen und ihre finanzielle Lage. Da gibt es in der Tat einige, über deren Situation wir uns auch weiterhin Gedanken machen müssen.

Der Rechnungshof sagt, wir sollen die Schuldenbremse einhalten, wir sollen die Kredite zurückzahlen, wir sollen nicht die Rücklagen aufbrauchen, aber wir sollen in gutes Personal investieren und wir sollen überhaupt investieren. Das sind natürlich Parameter, die für sich gesehen alle richtig sind, aber genau die Schwierigkeit aufweisen, vor der Haushaltspolitik in diesen Zeiten in dieser Stadt steht, denn alles auf einmal zu regeln, wird natürlich nicht möglich sein, jedenfalls nicht in der Zeit. Und wenn wir dann noch die Diskussion führen über Tariferhöhungen, Hauptstadtzulagen und Ähnliches für die Beschäftigten im Land Berlin oder die durch Zuwendungen unterstützten Einrichtungen, dann wird das Thema auch nicht einfacher.

Insofern sehen wir die Komplexität des Themas und die Herausforderungen, die damit zu tun haben. Wir haben natürlich mit der Regierungsübernahme vor einem Jahr angesichts der Finanzlage der Stadt auch vor der Situation gestanden, mit dem jetzt laufenden Doppelhaushalt sofort Milliarden einzusparen oder tatsächlich – und das hat ja auch der Finanzsenator erklärt – hier einen Prozess

einzuleiten, der ein Umsteuern auch in der Haushaltspolitik einleitet, das am Ende des Tages auch dazu führt, dass wir wieder in einem Finanzrahmen sind, der – darauf haben Sie auch hingewiesen – eben auch angemessen ist. Und ja: Da liegt noch eine große Aufgabe vor uns, und ja: Wir wollen uns dieser Aufgabe stellen. Wir müssen dafür sorgen, dass der Haushalt in den nächsten Jahren wieder auf einen Pfad zurückgeführt wird, der in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist. Wir müssen, daran führt auch kein Weg vorbei, dafür sorgen, dass hier die Finanzlage wieder in Einklang kommt.

Es gibt einen alten Haushälterspruch, der da heißt: Reich ist nicht der, der viel hat, sondern der, der wenig braucht. – Der wird uns in den nächsten Monaten, glaube ich, tatsächlich noch öfter begegnen.

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

Wir werden tatsächlich auch das Thema Eigenverantwortung und Eigenwirtschaftlichkeit an der einen oder anderen Stelle stärker in den Vordergrund rücken. Ich stimme Raed Saleh, dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, ausdrücklich zu: Mit uns wird es auch keinen sozialen Kahlschlag geben, das heißt, wir werden unserer sozialen Verantwortung in dieser Stadt gerecht werden. Trotzdem werden wir darauf hinwirken müssen, dass die Haushaltslage dieser Stadt hier wieder ins Lot gerät. Das ist eine Aufgabe, die jetzt auch über die Auflösung der pauschalen Minderausgaben umgesetzt werden muss, die jetzt auch hier in den Verwaltungen umgesetzt werden kann – umgesetzt werden muss, muss ich sagen.

Das ist ein Punkt, Frau Präsidentin, darauf wünschte ich mir vielleicht einen etwas weiteren Blick des Rechnungshofs: Sie schreiben das auch an verschiedenen Stellen; Sie sprechen das Vergabeverfahren und die Vergabeprozesse im Land Berlin an. Ich finde, es reicht nicht, wenn darauf gedrungen wird, dass das Vergabeverfahren eingehalten und ordentlich dokumentiert wird. Das ist an vielen Stellen auch zu kompliziert, zu bürokratisch, zu langwierig und verzögert Entscheidungen. Damit laufen auch Investitionsmaßnahen nicht ab. Dadurch dauern Investitionen in diesem Land zu lange, und damit werden sie auch zu teuer. Auch das ist ein Verfahrensproblem, das wir hier haben, das am Ende dazu führt, dass Wirtschaftlichkeit im Land Berlin nicht in allen Bereichen optimal genutzt werden kann.

Wir haben auch Verwaltungsprozesse im Verwaltungsverfahren, wo ich mir an der einen oder anderen Stelle in der Verwaltung wünschte, dass mehr auf das Ergebnis, die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit geachtet wird als auf die Frage, wen man im Verwaltungsverfahren noch beteiligen kann. Ich glaube, auch hier, und das sieht man jetzt, wenn man wieder in Regierung ist, noch mal aus einer anderen Perspektive als als Opposition, erleben wir in ganz vielen Verwaltungen, Haupt- wie Bezirksverwaltungen, dass nicht ergebnisorientiert gearbeitet wird, dass nicht Prozessoptimierungen im Vorfeld im Vordergrund

stehen und dass auch nicht die Beschleunigung von Verfahren im Vordergrund steht. All das kostet am Ende Geld. All das ist am Ende etwas, das nicht wirtschaftlich ist. Deswegen ist es richtig, dass sich dieser Senat das Thema Prozessoptimierung und -beschleunigung im Zusammenhang mit der Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben hat. Auch das ist etwas, das natürlich am Ende Auswirkungen auf Haushalts- und Finanzlagen des Landes Berlin hat.

Selbstverständlich werden wir uns auch noch mal damit beschäftigen, wie man mit den Finanzmitteln, die wir für das Sondervermögen einsetzen wollten, umgehen kann. Klar ist, wir werden uns an die Verfassung halten. Das haben wir jetzt auch in diesem Prozess gemacht. Deswegen haben wir nicht wie im Bund voreilig beschlossen. Mit dem Thema verfassungsgemäßes Verhalten hat die alte Koalition unter Ihrer Verantwortung ihre Erfahrungen gemacht. Wir haben das nicht gemacht. Wir haben hier ordentlich diskutiert. Wir haben Gutachter bestellt und eingeladen, und wir haben die Konsequenzen daraus gezogen. Das werden wir auch weiterhin machen.

Allerdings ist es natürlich auch wieder so, dass die Finanzierung und Bewältigung der Klimakrise in der Zeit, in der wir es für erforderlich halten, aus den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln eben nicht zu finanzieren ist, sonst hätte man das auch schon gemacht. Auch das ist eine Diskussion, die wir in den nächsten Wochen und Monaten noch weiterführen müssen und wollen, weil natürlich die Bewältigung der Klimakrise dieser Koalition, diesem Senat ein ernsthaftes Anliegen ist.

Insofern, darf ich abschließend sagen, hat der Bericht des Rechnungshofs viele Facetten, die die Haushalts- und Finanzpolitik des Landes Berlin betreffen, die im Ausschuss weiter zu diskutieren sich lohnt. Insofern möchte ich mich noch mal ganz herzlich beim Rechnungshof für den vorgelegten Bericht bedanken. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der SPD – Beifall von Dr. Manuela Schmidt (LINKE)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Schulze das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Klingen! Erst einmal wünsche ich Ihnen auch im Namen meiner Fraktion alles Gute für das neue Lebensjahr und freue mich, dass Sie heute an Ihrem Geburtstag hier bei uns sind und mit uns diskutieren.

Nun zum Jahresbericht: Die Präsidentin des Rechnungshofs hat die Finanzlage des Landes gerade sehr deutlich

(Christian Goiny)

beschrieben. Ich zitiere: Der Haushalt „steht kurz vor einer Krise.“ – Ich teile diese Einschätzung. Die Haushaltspolitik dieser Koalition basiert in weiten Teilen auf leeren Versprechungen und ungedeckten Schecks, denn CDU und SPD haben mit diesem Haushalt allen alles versprochen und ihn dabei völlig überreizt, und zwar weit über das Defizit des letzten RGR-Haushalts, Herr Goiny, auch wenn Sie das immer wieder anders behaupten. Sie haben alle Rücklagen des Landes geplündert und gleichzeitig eine intransparente Sparauflage in Milliardenhöhe gestrickt. Statt Wohnungen, Schienen- und Radwegen haben Sie Luftschlösser gebaut, vom 29-Euro-Ticket bis zur lobbyismusgetränkten Magnetschwebebahn.

Wenn Sie mich fragen, wofür der Senat in den bleibenden neun Monaten dieses Jahres Geld ausgeben möchte, lautet meine Antwort, ich kann es Ihnen nicht genau sagen, und das geht nicht nur mir so, denn der Senat lässt uns Abgeordnete, auch meine Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, bis heute über seine Haushaltspläne im Unklaren. Kommt das 29-Euro-Ticket noch? Inzwischen hat das einstige Wahlversprechen der SPD in der Koalition kaum noch Freundinnen und Freunde. Herr Stettner und Herr Wegner sind öffentlich bereits davon abgerückt. Was Frau Schreiner noch möchte, weiß niemand so genau. Und im SPD-internen Wahlkampf scheint man sich am meisten damit profilieren zu können, das 29-EuroTicket infrage zu stellen.

Wie geht es weiter nach dem gescheiterten Sondervermögen? Kommt die Hauptstadtzulage für freie Träger noch oder nicht? Wie soll die pauschale Minderausgabe aufgelöst werden? Der Senat vertröstet das Abgeordnetenhaus, immerhin der Haushaltsgesetzgeber, Monat um Monat, nur um sich Zeit zu verschaffen, aber ohne die Probleme anzugehen und zu lösen. Ehrlich gesagt, Herr Goiny, aus Ihrer Rede eben habe ich auch keine neuen Erkenntnisse zu all diesen Fragen erhalten.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Wenig überraschend rügt auch der Rechnungshof im vorliegenden Bericht die exzessive und intransparente pauschale Minderausgabe der Senatsplanung in aller Deutlichkeit. 1,5 Milliarden Euro wollte der Senat pro Jahr auf diesem Wege einsparen. Die Koalition hat diesen Betrag für dieses Jahr sogar noch auf 1,75 Milliarden Euro erhöht. Das sind ganze 4,5 Prozent des Haushaltsvolumens. Der Rechnungshof weist darauf hin, dass verfassungsrechtlich maximal 1 Prozent unbedenklich und geboten wäre, denn alles darüber hinaus erschwert eine Kontrolle der Regierung durch das Parlament. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD! Holen Sie sich das Budgetrecht des Parlaments zurück! Beenden Sie endlich dieses Transparenzdefizit, bevor es sich zu einem Demokratiedefizit auswächst!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dr. Manuela Schmidt (LINKE)]

Seit Monaten schieben sich Senat und Koalitionsfraktionen, Finanzsenator und die restlichen Senatsmitglieder gegenseitig die Verantwortung zu. Währenddessen ist Ihnen der Haushaltsvollzug längst entglitten. Auch wenn Sie jetzt wieder runterbeten, dass das alles noch vorläufig und noch gar nichts passiert sei, so mag das für die von Ihnen versprochenen 50 Gesetzesinitiativen nach der letzten Sommerpause gelten,

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

die im Haushaltsbeschluss angelegten Probleme entfalten aber bereits heute vor Ort ihre Wirkung.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Liebe Koalition! Unter Ihren Finanzkonflikten leiden immer mehr Menschen ganz konkret. Das sind abhängige, suchtkranke und verschuldete Menschen sowie Menschen in anderen schwierigen Lebensumständen und deren Angehörige. Zahlreiche Beratungs- und Hilfsangebote, die auf Zuwendungen vom Land angewiesen sind, leiden unter der aktuellen Unsicherheit, gekürzten Mitteln und nur vorläufigen Bescheiden für wenige Monate. Darauf hat auch die Präsidentin des Rechnungshofs hingewiesen.

Beispiel Hauptstadtzulage: Da sind die Beschäftigten der sozialen Träger vom Kitaerzieher bis zur Hausmeisterin. Sie erhalten für die gleiche Arbeit weniger Gehalt als ihre Kolleginnen und Kollegen im Landesdienst, insbesondere Frauen, denn es arbeiten deutlich mehr Frauen bei den sozialen Trägern. In Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sind es zum Beispiel 70 Prozent. Die Hauptstadtzulage für die Beschäftigten der sozialen Träger ist also auch eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit. Herr Wegner, Herr Evers, Herr Stettner und Herr Saleh! Wir erwarten hier ein klares Bekenntnis, denn gerade diese Frauen mit dieser Benachteiligung im Stich zu lassen, ist besonders beschämend.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Und da sind die Beschäftigten in den Bezirken. Sie erstellen Planungsunterlagen für Kiezblocks und Jugendeinrichtungen, schreiben Sanierungsanträge für Bolzplätze, führen Infoveranstaltungen zur Schulwegsicherheit oder neuen Spielplätzen durch, zum Beispiel in TreptowKöpenick. Der Kollege Düsterhöft ist gerade nicht da, aber für die Kinder und Jugendlichen in seinem Wahlkreis hat der Finanzsenator plötzlich kein Geld mehr. Die Mittel für die auftragsweise Bewirtschaftung sind gesperrt. Nun droht fertig geplanten Neubau- oder Sanierungsmaßnahmen das Aus. Dieses Haushaltschaos ist kein Versehen. Es ist auch kein Naturgesetz. Es ist einzig und allein das Ergebnis Ihrer schwarz-roten Haushaltspolitik, Ihrer leeren Versprechen und Ihrer ungedeckten Schecks.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Eine solche Haushaltspolitik ist gefährlich, denn sie ist kurzsichtig. Der Rechnungshof kritisiert auch hier völlig

zu Recht die unrealistische Finanzplanung für die Jahre 2026 und 2027, denn das jetzige Haushaltschaos ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf die anstehenden Herausforderungen. Um einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen, müsste das Land zusätzlich weitere 3 Milliarden Euro pro Jahr einsparen. Doch außer vagen Ankündigungen kamen vom Senat bisher keine substanziellen Vorschläge, wie Berlin diesen Weg sozialverträglich gestalten kann. Ende des Jahres beginnt bereits das nächste Haushaltsaufstellungsverfahren für eben diese Jahre. Ohne konkrete Lösung drohen Berlin dabei noch größere soziale Einschnitte. Lieber Senat! Wachen Sie endlich aus Ihrem Winterschlaf auf, beenden Sie die organisierte Verantwortungslosigkeit, und kommen Sie ins Machen!

Und der Klimaschutz? Die demokratischen Fraktionen in diesem Haus sind sich weitgehend einig, Berlin braucht zusätzliche Investitionen in Milliardenhöhe in grüne Wärme, grünen Strom und grüne Mobilität, die zu wesentlichen Teilen durch Kredite finanziert werden sollen. Mögliche Finanzierungsinstrumente sind in den letzten Wochen seit Scheitern des Sondervermögens verschiedentlich diskutiert worden: finanzielle Transaktionen, begrenzte Notlageerklärungen oder ein Darlehensfonds. All diese Instrumente könnte der Senat sofort nutzen und dem Abgeordnetenhaus einen Nachtragshaushalt mit einem konkreten Plan für zusätzliche Klimainvestitionen vorlegen. Doch stattdessen beginnt der Regierende Bürgermeister öffentlich eine neue Debatte über Teilprivatisierungen in Form öffentlich-privater Partnerschaften, offenbar, wenn man die heutige Fragestunde nimmt, ganz ohne dass der Senat einen Überblick über seine eigene Position und seine Aktivitäten in diesem Bereich hat. „Eine Chance, die Berlin nicht verstreichen lassen sollte“, sagt Herr Wegner. Bei dieser Romantisierung von ÖPPProjekten frage ich mich schon, wo Herr Wegner die Neunziger- und Zweitausenderjahre verbracht hat, als bundesweit schlechte Erfahrungen mit diesen Modellen gemacht wurden, als Bund, Länder und Kommunen die garantierten Gewinne und Renditen von windigen Investoren, Banken und Beratungsunternehmen finanzierten, während alle finanziellen Risiken bei der öffentlichen Hand verblieben und damit bei den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.