Protokoll der Sitzung vom 12.04.2000

Aber natürlich! Ich rede hier nicht – –

(Abg. Haas CDU: Das weiß doch der Drexler nicht!)

Das muss ein für alle Mal klargestellt sein.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie jetzt wirklich bitten, dem Redner Gehör zu schenken.

(Abg. Haas CDU: Der Drexler ist doch ein Träu- mer! – Abg. Capezzuto SPD: Sie sprechen immer von der WestLB!)

Ich kann Ihnen auch zur WestLB etwas sagen, wenn Sie das wollen.

(Zuruf von der CDU: Der hat doch keine Ahnung, der Kerle!)

Ich bin vorher von Ihren Kollegen gebeten worden, mich kurz zu fassen. Ich stelle fest, dass von fünf Minuten Redezeit drei vorbei sind. Es ist mir noch nicht gelungen, einen Satz zum Thema zu sagen. Deshalb, Herr Präsident, werde ich mich von Ihnen nachher unterbrechen lassen, wenn ich kräftig überziehe.

Ich werde Sie nicht unterbrechen, wenn Sie um so viel überziehen, wie Sie an der Aussprache gehindert waren.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt lasst ihn doch weiter- reden!)

Ich habe genügend Zeit, offenbar mehr als die SPD.

(Zuruf des Abg. Deuschle REP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in Deutschland ein bewährtes Bankensystem in der Dreigliedrigkeit zwischen den Sparkassen und Landesbanken im öffentlich-rechtlichen Bereich, den Geschäftsbanken im privaten Bereich und den Genossenschaftsbanken. Ich denke, es haben immer alle Gruppen in der Republik erklärt, dass sich das bewährt hat. Es haben vor allem in den letzten Monaten zunehmend auch die Wirtschaft, die Industrie, das Handwerk erkannt, dass wir mit dieser Dreiteilung richtig liegen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten damit in der Strukturentwicklung dieses Landes gute Erfahrungen gemacht, und wir haben vor allem nie Bankenpleiten oder Systempleiten bzw. Zusammenbrüche von ganzen Bankensystemen gehabt, wie das in anderen Ländern der Fall war, auch in Europa, bei denen der Staat mit zwei- bis dreistelligen Milliardenbeträgen eingesprungen ist, um das System zu retten. Siehe Japan: Hier waren für das private System mehr als dreistellige Milliardenbeträge erforderlich. Siehe Frankreich: Um einen Großen zu retten, mussten vor ein paar Jahren über 40 Milliarden DM aufgebracht werden. Siehe Skandinavien: Vor einigen Jahren sind einzelne Bankensysteme zusammengebrochen. Immer hat der Staat dafür garantiert, dass das Bankensystem aufrechterhalten werden konnte, und er hat in vielen Fällen riesige Milliardensummen bezahlt.

In Deutschland hat der Staat in der Nachkriegszeit nie dafür geblutet, dass unser Bankensystem überlebt. Der Staat hat nie einen Pfennig dafür bezahlt, dass wir ausgeglichene

Bankensysteme haben und dass der Kunde dann, wenn Banken zusammenbrechen, seine Sparguthaben wiederbekommt. Im Gegenteil: Nach der Herstatt-Pleite 1964 haben wir Sicherungssysteme eingeführt, nach denen jeder Kunde bei uns geschützt ist. Wir haben eine wirtschaftliche Dynamik und Entwicklung, durch die mittelständische Industrie mit Kredit versorgt wird.

Wir haben nicht die Klage, wie eine neue Untersuchung in Großbritannien ergibt, nach der der Mittelstand und das flache Land nicht mehr mit Kredit versorgt werden. Vor zwei Wochen gab es einen Bericht an die britische Regierung mit der Überlegung, lokal gebundene Kreditinstitute einzuführen, die die Versorgung der mittelständischen Wirtschaft und des ländlichen Raums wahrnehmen. Genau dies ist bei uns in der Breite in unserem Land durch Sparkassen und auch durch Volksbanken gewährleistet, in Teilen auch durch die Geschäftsbanken ergänzt.

Deshalb wollen wir an diesem System festhalten,

(Abg. Rapp REP: Das muss nicht sein!)

und wir von der CDU-Fraktion begrüßen, dass der Wirtschaftsausschuss dieses Landtags dies einstimmig beschlossen und übernommen hat, wie dies von allen Landesregierungen und auch von der Bundesregierung gefordert wird.

(Abg. Haas CDU: Weiß das der Drexler?)

Ich will nach den Zwischenrufen der SPD noch sagen, dass ich im Wirtschaftsausschuss die Ziffer 3 Ihres Antrags, der Gott sei Dank abgelehnt wurde, nicht verstanden habe, in der Sie fordern, „die Landesregierung zu ersuchen, zu berichten, welche Vorteile sich für die öffentlichen Banken in den letzten fünf Jahren aus der Gewährträgerhaftung ergeben haben“. Es haben die Bundesregierung und alle anderen Landesregierungen stets festgestellt, dass sich aus der Gewährträgerhaftung keine Vorteile ergeben.

Auch Bundeskanzler Schröder hat letzte Woche in seiner Regierungserklärung zu diesem Thema festgestellt:

Angesichts der Globalisierung auf den Finanzmärkten und entsprechender nicht immer gelingender Strategien der privaten Banken auf diesem Feld

das war letzten Donnerstag, also zwei Tage nach der zweiten Bombe von Deutscher Bank und Dresdner Bank –

glaube ich, dass es eine Renaissance insbesondere der Sparkassen in Deutschland geben kann, weil sie kundennah agieren und weil sie von alters her die Versorgung insbesondere der kleinen und mittleren Gewerbetreibenden, aber auch der privaten Kunden in durchaus optimaler Form geleistet haben.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wohl wahr!)

Ich halte das für gut und auch für richtig. Das ist die Position, die auch die frühere Bundesregierung vertreten hat.

Die Gewährträgerhaftung ist auch deshalb keine Beihilfe, weil bei der Eigenkapitalausstattung der Sparkassen und der Landesbanken die Gewährträgerhaftung mit null ge

wichtet wird. Das heißt, bei der Feststellung, welches Eigenkapital für eine Bank notwendig ist, spielt die Gewährträgerhaftung keine Rolle. Sie würde dann eine Rolle spielen, wenn eine Sparkasse oder eine Landesbank liquidiert werden müsste, das Vermögen verbraucht wäre, der Sicherungsfonds verbraucht wäre und dann nach außen ein Kunde, ein Gläubiger auf das Vermögen des jeweiligen Gewährträgers zugreifen wollte, weil das des Instituts nicht ausreicht. Diesen Fall, wie gesagt, hat es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben.

Monti, der zuständige Kommissar, hat jetzt auch erklärt, dass er „den Sparkassen nicht ans Leder“ wolle, im Gegenteil, man sehe die Berechtigung der Sparkassen. Er hat aber dann darauf hingewiesen, dass man aufgrund der Eingaben der Europäischen Bankenvereinigung natürlich prüfen müsse, ob nicht doch eine Beihilfe vorliegen könnte.

Ich möchte an dieser Stelle für die CDU-Fraktion nochmals darauf hinweisen, dass wir das System im öffentlich-rechtlichen Bereich insgesamt verteidigen wollen, das heißt Sparkassen wie Landesbanken. Sie haben wie die Genossenschaftsbanken mit ihren Zentralbanken eine Arbeitsteilung mit dem Institut vor Ort und mit dem jeweiligen Zentralinstitut. Das heißt, man kann die Zentralbank weder bei den Genossenschaftsbanken noch bei den Sparkassen von den Volksbanken oder Sparkassen trennen, denn sonst funktioniert das System nicht mehr.

Das ist auch nicht vergleichbar mit dem aktuellen Fall der WestLB, bei dem das Land Wohnungsbauvermögen eingebracht hat. Dies gibt es nur bei fünf Landesbanken. Das gab es nie bei der SüdwestLB, und das gibt es nicht bei der Landesbank Baden-Württemberg. Deshalb dürfen wir in diese Debatte die Probleme bei Bereichen der WestLB nicht mit einbeziehen, und das ist auch im Wirtschaftsausschuss so dargestellt worden.

Insoweit sind wir von der CDU dankbar, dass die anderen Fraktionen unserem Antrag zugestimmt haben, und wir fordern die Landesregierung auf, auf diesem Weg weiterzufahren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Capezzuto.

(Abg. Haas CDU zu Abg. Capezzuto SPD : Haben Sie ein Sparkassenkonto? – Weitere Zurufe)

Herr Kollege Haas, ich höre Sie nicht.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Historie und den Verdiensten der öffentlich-rechtlichen Banken möchte ich keine Worte mehr verlieren. Dazu hat sich bereits Herr Kollege Haasis als Fachmann geäußert. So kann ich jetzt drei Seiten weiterblättern.

(Abg. Haas CDU: Haben Sie sich abgestimmt?)

Jawohl, Herr Haas, das war abgestimmt – im Gegensatz zu Ihren Wortmeldungen.

Meine Damen und Herren, Privatbanken haben bei der Europäischen Kommission Bedenken gegen die Gewährträgerhaftung für die Verbindlichkeiten der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute erhoben. Dadurch würde der Wettbewerb zugunsten von Landesbanken und kommunalen Sparkassen verzerrt, wurde zur Begründung ausgeführt.

EU-Wettbewerbskommissar und Namensvetter Mario Monti spricht sich nun nach längerer Überlegungszeit für eine Beibehaltung dieser Beihilfen und Garantien aus, wie auch Kollege Haasis bereits anführte, und ist bereit, diese so lange zu respektieren – aber nur so lange –, wie sie den öffentlichen Auftrag erfüllen werden. All dies, meine Damen und Herren, gilt aber nur für das historisch gewachsene öffentlich-rechtliche Bankensystem.

Weiter führt er aus, es sei nur ein Bestandsschutz für dieses deutsche Bankensystem, wohlgemerkt. Wir, die SPDLandtagsfraktion, schließen uns dieser Aussage an und fordern eine neu zu regelnde Definition und Präzisierung des Auftrags, und zwar zugunsten der Gewährträger.

Nach den Beratungen im Wirtschaftsausschuss sprechen wir uns für die Beibehaltung der Beihilfen aus und stehen auch zu dem am 29. März im Wirtschaftsausschuss verabschiedeten Antrag, Herr Haasis, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, sich erstens weiterhin über den Bundesrat für die Beibehaltung der bewährten öffentlichrechtlichen Bankenstruktur einzusetzen und zweitens über den Bundesrat darauf hinzuwirken, dass die mittelstandsorientierten und an den Bedürfnissen breiter Bevölkerungsschichten orientierten Grundlagen sowie das – und das wurde von uns, der SPD-Fraktion, als Forderung mit eingebracht – Subsidiaritäts- und Regionalprinzip der öffentlichrechtlichen Kreditinstitute in Deutschland auch in Zukunft erhalten und weiterentwickelt werden. So weit waren wir uns im Ausschuss einig, und so weit wurde auch fast Einstimmigkeit erzielt, Herr Kollege.

Allerdings teilen wir, die SPD-Fraktion, gewisse Bedenken, die schon allein in der langen Überlegungsfrist des europäischen Wettbewerbshüters, Herrn Monti, zum Ausdruck kommen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Mario Monti!)

Mario Monti, ja, gut, der Vollständigkeit halber. Wir wollen ja hier keinen Kult.