Nein, nein, wir machen das nicht zulasten der Kunden, sondern wir machen es dann zulasten der DB. Wir haben Alternativen zur DB. Das ist der DB vielleicht nicht so ganz klar. Wir sind ihr bester Kunde. Wir haben Leistungen im Wert von rund 1 Milliarde DM bestellt. Das lässt sich auch auf andere Weise machen. Wir haben eine HzL, wir haben eine SWEG, wir haben eine Bodensee-Oberschwaben-Bahn, wir haben eine AVG. Wir haben viele Möglichkeiten.
Ich weiß nicht, ob das der DB so ganz klar ist. Ich kann erstens nur sagen: Wie sie uns in dieser Frage behandelt, ist schlicht eine Sauerei, was die Informationspolitik anbelangt.
Zweitens muss man sich einmal vorstellen: Da treffen sich 16 Verkehrsminister, fassen den Beschluss, der identisch ist mit dem Beschluss, den wir heute auch hier fassen wollen, und schreiben in den Beschluss hinein: Wir sind bereit, mit der DB zu sprechen, wenn der Bund auch seine Verantwortung wahrnimmt, und die DB möge jetzt keine falschen Fakten schaffen. Einen Tag später, nachdem 16 Verkehrsminister das gesagt haben, verkündet die DB bundesweit,
Provokation. So verliert die Bahn nicht nur Kunden, sondern auch Freunde, und die hat sie eigentlich bei uns bislang gehabt.
Im Übrigen sind die Gespräche mit der DB leider völlig fruchtlos. Wir bekommen keine Zahlen. Wir haben uns natürlich einmal überlegt, wie wir denn im Blick auf die Revision der Regionalisierungsmittel vielleicht eine Überbrückungslösung machen könnten. Sie haben mich vorhin darauf angesprochen, Herr Kollege Dr. Caroli. Die Revision der Regionalisierungsmittel steht an. Wir haben gesagt: Wir wissen noch nicht, was herauskommt, aber wir sind bereit, uns einmal der Frage zu stellen, was wir denn zahlen müssten, damit die DB die Züge weiter fahren lässt. Das ist also das so genannte Delta. Bei der Südbahn liegt es zwischen 170 und vielleicht 200. Die DB sagt: Erstens sagen wir euch die Zahlen nicht, und zweitens stimmt die Zahl 200 als Messlatte gar nicht; aber welche Messlatte gilt, sagen wir euch nicht. Und zum Dritten wollen wir uns von dem Produkt verabschieden; ihr könnt uns zahlen, was ihr wollt.
Wenn selbst das Angebot, das einem schon schwer fällt, Nahverkehrsmittel hineinzugeben, um wenigstens mithilfe der Delta-Finanzierung die Züge für zwei Jahre zu sichern, abgelehnt wird, hört es bei mir irgendwo auf. Da muss man sagen, dass die DB schief gewickelt ist. Sie meint, dass sie schlicht mit ihren Zügen zurückgehen kann und wir dann mit Nahverkehrszügen vorangehen. Das werden wir natürlich nicht tun.
Sie argumentiert übrigens auch so: Selbst wenn Sie uns das Geld vonseiten des Landes geben würden, wären wir gar nicht mehr in der Lage; denn wir brauchen das Wagenmaterial für andere Strecken, und wir haben gar nicht die nötigen Lokomotiven. Das ist schon eine bemerkenswerte Argumentation.
Im Übrigen kann ich der DB nur sagen – ich glaube, auch in dieser Frage sind wir uns einig –: Sofern es in anderen Bundesländern zu Sonderverhandlungen kommen sollte, werden wir sehr genau darauf achten, was geschieht, und ob es damit noch einmal zu einer Schlechterstellung des Landes Baden-Württemberg kommt. Wenn ein anderes Bundesland, welches auch immer, irgendeine Regelung mit der DB hinkriegt, die wir nicht angeboten bekommen, dann ist natürlich zusätzlich noch einmal für uns ein Punkt erreicht, wo man sagen muss: Mit uns geht das nicht.
Im Übrigen noch einmal in aller Deutlichkeit: Was die DB mit Sicherheit von uns nicht bekommt, ist der Ersatz von Fernverkehrszügen durch Nahverkehrszüge, und was sie mit Sicherheit nicht von uns bekommt, ist die Betrachtungsweise, dass Fernverkehrszüge, die schwarze Zahlen
schreiben, Fernverkehrszüge seien und dass Fernverkehrszüge, die rote Zahlen schreiben, Nahverkehrszüge seien. Es kann nicht sein, dass ich die Frage, ob es sich um Nahoder Fernverkehr handelt, also die Verantwortung des einen oder des anderen, von der Lukrativität der ganzen Geschichte abhängig mache. Würden wir Nahverkehrsmittel einsetzen, um nur einmal die Größenordnung zu verdeutlichen, würde uns das ein gutes Stück über 100 Millionen DM pro Jahr kosten. Dann kämen noch 200 Millionen DM für das Zugmaterial an Investitionsmitteln hinzu. Das wäre ein Achtel dessen, was wir heute für den Statusquo-Verkehr ausgeben. Wir geben nämlich ungefähr 800 Millionen DM aus, und wenn wir dann 100 Millionen DM rüberschieben, ist das eben ein Achtel.
Ich muss auch bei allen Diskussionen sagen, die wir vor Ort führen, wenn argumentiert wird, es gehe nur um eine Strecke: Wir können natürlich nur Lösungen machen, die erstens auf das ganze Land übertragbar wären und die zweitens nicht nur Probleme des Jahres 2001 lösen, sondern auch die Probleme des Jahres 2003. Das heißt, was immer wir der DB anbieten, wir müssen es so dimensionieren, dass wir es tragen könnten, wenn alle Interregiozüge plötzlich weg wären. Das ist ja das eigentliche Ziel. Daran müssen sich Lösungen messen lassen.
Was die DB im Übrigen falsch macht – es ist ja ein Witz, wenn man ihr das vor Augen führen muss; aber es ist offensichtlich so –, ist, dass sie glaubt, eine kluge Geschäftspolitik zu machen, wenn sie sich auf lukrative Strecken konzentriert. Sie verkennt – jetzt muss man sozusagen schon dem Verkehrsunternehmen die Anfänge der Verkehrspolitik beibringen – einen ganz einfachen Zusammenhang, nämlich den Netzzusammenhang. In jedem Verkehrsangebot gibt es lukrativere und weniger lukrative Strecken.
Wenn ich mich nur noch auf die lukrativen beschränken will, werde ich zum Schluss logischerweise überhaupt nichts mehr fahren können. Denn wo sind dann die Zubringer für die lukrativen Strecken?
Das heißt also: Die Konzentration auf Strecken mit schwarzen Zahlen ist ein Irrweg, den die DB geht. Sie wird, wenn sie glaubt, sich nur auf die rentablen Strecken konzentrieren zu können, am Schluss überhaupt nichts mehr fahren.
Jetzt zur Frage, die in den letzten Tagen in der Öffentlichkeit eine große Rolle gespielt hat, ob wir mit ausländischen Bahnunternehmen Alternativen haben. Es gab ein Angebot eines bestimmten Beraters; wir sind auch von einem anderen Unternehmen angerufen worden. Ich will jetzt die Namen nicht nennen.
Jawohl, das ist aber alles in Relation zur Qualität zu sehen. – Es gab, wie gesagt, vonseiten verschiedener Unternehmen Angebote, die aber bislang leider nur über die Presse gekommen sind. Jetzt kann ich nur sagen: Wenn die Angebote so gut sind wie die PR-Arbeit bei der Ankündigung, dann werden wir wahrscheinlich alle Probleme gelöst haben. Die Philosophie dieser Angebote lautet offen
sichtlich: Packt die Nahverkehrs- und die Fernverkehrsleistungen zusammen, und wir machen euch ein Angebot, das euch nicht mehr kostet, aber den Fernverkehr mit einschließt.
Also, wenn wir es hinbekommen, dass wir die doppelte Leistung zum selben Preis bekommen, machen wir das gern. Ich halte das aber für einigermaßen unwahrscheinlich. Denn der erste Brief, den wir real in unserem Haus haben, lässt alle wesentlichen wirtschaftlichen Fragen in dieser Angelegenheit offen.
Insofern: Ich bin gern bereit – das reizt mich übrigens auch gegenüber der DB –, eine Alternative zu prüfen – das wäre sehr schön –, aber ich bin skeptisch, dass diese Angebote sinnvoll sind. Aber wir haben die Eisenbahnunternehmen aus dem Ausland, die bei uns angerufen haben, gebeten, uns Angebote zu machen, damit wir sie überprüfen können.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen und dabei noch einmal kurz auf die Bundespolitik zurückkommen.
Ich halte es erstens für falsch, dass sich der Bundesverkehrsminister aus dieser Geschichte heraushält und so tut, als hätte das mit ihm nichts zu tun. Das hat natürlich sehr wohl etwas mit ihm zu tun, aus den Gründen, die ich vorhin genannt habe.
Zweitens: Ich finde es gut, wenn wir im Haus Konsens darüber haben, dass es hier um die Interessen des Landes gegenüber Bund und Bahn geht, und wir sollten das entsprechend dokumentieren. Ich will ausdrücklich quittieren: Ich stimme dem, was Herr Kollege Göschel gesagt hat, völlig zu.
Drittens: Wir haben auch vom Bundesvorsitzenden der Grünen, Herrn Kuhn, einen richtigen Ansatz gehört. Er hat nämlich gesagt, man könne die Interregios auch in die Verantwortung der Länder übertragen, aber unter der Voraussetzung, dass die Länder mehr Mittel bekommen. Einverstanden! Eine so simple und einfache Aussage hätte ich gern auch vom Kollegen Stolz gehört.
Ja, aber in diesem Fall war die simple Aussage sogar die richtige, und die komplizierte war falsch. – Herr Stolz, weil Sie von „Zweckentfremdung von Regionalisierungsmitteln“ sprachen, will ich Ihnen eines sagen: Bei diesem Wort bin ich sehr hellhörig; Zweckentfremdung von Mitteln ist eine harte Aussage. Der Vorwurf der Zweckentfremdung ist natürlich falsch. Wir haben die Regionalisierungsmittel für die Verbundförderung genommen, und das dient natürlich dem Schienenpersonennahverkehr; das ist ja überhaupt keine Frage. Von Zweckentfremdung kann also überhaupt keine Rede sein.
(Abg. Stolz Bündnis 90/Die Grünen: Das war aber Ersatz für Landesmittel! Ich stehe zum Ausdruck „Zweckentfremdung“!)
Ich kann jetzt nur sagen: Wir sollten einen gemeinsamen Appell an die DB AG richten, und wir sollten diesen gemeinsamen Appell auch in den Regionen durchhalten, dass
wir uns einig sind, dass wir erstens eine bessere Bahnpolitik in dieser Frage brauchen, dass das Fernverkehrsangebot zweitens so gut sein sollte wie das Nahverkehrsangebot und dass es drittens keine Umschichtungen von Nahverkehrsmitteln für Fernverkehrsaufgaben geben darf.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP – Abg. Brechtken SPD: Gute Reise, Herr Mi- nister! Hoffentlich mit der Bahn!)
Herr Abg. Dr. Caroli, Sie wollen noch eine Nachfrage stellen, nachdem der Herr Minister die halbe Minute um das 41fache übertroffen hat.
Herr Minister, eine kurze Nachfrage: Ist Ihnen bekannt, dass ein Vertreter der DB AG öffentlich erklärt hat, dass in Kürze Gespräche mit der Landesregierung stattfinden würden und die DB AG mit einer Konzeption in diese Gespräche hineingehen werde? Wann finden diese Gespräche statt? Was können Sie darüber sagen?
Es gibt eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die mehrfach getagt hat, bei der aber überhaupt nichts herausgekommen ist.
Wir hatten neulich ein Gespräch – ich kann das einmal so offen schildern, damit man sieht, wie das abläuft – mit einem Vertreter der DB-Zentrale in Frankfurt. Wir hätten dieses Gespräch nach fünf Minuten beenden können. Ich schildere Ihnen das einmal, damit Sie ein Gefühl für die Atmosphäre bekommen. Unser Ministerialdirektor, der nun wirklich etwas von der Bahn versteht und sehr bahnfreundlich ist, hat gesagt, dies sei das frustrierendste Gespräch seiner gesamten Berufslaufbahn gewesen. Es hat überhaupt nichts gebracht.
Wir haben, wie gesagt, dieses Delta-Finanzierungsangebot gemacht, und es hieß: „Wir wollen es nicht!“ Da ist das Ende.
Daraufhin haben wir uns an Herrn Mehdorn und an Herrn Schnell, den Konzernbeauftragten, gewandt und gefragt: „War das wirklich euer letztes Wort? Wollt ihr Krieg mit uns?“ Jetzt kommen sie noch einmal.
Uns ist zum Beispiel das tolle Konzept der DB signalisiert worden: „Auf der Südbahn könnten wir es so machen, dass wir in Zukunft noch unsere Wagen laufen lassen, dass wir die auch IR nennen, aber dass sie per Nahverkehr bezahlt werden.“ Verstehen Sie, ich muss jetzt einen unparlamentarischen Ausdruck vermeiden, aber ich fühle mich etwas falsch behandelt.