Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor fast genau einem Jahr haben wir uns in diesem Raum aufgrund einer Großen Anfrage der CDU über das gleiche Thema unterhalten. Es ist schon sehr seltsam, was Sie letztlich alles unter der Zukunftsperspektive für den ländlichen Raum sehen, was Sie da alles hineinpacken.
(Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle und Rech CDU – Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Ca- roli SPD: Zwei einsame Klatscher in der Wüste!)
Ich möchte festhalten, dass sich in diesem einen Jahr bundespolitisch nichts verändert hat. Im Gegenteil: Der Bund baut weiterhin ab, belastet die Landwirtschaft zusätzlich. Das Land Baden-Württemberg dagegen hat zugelegt und baut auf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Fritz Kuhn hat als Fraktionsvorsitzender vor einiger Zeit im Fernsehen erklärt und seine Hubschrauberflüge nach Berlin damit begründet, dass er sich dort
(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Hub- schrauberflüge nach Berlin! – Abg. Drexler SPD: Ist er mit dem Hubschrauber geflogen? – Weitere Zurufe – Glocke des Präsidenten)
Herr Dr. Schäfer, ich befürchte, dass Sie die Konzepte, die Sie vorhin vorgeschlagen und vorgetragen haben, so nicht vorstellen können. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass Sie mit der Grimasse, die Sie mir gegenüber immer schneiden, bei den Wählern nur eine Sympathie für sich gewinnen können, wenn Sie den Wählern gegenüber das gleiche Gesicht machen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Marianne Erdrich- Sommer Bündnis 90/Die Grünen: Er ist aber auf- gestellt, Sie nicht! So einfach ist das!)
Meine Damen und Herren, ich kann mich noch gut an das Jahr 1995 erinnern, als Ihr neuer Fraktionsvorsitzender Salomon in Freiburg Umweltminister werden wollte.
Wenn ich nun, Herr Salomon, berücksichtige, was aus Ihnen noch geworden ist, ist mir um meine politische Zukunft überhaupt nicht angst und bange.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen)
Es gibt keine Berufsgruppe, meine sehr geehrten Damen und Herren, der durch die rot-grüne Bundesregierung derartige Einschnitte zugemutet werden wie unseren Bäuerinnen und Bauern.
Die Belastungen durch die Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung, der Wegfall von Freibeträgen, die Kürzung der Vorsteuerpauschale, die Kürzungen im Bereich der Sozialversicherungen, die Einführung der Ökosteuer, Herr Maurer, belasten den ländlichen Raum doch um ein Vielfaches mehr als die Kürzung bei der Schülerbeförderung.
Ich, meine Damen und Herren, habe den Haushalt meines Ressorts verteidigt. Beim MEKA-Programm wurde um 30 Millionen DM zugelegt. Herr Teßmer, Sie haben bis heute noch nicht gemerkt, dass die MEKA-Verträge auf Fünfjahresverträge vonseiten der EU festgelegt sind. Und dadurch ist die Flexibilität nicht gegeben.
Wir haben die Gemeinschaftsaufgabemittel für BadenWürttemberg um 20 Millionen DM verbessert. Wir haben im Bereich der Investitionsförderung überhaupt keine Wartezeit. Jeder Antrag wurde bisher genehmigt. Wir haben die Mittel für das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum um 50 % erhöht und mit der Glücksspirale eine neue Geldquelle für den Naturschutz erschlossen.
Die Landesregierung von Baden-Württemberg unterstützt die Bäuerinnen und Bauern im Lande. Ein Beispiel: Im Agrarhaushalt des Landes Baden-Württemberg werden pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche 841 DM zur Verfügung gestellt. In dem Land, das den derzeitigen Bundeskanzler und den Bundeslandwirtschaftsminister stellt, werden gerade einmal 256 DM pro Hektar zur Verfügung gestellt.
(Zuruf von der CDU: Hört, hört! – Abg. Haasis CDU: Mein lieber Scholli! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP/DVP – Unruhe)
Baden-Württemberg stellt die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung, damit alle Komplementärmittel aus Brüssel abgerufen werden können.
Über den Maßnahmen- und Entwicklungsplan für eine nachhaltige und flächendeckende Entwicklung des ländlichen Raums habe ich für unser Bundesland im Vergleich zu anderen Bundesländern einen überproportional hohen, guten Schlüssel erreicht: 14,4 % von 1,4 Milliarden DM, das sind 200 Millionen DM pro Jahr für die nächsten sechs Jahre – mit leicht steigender Tendenz. Wieder zum Vergleich: Das Land Niedersachsen mit einer doppelt so großen landwirtschaftlichen Nutzfläche erhält nur 10 % und damit 140 Millionen DM. Das Land Nordrhein-Westfalen mit einer ähnlich großen landwirtschaftlichen Nutzfläche wie Baden-Württemberg erhält nur 5 %, nämlich 70 Millionen DM.
Der Maßnahmen- und Entwicklungsplan ging im Juli 1999 in Bonn bzw. Berlin ein, wurde jedoch von der Bundesregierung erst drei Monate später nach Brüssel weitergereicht.
(Abg. Göbel CDU: Schau her, so schnell sind die in Berlin! – Zuruf von der CDU: Die Roten sind Bremser!)
Jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren, wer letztendlich für die Verzögerung verantwortlich ist: wir oder die Bundesregierung?
Die Einkommen in der Landwirtschaft werden in Zukunft auf drei Standbeinen basieren, wobei das erste Standbein nach wie vor das Einkommen aus der Produktion, das Einkommen vom Markt sein wird. Dabei erbringt das Land Baden-Württemberg mit seiner Marketinggesellschaft und mit 10 Millionen DM pro Jahr wichtige Leistungen für den Bereich Marketing. Wir haben durch Bündelung der Vermarktungsstrukturen bessere Strukturen geschaffen, wettbewerbsfähigere Strukturen. Wir haben ein Ausbildungsmodell im Rahmen eines neuen Fachschulkonzepts neu auf den Weg gebracht. Es ging von unserem Land BadenWürttemberg aus und wird zwischenzeitlich von anderen Bundesländern nachgeahmt.
Das Zweite sind die Ausgleichszahlungen, wobei die Transferleistungen einer der Bereiche sind. Mit Mitteln der Europäischen Union machen sie fast die Hälfte des Einkommens in der Landwirtschaft aus.
Für die von der Landwirtschaft erbrachten Umweltleistungen in der Landschaftspflege und der Weiterentwicklung der Kulturlandschaft haben wir nach dem Prinzip „Leistung für Gegenleistung“ wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Wir haben das MEKA-Programm fortentwickelt und haben im Bereich Vertragsnaturschutz in die Zukunft weisende, wichtige Weichen für den Naturschutz gestellt.
Ich möchte hier auch erwähnen, dass ich mit dem Konzept des Naturparks Südschwarzwald neue Wege gegangen bin, nämlich den Weg einer Politik gemeinsam mit der Landwirtschaft, mit dem Naturschutz, mit den Kommunen und mit dem Fremdenverkehrs- und Tourismusverband, den Weg von unten nach oben und nicht von oben nach unten.
mit seinen qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, mit seinen fleißigen Bäuerinnen und Bauern hat Chancen, in einem globalisierten Markt zu bestehen, wenn man sich gleichzeitig darauf besinnt, dass man einen kaufkräftigen Markt mit mehr als 10 Millionen Verbrauchern vor der Haustüre hat. Deshalb gibt es zur regionalen Vermarktung und zu unserem baden-württembergischen Weg keine Alternative. Dazu gehört eine konsequente Lebensmittelüberwachung, dazu gehört der Verbraucherschutz und die Verbraucheraufklärung. Ich nenne hier auch als neues, zukunftweisendes Konzept die vier Standorte unserer Ernährungszentren.
Durch die rot-grüne Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren, und die damit verbundenen Einkommenseinbußen wird der Strukturwandel verstärkt werden. Mit unseren Programmen und der integrierten Strukturpolitik für den ländlichen Raum werden wir alles tun, um diesen Strukturwandel sozial abzufedern. Wir brauchen ein Bündnis mit Handel, Handwerk und Gewerbe.
Meine Damen und Herren, die integrierte Agrar- und Strukturpolitik des Landes Baden-Württemberg zeigt Erfolge. Laut Statistischem Landesamt ist in Baden-Württemberg die Entwicklung im ländlichen Raum in weiten Teilen durch eine überdurchschnittliche Dynamik gekennzeichnet und weitaus positiver als in den Verdichtungsräumen unseres Landes. Seit dem Jahr 1990 hat sich die Einwohnerzahl im ländlichen Raum um 7 % erhöht; im Land insgesamt lag das Bevölkerungswachstum bei 5 %. Die Zahl der Erwerbstätigen im ländlichen Raum ist im gleichen Zeitraum um 3 % gestiegen, während landesweit eine Abnahme von 1 % zu verzeichnen war. In Baden-Württemberg wurden innerhalb von 20 Jahren über eine halbe Million Arbeitsplätze geschaffen; davon entfielen gut 40 % auf den ländlichen Raum.
Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmer war im ländlichen Raum in den zurückliegenden Jahren ebenfalls größer. Mit 61 gegenüber landesweit 55 Auszubildenden je 1 000 Beschäftigten lag hier der ländliche Raum vorn. Die Gesamtkonjunktur war hier zwischen 1980 und 1996 wesentlich dynamischer als in den Städten. Wir haben ein Wachstum im ländlichen Raum von 120 %, in den Städten von 106 %.
Ich bin überzeugt, meine Damen und Herren, dass die Lebensform im ländlichen Raum die Lebensform der Zukunft sein wird und wir insbesondere durch die künftigen Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten die Arbeit in den ländlichen Raum verstärkt hineingeben können. Vor allem dadurch werden wir künftig auch Frauenarbeitsplätze in den ländlichen Regionen verstärkt anbieten können, und dadurch werden Familie und Beruf vereinbar.