Protokoll der Sitzung vom 20.02.2001

Zum Abschluss möchte ich noch sagen: Mein Dank gilt Herrn Schneider und seiner Behörde, die das ganze Jahr über gute Arbeit leistet. Wir hoffen, dass wir sie in der nächsten Legislaturperiode mit mehr Personal ausstatten können. Dann wird diese Arbeit noch besser werden.

Danke schön.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat Herr Abg. Kiesswetter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben auch in diesem Jahr den Datenschutzbericht entgegengenommen. Wir haben keine besonderen Skandale zu verzeichnen. Es handelt sich um normale Unzulänglichkeiten in der Verwaltung, die aufgelistet werden. Sicher werden sie zu 90 % anstandslos behoben und mit Einsicht in die Problematik behandelt werden können. Nach Jahren praktizierten Datenschutzes ist es erfreulich, dass die Regeln in der Verwaltung im Prinzip eingehalten werden.

Der einzige Punkt, der wirklich strittig war, betrifft das Justizministerium – nur hierüber gab es eine kontroverse Diskussion. Wir meinen – das ist der Obersatz –: Die Justiz kontrolliert die Verwaltung, nicht umgekehrt. Das muss man einmal klarstellen. Die Justiz ist ein Organ, das den Datenschutz einhalten kann. Die Justiz kennt die Datenschutzvorschriften. Deshalb ist es primär so wie beim Landtag, der ja ebenfalls nicht kontrolliert wird: Außer in Verwaltungsangelegenheiten kann dort, wo die dritte Gewalt angesprochen wird, eine Kontrolle nicht stattfinden.

Dabei gibt es Grenzbereiche. Was sind Verwaltungsangelegenheiten, und was betrifft die dritte Gewalt? Hier gibt es Überschneidungen. Eine genaue Grenzlinie zu finden ist schwierig. Um dieses Problem zu klären, hat der Justizminister ein Gespräch angeboten, damit der Datenschützer nicht – wie jedes Jahr – meint, er müsse jeweils einen Ge

richtszweig aufs Korn nehmen und dort einen Grabenkampf führen.

Ich glaube, hier wird eine Lösung gefunden werden. Ich weise nur darauf hin, dass wir das einzige Bundesland sind, in dem diese Auseinandersetzung geführt wird. In anderen Bundesländern gibt es diese Kontroverse zwischen Datenschützer und Justiz nicht. Dort wird respektiert, dass die dritte Gewalt unabhängig ist und diese Probleme selbst in die Hand nimmt. Wie gesagt, der Justizminister hat ein Gespräch angeboten und wird dieses Angebot auch nach dem 25. März als Justizminister weiter aufrechterhalten.

(Zurufe von der SPD: Ja, ja!)

Ich glaube, dass wir nächstes Jahr eine ausführliche Stellungnahme – –

(Abg. Birzele SPD: Das glauben nur Sie! – Abg. Brechtken SPD: Müsst ihr euch Mut zureden? – Abg. Birzele SPD: Das Pfeifen im finsteren Wald!)

Wir werden dieses Gespräch mit dem Datenschützer das ganze Jahr über führen. Ich sehe gar keine Veranlassung, dass der Wähler das anders sieht als wir. Wir werden dieses Problem lösen.

(Abg. Brechtken SPD: Das ist richtig! Bei der FDP kann man sagen: Egal, wir sind immer dabei! Da ist was dran!)

Der zweite Punkt: Es hat uns etwas gewundert, dass der Datenschützer einen Fall aufgreift, in dem ein Bürger zum Verwaltungsgericht gegangen ist und seine eigenen Fälle mitgeteilt bekam. Dass das ein Verstoß gegen den Datenschutz sein soll, verstehen wir nicht. Das war eine Serviceleistung des Verwaltungsgerichts, das Auskunft gab, aber sicher kein Verstoß gegen den Datenschutz. Dort diese Serviceleistung anzubieten ist sinnvoll.

Die zusätzliche Personalstelle für einen Informatiker haben wir im Ständigen Ausschuss befürwortet. Dass der Finanzausschuss anders entschieden hat, lag nicht am Ständigen Ausschuss, lag nicht an uns. In der nächsten Legislaturperiode werden wir, auch unter Federführung dieses Justizministers, die Stelle sicherlich genehmigen.

Dass bei den Kommunen Datenschutzbeauftragte noch nicht so etabliert sind, wie wir es uns vielleicht wünschen, hängt auch mit dem Zeitfaktor zusammen. Das Gesetz ist erst seit kurzem in Kraft. Aber wir bestehen auch darauf, dass es freiwillig sein soll: Die Kommunen sollen selbst entscheiden, ob sie das wollen. Ich glaube, früher oder später werden alle Kommunen eine solche Stelle für einen Datenschutzbeauftragten freiwillig einrichten.

Ich bedanke mich hier nochmals bei dem Datenschützer für seine hervorragende Arbeit und dafür, dass er Probleme aufgezeigt hat, aber auch bei den Mitarbeitern, die diesen Datenschutzbericht mit verfasst haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Wilhelm.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gab schon Zeiten, da sind beim Thema Datenschutzbericht die Fetzen geflogen. Wenn ich jetzt höre, dass überall weitgehend Einigkeit herrscht,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

so möchte ich doch darauf hinweisen: Auch wenn der diesjährige Datenschutzbericht keinen eigentlichen Datenschutzskandal enthält, sondern viele kleinere Nachlässigkeiten oder Schlampereien, kann man jetzt nicht einfach sagen: „Okay, wir haben die Sache im Griff. Augen zu und durch!“ oder vielleicht sogar auf die Idee verfallen, der Datenschutzbeauftragte sei eigentlich gar nicht mehr so wichtig. Ich möchte gerade das Gegenteil behaupten. Es gab einmal einen Werbeslogan, der sich jetzt trefflich auf den Datenschutzbeauftragten anwenden lässt: Nie war er so wertvoll wie heute.

(Abg. Herrmann CDU: Das ist richtig!)

Ich will an dieser Stelle auf die kleinen Einzelfälle, so ärgerlich sie auch im Einzelnen sein mögen, nicht näher eingehen, denn dies würde eine Gewichtung des einzelnen Falls bedeuten. Aber ich möchte auf drei Dinge hinweisen, die in Zukunft auf uns zukommen könnten.

Die heutige Technik erlaubt es, den Menschen absolut transparent zu machen. Wer heute in seinem Pkw ein Navigationssystem hat, wer unterwegs mit dem Handy telefoniert und mit Kreditkarte zahlt, der ist lückenlos zu überwachen. Das muss nicht sein, aber es kann sein. Hier werden große Probleme datenschutzrechtlicher Art auf uns zukommen.

Das Zweite ist die Gentechnik. Die DNA-Analyse, so nützlich und so wundervoll sie auch für die Strafverfolgung sein mag, birgt doch ganz große Gefahren. Beispielsweise hört man aus den USA, dass es dort schon so ist, dass man von einer Lebensversicherung oder Krankenversicherung nur aufgenommen wird, wenn man vorher eine DNA-Probe abgegeben hat. Das wollen wir hier in Deutschland nicht. Ich möchte anhand des Resultats, das bei mir herauskommen würde, nicht wissen, wann ich welche Krankheit bekommen werde. Ich glaube, auf diesem Gebiet kommt noch einiges auf uns zu.

Das Dritte – aber das erspare ich Ihnen jetzt, das habe ich schon zweimal gesagt – ist die unsägliche Videoüberwachung. Wir werden zukünftig damit rechnen müssen, dass Millionen von Menschen auf ihrem täglichen Weg überwacht und die Aufzeichnungen gespeichert werden. Ich sage es nochmals: Noch nie in der Geschichte der Menschheit sind Waffen erfunden worden, die später nicht auch zum Einsatz gekommen sind. Natürlich wird es auch hier über kurz oder lang so sein.

Ich glaube, dies verdeutlicht, wie wichtig der Datenschutzbeauftragte in Zukunft sein wird und welche gewaltigen Schwierigkeiten auf ihn zukommen werden, auch wenn in den letzten Jahren die einzelnen Verstöße stark zurückgegangen sind. Das ist gut so. Wir sichern dem Landesbeauftragten für den Datenschutz unsere Unterstützung in jegli

cher Hinsicht zu. Ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion Die Republikaner bei ihm für die geleistete Arbeit.

Danke schön.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort hat der Herr Innenminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich möchte zunächst im Namen der Landesregierung dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn Schneider, sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr großes Engagement, für ihre umfassende Kompetenz und für ihre geleistete Arbeit danken, ganz besonders, Herr Schneider, vor dem Hintergrund der hohen Arbeitsbelastung, unter der Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen.

Erfreulich ist – das ist, glaube ich, allgemeiner Tenor jetzt in der Aussprache gewesen –: Die Zahl der förmlichen Beanstandungen ist erneut deutlich zurückgegangen und hat einen Tiefstand erreicht. Wir sind uns sicher einig, dass dies eine erfreuliche Entwicklung ist. Daran wird auch deutlich, dass das Bewusstsein für den Datenschutz in der öffentlichen Verwaltung in Baden-Württemberg inzwischen gut verankert ist. Maßgeblich dafür ist zweifellos, dass in der Arbeit des Landesbeauftragten mehr und mehr die Beratungstätigkeit in den Vordergrund rückt. Nach meinem Eindruck ist ohnehin eine generelle Entwicklung der Arbeit des Landesbeauftragten für den Datenschutz von einer bloßen Kontrolle im Nachhinein hin zu einer primär vorsorgenden Beratung und Hilfestellung für die Behörden und die Verwaltung festzustellen.

(Beifall des Abg. Rech CDU)

Ich begrüße und unterstütze diese Entwicklung ausdrücklich. Damit wird erreicht, dass die berechtigten Anliegen des Datenschutzes von vornherein berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund ist der Rückgang der förmlichen Beanstandungen keine wirkliche Überraschung.

Ich bin davon überzeugt, dass der eingeschlagene Weg der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen dem Landesbeauftragten und der Verwaltung richtig ist und konsequent fortgesetzt werden muss.

(Abg. Bebber SPD: So ist es!)

Dies gilt angesichts der mit enormer Geschwindigkeit voranschreitenden Entwicklung im Bereich der Informationsund Kommunikationstechnik gerade auch für Hilfestellungen und Unterstützungen in Fragen der Technik und der Organisation. Zu Recht stellt der Herr Landesbeauftragte dieses Thema in seinem Tätigkeitsbericht an den Anfang und misst diesen Fragen große Bedeutung bei.

Ich begrüße in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass sich der Landesbeauftragte nicht nur um die Begleitung und die Beratung bei einzelnen Vorhaben kümmert – ich denke beispielsweise an das Gemeinschaftsprojekt „Polizei online“ oder an Fragen des Outsourcing des Landesverwaltungsnetzes –, sondern auch allgemeine datenschutz

rechtliche Fragen aufgreift und dazu Stellung nimmt. Ich nenne hierzu die Stichworte Internet, Sicherheit im Internet und Telearbeit.

Uneingeschränkt gilt: Dem Anliegen des Datenschutzes werden wir am besten gerecht, wenn die Beteiligten weiterhin partnerschaftlich und vertrauensvoll zusammenarbeiten. An der Bereitschaft des Innenministeriums zu einer weiterhin engen Zusammenarbeit mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz soll und wird es nicht fehlen.

(Beifall der Abg. Hehn und Rech CDU)

Aufgeschlossenheit der Verwaltung für den Datenschutz einerseits und zunehmende Beratungstätigkeit des Landesbeauftragten andererseits bilden für mich die beiden wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass auch in künftigen Tätigkeitsberichten die Zahl der Beanstandungen gering bleibt und sich im Wesentlichen auf nie ganz zu vermeidende Einzelfälle beschränken wird, dass aber sozusagen Fehler im System von vornherein ausgeschlossen werden können.

Herr Kollege Bebber, ich will an Ihre Adresse nur eine Bemerkung zum Thema „Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes“ machen. Ich finde es richtig, dass wir an dieses Landesgesetz herangegangen sind. Dies zeigt sich auch daran, dass die Bundesrepublik Deutschland, weil sie noch nicht gehandelt hat, inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren am Halse hat.

(Abg. Bebber SPD: Das ist aber eine Altlast! Das wissen Sie!)

Inzwischen ist ja die Bundesregierung auch schon einige Zeit im Amt.

(Abg. Hehn CDU: So ist es! – Abg. Ingrid Blank CDU: Die Bundesregierung ist zu langsam!)

Ich bin vor allem der Auffassung, dass wir, nachdem das Landesgesetz am 1. September 2000 in Kraft getreten ist, noch etwas zuwarten müssen, bis die Grundgedanken dieses Gesetzes dann auch die entsprechende Anwendung in der behördlichen Praxis finden.

Ich wiederhole: Sosehr wir es begrüßen, wenn die Behörden ihrerseits Datenschutzbeauftragte bestellen, so wollen wir dies doch vor allem den Behörden, aber ganz besonders der kommunalen Seite ans Herz legen, es ihnen aber nicht als Befehl vorgeben. Das ist unsere Philosophie.