Protokoll der Sitzung vom 28.06.2000

Wenn Sie diese Kreaturen, die so etwas veranstalten, einsperren, haben Sie das Problem zwar noch nicht komplett im Griff, aber es wird immer kleiner. Wenn Sie dies nicht tun, erreichen Sie mit einem Zuchtverbot gar nichts. Denn dann holen sie sich diese Hunde aus Belgien, Frankreich oder aus Österreich. Österreich traut man in letzter Zeit ja ohnehin das Schlimmste zu. Dann werden diese Hunde eben aus dem Ausland geholt. Wenn es dort dann auch keine solchen Hunde mehr gibt, werden andere Rassen für die angesprochenen Kämpfe missbraucht.

Ich glaube, wir sind uns doch alle darin einig: Jemand, der einen Hund von klein auf aufs Brutalste misshandelt und schlägt und so das Aggressionspotenzial des Hundes erst aufbaut, hat in unserer Gesellschaft nichts mehr verloren und gehört eingesperrt und behandelt wie ein Verbrecher. Nur das habe ich gesagt.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erhält Herr Innenminister Dr. Schäuble.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst vielen Dank an die Adresse der SPD-Fraktion, die heute diese Aktuelle Debatte im Landtag herbeigeführt hat. Danke schön deshalb, weil mir dies Gelegenheit gibt, einiges klarzustellen.

Ich darf an Ihre Adresse, Herr Dr. Caroli, ganz freundlich einige Bemerkungen richten. Es ist schon eine Leistung, wenn man in so wenigen Minuten so viel Falsches sagen kann.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall der Abg. Hauk und Dr. Inge Gräßle CDU sowie Krisch REP)

Möglicherweise veranlasst durch die derzeit laufenden Fußballeuropameisterschaften, haben Sie ein Eigentor nach dem anderen geschossen.

(Minister Dr. Schäuble)

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen – Zuru- fe von der SPD – Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Aber besser als der Ministerpräsident!)

Ich beginne beim ersten: Sie vergleichen uns – – Herr Kollege Oelmayer, ich rate, genau zuzuhören. Sie werden mir dann sicherlich zustimmen.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Bisher haben Sie noch nichts gesagt! – Weitere Zurufe)

Herr Dr. Caroli, Sie haben immer wieder den Vergleich mit Bayern angeführt. Nun muss eines klargestellt werden: Die baden-württembergische Landesregierung hat Anfang der Neunzigerjahre – vor 1992 – unter der Federführung des Landwirtschaftsministeriums mit Gerhard Weiser als damals politisch Verantwortlichem eine Verordnung erlassen, die der bayerischen außerordentlich ähnlich war.

(Abg. Teßmer SPD: Nur ist unsere gestoppt wor- den!)

Ich kann nur an die Adresse des Landwirtschaftsministeriums und Gerhard Weisers gerichtet sagen: Dies verdient hohen Respekt und Anerkennung, denn damals wurde von Gerhard Weiser und seinem Ressort dieses Problem erstmals aufgegriffen.

(Beifall bei der CDU – Abg. List CDU: So ist es! – Abg. Teßmer SPD: Die Verordnung ist nie in Kraft getreten! – Gegenruf des Abg. Scheuermann CDU: Natürlich ist sie in Kraft getreten!)

Nun müssten Sie eigentlich wissen – Ihr Erinnerungsvermögen ist so katastrophal schlecht, dass Sie nicht einmal die von uns vor kurzem beantwortete Landtagsanfrage im Kopf haben –, dass der Unterschied zu Bayern nur der ist: Während der bayerische Verwaltungsgerichtshof in freundlicher Rechtsprechung die bayerische Verordnung für rechtens erklärt hat, hat unser Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg in Mannheim die Verordnung bedauerlicherweise aufgehoben. Wenn Sie sich jetzt noch zusätzlich vor Augen führen – was Sie auch wissen müssten oder jedenfalls wissen könnten –, dass der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof noch im vergangenen Jahr 1999 bezüglich einer Verordnung der Stadt Mannheim, die ähnlich lautete, an seiner alten Rechtsprechung festhielt, obwohl er inzwischen das bayerische Urteil kannte, dann können Sie ohne Schwierigkeiten nachvollziehen, von welch schwieriger Ausgangsvoraussetzung wir ausgehen müssen.

(Abg. List CDU: Das ist entscheidend! Jawohl!)

Anders ausgedrückt: Hätten wir eine freundliche Rechtsprechung wie in Bayern, dann hätten wir diesen günstigen Rechtszustand noch vor Bayern gehabt. Das ist das erste Eigentor: dass Sie das völlig falsch darstellen.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Wo ist denn da ein Eigen- tor? Ich sehe keines!)

Das zweite Eigentor, Herr Dr. Caroli, wundert mich ein bisschen. Sie haben mehrfach Ereignisse aus dem Jahr 1992 vorgelesen. Entschuldigung, ich muss meinen Vor

gänger, den Herrn Vizepräsidenten, schon in Schutz nehmen. Er war ja damals Innenminister. Dann würde sich der Vorwurf ja an seine Adresse richten.

(Abg. Pfisterer CDU: Unglaublich so was! Den ei- genen Genossen anzugreifen! – Zurufe der Abg. Dr. Caroli und Teßmer SPD – Unruhe)

Ja, natürlich. Aus den genannten Gründen war auch mein Vorgänger damals gar nicht in der Lage, erneut eine vergleichbare Verordnung auf den Tisch zu legen. Er wäre ebenfalls wieder am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gescheitert.

Das dritte Eigentor haben Sie mit dem geschossen, was Sie in Bezug auf Frau Kollegin Staiblin gesagt haben. Da würde ich vielleicht doch anregen, Herr Dr. Caroli, dass Sie an die Adresse der Frau Kollegin Staiblin ein entschuldigendes Wort richten. Das Landwirtschaftsministerium von Baden-Württemberg hat mit der Kollegin Gerdi Staiblin eine Bundesratsinitiative ergriffen – genau darauf hat sie in ihrer Äußerung hingewiesen –, die das Ziel hatte, das Tierschutzgesetz des Bundes so zu novellieren, dass bestimmte, gefährliche Hunderassen nicht mehr gezüchtet werden dürfen. Wenn man sich jetzt vor Augen hält, dass die Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, wenn ich es richtig mitbekommen habe, gestern gesagt hat, der Bund müsse jetzt eigentlich auch handeln,

(Zurufe von der SPD)

und man dann weiß, dass die Bundesregierung dieser Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg außerordentlich reserviert gegenübersteht, dann wird ja deutlich, dass die Hand, die wir über dieser Bundesratsinitiative ausgestreckt haben, von der Bundesregierung bedauerlicherweise nicht ergriffen worden ist.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Jetzt sagen Sie doch mal, was Sie konkret in Baden-Württemberg tun wollen!)

Wenn Sie das ansprechen, dann schießen Sie ja der Bundesregierung den Ball ins Tor. Das ist ein Eigentor, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Glück FDP/DVP – Abg. Scheuermann CDU: 3 : 0!)

Auf diese Weise wird immerhin doch noch ein Deutscher Torschützenkönig.

(Heiterkeit – Abg. Rech CDU: Sehr gut! – Abg. Pfisterer CDU: Heute Fußball im Plenum!)

Ich finde, Herr Kollege Caroli, Sie sollten das, was Sie vorhin gesagt haben, doch noch einmal nachlesen und überlegen, ob da nicht ein klärendes Wort angemessen wäre.

Jetzt komme ich zu der Frage: Warum haben wir überhaupt die Chance, jetzt noch einmal einen Anlauf zu machen? Das ist im Wesentlichen auf drei Gründe zurückzuführen.

(Zuruf des Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Wintruff SPD: Wo sind jetzt die Eigento- re?)

(Minister Dr. Schäuble)

Zum einen glaube ich – Herr Kollege Kretschmann, das haben Sie ja angesprochen und auch der Kollege Rech –, dass nicht ohne Eindruck auf die Richter bleibt, was bedauerlicherweise in der jüngsten Zeit geschehen ist.

Das Zweite ist: Sowohl der Bundesinnenminister als auch die Innenminister und -senatoren der Länder sind in dieser Frage einer Auffassung.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das reicht aber nicht! Sie müssen etwas tun!)

Übrigens, Herr Kollege Caroli, noch einmal ein Hinweis: In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

(Abg. Scheuermann CDU: Der liest nur die „Frankfurter Rundschau“!)

ist für jedes einzelne Bundesland eine klare Darstellung der rechtlichen Situation bezüglich der Kampfhunde und der bisher ergriffenen Maßnahmen enthalten. Daraus können Sie ohne weiteres entnehmen, dass mit Ausnahme des Landes Bayern – dazu habe ich mich ja geäußert – BadenWürttemberg bei den ersten Bundesländern ist, die jetzt nach der Innenministerkonferenz die Initiative ergriffen haben,

(Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

und dass Baden-Württemberg eine Verordnung vorgelegt hat – im Augenblick als Entwurf –, die weiter geht, als verschiedene andere Länder in Deutschland es vorhaben. Aber dies nur am Rande.

Ich glaube, zu den Gründen, warum wir jetzt einen zweiten Anlauf machen können, gehört, dass eben inzwischen die Innenminister und -senatoren in Deutschland – Gott sei Dank, wie ich ausdrücklich sagen will – eine einheitliche, übereinstimmende Auffassung vertreten.

Und der dritte Punkt – das ist der wichtigste, und der ist in der Debatte erstaunlicherweise nicht angesprochen worden –: Wir haben seit kurzem, nämlich seit dem Frühjahr 2000, eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu dem Thema „Hundesteuer für Kampfhunde“. Nun bin ich der Auffassung, dass das Problem wohl kaum über die Hundesteuer zu lösen sein wird. Aber die Entscheidung ist deshalb so wichtig, weil sie die Differenzierung zwischen den gefährlichen Kampfhunden einerseits und den anderen Hunden andererseits für rechtmäßig hält. Mit dieser Entscheidung im Rücken machen wir jetzt den erneuten Anlauf.

(Beifall bei der CDU)

Ganz kurz, wie wir vorgehen wollen: Das Wichtigste ist nach unserer Überzeugung – und das ist inzwischen auch Gemeingut bei den Kollegen Innenministern und -senatoren –: Das oberste Ziel muss sein, die Zahl der Kampfhunde erheblich zu verringern.

(Abg. List CDU: So ist es!)

Insofern ist der Vergleich mit dem Waffenrecht, der gemacht worden ist, durchaus zutreffend. Genauso, wie es unser Anliegen ist, dass möglichst wenig Waffen unter der

Bevölkerung sind, muss es unser Anliegen sein, dass es möglichst wenig Kampfhunde in Deutschland gibt.