Protokoll der Sitzung vom 10.04.2025

Tagesordnungspunkt 16 steht auf der Konsensliste. Tagesordnungspunkt 17 wurde bereits in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 1 behandelt. Tagesordnungspunkt 18 steht auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 19:

Veräußerungsverbot von Berliner Liegenschaften aufrechterhalten – Verkauf des Stölpchenwegs 41 aussetzen

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 4. September 2024 Drucksache 19/1879

zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 19/1801

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und hier die Kollegin Schmidberger. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mieterinnen und Mieter! Liebes Ehepaar Möller! Man könnte meinen, der drohende Verkauf eines Zweifamilienhauses in Landesbesitz, Stölpchenweg 41, ist nicht der Rede oder gar eine Rederunde wert. Bei einem genaueren Blick zeigt sich aber, es geht um die Rolle des Landes Berlin als Vermieterin gegenüber zwei Familien, die akut von Verdrängung bedroht sind, sollte es zu einem Verkauf des Hauses kommen. Es geht aber auch um die Frage, ob das Land Berlin sich hier wie ein Miethai aufführt oder mit gutem Vorbild vorangeht und seinen Mieterinnen und Mietern Schutz vor Verdrängung garantiert.

Ist der Finanzsenator eigentlich da, frage ich mich gerade? Wäre der nicht eigentlich zuständig?

[Zuruf von Elke Breitenbach (LINKE)]

Okay, egal! Ich rede weiter und tue so, als wäre Herr Evers da.

Ich will kurz die Geschichte des Ehepaars Möller in Erinnerung rufen. Seit fast 40 Jahren wohnen die beiden dort, beide sind Ende 60 und im wohlverdienten Ruhestand. Herr Möller war Mitarbeiter bei den Berliner Forsten und hat lange für das Land Berlin gearbeitet, hat sogar Aufträge für die BIM erledigt. Er wurde damals übrigens proaktiv vom Land Berlin angesprochen und angeworben, als Mitarbeiter in die Immobilie zu ziehen. Seit 20 Jahren ist die BIM, die landeseigene Berliner Immobi

lienmanagement GmbH, für das Wohnhaus zuständig. Zugegeben, die Mieterinnen und Mieter zahlen eine niedrige Miete, aber dabei waren sie selber in den letzten Jahren bereit, mehr Miete zu bezahlen und haben das der BIM sogar proaktiv angeboten, die daraufhin aber null reagiert hat. Und das, wie gesagt, schon mehrmals und vor Jahren. Wenn der Senat und die BIM jetzt der Meinung sind, dass das Haus nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, stellt sich durchaus die Frage, warum die BIM hier nie, also seit 20 Jahren, tätig war, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.

[Unruhe]

Es wäre übrigens nett, wenn der Senat auch mal ein bisschen leiser wäre. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Niklas Schrader (LINKE)]

Anfang Juni 2024 informierte die BIM dann plötzlich die Mieter, nach 20 Jahren dort in Ruhe leben, dass am 1. Juli ein Verkaufsverfahren für das Haus zum Höchstpreis starten soll. Klar ist, wird das Haus tatsächlich verkauft, droht dem Ehepaar Möller eine Kündigung wegen Eigenbedarfs, denn es gibt keinen Kündigungsschutz, obwohl der Berliner Mieterverein übrigens sich schon seit über zehn Jahren darum bemüht, eine Schutzklausel wegen Eigenbedarfs oder Verwertungskündigung in diesen Mietvertrag einzufügen. Die Familie Möller ist sogar bereit gewesen auszuziehen, wenn man ihnen zumutbaren Ersatzwohnraum angeboten hätte. Aber auch dazu kam es nie. Stattdessen verbreitete die BIM unter anderem bei der Debatte dazu im Hauptausschuss im letzten Herbst das Gerücht, die Mieter seien nicht zu einer Einigung bereit und es hätte früher schon Ärger mit den Mietern gegeben. Beides stimmt nicht und ist der plumpe Versuch einer Nebelkerze, um vom eigenen jahrelangen Tiefschlaf abzulenken.

Eine Unwirtschaftlichkeit des Hauses zum Schaden des Landes haben also nicht die Mieter zu verantworten, sondern das Land Berlin selbst. Familie Möller wird das jetzt womöglich zum Verhängnis, weil sie sich einmal auf das Wort des Landes Berlin verlassen hat. Wir Grüne finden, das geht so nicht. Was gibt der Finanzsenator in der Situation den Mieterinnen und Mietern als Tipp im Hauptausschuss? – Die Mieterinnen und Mieter sollen sich doch einfach das Haus kaufen, ganz nach dem Motto: Wer kein Brot hat, soll eben Kuchen essen. Wie soll denn bitte ein Ehepaar im Ruhestand ohne großes Vermögen einen Kredit von der Bank bekommen? – Das sollte eigentlich ein Finanzsenator besser wissen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Immerhin verhandelt die BIM wohl seit unserem Eingreifen mit diesem Antrag seit Herbst mit dem Berliner Mieterverein und den Mietern direkt über die Zukunft des Stölpchenweg 41. Meiner Information nach haben die Mieterinnen und Mieter mehr als einer Verdopplung der Kaltmiete zugestimmt. Das ist ein Traum für viele Ver

mieter, nur mal so. Die Mieterinnen und Mieter haben also ihren Job gemacht, jetzt muss auch der Senat endlich mal seinen Job machen. Der Senat hat die politische Verantwortung, alle Mieterinnen und Mieter des Landes Berlin zu schützen, egal, ob sie bei einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft, bei der BIM oder auf dem privaten Markt mieten.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Als Eigentümer ist es sogar Ihre Aufgabe, eine Strategie zu entwickeln, wie man mit solchen Einzelfällen umgeht. Gerade weil es sich nicht um viele Häuser handelt im Land Berlin, wo wir so eine Situation vorfinden, erwarten wir hier umso mehr ein soziales Verhalten und faires Entgegenkommen des Landes Berlin. Jede bezahlbare Wohnung zählt, und Verdrängung ist Verdrängung. Der Senat darf hier nicht vom Hüter zum Räuber werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Im Einvernehmen getauscht hat jetzt für die SPD-Fraktion der Kollege Heinemann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren jetzt heute ein Liegenschaftsgeschäft hier im Plenum, das eigentlich der Vertraulichkeit unterliegt.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Das ist jetzt für mich gerade ein Problem. Also Frau Schmidberger hat ja wahrscheinlich das Einverständnis der Eigentümer eingeholt.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): So ist es!]

Aber eigentlich können hier trotzdem, ohne die Vertraulichkeit zu verletzen, nicht alle Fakten dargestellt werden, und ich finde das sehr problematisch, dass Sie jetzt das zweite Mal schon in dieser Legislaturperiode hier Liegenschaftsgeschäfte ins Plenum ziehen, ohne die Vertraulichkeit herzustellen.

Ich kann sagen, dass der Fall, so wie ihn Frau Schmidberger darstellt, nicht stimmt, und das müsste Frau Schmidberger auch wissen, weil sie ja, genauso wie ich, Mitglied des Aufsichtsrats des Liegenschaftsfonds Berlin ist, und Sie müssten wissen, dass wir uns ja mehrmals mit dieser Liegenschaft beschäftigt haben, seit Jahren. Ich kann jetzt nicht konkreter werden, um hier das belegen zu können, dass das hier eine Falschinformation ist, aber ich finde das nicht richtig. Sie wissen auch selbst, wie Sie im

(Katrin Schmidberger)

Liegenschaftsfonds hier abgestimmt haben, und das war nicht so, wie Sie hier gerade gesprochen haben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Das muss die Grünenfraktion aus meiner Sicht auch noch mal aufklären, weil ich finde, das können wir jetzt hier nicht im Parlament einreden lassen.

[Zuruf von Vasili Franco (GRÜNE)]

Jedenfalls wird an der neuen Liegenschaftspolitik nichts geändert. Aber es ist schon so, wenn eine Immobilie trotz vieler Versuche und Angebote nicht zu verwerten ist, und ich sage mal, am Stölpchenweg würden mir auch viele, sage ich mal, Nutzungen einfallen, die wir in anderen Einfamilienhäusern unterbringen, dass man dann darüber nachdenken darf. Aber wie gesagt, es gab hier im Aufsichtsrat eine Diskussion über mehrere Jahre, und so, wie Sie das hier dargestellt haben, hat sich weder der Senat noch der Aufsichtsrat des Liegenschaftsfonds verhalten. Es wurden hier sehr viele Möglichkeiten angeboten, und das wissen Sie auch, Sie waren in den Sitzungen anwesend. Deswegen machen Sie es sich hier sehr einfach, und das kann ich nur zurückweisen. Was Sie hier dargestellt haben, nämlich dass wir uns wie Miethaie verhalten würden, weise ich zurück. Es muss aber auch sein, dass das Land Berlin auf so eine Immobilie einen Zugriff bekommt und diese Geschichte nicht immer weiter gedreht werden darf. Ich hätte Ihnen das gern ausführlicher dargestellt, aber ich möchte hier keine Rechte Dritter verletzen.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Vielen Dank! – Dann hat zu einer Zwischenbemerkung die Kollegin Schmidberger das Wort.

Die Aussagen von Herrn Heinemann machen es nötig, hier noch einmal etwas dazu zu sagen. – Herr Heinemann! Ich verstehe Sie wirklich an dieser Stelle gar nicht.

[Zuruf von Christian Goiny (CDU)]

Wenn Sie den Fall die letzten Jahre verfolgt hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass dieses Thema auch mehrfach in der Presse war.

[Zuruf von Danny Freymark (CDU)]

Übrigens: Die Familie Möller ist selbst mehrfach an die Presse gegangen und hat auch Dokumente zum Beispiel an die taz gegeben, genauso wie auch, wie gesagt, an den Berliner Mieterverein. Der Berliner Mieterverein ist schon lange unterwegs, um zwischen der BIM und den Mieterinnen und Mietern zu verhandeln. Von daher tut es mir leid: Ich kann das jetzt gerade nur als schlechte Ausrede werten, dass Sie hier behaupten, ich hätte die Ver

traulichkeit verletzt, würde mich daran nicht halten oder hätte im Aufsichtsrat irgendwie komisch abgestimmt.

Ich kann Ihnen gern auch einmal die Belege der Mieterinnen und Mieter zeigen, wenn Sie das interessiert. Ich habe zum Beispiel Belege, dass die Mieterinnen und Mieter selbst proaktiv Mieterhöhungen angeboten haben. Es lässt sich ja belegen, ob die BIM in den letzten 20 Jahren ein Mieterhöhungsverlangen ausgesprochen hat oder eben nicht. Von daher können wir das gern danach noch einmal nacharbeiten. Ich freue mich auch, dass Sie bereit sind zu sagen, dass das hier kein Paradigmenwechsel ist und dass die transparente Liegenschaftspolitik, die angeblich auch neu aufgestellt werden und weiterhin den Schutz unseres Berliner Bodens garantieren soll, demnächst entwickelt wird – da warten wir ja auch schon sehr lange darauf.

Ich muss aber trotzdem einmal sagen: Wenn eine Familie im Juli erfährt, dass ihr Haus verkauft wird, und ihnen mitgeteilt wird: Ihr könnt es jetzt entweder kaufen, oder ihr habt Pech gehabt –, dann stellt sich schon die Frage, ob das wirklich das ist, was wir eigentlich von Vermieterinnen und Vermietern erwarten. Ich finde jedenfalls nicht, dass die Messlatte, die wir an die privaten Vermieter stellen, höher sein kann als die, die das Land Berlin selbst erfüllen muss. Von daher tut es mir leid. Wie gesagt, man hätte diesen Einzelfall sehr schnell klären können. Ich gebe sogar zu: Man hätte das auch unter RotGrün-Rot damals schon klären können. Das haben wir verpasst. – Ich finde es aber jetzt ein bisschen kindisch von Ihnen und auch apolitisch,

[Lachen von Danny Freymark (CDU) und Sven Heinemann (SPD)]

sich hier hinzustellen und überhaupt nicht auf das Thema einzugehen, und ich hätte den Fall an Ihrer Stelle auch schon längst gelöst.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Danny Freymark (CDU)]

Dann hat zur Erwiderung der Kollege Heinemann das Wort.