Protokoll der Sitzung vom 03.02.2000

Jede Schule hat den multimediafähigen PC, und die Zahl der Computer in unseren Schulen ist dank vielfältiger Initiativen und kommunaler Investitionen und der Medienoffensive des Landes deutlich gestiegen. Es ist ja wahr: In Kalifornien und in den Niederlanden und übrigens auch in Singapur gibt es mehr Computer als in Deutschland.

(Abg. Zeller SPD: NRW macht mehr als Baden- Württemberg! – Abg. Wieser CDU: Dort gibt es mehr Flugzeuge!)

In Nordrhein-Westfalen gibt es überhaupt nicht mehr Computer, und pädagogisch läuft gar nichts, und die Lehrerbildung läuft schief.

(Abg. Zeller SPD: Das ist Ihre Behauptung! Wir widerlegen sie! – Abg. Brechtken SPD: Frau Mi- nister, wie ist es in Bangladesch?)

Meine Damen und Herren, ich will damit nur sagen, dass wir einen Grundstock gelegt haben, der hohe Akzeptanz hat. Ich sage Ihnen aber auch: Je mehr Technik wir in unsere Schulen bringen, desto mehr brauchen wir Musik, Kunst, Theater und Literatur. Die Technik allein macht keine Pädagogik.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – De- monstrativer Beifall bei der SPD)

Dann gab es in den vergangenen zehn Jahren

(Abg. Christine Rudolf SPD: Und Ergänzungs- unterricht?)

darauf komme ich auch gleich, eines nach dem anderen, Frau Rudolf – eine Reihe pädagogischer Weiterentwicklungen, wo Sie sich jetzt entscheiden müssen. Wenn ich einmal Revue passieren lasse, was Sie mir in den letzten Wochen und Monaten alles gesagt haben, dann bin ich immer entweder dem einen zu langsam oder dem anderen zu schnell. Ein Tempo zu finden, das Ihnen gerade passt, wird mir nie gelingen.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Die goldene Mitte!)

Aber ich bemühe mich auch nicht darum.

(Abg. Brechtken SPD: Frau Minister, wir trainie- ren einmal miteinander! Dann lernen Sie das!)

Interessant ist ja nicht nur, was jemand sagt, sondern auch das, was er nicht sagt.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Stimmt, das haben wir inzwischen gelernt!)

Es ist das erste Mal, dass Herr Zeller nicht auf das achtjährige Gymnasium eingegangen ist,

(Zurufe von der SPD)

weil Bundeskanzler Schröder nämlich plötzlich für das Abitur nach zwölf Jahren ist.

(Anhaltende Unruhe)

Er empfiehlt auf dem Bildungskongress der SPD – neben einigen anderen CDU-Ideen – unter anderem, dass Schüler und Schülerinnen in Deutschland die Wahl zwischen dem Abitur nach 12 oder nach 13 Jahren haben müssen. In diesem Punkt gebe ich dem Bundeskanzler Recht.

(Abg. Wieser CDU: Er hat verstanden! – Abg. Seimetz CDU: Zeller noch nicht!)

Mit Blick auf unsere Schulen rate ich uns, zu überlegen, ob man den Schulanfang auf neuen Wegen, die jetzt über 400 Grundschulen in Baden-Württemberg gehen, eigentlich

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

wirklich so einfach ignorieren kann. Die einen sagen „Chaos“, die anderen tun so, als sei das gar nichts.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben eine deutliche Reduzierung der Rückmeldezahlen. Wir haben eine Menge pädagogischer Innovationen, die damit verbunden sind. Über die Landesgrenzen hinaus wird das mit Blick auf die bedeutende Stellung des Schulanfangs als ein richtiger Weg definiert. Ich finde, in unseren Schulen ist in diesem Zusammenhang viel geleistet worden. Der Schulanfang auf neuen Wegen ist weder Chaos noch Aussitzen. Er ist die adäquate Antwort auf einen viel zu späten Schulbeginn in Deutschland. Da sind wir führend, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zweiter Punkt, zur pädagogischen Weiterentwicklung und zu dem Spruch „Integrieren statt aussondern, versöhnen statt spalten“: Das hat Johannes Rau in Nordrhein-Westfalen 25 Jahre lang gesagt: versöhnen statt spalten.

(Abg. Zeller SPD: Das gilt immer noch!)

Das ist ein ganz wichtiges gesellschaftspolitisches – –

(Abg. Zeller SPD: Sind Sie dagegen?)

Kann ich den Satz zu Ende bringen? – Das ist ein ganz wichtiges gesellschaftspolitisches Anliegen.

(Abg. Zeller SPD: Ja, also!)

Darüber brauchen wir uns überhaupt nicht zu streiten.

(Abg. Zeller SPD: Man braucht über vieles nicht zu streiten!)

Worüber wir streiten, ist, dass Sie unentwegt wieder die alte Platte auflegen

(Abg. Dr. Birk CDU: Mit denselben Kratzern in der Rille! – Abg. Christine Rudolf SPD: Seit wann ist ein gesellschaftlicher Konsens eine alte Platte?)

und erklären, ich betriebe Begabtenförderung, aber keine Benachteiligtenförderung.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Das ist nicht wahr, Frau Bregenzer, das ist überhaupt nicht wahr. Benachteiligtenförderung und Begabtenförderung sind zwei Seiten derselben Medaille. Das gehört zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Die bildungspolitische Erfahrung der letzten Jahre in Deutschland zeigt: Wer das eine nicht kann, kann auch das andere nicht.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

In Ländern, in denen für die Begabtenförderung nichts getan wird, wird auch für die Benachteiligtenförderung nichts getan – und umgekehrt.

Sie selbst zitieren immer wieder die bundesweite Statistik, wonach Baden-Württemberg im Sonderschulbereich auf Platz 1 sei. Ist das ein Zeichen für Aussondern? Ist das ein Zeichen für Spalten? Das ist ein Zeichen dafür, dass Benachteiligtenförderung und Begabtenförderung zusammengehören und dass wir beides tun, weil beides Prüfsteine für die Leistungsfähigkeit und die Humanität eines Bildungswesens sind.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP)

Ich finde, wir sollten bei der Wahrheit bleiben, was die Unterrichtsversorgung im Bereich der Sonderschulen angeht. Sie haben eben wieder gesagt, die ganze Statistik sei nichts wert, weil die Stunden nicht aufgenommen seien, die – im Unterschied zur Stundentafel – von vornherein nicht vorgesehen sind. Aber Sie nennen natürlich nicht die Zahlen. Beide Stichproben haben ergeben: Wir haben im Bereich der Sonderschulen einen Unterrichtsausfall von 1,5 %.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Ohne strukturellen Ausfall! Jetzt lassen Sie ihn wieder weg!)

Jetzt versuchen Sie doch nicht immer, meine Sätze zu Ende zu bringen.

(Abg. Behringer CDU: Frau Rudolf, hören Sie doch erst einmal zu!)

Ich schaffe es alleine.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)