Protokoll der Sitzung vom 27.03.2025

Den Punkt 5 möchte ich ausdrücklich herausheben, nämlich dass wir alle Einflussmöglichkeiten nutzen möchten – das möchten wir auch dem Senat mit an die Hand geben –, um auf ein Förderprogramm „Gewerbe zu Wohnen“ hinzuwirken. Und wir möchten in der Städtebauförderung wirklich alles möglich machen, damit auch Gewerbe zu nutzbarem Wohnraum umgebaut werden kann. Ich glaube, wir sind in Berlin besonders betroffen, vielleicht mehr noch als die anderen großen Städte Hamburg, Frankfurt und München beispielsweise. Wir werden in Zukunft Einzelhandelsflächen, aber auch Büroflächen leer stehen haben. Deswegen ist das etwas, das wir auf jeden Fall tun möchten.

Ich möchte allerdings auch noch mal einen kleinen Punkt klarmachen, der inhaltlich kein kleiner ist, wo wir anderer Auffassung sind. Ich darf aus dem Protokoll der Anhörung zitieren: Bestandsertüchtigung vor Neubau. – Das ist auch etwas, das die Opposition hier im Hause betreibt. Und ich darf auch zitieren: Es ist nicht so, dass wir große Neubauvorhaben begrüßen. – Zitat Ende. – Das sagten leider auch die Initiatoren dieses Begehrens. Da sage ich für uns jedenfalls als CDU-Fraktion: Das sehen wir grundsätzlich anders. Es braucht alle Möglichkeiten. Es braucht selbstverständlich den Wohnungsneubau. Es braucht die Dachaufstockung. Es braucht die Lückenfüllungen in Berlin. Aber es braucht auch neue Gebiete, in denen wir großflächig bezahlbaren Wohnungsneubau in dieser Stadt machen, denn ohne alle diese Maßnahmen werden wir nicht den Wohnungsneubau hinbekommen, den wir in dieser Stadt brauchen, um den Markt zu entschärfen. An dieser Stelle sind wir mit der Initiative nicht einer Meinung. Nichtsdestotrotz bedanken wir uns selbstverständlich für dieses bürgerschaftliche Engagement! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Schwarze das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! 34 985 Berlinerinnen und Berliner haben für eine ökologische und soziale Bauwende unterschrieben. 34 985 Berlinerinnen und Berliner haben dafür unterschrieben, dass Klimaschutz in der Stadtentwicklung

großgeschrieben wird und dass bestehende Gebäude umgebaut werden, statt sie abzureißen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Danke für diese Unterstützung und auch Danke an die Initiatoren! Denn es geht um nicht weniger als die Zukunft unserer Stadt. Es ist eben nicht so, wie gerade auch von Herrn Gräff noch mal gesagt und behauptet wurde, dass sich die Initiative gegen jeden Neubau richten würde und das Bauen verhindern möchte.

[Christian Gräff (CDU): Protokoll lesen!]

Im Protokoll – Sie rufen es ja gerade hier rein – steht es auch an vielen Stellen anders, als Sie es gerade dargelegt haben. Die Stellen haben Sie natürlich jetzt nicht zitiert.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Um was es aber sehr wohl geht, ist, wie wir mit unseren Ressourcen verantwortungsvoll umgehen, wie wir eine zukunftsorientierte Stadtplanung angesichts des Klimawandels gestalten und wie diese aussehen muss. Denn klar ist doch, der Fokus auf immer mehr Beton muss ein Ende haben. Die Volksinitiative hat uns mit ihren sechs Forderungen klar aufgezeigt und formuliert, wohin die Reise gehen muss. Diese sechs wichtigen Forderungen haben wir deshalb auch in unseren Entschließungsantrag aufgenommen, und für die werden wir auch über den heutigen Tag hinaus kämpfen.

Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass die Koalition nicht alle diese Ziele teilt. Leider kommt Ihr Antrag an vielen Stellen auch nicht über den Konjunktiv hinaus. Immer, wenn es konkret werden kann und muss, dominieren die Worte: käme, würde, bestünde. Deshalb frage ich: Warum bestünde der wichtige Neuansatz in einer CO₂- und Lebenszyklusbetrachtung von Immobilien? Warum besteht er nicht darin? Und warum fordern Sie nicht die umgehende Umsetzung auf Landesebene?

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wo wir gerade dabei sind: Warum reißt der Senat immer noch Gebäude ab, statt sie umzubauen, wie zuletzt an der Urania 4 bis 10 oder beim SEZ? Es ist zu begrüßen, dass die Koalition den Umbau von Nicht-Wohngebäuden zu Wohngebäuden unterstützen will. Wir haben in Berlin über eine Million Quadratmeter leer stehende Büros. Das ist ein enormes Potenzial für die dringend benötigten Wohnungen. Was ich nicht verstehe: Warum geht Berlin nicht voran und schafft eigene Fördermöglichkeiten? Warum verweisen Sie nur auf den Bund? Es heißt doch sonst auch immer: Jede Wohnung zählt.

Und weil es eben von meinem Vorredner so gepriesen wurde: Wir sind gespannt, was wirklich bei der Grundsteuer C passiert. Bis Juni soll ja jetzt der Senat einen Zeitplan zur Einführung vorlegen. Ihre Zeitpläne kennen wir; mal sehen, ob es hier dann wirklich vorangeht.

(Christian Gräff)

Und dann – und ich muss das einmal so deutlich sagen – grüßt aus Ihrem Antrag das tägliche Murmeltier in Gestalt des Schneller-Bauen-Gesetzes.

[Beifall von Christian Gräff (CDU) und Peer Mock-Stümer (CDU) – Christian Gräff (CDU): Bravo!]

Die Debatte dazu haben wir ja ausführlich geführt. Vor allem: Es geht bei der Bauwende ja nicht um ein langsameres Bauen, sondern um einen Paradigmenwechsel, wie wir bauen und planen und wie wir mit dem Bestand umgehen. Dabei stehen viele Punkte im Schneller-BauenGesetz für eine alte Betonpolitik, und deshalb ist Ihr Punkt 6 auch nicht korrekt: dass das Schneller-BauenGesetz ein Beitrag zu mehr Klimaschutz wäre. Dem können wir deshalb auch nicht zustimmen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Neben dem Bestand geht es auch um die Frage, wie wir die Stadt von morgen planen. Wir brauchen gemischte, lebendige und klimaangepasste Quartiere. Dabei müssen vorhandene Gebäude erhalten und mit eingeplant werden, so wie jetzt im neuen Stadtquartier Buch – Am Sandhaus. Lassen Sie uns doch das endlich vom Einzelfall zur Regel machen!

Berlin muss hier und heute nun die nächsten Schritte bei der Bauwende gehen. Damit die notwendigen Maßnahmen kontinuierlich abgestimmt und begleitet werden, schlagen wir einen Runden Tisch Bauwende und für einzelne Bereiche auch separate Taskforces vor. Es ist deshalb mehr als schade, dass die Koalition genau hier stumm bleibt und nichts dazu sagt, wie das Thema einer ökologischen und sozialen Bauwende in der Umsetzung begleitet werden soll, dabei ist doch klar: Wir brauchen eine Bauwende für Berlin, denn wir können die Herausforderungen von heute nicht mit den Rezepten von gestern lösen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Dr. Kollatz.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Um bei meinem Vorredner anzuknüpfen: Ich glaube, wir liegen an vielen Punkten nicht in der Sache auseinander, aber manchmal wäre es besser, wenn aus der richtigen Betrachtung dann auch das richtige Machen folgt. Und bei dem richtigen Machen tun Sie sich eben leider sehr schwer

[Katalin Gennburg (LINKE): Ja, klar!]

und finden viel zu viele Vorhaben, bei denen man dann doch immer sagt: Hier nicht und dort nicht und vor allen Dingen nicht, wo ich selber bin.

Insofern: Ja, es geht um ein Bekenntnis zur Bauwende, und ja, der Antrag, den die Koalition vorlegt, beinhaltet das. Klar ist es so: Auch dort – ist richtigerweise gesagt worden – muss bei vielen Punkten aus dem Konjunktiv noch das Machen werden. Und deswegen stehen da aber konkrete Einzelmaßnahmen schon drin. Es stimmt: Daraus müssen noch mehr werden. Der Antrag ist aber bewusst so formuliert, dass es jetzt um einen sinnvollen Anfang geht. Dass der Anfang eine Fortsetzungsgeschichte werden soll, wird, glaube ich, auch aus dem Antrag klar.

Die Pflicht, wenn Sie so wollen, des Abgeordnetenhauses – eine Anhörung, eine Diskussion – hat stattgefunden, und sie war ja auch durchaus spannend. Jetzt geht es um die Kür: was geschehen kann und auch, was geschehen soll. Wenn man sich das mal insgesamt anschaut, heißt ökologische und soziale Bauwende im Grundsatz: so nachhaltig wie möglich bauen, so preiswert wie möglich bauen, so wenig wie möglich versiegeln und, jetzt wird es technisch, die Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden in Sachen klimarelevanter Gasemissionen einführen, statt nur den Verbrauch nach Bau und vor Abriss zu betrachten und diesen zu minimieren; das ist der bisherige Ansatz, und der ist eben unrichtig.

Deswegen ist das auch der Dreh- und Angelpunkt, nur es macht jetzt auch keinen Sinn zu ignorieren, dass alle Regelwerke praktisch anders ausgelegt sind. Es wird nur langfristig möglich sein, das zu ändern, und das Land Berlin kann mit konkreten Schritten beginnen. Beim Neubau werden damit nachhaltige und klimaschonende Baumaterialien ebenso begünstigt wie Erhalt und Sanierung von Gebäuden gegenüber Abriss. Das haben wir in dem Antrag auch beschrieben. Deswegen muss man sich aber auch im Klaren darüber sein, dass es eben nicht möglich sein wird – wie Ihr Antrag nun wiederum suggeriert –, dass wir Neuversiegelung null erreichen können, wenn wir nur alle Potenziale zur Erhaltung und Umnutzung bestehender Gebäude nutzen. Das ist zu wenig, sondern es kommt darauf an, Flächen, auch gelegentlich durch Abriss, für höhere Ausnutzung zu öffnen. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass es schlecht für das Bauen wäre, wenn das ICC-Parkhaus abgerissen wird und dort zum Beispiel ein Hotel gebaut wird.

[Beifall von Christian Gräff (CDU)]

Das ist doch falsch, das zu erhalten.

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

Doch, aller! – Entsiegeln müssen wir. Dafür kommt es aber im Wesentlichen darauf an, auch an bestehende Gebäudestrukturen heranzugehen. Im Wesentlichen sind das im Übrigen Straßengebäude wie Autobahnen. Wir haben überflüssige Autobahnkreuze in Schöneberg, und

(Julian Schwarze)

an vielen Stellen der Autobahnstummel in Berlin reichen sicherlich auch einfache Straßen aus. In diese Richtung müssen wir das hinentwickeln, das heißt Entsiegeln. Es geht nicht nur um das Umnutzen, sondern es geht auch um das Aufbrechen überflüssiger Versiegelungen.

Und dann, das ist auch ein Punkt, der wichtig ist: Wir müssen schneller werden. Das heißt, es reicht nicht, nur gleich schnell zu bleiben oder nicht langsamer zu werden. Deswegen ist es so: Wenn wir mit der Lebenszyklusbetrachtung erfolgreich sind, muss sie am Anfang eines Verfahrens stehen. Sie muss auch mit qualifizierten Schätzungen arbeiten können, und in der Kombination mit Preisen, die mehr und mehr hoffentlich auch die klimatische Wahrheit sagen, kommen wir dann weiter.

Die Zeit wird kaum ausreichen, um noch etwas zu den Registern zu sagen. Jawohl, die spielen eine Rolle. Wir wollen aber nicht dort starten, dass wir erst mal alle Wohngebäude erfassen, sondern wir wollen insbesondere mit denen starten, wo es Fehler gibt, also wenn Sie so wollen, wo Zweckentfremdungen aller Art drin sind. Und da ist es tatsächlich wichtig, das möglichst rasch in Berlin zu machen und auch gelegentlich dafür zu sorgen, dass die behördlichen Erkenntnisse festgehalten werden. Vielleicht sind die auch nützlich für die Finanzämter, um zu mehr Steuerehrlichkeit in diesem Bereich zu kommen.

Das heißt also: Vieles ist zu tun, vieles wird geschehen. Für den Punkt der Quartiersentwicklung reicht jetzt die Zeit nicht mehr. – Ich danke für die Aufmerksamkeit! Bitte stimmen Sie dem Antrag, den die Koalition vorgelegt hat, zu!

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Dann folgt für die Linksfraktion die Kollegin Gennburg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute über die Bauwende und die Volksinitiative für eine Bauwende für Berlin und darüber, wie wir heute als Parlament befinden werden. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben einen Entschließungsantrag vorgelegt, der sich grundsätzlich von dem Antrag der Koalitionsfraktionen unterscheidet. Die AfD hat dazu offensichtlich gar nichts zu sagen.

[Zuruf von Thorsten Weiß (AfD)]

Wir stellen fest, dass das Bauwesen heutzutage, in Zeiten einer finanzmarktgetriebenen Immobilien- und Bauwirtschaft immer mehr Rohstoffe und Ressourcen verbraucht. Diese Volksinitiative fällt also auch nicht vom Himmel, sondern sie fällt hinein in eine Zeit, in der wir in Berlin in den letzten Jahren einen krassen Bauboom erlebt haben und eben immer mehr Gebäude gebaut wurden, die ei

gentlich kein Mensch braucht. Gebaut wird nämlich, was sich rechnet und Profite verspricht. Ob leere Bürotürme oder unsinnige Mikroapartments oder Hotels – es ist völlig egal. Es ist so verrückt, wie es klingt, denn der Leerstand rentiert sich sogar, weshalb eben auch der Schlachtruf „Bauen, bauen, bauen“, den Sie hier immer vortragen, eigentlich nur offenbart, dass Sie als Betonkoalition wirklich Politik im Sinne von Spekulanten machen.

[Zuruf von Peer Mock-Stümer (CDU)]

Deswegen ist es so wichtig, dass wir heute darüber reden, wie eine Alternative, eine ökologische und soziale Stadtentwicklung eigentlich aussehen müsste.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Und deswegen unterscheidet sich das auch grundsätzlich von dem, was Herr Gräff von der CDU hier einleitend vorgetragen hat.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]