Protokoll der Sitzung vom 22.05.2025

plett von einer gesamtdeutschen, von einer gesamteuropäischen Lage abkoppeln, die natürlich die Situation erschwert. Das sehen Sie überall um uns herum. Wenn Bayern und Baden-Württemberg ein schwächeres Wachstum haben als Berlin, dann zeigt das etwas, was eben auch bedeutet, dass auch wir hier vor größeren Herausforderungen stehen. Trotzdem ist unser Bruttoinlandsprodukt im letzten Jahr zum zwölften Mal in Folge über dem Bundesdurchschnitt gewachsen. Das ist kein Zufall, sondern das ist harte Arbeit gewesen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das bedeutet, wenn wir uns Ostdeutschland anschauen, denn wir sind stärker als alle anderen ostdeutschen Bundesländer, dass wir der Wirtschaftsmotor hier in unserer Region sind, und dass es auch gezeigt hat, dass wir es trotz der schwierigen Situation am Arbeitsmarkt geschafft haben, bisher allein in dieser Legislaturperiode die Arbeitsplatzzahl um fast 100 000 zu erhöhen, und das waren sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Ich finde das wichtig.

Wir haben als Senat gemeinsam mit unserer Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner und auch mit der Investitionsbank Berlin dafür gearbeitet, Unternehmen in unserer Stadt anzusiedeln: mit Förderung, mit Beratung, mit dem Business Location Center, mit dem Business Immigration Service, auch unterstützt beim Fachkräftethema. Wir haben das letzte Jahresergebnis von Berlin Partner zusammen mit Berlin Partner vorgestellt. Es ist im letzten Jahr an über 300 Ansiedlungsprojekten gearbeitet worden, und es sind über 1,1 Milliarden Euro Investitionsvolumen hier ins Land gekommen. Jetzt können Sie sagen: Das ist ja nichts. – Ich sage Ihnen, wenn wir uns die Zeit seit dem Mauerfall anschauen, ist es genau zwei Mal gelungen, dass wir Ansiedlungen von Unternehmen über 1 Milliarde Euro im Jahr hierher nach Berlin geholt haben, und diese zwei Male lagen beide in dieser Legislaturperiode. Da können Sie mir Schönreden vorwerfen, wie Sie wollen. Ich bin stolz darauf, dass diese Zahl eindeutig ist und dass sie auch ein Höhepunkt ist.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Deshalb: Nie zuvor wurden mehr Investitionsmittel in unsere Stadt geholt als in dieser Legislatur. Das bedeutet, dass wir eben auch genau daran weiterarbeiten müssen.

Es ist vorgeworfen worden, dass wir keine wirtschaftspolitischen Leitlinien haben. Ich weiß nicht, Herr Wapler, wie oft ich im Wirtschaftsausschuss die wirtschaftspolitischen Leitlinien erörtert habe. Vier sind es an der Zahl, eigentlich nicht so schwer zu merken: Wir arbeiten für ein starkes Wirtschaftswachstum, wir arbeiten für die klimaneutrale Stadt, wir sichern die besten Hände und Köpfe für Berlin, und wir arbeiten dafür, dass unsere Stadt Innovationsstandort Nummer eins in Europa wird. Das ist kein Blütentraum, sondern daran arbeiten wir,

(Dr. Alexander King)

indem wir zum Beispiel wie gestern die GITEX Europe hier in der Stadt eröffnen, mit über 1 400 Ausstellern, Investoren, globalen Sprechern und all denen, die hier investieren und gemeinsam mit uns diese Entwicklung vorantreiben.

Deshalb arbeiten wir mit der Wissenschaftsverwaltung eng zusammen und machen zum Beispiel einen neuen Pre-Seed-Fonds für das Venture-Capital für wissenschaftsbasierte Ausgründungen mit 10 Millionen Euro, um gerade die zu unterstützen, die in der Universität geniale Ideen haben, aber eben nicht das Startkapital, um ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen. Genau deshalb machen wir das.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Dirk Stettner (CDU)]

Auch an Tuba Bozkurt gerichtet: Ich weiß nicht, ob Sie nur einen Teil des Berichts des letzten Jahres über die GRW-Förderung gelesen haben. Wir haben seit Jahren eine Tradition, dass die GRW-Mittel hier bei uns im Bundesland stärker abgerufen werden als in anderen Bundesländern, dass wir Mittel, die woanders liegen bleiben, hier verwenden, und wir haben im letzten Jahr über 200 Millionen Euro GRW-Fördermittel in unsere Stadt investiert, sowohl in die Infrastruktur als auch in Erweiterungsvorhaben für Unternehmen. Und im Übrigen haben wir zusätzliche Bundesmittel in Höhe von 48 Millionen Euro nach Berlin ziehen können, weil andere Bundesländer sie nicht ausgegeben haben. Ich finde, wenn, dann muss man auch die ganze Geschichte erzählen und darf sich nicht etwas herauspicken.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Es ist heute viel über die Start-ups geredet worden und dass das ja alles nichts weiter wäre. Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie morgen früh aufwachen, ist schon wieder ein neues Start-up gegründet, alle 17 Stunden. Ich weiß nicht, wann Sie aufstehen, aber auf jeden Fall haben wir eine Situation, in der jeden Tag ein neues Start-up oder sogar zwei gegründet werden. Wir haben im letzten Jahr 498 Start-ups gehabt. Zum Vergleich: In München waren es 203, in Heidelberg, wo ja auch immer gern so getan wird, als wären die ganz vorne, 22. Da muss man aufpassen, wie die Bezugsgröße ist; wenn man das auf die Bevölkerungszahl bezieht, dann kann es schon mal ein paar Verzerrungen geben, aber es gibt keine andere Stadt in Deutschland, die so viele Gründungen im Start-upBereich hat wie Berlin.

Im Übrigen kommt hinzu, dass wir 5 000 Start-up-Unternehmen hier in unserer Stadt haben, über 100 000 Beschäftigte, übrigens genauso viele wie in der Industrie. Und wenn man sich anschaut, was die noch mal zusätzlich zu den Investitionsmitteln an Venture-Capital gezogen haben, dann sind wir mit dem Venture-Capital alleine in den letzten fünf Jahren bei 23 Milliarden Euro Venture-Capital, Investitionskapital für unsere Start-up

Unternehmen. Keine andere Stadt in Deutschland hat so viel erreicht. Wir haben die meisten deutschen Unicorns bei uns. Was sind Unicorns? – Das sind Unternehmen, die mit über 1 Milliarde US-Dollar bewertet sind. 19 davon sind bei uns. Gerade ist mit Parloa das 19. dazugekommen. Wir gratulieren diesen Unternehmen, die das geschafft haben. Und wenn Sie sagen, das spielt ja alles keine Rolle: Das sind Unternehmen, wenn die mit 1 Milliarde US-Dollar bewertet sind und hier in Berlin ihren Sitz haben, die zahlen Steuern, die sorgen für die Einnahmen, die wir dann wieder im Haushalt für die vielen Wünsche, die wir haben, ausgeben können. Das finde ich wichtig hier an dieser Stelle einmal zu sagen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Und wenn wir uns anschauen, was im letzten Jahr gelungen ist und worauf wir auch jetzt aufbauen: Wir haben die Top-Investments auch in diesem Jahr, AMBOSS mit 240 Millionen Euro Investment, Parloa mit 120 Millionen Euro, Enpal mit 110 Millionen Euro. Das sind die ersten Zahlen für das Jahr 2025. Wir wissen, dass wir hier über Beträge sprechen, die wir dringend brauchen. Und wenn hier gesagt wird – ich glaube, Herr Wapler war es oder Herr Valgolio –, es ist ja nicht so relevant, wenn jetzt hier auf der GITEX irgendein Geschäft gemacht wird, und da schließt ein Fintech-Unternehmen mit jemandem einen Vertrag ab, das ist doch egal. – Es ist nicht egal!

[Zuruf von Damiano Valgolio (LINKE)]

Ich kann Ihnen sagen: Wir haben hier in unserer Stadt den Topwert der Fintech-Unternehmen, nämlich 189 Unternehmen. Diese Unternehmen sind hier gemeldet, die zahlen hier Steuern, und wenn sie hier einen Vertrag abschließen über Venture Capital, über neue Beschäftigte, dann kommt das der Stadt Berlin und unserem Haushalt zugute. Und wenn wir zwar nicht der traditionelle Bankenstandort sind wie Frankfurt am Main, aber eben der, der für die neuen Technologien im Finanzbereich steht, wenn wir der Topstandort sind, an den zwei Drittel der Investitionen, die in Deutschland überhaupt getätigt werden, kommen, dann hat das eine Relevanz für die Wirtschaftskraft des Standorts, und dann verstehe ich nicht, warum Sie hier den Eindruck erwecken, dass das alles keine Rolle spielt. Ich finde, es ist wichtig.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Man kann sich ja auch mal fragen, wie das überhaupt gelungen ist, dass wir trotz dieser schwierigen Lage besser sind als andere Bundesländer – natürlich, weil wir eine Branchenvielfalt haben, natürlich, weil wir nicht nur auf die Industrie setzen, die wichtig, ist, die wir weiter unterstützen müssen, weil wir das Handwerk hier haben, weil wir die Gastronomie, die Kultur, das Thema Tourismus hier haben. Aber es sind eben auch die neuen Tech-Branchen, Fintech, Deep Tech, Healthtech, Greentech, Games, das ganze Thema KI. Wir werden in diesem Jahr den ersten KI-Hub eröffnen. Wir setzen auf Innovation in unserer Stadt, wir gehen mit den Programmen in

(Bürgermeisterin Franziska Giffey)

diese Richtung, und wir wollen uns auch ganz klar darauf orientieren, dass wir natürlich nur dann, wenn wir Innovationen in die Stadt holen, auch wirtschaftlich erfolgreich sein können.

Ich möchte es an dieser Stelle noch mal sagen: Herr Wapler, ich lasse mich von Ihnen nicht als „Sonnenkönigin“ diffamieren, weil ich für die internationale Kooperation unserer Stadt sorge. Wenn wir mit Dubai, mit Paris, mit Jakarta, mit London, mit Warschau und mit vielen anderen Städten mehr zusammenarbeiten, wenn wir mit unseren indischen Partnern arbeiten, wenn wir auf Innovation und Internationalisierung setzen, dann ist das das, was ich für erforderlich halte für eine Weltmetropole Berlin.

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von der SPD: Wuhuu!]

Wir sind diejenigen, und das haben wir letzte Woche in Paris doch selber erlebt: Die Franzosen setzen auf die deutsch-französische Zusammenarbeit. Sie erhoffen sich, dass Deutschland und Frankreich, der Motor der Europäischen Union, die beiden Länder, die über 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften, das vorantreiben.

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

Und wo soll es denn geschehen, wo ist denn das Zentrum der deutsch-französischen Zusammenarbeit? – Natürlich in unseren beiden Hauptstädten, natürlich in Berlin und Paris, und es ist notwendig, dass wir diejenigen sind, die eben nicht nur Bullerbü machen, sondern die ganz klar sagen: Wir stehen hier für die internationale Zusammenarbeit!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall von Robert Eschricht (AfD) – Zuruf von der SPD: Wuhuu!]

Nur dann, und nur dann wird unsere Stadt erfolgreich sein. Deshalb ist es auch wichtig, und das ist hier an vielen Stellen angesprochen worden: Das Sondervermögen der Bundesregierung muss selbstverständlich eingesetzt werden für die Investitionen, die jetzt nötig sind, in öffentliche Infrastruktur, in die Wirtschaft, in den Wohnungsbau, in die Digitalisierung, in das ganze große Thema Transformation. Das müssen wir tun, und das werden wir tun. Wir werden als Berlin ganz klar vorbereitet sein darauf, was jetzt nötig ist.

[Zuruf von Christoph Wapler (GRÜNE)]

Und ich sage Ihnen: Wir haben alle Chancen, unsere Stadt wirklich als Innovationsstandort zu profilieren. Wir haben alle Chancen, auch im nächsten Jahr mehr Wachstum zu erreichen. Die Prognose liegt aktuell bei 1 Prozent, für das nächste Jahr dann bei 1,5 Prozent. Unsere Aufgabe ist, positiv nach vorne zu schauen und die Wirtschaft zu unterstützen. Genau das machen wir.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Das wird aber noch nicht reichen!]

Ich habe Ihnen gerade ausgeführt, was wir tun, außer positiv nach vorne zu schauen. Wir haben ganz konkrete Programme. Sie wissen genau, dass wir sehr viel einsetzen, um die Wirtschaft zu unterstützen. Im Übrigen, wenn hier kritisiert wird, dass für die Reallabore nicht genug getan wird: Wir haben es geschafft, da, wo wir Landesmittel nicht so stark einsetzen können, genau für diese Frage Bundesmittel zu akquirieren.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Das ist auch eine Aufgabe, und das tun wir gemeinsam mit der Wirtschaft. Wir fragen sie nämlich, was sie brauchen, wir fragen sie, was sie an Programmen benötigen, und dann richten wir die Programme so aus, dass sie der Wirtschaft wirklich helfen.

Ein letztes Wort geht an Herrn Hansel, der hier eine Zukunftsvision für die Stadt aufgemalt hat, die hoffentlich nie eintreten wird.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von der SPD: Wuhuu!]

Ich sage Ihnen eines: Es sind Punkte darin, die wichtig sind, aber eines ist total klar: Wir werden das, was wir wollen, nur dann erreichen, wenn wir unsere wirklich größte Stärke in Berlin erhalten, und das ist Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz.

[Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von der SPD: Wuu!]

Ein Rechtsruck schwächt Wachstum und Wohlstand, das ist sonnenklar.

[Zurufe von der AfD]

Und wenn wir hier erreichen wollen, dass weiter Talente aus aller Welt in unsere Stadt kommen, dass Investoren sich für Berlin entscheiden, dass wir diejenigen unterstützen, die hier in unserer Stadt wachsen wollen, auch die, die jetzt aus den USA kommen, die Angst haben, weil sie dort nicht mehr in Freiheit leben und forschen und arbeiten können,

[Zurufe von Marc Vallendar (AfD) und Thorsten Weiß (AfD)]

die sagen: Wohin gehe ich denn? – Ich gehe nach Europa, und wenn ich dort hingehe, gehe ich nach Berlin –, dann ist unsere Aufgabe, als freie und weltoffene Stadt zu sagen: Ihr seid herzlich willkommen!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der LINKEN]

Das wird die Branchenvielfalt und das Wachstum der Zukunft sein, davon bin ich fest überzeugt, in einer

(Bürgermeisterin Franziska Giffey)

demokratischen, in einer freien Stadt Berlin. Das ist unser wichtigster Wirtschaftsfaktor. – Vielen herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von der SPD: Wuu!]