Herr Finanzminister, ich vermisse bei Ihnen jede Vorsorge in dieser Richtung. Gerade in einer Zeit von Steuermehreinnahmen bestünde die Chance, substanziell und strukturell im Haushalt etwas zu verändern. Deshalb kommen wir ganz bewusst noch einmal auf unsere Alternative zurück,
die Chance der Privatisierung zu nutzen, um die Schulden zu verringern. Es ist unserer Ansicht nach zwingend notwendig, Positivvermögen, das wir verkaufen, zum Abbau von Negativvermögen – sprich von Schulden – zu verwenden und dadurch gleichzeitig langfristig den Haushalt zu entlasten und durch Einsparungen bei Zinsen und Tilgung Spielraum für notwendige Maßnahmen im Haushalt zu gewinnen.
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Aber doch nicht so, wie Sie es machen! – Zuruf des Abg. Kluck FDP/DVP)
Das ist die Alternative. Sie hätten unseren Vorschlag aufgreifen können, keine Stiftung zu gründen, sondern zuerst die steuerrechtlichen Regelungen abzuwarten. Diese waren übrigens ursprünglich für das kommende Jahr vorgesehen. Sie haben das Inkrafttreten im Bundesrat verhindert, sodass dies erst ein Jahr später erfolgen kann.
Sie tun gerade so, als hätten Sie unter Zeitdruck gestanden. Sie haben doch bis heute überhaupt nichts fertig gebracht. Sie wollten doch ursprünglich einen Nachtrag erstellen, in dem Sie die Erlöse aus der Privatisierung der EnBW unterbringen wollten. Jetzt stehen Sie mit abgesägten Hosen da, weil Sie es nicht hinkriegen. Dann hätten Sie auch noch das eine Jahr abwarten und das Ganze steuerrechtlich vernünftig machen können.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen will: Wir haben ganz bewusst noch einmal die Anträge zum Bereich Investitionen auf den Tisch gelegt. Unserer Ansicht nach muss jetzt die Chance genutzt werden, vor allem bei der Altbausanierung voranzukommen.
(Abg. Haas CDU betritt den Plenarsaal. – Abg. Heiler SPD: Der Haas kommt! – Abg. Capezzuto SPD: Pass auf, der Haas kommt!)
Dabei lautet die entscheidende Frage, die es zu erörtern gilt: Wie können wir bei dem an den ökologischen Problemen, die wir haben, Hauptbeteiligten, nämlich dem Hausbrand, einen entsprechenden Impuls geben und zu Verbesserungen kommen, auch im Hinblick auf unsere Verpflichtung zur CO2-Minderung? Die große Chance liegt in der Altbausanierung. Das Fantastische an der Altbausanierung ist, dass jede Mark, die wir in ein Zuschussprogramm einstellen, private Investitionen in Höhe von etwa 7 DM anschiebt. Daher ist die Ausweitung dieses Programms zwingend geboten, weil es ökologisch vernünftig ist und vor allem unseren mittelständischen Betrieben im Baubereich in erheblichem Maße eine Stabilisierung ihrer Konjunktur bringt. Deshalb sollten Sie heute an dieser Stelle mitmachen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Beitrag in dieser Richtung.
Das Gleiche gilt für den Straßenbau. Unseren Antrag dazu haben wir heute ganz bewusst noch einmal vorgelegt. Eines geht nicht: über Jahre hinweg den Landesstraßenbau zu vernachlässigen und in Richtung Bund große Töne zu spucken, aber dann, wenn man selbst verantwortlich ist, nichts zu tun. Deshalb: Stimmen Sie unserem Antrag zu; dann sind Sie auch in der anderen Frage glaubwürdiger.
Wir haben uns – auch nach Gesprächen, die wir geführt haben – jetzt entschlossen, den Antrag zum Thema Hockenheim noch einmal einzubringen. Unserer Ansicht nach sind wir in großen Schwierigkeiten, wenn wir nicht heute den Entschluss fassen, die Mittel sowie auch Verpflichtungsermächtigungen einzustellen. Damit legt sich heute noch niemand auf die endgültige Größenordnung fest.
Aber Sie haben doch gar keine Chance mehr, wenn Sie morgen eine Maßnahme ergreifen wollen. Dann sind Sie in der Lothar-Situation, die Sie selbst beklagen. Dann sind Sie genau in der Situation, dass Sie gerne etwas täten, aber keine Vorsorge im Haushalt getroffen haben. Deshalb: Wer Hockenheim in den weiteren Gesprächen als Standort und damit auch in erheblichem Umfang weitere Einnahmen sichern will – es geht hier nicht allein um das Rennen, sondern um alles, was darum herum ist und erhebliche strukturelle Auswirkungen für den dortigen Standort hat –, muss heute entsprechende Mittel und auch Verpflichtungsermächtigungen einstellen, damit er in der Zukunft überhaupt handlungsfähig ist.
Sie versäumen dies. Sie reden zwar draußen herum; Sie gehen am Sonntag zum Rennen; aber Sie sind nicht bereit, hier im Parlament die notwendige Vorsorge zu treffen, um dies auch haushaltsrechtlich abzusichern und tätig werden zu können.
Lassen Sie mich noch zum Thema Bildung und zu unserer Alternative kommen. Ich glaube, es gibt in diesem Hause unabhängig von allen Diskussionen einen Konsens, nämlich den, dass wir mit Sorge die Veränderungen betrachten, deren negative Auswirkungen etwa in der Jugendgewalt und deren deutlicher Zunahme zum Ausdruck kommen. Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Darunter bleibt eine gewaltige Veränderung unserer Familienstrukturen, auch der mangelnden Bindungen in diesem Bereich festzuhalten.
Hier müssen wir ganz realistisch ansetzen und müssen dagegenhalten. Ein Punkt: Wir müssen die Familie stärken. Das hängt mit den ökonomischen Bedingungen zusammen. Deshalb war es richtig, dass die Bundesregierung als erste und wichtigste Maßnahme in diesem Bereich eine deutliche Verbesserung der fiskalischen und ökonomischen Situation der Familien durch erhöhtes Kindergeld, Verringerung des Grundfreibetrags etc. durchgesetzt hat. Diese Schritte werden weitergehen.
Das Zweite: Wenn wir heute aus der Entwicklungspsychologie wissen, dass das Urvertrauen das Entscheidende ist, was Kinder mitbekommen, und dass sie das letztlich in ihrer ersten Lebensphase mitbekommen
(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Tun wir! Wer macht das Bundeserziehungsgeld? Welches Land hat denn das Landeserziehungsgeld?)
dann müssen wir die Familien stärken. Deshalb war es richtig, das Bundeserziehungsgeld zu verbessern, und Sie sollten endlich nachziehen, damit wir das auf Landesebene entsprechend machen können.
Moment, jetzt kommt der für mich entscheidende Punkt: Das Entscheidende, was wir machen müssen, ist, Männer und Frauen in gleicher Weise zu beteiligen und sie auch fiskalisch und ökonomisch in die gleiche Lage zu versetzen, damit sich auch Männer stärker in dieser ersten Familienphase engagieren und das nicht nur eine Aufgabe der Frauen bleibt.
Denn wer dies realistisch umsetzen will – denn Frauen können sich heute auch nicht mehr eine lange Phase außerhalb ihres Berufs leisten –, der muss die Männer stärker be
teiligen, damit die Frauen noch ein wenig Fühlung mit ihrem Beruf haben können, ohne dass die Grundsicherung der Kinder in der Familie gefährdet wird. Deshalb gehört beides zusammen. Da haben Sie noch Nachholbedarf,
gerade auch in der Gestaltung des eigenen Landeserziehungsgelds, ergänzend zu den Initiativen des Bundes.
Zur Schule: Mir geht das, was die Frau Kultusministerin macht, nicht weit genug. Es ist völlig richtig: Wir brauchen eine verbindliche Grundschule für bestimmte Zeiten, in denen garantiert ist, dass die Kinder in der Schule sind und damit auch für die Familien Sicherheit besteht. Aber meiner Ansicht nach darf man dies, Frau Kultusministerin, nicht ausschließlich unter dem Aspekt der Betreuung sehen. Ich habe große Sorge, wie die Entwicklung weitergeht. Ihre Vorstellungen laufen letztlich darauf hinaus: Was die Schule im Kernbereich angeht, lassen wir alles beim Alten, und darauf setzen wir zusammen mit den Kommunen die Betreuung und können die dann natürlich für einen bestimmten Zeitraum gewährleisten. Ich rede jetzt noch gar nicht vom Geld. Darüber haben wir beim letzten Mal diskutiert; darauf verweise ich. Aber für mich wird die eigentliche Chance nicht wahrgenommen, die darin besteht, die Schule insgesamt umzugestalten.
Schule darf nicht nur Wissensvermittlung sein. Schule muss auch Betreuung und Lebensraum sein. Lehrer müssen endlich mit ihrem Deputat, mit ihrer Verpflichtung in diese Betreuung eingeschaltet werden.
Defizite, die wir heute bei jungen Menschen feststellen, sind nur ausgleichbar durch personale Bezüge von Lehrern zu ihren Schülern.
Dies erreicht man nicht durch reine Wissensvermittlung, so wichtig diese ist. Dies erreicht man, indem Lehrer mit ihren Schülern in der Schule spielen, indem sie mit ihnen essen, indem sie in diesem Bereich in anderer Weise mit ihren Schülern umgehen,
Das wissen wir heute aus vielen Schulen, an denen dies gemacht wird. Aber für Sie ist Schule nach wie vor nur ein Ort der Wissensvermittlung.