Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine kleine Vorbemerkung. Der vorliegende Antrag ist überschrieben: „Rechtsanspruch auf verlässliche Halbtagsschule“. Einmal abgesehen davon, dass es hier nur um die Grundschulen gehen kann, sollte man mit der Einführung von Rechtsansprüchen generell eher zurückhaltend sein.
Eingeführt ist nämlich schnell. Aber hat man dabei auch immer die daraus jährlich resultierenden Kosten oder Folgekosten im Auge? Denken wir nur daran, wie seinerzeit etwa der Landesanteil bei den Schülerbeförderungskosten aus dem Ruder gelaufen ist.
Die Einführung der verlässlichen Halbtagsgrundschule als ein sinnvoller Reformschritt steht wohl außer Zweifel. Strittig sind jedoch der erforderliche rechtliche Rahmen sowie die Ausgestaltung dieses Modells. Hier müssen wir die Vorschläge der SPD und der Grünen ohne Wenn und Aber ablehnen.
Die Einführung und Definition der verlässlichen Halbtagsgrundschule mittels Gesetz presst das Modell in ein Einheitskorsett, das nur wenig Spielraum für den praxisorientierten Bedarf bietet,
vorhandene Strukturen ignoriert und damit eine flexible Handhabung von Unterricht und Betreuung erschwert oder gar unmöglich macht.
(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Abg. Zeller SPD: Keine Ahnung, der Mann! – Ge- genruf des Abg. Krisch REP: Gerade die Zwi- schenrufer haben keine Ahnung!)
Die Ausgestaltung der Verlässlichkeit der Halbtagsgrundschule ist, so schön dies auch wäre, aber leider auch nicht als einfacher Willensakt durchzusetzen. Vielmehr sind damit zahlreiche Schwierigkeiten verbunden. Es gibt Personalschwierigkeiten, Organisationsprobleme, finanzielle Risiken und sich unterscheidende politische Forderungen.
Ich möchte schlagwortartig nur einige wenige Punkte herausstellen: erstens die Einführung der verlässlichen Halbtagsgrundschule im ländlichen Raum, zweitens die tatsächlich erforderliche Reserve von für Vertretung und Betreu
ung benötigten Lehrern, drittens die Forderung der kommunalen Landesverbände und der Lehrerverbände nach möglichst flexibler Handhabung bei der Einführung und Umsetzung des neuen Modells und viertens die Höhe der Landeszuschüsse.
Schaut man sich in diesem Zusammenhang die Forderungen der SPD einmal genauer an, stellt man fest, dass diese auf die völlige Verschulung der Kinder am Vormittag hinauslaufen. Für die Eltern kostenfrei, soll darüber hinaus die Verlässlichkeit der Grundschule und der Primarstufe der Sonderschulen gesetzlich garantiert werden: vier Stunden für die Klassenstufen 1 und 2, fünf für die Klassenstufen 3 und 4.
Nur: Darüber, wie dies dauerhaft finanziert werden kann, findet sich in Ihrem Antrag kein Wort. So gibt es zur Folgekostenabschätzung keinen Hinweis. Auch das jetzt angestrebte Modell der Regierung ist nicht optimal. Manche Eltern werden darüber enttäuscht sein, dass ihre Grundschule keine Verlässlichkeit herstellt, sondern alles beim Alten lässt.
Andere Eltern werden für eine flankierende Betreuung ihrer Kinder trotz erhöhter Zuschüsse des Landes und der Schulträger mehr bezahlen müssen. Dennoch erscheint uns Republikanern das damit verbundene Modell eines festen Unterrichtsblocks mit begleitender Betreuung als das bedarfsgerechtere und realistischere Modell als das Verschulungsmodell der linken Seite unseres Hauses.
Es bietet viel Spielraum für eine interne, einzelschulspezifische Ausgestaltung, verzichtet auf eine gesetzliche Lösung und bindet das Land nicht durch starre finanzielle Verpflichtungen, sondern ist bei der derzeitigen Haushaltslage des Landes finanzierbar und somit auch realisierbar. Da die Kommunen, die dieses Modell mitzutragen haben, ihr Einverständnis erklärt haben, unterstützen wir Republikaner die Haltung der Landesregierung in dieser Frage. Den Beschlussteil im Antrag der SPD lehnen wir deshalb ab.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin – auch nach vielen Veranstaltungen vor Ort – fest davon überzeugt, dass der Landtag mit den Voraussetzungen für die verlässliche Grundschule in bildungspolitischer Hinsicht, in familienpolitischer Hinsicht und in frauenpolitischer Hinsicht Weichen gestellt hat. Die Brücken zwischen Grundschule und Familie werden in den nächsten Jahren in Baden-Württemberg deutlich stärker.
Wir haben bei allen Vorbereitungen großen Wert darauf gelegt, dass sehr unterschiedliche Situationen vor Ort – bis
herige Modelle, Bedarf, die Situation in der Kommune – eine Rolle spielen und eben nicht – darüber haben wir immer gestritten – ein einziges Konzept für alle Regionen unabhängig davon eingeführt wird, was ist und was schon mit Erfahrung verbunden ist. Unser Konzept ist bedarfsorientiert, basiert auf einer guten Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und dem Land und verfolgt das Ziel, dass etwas langfristig Tragfähiges herauskommt und nicht etwas, was nach zwei bis drei Jahren in sich zusammenbricht, wie das die Geschichte in Niedersachsen gezeigt hat, wo Frau Jürgens-Pieper alles wieder herumgedreht hat.
Wir haben von Anfang an darüber gestritten, ob es ein Konzept gibt, bei dem Betreuung und Unterricht miteinander verbunden werden, sodass alles von Lehrern geleistet wird, oder ob es ein Konzept gibt, bei dem Unterricht und Betreuung deutlich voneinander getrennt werden und auch andere Berufsgruppen in die Schule hineinkommen. Da kommen wir nicht zusammen. Sie haben ein anderes Konzept als ich. Aber unser Konzept macht in Baden-Württemberg eine flächendeckende Betreuung an unseren Grundschulen und eine Optimierung der Stundentafel innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums möglich.
Lassen Sie mich, bevor ich etwas zu einzelnen Punkten sage, noch etwas dazwischen bemerken. Lieber Herr Zeller, wir zwei haben schon ernsthafter miteinander gesprochen. Ihre Reden werden immer unernster. Das war heute ein reiner Rundumschlag. Die erste Stufe der Rakete ist immer: Die Idee ist Mist.
Wenn die erste Stufe nicht geht, kommt die zweite Stufe der Rakete. Sie heißt: Die Idee ist gut, aber die Praxis ist Mist. Sie verbreiten im Lande gerade den Dreiklang von Idee, Verwirrung und Chaos.
(Abg. Zeller SPD: Ja, so ist es, genau! – Abg. Brechtken SPD: Bravo! – Abg. Zeller SPD: Das ist die Realität!)
Es gibt auch Leute, die das wiederholen. Tatsache ist erstens: In diesem Land Baden-Württemberg gibt es schon heute an jeder dritten Grundschule Betreuungsangebote.
Zweitens: In diesem Land Baden-Württemberg ist ein enormes Investitionspaket nur für die verlässliche Grundschule in Kraft gesetzt worden.
Drittens tun Sie so, als sei das alles umgesetzt und habe sich als unpraktikabel erwiesen. Stattdessen steht die Umsetzung erst bevor, aber schon jetzt wird prophetisch gesagt, was in den nächsten Jahren alles nicht klappen wird. So kann man nicht an ein großes bildungspolitisches Konzept herangehen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt fragt sich nur, wo das große bildungspoliti- sche Konzept ist!)
Erster Punkt: Sie sagten, in großen Städten gebe es am Ende weniger Betreuung als jetzt. Zunächst einmal gibt es für jede Gruppe viel mehr Geld als vorher. Keine Stadt muss einen einzigen Vertrag mit einer Betreuerin auflösen. Sie muss ihn auch nicht ändern.
Das ist doch überhaupt nicht wahr. Wenn allerdings der Stadtkämmerer vorgibt, was getan werden muss, dann wird mancher Vertrag geändert. Aber Tatsache ist, dass für jede Gruppe statt 7 000 DM 8 900 DM gezahlt werden. Das ist massiv mehr.
Über die Frage, ob die Stadt darüber hinaus etwas macht, ist doch gesprochen worden, auch mit den kommunalen Landesverbänden. 15 Stunden Kernzeitenbetreuung, jetzt fünfeinhalb Stunden pro Vormittag. Wir optimieren die Stundentafel. Aber das hindert überhaupt niemanden daran, zusätzlich etwas zu tun, und in vielen Gemeinden lässt sich auch niemand daran hindern. Komischerweise gibt es nur ein paar Städte, die sich hindern lassen.
Das ist also eine Legende. Es gibt nicht weniger Betreuung. Es gibt Betreuung wie bislang, und es gibt an viel mehr Orten Betreuung. Es gibt mehr Betreuung, es gibt mehr Geld, es gibt mehr Möglichkeiten, und es gibt flexible Lösungen, die jeder Bürgermeister umsetzen kann, der sie umsetzen will.