Protokoll der Sitzung vom 26.10.2000

(Zurufe von der SPD)

dass Schülerinnen und Schüler zur Behandlung dieses Buchs eine entsprechende Materialbegleitung erfahren müssen.

(Abg. Maurer SPD: Ich melde mich zu Wort! – Gegenruf des Abg. Deuschle REP: Keine Redezeit mehr!)

Ich will dies in der zweiten Runde noch einmal vertiefen.

Frau Kultusministerin Schavan hat gerade davon gesprochen, es gehe darum, die Zyniker der Demokratie in die Schranken zu verweisen. Unter diesem Aspekt muss auch eine Auseinandersetzung mit diesem Buch stattfinden. Sie muss aber auch unter literaturästhetischen Gesichtspunkten stattfinden. Auch dazu gibt es keine für die Schüler geeignete Anleitung.

Es gibt zahlreiche Kritiken, die sich mit der Sprache, mit dem Aufbau dieses Buches auseinander setzen. Das sind aber Zeitungskritiken. Für den Unterricht, für die Beschäftigung mit dem Buch im Hinblick auf das Abitur müsste dieses Material vertieft begleitet werden können. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen dafür in einem Privatissimum auch gern Beispiele liefern. Die FAZ spricht in einem jüngeren Artikel davon, dies sei Literatur als Kauknochen.

(Abg. Zeller SPD: Welche Sekundärliteratur gibt es denn dazu?)

Das ist doch das Problem, Herr Zeller. Haben Sie es immer noch nicht kapiert?

(Abg. Seimetz CDU: Er wird es auch nie begrei- fen!)

Es handelt sich hier um ein Buch, das auch sehr stark belehrenden Charakter hat und das nicht zuletzt die Politik in Bausch und Bogen diskreditiert.

(Abg. Deuschle REP: Aha! – Abg. Carla Bregen- zer SPD: Jetzt kommt es heraus! Endlich mal ein klares Wort, worum es geht!)

Auch dazu muss eine Auseinandersetzung anhand geeigneter Sekundärliteratur stattfinden.

(Abg. Birzele SPD: Ist es dann überhaupt noch zu- lässig, das als Pflichtlektüre zu haben, wenn es so schlimm ist?)

Herr Birzele, Sie haben doch gehört, dass es keine Pflichtlektüre mehr ist. Es ist ein Literaturangebot. Sie wissen immer noch nicht, worum es geht.

(Beifall des Abg. Döpper CDU)

Ich weiß: Ihnen geht es um Stimmung. Aber Sie wissen immer noch nicht, worum es geht.

(Abg. Birzele SPD: Ist es dann noch zulässig?)

Wenn ein Schriftsteller die Charaktereigenschaften eines Ortsgruppenleiters der NSDAP beschreibt und dann nahtlos dazu übergeht, dieses Verhalten, diese Charaktereigenschaften auf alle Politiker in Deutschland zu übertragen – auch auf Sie, herzlichen Glückwunsch – –

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich zitiere das gern.

(Zuruf des Abg. Deuschle REP)

Er beschreibt erst den Ortsgruppenleiter und schreibt dann:

Seine Karrieresucht ist zweifellos ja auch heute das beherrschende Motiv bei der Wahl der Partei, der sich einer verschreibt. Und schuld daran ist nicht das Individuum, sondern eine Republik, die es dazu kommen ließ, dass ihre begehrenswertesten Pfründe überhaupt nicht mehr zu erlangen sind, ohne dass der Bewerber sich die Tarnkappe einer politischen Gesinnung überstreift.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Zeller: Jetzt sagen Sie, warum Sie gegen das Buch sind! Eine Zen- sur!)

Das ist eine Form der Auseinandersetzung mit unserer Demokratie,

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

die Schüler dringend anhand geeigneter Sekundärliteratur führen müssen.

(Zurufe von der SPD)

Diese Auseinandersetzung mit dem Buch findet in keiner Sekundärliteratur statt,

(Zurufe von der SPD)

weil die Literaturwissenschaften dieses Buch als für sie nicht besonders interessant empfunden haben

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

und es in den letzten 20 Jahren keine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung darüber gibt, die wir heranziehen könnten, um solche Themenkomplexe aufzuarbeiten.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Das ist eine politi- sche Diskussion und keine literaturwissenschaftli- che!)

Das geht ineinander über. Wenn Sie, Frau Kollegin Rudolf, das Buch gelesen haben, wissen Sie, dass das von der Anlage des Buchs her auf mehreren Ebenen ständig ineinander übergeht.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Ich halte es für nicht zu verantworten, dieses Buch auf den Tisch zu legen

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

und keine erläuternde Literatur zu den Problemlagen des Buchs zur Verfügung zu haben. Die Schülerinnen und Schüler brauchen eine solche Literatur, um sich mit dem Buch vernünftig auseinander setzen zu können.

(Zuruf von der SPD)

Ja, ich habe Ihnen inhaltliche Beispiele genannt,

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

um zu belegen, dass das Argument, man brauche keine Sekundärliteratur, nicht zutreffend ist.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Sie brauchen sie, um dieses Buch aufarbeiten zu können.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie haben ein Bild von den Lehrern an unseren Schulen!)

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, es tut Ihnen weh, dass der Schriftsteller, den Sie hier so hochhalten,

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Sie genauso pauschal verurteilt hat und zynisch beurteilt hat wie uns alle hier in diesem Haus.

(Abg. Bebber SPD: Ist das jetzt Ihre neue Leitkul- tur?)

Was hat das denn damit zu tun? Das hat etwas damit zu tun, dass wir als Demokraten ein bestimmtes Selbstverständnis haben.