Deshalb müssen die Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationskraft sowie die Beseitigung von Wachstums- und Beschäftigungshemmnissen für den Mittelstand zentrales Anliegen einer zukunftsorientierten Mittelstandspolitik sein. Im Vordergrund muss stehen, größenbedingte Nachteile auszugleichen.
Klar ist natürlich, dass zunächst die Unternehmen selbst gefordert sind, mit ihren Unternehmensstrategien die Weichen für Erfolg und Zukunftssicherung zu stellen. Der Empfehlungskatalog der Enquetekommission richtet sich daher nicht allein an die Politik, sondern auch an den Mittelstand selbst und an seine Wirtschaftsorganisationen. Entwicklungen anzustoßen und zu beschleunigen, vor allem dafür zu sorgen, dass sich in allen zwölf Regionen des Landes die Wirtschaft vorwärts entwickelt, den Strukturwandel aktiv und positiv zu gestalten – darin sehen wir in der Tat eine Aufgabe der baden-württembergischen Wirtschaftspolitik.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Mittelstand“ ist ein sehr weiter Begriff. Eigentlich ist jeder Unternehmer, der ein Unternehmen, das ihm gehört, auch führt, der verantwortlich ist für alle unternehmensrelevanten Entscheidungen, unabhängig von der Größe ein Mittelständler. Mittelständische Unternehmen sind geprägt von einer persönlichen Beziehung zwischen Mitarbeitern und Unternehmensführung.
Legt man als quantitative Grenze eine Mitarbeiterzahl von 500 zugrunde, dann können in Deutschland allein 99 % aller Unternehmen zum Mittelstand gezählt werden. 99 % aller Unternehmen in den Genuss öffentlicher Förderung gelangen zu lassen kann aber nicht sinnvoll sein. Förderung durch den Staat muss nur da erfolgen, wo größenbedingte Nachteile entstehen und ausgeglichen werden sollen. Deshalb schlagen wir auf Empfehlung vieler Verbände, wie zum Beispiel des Baden-Württembergischen Handwerkstags, vor, sich an die EU-Definition anzulehnen und den Begriff KMU, also kleine und mittlere Unternehmen, zu verwenden, womit wir eine Unterscheidung hätten zwischen Kleinstunternehmen bis zu 10 Arbeitnehmern, Kleinunternehmen bis 50 und mittleren Unternehmen bis 250 Beschäftigte. Wir begrüßen es, dass die Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes dieser Empfehlung folgt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie ein roter Faden zog sich durch die Anhörungen, dass mittelstandsgerechte Rahmenbedingungen und Standortqualität eine Conditio sine qua non sind, damit dies gelingt. Mittelständische Unternehmer wollen auf ihre eigene Leistungskraft setzen können. Daher ist ihr zentrales Anliegen eine Vergrößerung der Handlungsspielräume, eine Verbesserung der Rahmenbedingungen durch Deregulierung und eine Senkung der Abgaben- und Steuerlast. Benötigt werden mehr Flexibilität, mehr Deregulierung sowie eine Senkung der Abgaben- und Steuerlast.
Eines der wichtigsten Probleme aus der Sicht der Unternehmen ist der zunehmende Fachkräftemangel, so bei In
genieuren in der Industrie, bei den Fachkräften im Handwerk und den Verkäuferinnen im Einzelhandel. Immer weiter klaffen Fachkräftenachfrage und -angebot auseinander. Es fehlen soziale und Schlüsselqualifikationen. Neue fachliche Anforderungen, wie Projektmanagement und Medienkompetenz, sind gefordert. Das Fehlen neuer Ausbildungsgänge, wie zum Beispiel der zum Bioingenieur, führt zu Wachstumshemmnissen in Zukunftsbranchen.
Immer wichtiger werden auch „weiche Faktoren“ wie unternehmensfreundliche, flexible Verwaltung, Dialog zwischen Politik und Mittelstand sowie ein innovationsfreundliches Klima, Infrastruktur und Wirtschaftsförderung.
Die Mittelstandsförderung steht im Spannungsfeld von veränderten Anforderungen an Serviceangebote und knappen Mitteln. Dies muss zu einer Neuausrichtung der Instrumente der Mittelstandspolitik führen. Sie muss zielorientiert auf Kleinunternehmen ausgerichtet werden, sie muss effizient und bedarfsgerecht zielgruppenspezifische Unterstützungskonzepte entwickeln und lokal verfügbar machen. Neue Formen der Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft, Modelle der Wirtschaftsförderung jenseits der Subventionierung sind gefordert. Mittelstandsförderung wird künftig auch darin bestehen, zu koordinieren, zu initiieren, zu moderieren und Kontakte zu vermitteln.
Die Kommission hat ihre kurzfristigen Handlungsempfehlungen in einem 10-Punkte-Katalog zusammengefasst. Folgende zehn zentrale Handlungsfelder hat die Kommission als wesentlich definiert:
Der Gesamtkatalog ist mit einem Prüfauftrag an die Regierung verbunden. Es muss uns klar sein, dass die mittelständische Wirtschaft die Umsetzung erwartet und die Mittelstandspolitik des Landes daran auch messen wird.
ja, lieber Kollege Kiefl, 18 Monate – und einen 600-seitigen Bericht vorlegt, dann ist klar, dass man im Rahmen der kurzen Redezeit hier nicht alles beleuchten kann, sondern sich auf einige Schwerpunkte beschränken muss.
Meine Damen und Herren, ich darf darum bitten, nicht vermeidbare Gespräche außerhalb des Plenarsaals zu führen.
Die gesetzliche und politische Materie, um die es hinsichtlich des Mittelstands geht, betrifft zu 70 bis 80 % die Bundespolitik. In den Handlungsempfehlungen der Enquetekommission, dem 10-Punkte-Katalog, macht das gerade einmal 20 bis 25 % aus. Klar ist: Wenn Sie zu einem parlamentarischen Abend einer Wirtschaftsorganisation gehen, sind 90 % der Forderungen, mit denen Sie dort konfrontiert werden, bundespolitischer Art.
Die Bundesgesetzgebung setzt die maßgeblichen Rahmenbedingungen. Wir können im Land eine noch so gute Förderpolitik betreiben – das tun wir –, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, nützt alles nicht viel. Man kann also an diesem Thema nicht vorbei. Wer aus blindem Gehorsam gegenüber seinen Berliner Parteioberen
oder aus ideologischer Verblendung die Augen davor verschließt, versagt vor dem Mittelstand dieses Landes, meine Damen und Herren, und hat seine Aufgabe verfehlt.
Dies gilt besonders für zwei Felder: zum einen für die Steuerpolitik. Durch die Steuerreform tritt in den Jahren 2001 und 2002 und ein bisschen im Jahr 2003 zwar eine Entlastung ein, aber bereits im Jahr 2004 –
schauen Sie einmal in die mittelfristige Finanzplanung zum Bundeshaushalt – ist die volkswirtschaftliche Steuerquote höher als im Jahr 1998.
(Abg. Sabine Schlager Bündnis 90/Die Grünen: Aber die zahlt nicht der Mittelstand! – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)
(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen, u. a. Abg. Moser SPD: Wer nichts ver- dient, zahlt keine Steuern!)
Deswegen, meine Damen und Herren, haben wir gesagt: Wir wollen die für das Jahr 2005 vorgesehene Tarifsenkung auf das Jahr 2003 vorziehen.
Wer die Abschreibungszeiten so verlängert, wie dies die Bundesregierung derzeit tut, wer die Erbschaftsteuerregelungen verschärfen will, wer unterschiedliche, nämlich höhere Steuersätze für Familienbetriebe gegenüber Kapitalgesellschaften festlegt, der schadet dem mittelständischen Familienbetrieb erheblich.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Capez- zuto SPD: Spärlicher Beifall! – Abg. Moser SPD: Wer so redet, hat wohl eine zentrale Rede abge- schrieben!)
Ein zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Arbeits- und Sozialrecht. Alle in- und ausländischen Experten, die fünf Weisen und viele andere
sehen im unflexiblen Arbeitsrecht in Deutschland ein Haupthemmnis für Beschäftigung und Wirtschaftsstandort.