Protokoll der Sitzung vom 02.02.2000

Ich möchte zunächst einmal sagen: Parteispenden landesbeteiligter Unternehmen sind kein Problem Baden-Württembergs. Im Gegenteil: Baden-Württemberg ist das erste und bislang das einzige Land, das seitens der Landesregierung klare Regelungen getroffen hat, und dies vor zwei Jahren. Im Augenblick gibt es Überlegungen in NordrheinWestfalen, in Bayern, in anderen Ländern, einen ähnlichen Beschluss zu fassen, wie ihn die Landesregierung von Baden-Württemberg vor zwei Jahren gefasst hat.

(Zuruf des Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen)

Am 21. Januar meldete die dpa – ich zitiere wörtlich –:

Erstes Bundesland, das das Problem anpackte, war 1998 Baden-Württemberg. Auf Bundesebene gibt es bislang keine derartige Initiative.

(Beifall bei der CDU)

Zweite Bemerkung: Spenden landesbeteiligter Unternehmen sind zulässig und, wie sich gerade in den letzten Tagen gezeigt hat, auch in anderen Ländern üblich. Der beste Gewährsmann ist wohl der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement. Er hat am 21. Januar ausdrücklich festgestellt, dass Spenden landesbeteiligter Unternehmen nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen.

Meine Damen und Herren, dritte Bemerkung: Der Finanzminister unseres Landes hat ausweislich der Landtagsdrucksache 12/3594 vom 16. Dezember 1998, also bereits vor über einem Jahr, auf einen Antrag der Grünen geantwortet:

Das Finanzministerium hat die Prüfungsberichte der Unternehmen, an denen das Land mit mindestens 50 % beteiligt ist oder war, für die 10., 11. und 12. Legislaturperiode ausgewertet. Anhaltspunkte für Parteispenden ergeben sich daraus nicht. Weiter gehende Informationen über etwaige Parteispenden von Unternehmen mit einer Landesbeteiligung von mindestens 50 % liegen der Landesregierung nicht vor.

Ich halte hier zu den landesbeteiligten Banken fest: Im Unterschied zur Praxis in anderen Ländern hat die CDU Baden-Württembergs keine Mark von der alten Landeskreditbank bekommen. Wir haben keine Mark von der neuen Landeskreditbank bekommen. Die CDU Baden-Württembergs hat keine Mark von der neuen Landesbank BadenWürttemberg bekommen. Die CDU Baden-Württembergs hat keine Mark von der früheren SüdwestLB bekommen. Die CDU Baden-Württembergs hat keine Mark von der früheren LG bekommen – obwohl dies alles rechtlich zulässig wäre. Sie aber haben Spenden von landesbeteiligten Banken in Nordrhein-Westfalen noch im Dezember des letzten Jahres angenommen, in Bayern und auch in anderen Bundesländern und halten dies selbstverständlich für rechtens und denken nicht an eine Rückzahlung.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Hoppla!)

Fordern Sie doch hier im Landtag, Herr Maurer,

(Abg. Haas CDU: Wer ist das? Ist er noch Mit- glied?)

(Ministerpräsident Teufel)

und im Bundesvorstand der SPD, dessen Mitglied Sie sind, Ihre Parteifreunde in Nordrhein-Westfalen auf, Spenden der WestLB und aller anderen landesbeteiligten Unternehmen in Nordrhein-Westfalen zurückzuzahlen. Fordern Sie doch hier im Landtag und im Bundesvorstand der SPD Ihre Parteifreunde in Bayern auf, die Spenden der Bayerischen Landesbank und aller anderen landesbeteiligten Unternehmen in Bayern zurückzuzahlen. Fordern Sie doch Ihre Parteifreunde in Niedersachsen auf, die Spenden von den landesbeteiligten Unternehmen Niedersachsens – es gibt dort ein besonders großes – zurückzuzahlen.

(Abg. Dr. Birk CDU: Schröder! – Abg. Pfister FDP/DVP zur SPD: Da habt ihr was zu tun!)

Fordern Sie doch Ihre Bundesregierung und die in der Bundesregierung vertretenen Parteien auf, Spenden von bundesbeteiligten Unternehmen zurückzuzahlen. Kommen Sie dann, so schlage ich vor, wieder hierher nach BadenWürttemberg und fordern uns anschließend auf, die viel niedrigeren Spenden an die CDU Baden-Württembergs wieder zurückzuzahlen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP – Abg. Christine Rudolf SPD: Welche denn? Also entscheiden müssen Sie sich eigentlich schon!)

Meine Damen und Herren, im Übrigen verweise ich auf eine Stellungnahme – ich habe mich darüber gefreut, als ich zurückgekommen bin – des Sprechers des Rechnungshofs, die ich in der „Stuttgarter Zeitung“ und anderen Blättern am 28. Januar gelesen habe – Zitat –:

Wir haben in nur einem einzigen Fall bei unseren Prüfungen Spenden an Institutionen oder Parteien feststellen können... Bekannt sind die Spenden der landeseigenen Südwestdeutschen Verkehrs-AG (SWEG/Lahr)... Der Landesrechnungshof prüft... kontinuierlich die Geschäftsberichte aller landesbeteiligten Unternehmen.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Die CDU hat in Deutschland viel gutzumachen. Die Bürger ärgern sich zu Recht. Die Presse greift zu Recht Missstände auf.

(Abg. Capezzuto SPD: Zahlen Sie doch zurück!)

Aber wir werden die ganzen Vorgänge aufklären, so schlimm sie sind. Dann werden wir einen Neuanfang machen, uns erneuern und versuchen, neues Vertrauen zu gewinnen. Allen Oppositionsparteien und uns sage ich: Schlag nach bei Goethe:

Ein jeder kehr vor seiner Tür, und sauber ist das Stadtquartier.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und Beifall bei der FDP/DVP)

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält Herr Abg. Maurer das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war sehr bemerkenswert, Herr Ministerpräsident, wie Sie sich mit dem auseinander gesetzt haben.

(Zuruf von der CDU: Im Gegensatz zu Ihnen! – Abg. Haas CDU: Sie haben noch nichts Bemer- kenswertes gesagt heute! Machen Sie ruhig weiter! – Unruhe)

Sie sind wirklich nicht satisfaktionsfähig.

(Abg. Haas CDU: Außer den Beleidigungen, die Sie von sich gegeben haben!)

Wir haben jetzt erlebt, Herr Ministerpräsident,

(Abg. Dr. Birk CDU: Der hat kein Konzept!)

dass Sie inmitten einer beispiellosen Häufung von Rechtsbrüchen und Verfassungsverstößen und immer neuen Enthüllungen und immer neuen Lügen als herausragender Repräsentant Ihrer Partei auf Bundesebene gesagt haben: „Ich bin tief betroffen, bedaure das, für Einzelnes schäme ich mich.“ Und im Übrigen haben Sie Attacken gegen Ihren politischen Gegner geritten.

(Abg. Haas CDU: Ist doch nicht wahr!)

Lesen Sie einmal Ihre eigene Rede nach.

(Abg. Dr. Birk CDU: Ohren verstopft!)

Ich sage Ihnen eines – und das ist ein sehr vorläufiges Resümee –: Ich habe das, wie Sie sich hier präsentiert haben, als das Bekenntnis eines Menschen empfunden, der über ein unglaubliches Maß an Selbstgerechtigkeit verfügt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Lebhafter Widerspruch bei der CDU – Abg. Dr. Birk CDU: Moralapostelei hier!)

Hören Sie gut zu!

Ich sage Ihnen eines: Herr Ministerpräsident, nach diesem Auftritt darf wirklich nichts, aber auch wirklich gar nichts, was Sie betrifft, nachkommen.

(Abg. Fleischer CDU: Jetzt überlegt er schon wie- der! – Unruhe)

Das ist Ihnen wohl klar.

Und jetzt hören Sie gut zu! Sie haben ja selbst, glaube ich, auch eine Vorstellung – jedenfalls habe ich eine –, wie das in den politischen Führungsgremien von Parteien ist, auch in den engsten Führungsgremien.

Bei Herrn Teufel haben wir gerade erlebt und gehört, dass er gesagt hat: „Ich war zwar in diesen allerhöchsten Führungsgremien.“ Er war sehr eng sowohl mit Herrn Kohl als auch mit Herrn Schäuble. Er hat das ja oft genug erlebt.

(Abg. Zeiher CDU: So wie Sie mit dem Lafon- taine!)

In der Tat, Herr Kollege. Deswegen verstehe ich ja von diesem ganzen Zeug eine ganze Menge.

(Abg. Pfisterer CDU: Jetzt kommt die Erfahrung! – Unruhe)

Der Herr Ministerpräsident hat sich hier hingestellt und gesagt: „Ich habe von alledem nie etwas gehört, nie etwas gewusst, nie etwas erfahren.“ Wissen Sie, es gehört zu den ganz großen Geheimnissen Ihrer Partei,

(Abg. Fleischer CDU: Die für Sie sehr ärgerlich sind! – Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Pein- lich!)

dass es alle möglichen Leute gibt, die von Helmut Kohl und anderen Geld bekommen haben, aber interessanterweise nie danach gefragt, sich nie dafür interessiert haben, woher das kommt, nie darüber gesprochen haben. Ich glaube Ihnen das nicht.

Ich lese von Weihnachtsfeiern, bei denen Herr Kohl Herrn Schäuble und auch andere anschreit mit der Fragestellung: „Du hast doch auch etwas bekommen.“ Vielleicht war es nicht Herr Schäuble, vielleicht war es ein anderer. Aber diese Weihnachtsfeiern geistern schon durch die „Spiegel“Interviews.

Sie wissen doch, wie es in Parteien zugeht. Sie wollen allen Ernstes sagen?: Zustand der totalen Unschuld, nie gehört! Die ganze CDU Deutschlands hat nur bestanden aus Dr. Helmut Kohl, Weyrauch und Leisler Kiep. Der Rest befindet sich ausnahmslos im Zustand der Unwissenheit und Unschuld.