Protokoll der Sitzung vom 12.06.2025

Da verwundert es dann schon ein wenig, wenn gestern im Ausschuss grüne Bezirksstadträte dazu raten, eine fast fertige Autobahn nicht in Betrieb zu nehmen und darüber diskutiert wird, ob man die Fahrspuren der Ringbahnbrücke und der Westendbrücke reduziert, um damit den Autoverkehr nicht auf den leistungsfähigen Hauptverkehrsstraßen zu führen, sondern in die Wohngebiete zu drängen. Noch eines will ich sagen, einfach nur zur Sicherheit: Um den Verkehrsfluss in dieser Stadt leicht und sicher zu machen, ist nicht der Poller die einzige Antwort.

Jetzt kommen wir mal zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, der hier zusammen behandelt wird. Ja, Sie haben recht, die Nahverkehrstangente ist selbstverständlich ein wichtiges Element. Die Nahverkehrstangente kann gerade im östlichen Teil unserer Stadt dazu beitragen, dass der ÖPNV gestärkt wird, dass aber auch der Schienengüterverkehr dort besser funktionieren kann. Wenn ich mir diesen Antrag mal genauer anschaue, insbesondere die Begründung, dann fällt mir eins auf: Mir scheint, dieser Antrag ist mal wieder eine Nebelkerze, denn Sie schreiben das auf, was Sie bei den Diskussionen immer gesagt haben: Ja, wir brauchen die Nahverkehrstangente, aber wir müssen dieses Planfeststellungsverfahren für die Tangentialverbindung Ost damit verbinden. – Das wird mit uns nicht passieren. Die Planfeststellung für die Tangentialverbindung Ost wurde endlich begonnen, und sie wird fortgeführt, hoffentlich mit einem positiven Ergebnis. Lassen Sie uns also im Ausschuss gern über diesen Antrag sprechen,

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

aber diese Verbindung zwischen NVT und TVO wird mit uns nicht möglich sein,

[Beifall bei der CDU]

denn die Tangentialverbindung Ost ist ein ganz wichtiges Netzelement im Osten dieser Stadt.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Die Zeiten, als Architekten, Künstler und sonstige sich berufen gefühlte Menschen monatelang über die Anmutung von Brückenbauwerken sinniert haben und als Straßen wie die Friedrichstraße einfach mal so für den Kfz-Verkehr gesperrt

wurden, als darüber diskutiert wurde, ob man es der Kreuzkröte, die fünf Jahre lang lebt, zumuten kann, nach sechs Jahren ein zweites Mal in ein Ersatzhabitat umzuziehen, und ob Zebrastreifen gebaut werden oder nicht, weil man sich nicht darüber einig ist, ob reguläre weiße Fahrbahnmarkierung benutzt wird oder ob man Regenbogenfarben dort einsetzt, diese Zeiten sind vorbei,

[Zurufe von Vasili Franco (GRÜNE) und Tobias Schulze (LINKE)]

denn wir machen Tempo beim Brückenbau und beim Verkehrsfluss, und wir sorgen damit für das Funktionieren dieser Stadt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Lachen von Vasili Franco (GRÜNE)]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin Kapek das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Normalerweise feiern sich Regierungen für erfolgreiche Infrastrukturprojekte. Sie, Herr Kraft, Sie feiern sich stattdessen für den Abriss einer einzigen einsturzgefährdeten Brücke. Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist toll, dass die Verwaltung hier so schnell gehandelt hat. Wir haben uns alle gestern bedankt. Wenn wir aber mal ganz ehrlich sind, ist genau das auch ihr Job.

[Zuruf von der CDU]

Dass man das aber gleich zum Anlass für eine Aktuelle Stunde nimmt, liebe CDU, das zeigt die Bilanz Ihrer bisherigen Regierungsverantwortung, und zwar nicht nur im Verkehrsressort.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Dass Sie heute lieber über die Erfüllung einer Pflichtaufgabe sprechen statt über das massive Chaos in der Bildungsverwaltung, das ist wirklich ein Armutszeugnis. Glauben Sie nicht, dass die Bildungssenatorin, die ja heillos überfordert ist, sich aus der Verantwortung stehlen kann!

[Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Unverschämtheit! – Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Dass Sie es dennoch versuchen und dabei selbst ausgerechnet als Symbolbild für Ihre Politik eine Abrissbirne wählen, darauf wären selbst wir nicht gekommen. Es passt aber leider sinnbildlich zu Ihrer Verkehrspolitik.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

(Johannes Kraft)

Die Brücke An der Wuhlheide: Ja, gut, dass sie abgerissen ist! Einen Wiederaufbau braucht sie allerdings nicht, denn das Verkehrsaufkommen dort ist auf einem so rekordverdächtig niedrigen Niveau, dass Ihnen nicht einmal selbst aufgefallen ist, dass Sie sowohl der Presse als auch dem Mobilitätsausschuss

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

die Zahlen für den Radverkehr als Kfz-Zahlen verkaufen wollten. Dass Ihnen das erst nach Tagen selbst aufgefallen ist, sagt vor allem eins: Eine neue Brücke brauchen wir dort mit Sicherheit nicht.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Sparen Sie uns also allen Zeit und Geld und übernehmen Sie einfach den sehr guten Vorschlag aus dem Bezirk Treptow-Köpenick für einen tramfreundlichen Kreisverkehr!

Herr Kraft, Sie stellen sich hier hin und schlagen einen Sanierungsfahrplan vor. Bis heute haben Sie aber in Ihrer Regierungsbilanz keine einzige neue Brücke saniert. Wir haben übrigens in der gleichen Regierungszeit unzählige Brücken eröffnet und zudem auch noch die Sanierungsmittel erhöht. Dass Sie diese nicht nutzen, lieber Herr Kraft, ist wahrlich verantwortungslos.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Dabei wissen Sie ganz genau, dass es in Berlin mehr als 70 Brücken gibt, die in einem ähnlich problematischen Zustand wie die Carolabrücke in Dresden sind. Auch in Berlin droht jederzeit die Havarie. Wenn Sie hier also vollmundig einen Masterplan Brücken und die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens ankündigen, lassen Sie aber einen entscheidenden Fakt aus, nämlich dass Finanzsenator Evers im letzten Plenum relativ deutlich gemacht hat, dass Sie dafür kein Geld bekommen. Deshalb fordern wir auch hier ganz offiziell, stattdessen das Sondervermögen des Bundes für die Sanierung der Brücken zu nutzen. Und ich sage es mal ganz deutlich: für die Brücken und die Sanierung der U-Bahn, aber nicht für die TVO.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Denn ja, Sie haben ein Planfeststellungsverfahren auf den Weg gebracht, aber Sie wissen genau, dass dieses Verfahren so viele Konstruktionsfehler hat, dass Sie keine Bundesförderung dafür bekommen werden. Und was gar nicht geht, ist, dass Sie dann das Geld des Bundes in dieses Projekt stecken, statt die Funktionsfähigkeit unserer Stadt zu garantieren. Für uns ist ganz klar: Die Priorität heißt „Schiene vor Straße“.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Deshalb bin ich den Kolleginnen und Kollegen der SPD aus Berlin und Brandenburg auch sehr dankbar. Die haben nämlich bereits einen hervorragenden Antrag beschlossen, den wir hier heute wortgleich eingebracht

haben. Denn wie die SPD in Berlin und Brandenburg sagt, braucht es gar keine TVO, wenn wir die Nahverkehrstangente bauen. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus diesem SPD-Antrag.

„Das geplante Schienenprojekt ‚Nahverkehrstangente Ost‘ im Stadtgebiet Berlins hat erhebliche Potenziale, neben der Erschließung innerhalb Berlins auch die Stadt-Umland-Verbindungen im Bahnpendlerverkehr wesentlich zu verbessern.“

Genau darum geht es doch: bestmögliche Mobilität und schnelle Verbindungen für alle, nicht nur für die, die sich ein Auto leisten können.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wir hoffen entsprechend auf eine Mehrheit hier im Abgeordnetenhaus und selbstredend auch der SPD für ihren eigenen Antrag. Denn mit der Nahverkehrstangente schließen wir nicht nur die letzte fehlende Lücke im Bahnaußenring, sondern wir schaffen auch neben dem vorhandenen S-Bahn-Ring einen zweiten Bahn-Ring um ganz Berlin herum. Wer also etwas für die Leute außerhalb des S-Bahn-Rings tun will, der muss für die Nahverkehrstangente sein.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Und auch wenn Sie Gegenteiliges gerade behauptet haben, Herr Kraft, die CDU versucht gerade mit echt üblen Taschenspielertricks, genau diese NVT zu verhindern. – Deshalb, liebe SPD, lass das bitte nicht zu!

Tempo bei den Brücken und Investitionen in die Infrastruktur: bislang Fehlanzeige. Wie sieht es denn beim Tempo beim Verkehrsfluss aus? Was glauben Sie denn, was die Berlinerinnen und Berliner antworten würden, wenn man sie fragen würde, wie der Verkehr in Berlin fließt? – Sicher nicht, dass das der Fall ist. Kein Wunder, denn die CDU-Verhinderungspolitik hat schon Manja Schreiner begonnen: Radwegestopp, Tramausbaustopp, Busspurenstopp, und schließlich hat sie sich selbst gestoppt.

Aber schlimmer geht immer. Mit Frau Bonde kam dann auch noch der Investitionsstopp in die BVG und in die S-Bahn. Nun wird das Ganze noch getoppt. Jetzt kommt auch noch der Abriss: erst die Kiezblocks, dann die Kantstraße. Einfach jedwede Maßnahme, die Sicherheit verspricht, wird gekürzt, gestrichen und zurückgebaut. – Und lieber Herr Kraft, Sie sprachen gerade von Zebrastreifen. Da frage ich mal: Ganz ehrlich, wie viele Zebrastreifen wurden in Ihrer Regierungszeit schon verwirklicht? – Ich gebe Ihnen die Antwort: keiner. Das, meine Damen und Herren, das ist kein Tempo beim Verkehrsfluss; das ist eine Vollbremsung.

Dabei bräuchten wir Tempo dringend. Das sagt übrigens auch die Wirtschaft. Und in einer Stadt, in der zwei Drittel der Menschen gar kein eigenes Auto besitzen, heißt

Verkehrsfluss vor allem ein zuverlässiges und sicheres Angebot von Bus und Bahn. In der Realität sieht das aber ganz anders aus. Die Busse stecken im Stau fest, Hashtag Busspurenstopp. Die U-Bahn kommt nicht, Hashtag BVG-Krise. Die Tram ist völlig überfüllt, Hashtag Tramausbaustopp. – Das, Frau Bonde, ist übrigens die Wirklichkeit der Menschen in unserer Stadt, die nicht mit dem Dienstwagen herumkutschiert werden. Und genau das ist übrigens auch die Krise, die Sie bis heute leugnen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Das einzige, wo Sie Tempo machen, ist bei der Abwärtsspirale des BVG-Angebots. Und dafür können Sie sich jetzt wahrlich nicht feiern. Ganz im Gegenteil: Hier von mehr Tempo zu sprechen, das ist blanker Hohn.

Eins noch, liebe CDU: Wenn selbst der ADAC wegen Ihrer Verkehrspolitik auf der Zinne ist und Ihnen eine verfehlte Verkehrspolitik und Blockadehaltung vorwirft, spätestens dann sollte Ihnen doch klar werden, dass Sie gerade sogar ihre eigene Klientel verprellen. Denn, das hat Herr Kraft ja deutlich gemacht, das eigentliche Problem besteht doch darin: Wenn Sie von Verkehr reden, meinen Sie nur eins, nämlich Autos. Aber selbst für die tun Sie ja gar nichts, siehe das Thema Brücken. Statt hier also gefährliche Pseudomaßnahmen wie Tempo 50 oder Star-Wars-Fantasien Ihres Fraktionsvorsitzenden vorzuschlagen, sollten Sie lieber dafür sorgen, dass mehr Menschen mit Bus, Bahn und Rad fahren können. Davon haben dann nämlich auch die Leute etwas, die wirklich aufs Auto angewiesen sind, vorneweg die Wirtschaft. Die kommen dann nämlich schneller von A nach B.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Insgesamt profitieren alle Menschen davon. Denn je mehr Leute Sie dazu zwingen, mit dem Auto zu fahren, weil die BVG und die S-Bahn und die Radwege nicht mehr funktionieren, desto mehr Leute stehen dann einfach nur gemeinsam im Stau – mit dem Resultat, dass die Leute, die im Stau stehen, dann in die Wohngebiete ausweichen. Und was ist Ihre Antwort? – Schutz derer mit uns auf gar keinen Fall.

Am Ende bleiben also alle auf der Strecke. Das ist kein Miteinander, sondern das ist die Eskalation eines Gegeneinanders, und das gefährdet die Sicherheit in unserer Stadt. Andere Städte gehen weltweit voran. Die CDU bremst Berlin brutal aus und das auf Kosten der Ärmsten. Unsere Bildungssenatorin stellt in einer Stadt, in der 40 Prozent der Kinder unterhalb der Armutsgrenze leben, das Schülerinnen- und Schülerticket infrage. Und der Regierende Bürgermeister toppt sie noch, indem er das Deutschlandticket als Flatratefahrkarte diffamiert, statt aber das Flatrateparken von 85 Cent im Monat auch nur ansatzweise in den Blick zu nehmen.

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]