Protokoll der Sitzung vom 12.04.2000

(Abg. Dr. Birk CDU: Wollen Sie Generalsekretär werden?)

Herr Palmer wollte die Wogen glätten, indem er sagte: Der Herr Ministerpräsident bekommt ja 20 solche Anfragen pro Woche. Jetzt würde es uns mal interessieren, ob auch der Normalbürger und die Normalbürgerin beispielsweise, wenn er oder sie ein Wildgehege erstellen will, auf Staatskosten ein Gutachten dazu erstellt bekommt. Das ist mir nicht bekannt. Wenn es so ist, dann muss man die Sache natürlich anders sehen.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Da werden also auch Gutachten gespendet!)

Oder darf der Normalbürger darauf hoffen, dass bei seinen Anliegen die notwendigen Überprüfungen ein Ergebnis haben wie beispielsweise bei Schwenk in Allmendingen? Dazu gibt es ein Gutachten einer Juraprofessorin, nämlich der Frau Lübbe-Wolff aus Bielefeld. Die hat die Ergebnisse, die die Landesregierung zustande gebracht hat, so bewertet: unhaltbar, sachlich kontraproduktiv und rechtsstaatswidrig. So geschehen eben bei der Genehmigung, in Zementwerken Müll zu verbrennen.

Ebenso wenig ist es akzeptabel,

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Kollege Drautz, dass Briefe an untergeordnete Behörden einfach als normal angesehen werden. Denn jeder weiß doch, welche Wirkung ein Brief des Ministerpräsidenten an einen kleinen Beamten hat.

(Zuruf des Abg. Dr. Birk CDU)

Da kann man doch nicht so tun, als ob das überhaupt nichts wäre. Nicht nur das Beispiel Allmendingen zeigt: Wer diese Anliegen nicht wohlwollend prüft, wie es der Ministerpräsident gefordert hat, der wird strafversetzt. Meine Damen und Herren, das genau ist die Realität der Regierung Teufel in Baden-Württemberg.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Dr. Birk CDU: Schlechte Büttenrede!)

Noch ein Punkt aus Sicht der Grünen. – Herr Kollege Birk, Sie wären ja gern Staatssekretär im Umweltministerium geworden. Lassen Sie mich das sagen.

(Abg. Dr. Birk CDU: Ich glaube, Sie wollten es mal werden!)

Herr Abg. Walter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Reddemann?

Die sind immer interessant. Wenn es der Wahrheitsfindung dient, warum nicht?

Herr Kollege Walter, Sie bemängeln, dass sich Bürgerinnen und Bürger und Vereine und Organisationen mit der Bitte um Hilfe an den Ministerpräsidenten wenden.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das hat niemand bemängelt!)

Ich gehe aber davon aus, dass sich Bürgerinnen und Bürger, Verbände und Organisationen sicherlich auch an Sie als Abgeordneten wenden. Helfen Sie denen dann nicht?

(Unruhe bei der CDU)

Herr Kollege Reddemann, es scheint nicht alles bis zur letzten Reihe durchgedrungen zu sein. Es ist das gute Recht jeder Bürgerin und jedes Bürgers, sich an den Ministerpräsidenten oder einen Abgeordneten zu wenden. Es geht eben darum, ob auch dann in Genehmigungsverfahren eingegriffen wird, wenn sich Lieschen Müller an ihn wendet, oder nur dann, wenn dies Herren wie Herr Aurenz oder andere tun, die an die CDU gespendet haben.

(Abg. Dr. Birk CDU: Ach was!)

Das ist der Unterschied zwischen der CDU und uns.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Noch ein Punkt aus Sicht der Grünen: Die Vorgänge im Zementwerk und auch bei Herrn Aurenz zeigen Folgendes: Immer dann, wenn es um Verstöße gegen Umwelt- und Naturschutzgesetze geht, kann man beim Ministerpräsidenten natürlich sehr leicht Unterstützung erreichen. In seinen Sonntagsreden preist er immer die Schönheiten des Landes, und wenn es dann darum geht, diese Schönheiten zu erhalten, wird für das Gegenteil entschieden.

(Abg. Dr. Birk CDU: Ihr Schubladendenken kennt keine Grenzen!)

Genau das ist die Verlogenheit dieser Politik. Lassen Sie mich deswegen folgendes Fazit ziehen:

Parteispenden an die CDU sind bei Genehmigungsverfahren edel, hilfreich und gut.

(Abg. Dr. Birk CDU: Üble Unterstellung!)

Zweitens: Eine Aufklärung gegenüber Parlament und Öffentlichkeit findet trotz gegenteiliger Beteuerungen nicht statt.

Drittens: Weniger wohlwollenden Beamten – das ist wirklich das Schlimme für unseren Rechtsstaat – droht die Strafversetzung.

(Abg. Dr. Birk CDU: Polemik und Scheinmoral!)

Und: Natur und Umwelt haben in dieser Regierung – das ist der vierte Punkt – keine Lobby.

(Zuruf von der CDU: Hören Sie doch auf!)

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt sagen. Herr Palmer hat zuerst erklärt – Herr Reddemann ging ja jetzt auf etwas Ähnliches ein –, das Schreiben von Briefen gehöre zum Regierungsstil des Ministerpräsidenten. Kurze Zeit später erklärt derselbe Herr Palmer, diese Schreiben nähmen keinen Einfluss auf Entscheidungen. Da frage ich mich: Warum werden diese Briefe überhaupt geschrieben?

(Abg. Haas CDU: Sie schreiben doch auch Briefe! – Abg. Dr. Birk CDU: Sie machen doch auch Ein- gaben! Sie sind Mitglied im Petitionsausschuss!)

Oder was hält eigentlich Herr Palmer vom Einfluss des Ministerpräsidenten in diesem Land?

Danke.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat Herr Abg. Hauk.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt kommt wieder ein verhinderter Staatssekretär!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja schon ein merkwürdiges Politikverständnis, das uns die Grünen erneut darbieten.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Walter, wenn Sie hierher stehen und Regierungsmitglieder oder den Ministerpräsidenten oder Abgeordnete zur Kastration verurteilen, können Sie das gern tun, aber ich sage Ihnen: Das machen wir nicht mit. Eines ist doch ganz klar: Am Anfang einer Legislaturperiode haben wir – das hat der Ministerpräsident getan – gesagt: Unser wichtigstes Anliegen in diesem Land ist es, den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg und Arbeitsplätze in diesem Land zu sichern und zu erhalten. Dieser politischen Leitlinie hat sich auch das Verwaltungshandeln unterzuordnen, soweit die entsprechenden Gesetze die Spielräume zulassen. Nichts anderes ist in dem vorliegenden Fall und in den von Ihnen weiter zitierten Fällen passiert.

Kommen wir zur Sache, damit auch der Öffentlichkeit klar wird, um was es eigentlich geht. Diese Tatsache wollen Sie nicht hören. Das ist mir schon klar. Das gesamte Moor Bodenmöser umfasst über 1 100 Hektar. Dort hat der Unternehmer Aurenz einen Parkplatz in der Größenordnung von 0,095 Hektar gebaut.

(Abg. Brechtken SPD: Aber rechtswidrig! – Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grü- nen: Er ist bekannt dafür, dass er Gelände zer- stört!)

Langsam, langsam. – Dann kam noch ein unbefestigter Platz von 0,32 Hektar hinzu. Das ergibt zusammen 0,42 Hektar.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Was ist jetzt mit dem Muf- felwild?)

Das sind 0,3 Promille. Sie wären wahrscheinlich manchmal froh, Sie hätten nur so viel. Das sind 0,3 Promille des gesamten Moores.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: 0,5 Promille sind schon strafbar! – Weitere Zurufe und Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Walter, da sieht man erneut Ihr Verständnis von Gesetzgebung und übrigens auch von Naturschutzpolitik.

(Oh-Rufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben ein rein statisches Verhältnis. Weder ein Naturschutzgebiet noch ein Landschaftsschutzgebiet ist per se ein Verhinderungsgebiet für die Wirtschaft oder für die Entwicklung von Gemeinden. Das ist es gerade nicht, sondern der Sinn eines Schutzgebietes liegt darin, dass man entsprechende Rahmenbedingungen schafft, unter denen sich trotzdem Fortentwicklungen und Weiterentwicklungen ermöglichen lassen.