Meine Damen und Herren, der Umweltplan steht in der Tradition der Bundesrepublik Deutschland. Wir sind ja international dafür bekannt, dass wir in der Analyse sehr gut sind, aber bei der Umsetzung nicht unbedingt diesem Vorbild folgen.
Der Umweltplan Baden-Württemberg stellt eine ausführliche und an Datenmaterial umfangreiche Analyse der Umweltsituation des Landes dar. Er ist klar gegliedert und umfasst auch einige sonst eher unbeachtete Randthemen. Im Umweltplan werden umweltpolitische Standpunkte der jetzigen Landesregierung propagiert und Trends bzw. Lösungswege für bestimmte Umweltbereiche und Umweltprobleme aufgezeigt. Alles in allem handelt es sich also um eine Arbeitsgrundlage, auf der aufbauend die Verwaltung konkrete Maßnahmen entwickeln und umsetzen und auch Prioritäten setzen kann.
Dies, meine Damen und Herren, ist aber auch gleichzeitig seine größte Schwäche. Nur an wenigen Stellen wird konkret gesagt, wann man mit welchen Maßnahmen und wel
chen finanziellen Mitteln welches Ziel erreichen will. Der Hinweis des Umweltministers, dass in anderen Bundesländern bzw. in der Bundesrepublik auch zu solcher Ankündigungslyrik gegriffen wird, zieht insofern nicht, als in einem früheren Entwurf bereits konkretere Zielsetzungen und Zeitpunkte genannt waren.
Ich nenne die Reduzierung des Flächenverbrauchs, was eben schon angesprochen worden ist, dass man bis 2010 eine Marke setzt. Warum sollte man nicht sagen: „Statt der bisher elf Hektar pro Tag, die verbraucht, die versiegelt werden, auf die Hälfte zurückgehen“? Maßnahmen gibt es genug – die haben Sie, Herr Kollege Scheuermann, vorhin angesprochen –, beispielsweise nannten Sie ein entsprechendes Planungsinstrumentarium für Verfahren. Sie selbst haben das angemahnt. Das hätte hier auch berücksichtigt werden können.
Ich nenne die Erhöhung des Anteils der regenerativen Energien. Das Breitenprogramm des Landes wurde platt gemacht. Hier wurde eigentlich gar nichts mehr getan. Anstatt als Zielsetzung hineinzuschreiben, was man konkret in wenigen Jahren erreichen will, haben Sie darüber so gut wie nichts vermerkt. Damit sind aber der Erfolg und der Sinn des Umweltplans auch gar nicht überprüfbar. Die Gefahr, dass es sich um ein Papier mit appellativem Charakter handelt, das in den Schubladen der Amtsstuben verschwindet und allenfalls in den Umweltausschüssen von Landkreisen und Kommunen, wenn überhaupt, noch ab und an als Argumentationshilfe herangezogen wird, ist sehr groß.
Damit sind aber seine Erstellung und der damit verbundene Aufwand nicht gerechtfertigt. Der Plan ist dann politisch fast wertlos, wenn er nicht erkennbar in einzelnen Maßnahmekatalogen und Maßnahmeplänen konkretisiert wird und sich die Konkretisierungen nicht bereits im nächsten Haushalt niederschlagen. Geschieht dies nicht, kann er lediglich als eine allgemeine Richtschnur des politischen Willens der Landesregierung im Umweltbereich betrachtet werden, die nützlich sein kann.
Es gibt übrigens noch einen weiteren Webfehler: Es ist nicht ersichtlich, welchen Sinn und Wert es hat, in einem solchen Plan die Minderheitenposition der Landesregierung zur Ökosteuer und zur Atomkraftnutzung darzustellen, eine Position, der sich nicht einmal die Energieversorger des Landes Baden-Württemberg anschließen wollen.
Es wäre besser gewesen, an dieser Stelle eine Zieldefinition zu geben, wann welcher Energiemix als Ersatz für die AKWs zur Verfügung steht und mit welchen begleitenden und verstärkenden Maßnahmen die Landesregierung beispielsweise die Ziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes befördern will. Dann wäre der Umweltplan eine Art Handlungsanleitung für Verwaltung und Energiewirtschaft gewesen. So enthält er rein isolierte politische Verlautbarungen zu einem gescheiterten energiepolitischen Konzept.
Meine Damen und Herren, kritikwürdig ist aber auch der Umgang mit diesem Papier selbst. Wenn es so wichtig ist, wie der Umwelt- und Verkehrsminister dies gerne ausdrückt – und wir wissen auch, dass mit einem großen Auf
wand Diskussionen mit den Bürgermeistern, Regierungspräsidenten, Verbänden, Trägern öffentlicher Belange geführt wurden –, dann ist es nicht nachvollziehbar, dass der Landtag nach der Friss-oder-stirb-Methode lediglich als Schlusspunkt den Plan zur Kenntnis nehmen kann.
Dies ist für einen Landesumweltplan, der neben Landesentwicklungsplan und anderen grundlegenden Planungsregelungen schließlich dieses Land prägen soll, nicht angemessen. Oder es ist umgekehrt so, dass man hieran erkennen kann, dass der Umweltplan zwar eine große Fleißaufgabe darstellt – das möchte ich denen, die daran gesessen haben, ausdrücklich bescheinigen –, aber von CDU und FDP politisch doch als Leichtgewicht verstanden wird und deshalb von Landtag und Landesregierung unter „ferner liefen“ behandelt wird.
Genau so ist es, denn er wäre auch heute normalerweise erst zu später Zeit – um 19 oder 20 Uhr – behandelt worden.
(Beifall bei der SPD – Abg. Zeiher CDU: Walter, das war dein erstes Humoristisches heute! – Unru- he)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einen Gedanken des Kollegen Caroli aufgreifen. Auch wir halten es für zumindest sehr verwunderlich, dass meine Fraktion überhaupt dafür streiten muss, dass es zu diesem zentralen Umweltthema in dieser Legislaturperiode überhaupt eine Redezeit gibt und das Thema nicht unter „ferner liefen“ als letzter Tagesordnungspunkt zur Kenntnis genommen wird.
Wir sind nun froh, dass dieses Thema, auch Dank des Einsatzes des Vorsitzenden des Umweltausschusses, des Kollegen Kretschmann, nach vorne gerückt ist. Ich möchte
ausdrücklich auch den Kollegen Scheuermann von der CDU loben, weil auch er sich in seiner Fraktion dafür eingesetzt hat. Das zeigt auch, dass er einer derjenigen ist – sicherlich der letzte in der Fraktion der CDU –, die dieses Thema mit Herzblut betreiben.
(Beifall des Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grü- nen – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Scheuermann wird Nachfolger von Mehdorn! – Unruhe)
Wir hätten uns gewünscht, meine Damen und Herren, dass es heute zu diesem Thema – Herr Scheuermann – eine Regierungserklärung gegeben hätte.
Denn wenn das wirklich ein wichtiges Thema und ein Handlungsspielraum für die nächsten zehn Jahre ist, dann wäre es dies wert gewesen.
Wir finden es gut, dass es diesen Umweltplan gibt. Prinzipiell ist er eine gute Idee. Dafür hat das Umweltministerium auch Lob verdient. Diese Arbeit ist Grundlage – ich habe es schon gesagt – für die nächsten zwei Legislaturperioden, wenn man den Plan denn tatsächlich umsetzen will, wie der Kollege Scheuermann richtig anmerkte. Sie, Herr Scheuermann, haben nur vergessen, hinzuzufügen: Dann muss sicherlich die Regierung wechseln; denn sonst wird es nach dem, was wir bisher erfahren haben, nichts werden.
Nicht unerwähnt lassen will ich aber, dass es schon ärgerlich ist, dass zwischen dem ersten Entwurf und der jetzigen Diskussion sage und schreibe drei Jahre vergangen sind. Also mit dem Turbo ist das Ganze nicht bearbeitet worden.
(Heiterkeit des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen – Abg. List CDU: Ihr habt doch sonst et- was gegen Turbos!)
Erstens, Kollege Caroli hat es schon erwähnt: In zentralen Punkten fällt der jetzige Entwurf eines Umweltplans wirklich weit hinter den Entwurf zurück, der uns zunächst vorgelegt wurde.
Zweitens, Kollege Scheuermann: Ein Teil der Vorschläge, die wir auch für gut befinden – darüber muss man gar nicht diskutieren –,
steht Ihrer Politik, Ihrer Tagespolitik diametral entgegen, oder aber die Vorschläge bleiben, wie beim Flächenverbrauch, irgendwie beliebig. Damit kann man alles anfangen oder auch nichts tun.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Da haben sie drei Jahre gebraucht, um das Ding zu entschärfen!)