(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ich bin Sozialarbeiterin, aber Herr Oelmayer hat gesprochen! – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)
So kommt das bei mir an, Verzeihung. Was haben Sie denn in Ihren Reden geboten, außer dass Sie gesagt haben: „Sozialarbeit ist ein Allheilmittel“? Das kommt bei mir so an: Wenn ich neben jeden einen stelle, der Sozialarbeiter ist, vom Staat bezahlt, dann habe ich den gewünschten Effekt.
Das ist sicher nicht unser Konzept. Resozialisierung fängt bei den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen an. Sie fängt beim Arbeitsplatz an. Der Arbeitsplatz ist das wich
tigste Mittel zur Verhinderung von Jugendkriminalität. Deswegen freuen wir uns ja, dass wir in Baden-Württemberg die geringste Jugendarbeitslosigkeit im Bundesgebiet haben; aber sie ist immer noch viel zu hoch. Ich sage an dieser Stelle auch einmal deutlich: Wir würden gern mehr machen, um zu mehr Arbeitsplätzen zu kommen, aber dabei helfen Sie uns in der Regel nicht. Das muss ich auch einmal ganz deutlich sagen. Bei unseren Konzepten für mehr Arbeitsplätze, für mehr Beschäftigung stehen Sie in der Regel auf der anderen Seite.
Der zweite Punkt ist das Netz von ehrenamtlicher Tätigkeit, das Netz von Vereinen, das wir hier brauchen. Wir brauchen nicht an jeder Ecke Sozialarbeit. Diese brauchen wir zwar auch, aber wir brauchen natürlich vor allen Dingen die Stärkung eines vorhandenen sozialen Netzes der ehrenamtlichen Struktur und der Vereine in Baden-Württemberg.
Wenn es aber um diese Diskussion geht, habe ich auch nie das Gefühl, dass Sie in der ersten Reihe dabei sind. Sie setzen da meist lieber auf professionelle Sozialarbeiter als auf ein breites Netz von Ehrenamtlichen, die wir hier haben und die uns helfen können.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Beides! – Abg. Zeller SPD: Sie wissen doch ganz genau, dass Professio- nalität dazugehört! – Glocke der Präsidentin)
dass Sie die Jugendsozialarbeit als ein niederschwelliges Angebot für gefährdete Jugendliche erachten, um gar nicht den Einstieg in eine Kriminalitätskarriere zuzulassen? Das ist die erste Frage.
Sie haben die Jugendarbeitslosigkeit angesprochen. Sind Sie dann der Meinung, dass es falsch war, dass die Landesregierung die Mittel für langzeitarbeitslose Jugendliche gestrichen hat?
(Abg. Theurer FDP/DVP: Der Landtag hat es ge- strichen! – Abg. Herrmann CDU: Das ist eine Bun- desaufgabe, das andere eine kommunale Aufgabe!)
Vorhin war die Frage, ob ich gegen das Professionelle sei. Ich bin überhaupt nicht gegen das Professionelle, aber Sie brauchen sich nur einen einzigen Haushalt anzuschauen.
Ich sage Ihnen jetzt Folgendes, bevor ich auf vier oder fünf Projekte zu sprechen komme, die wir nur in unserem Land durchführen, weil wir hier noch ein bisschen Geld dafür übrig haben, und die wieder einmal in keinem Land durchgeführt werden, in dem Sie regieren.
Ich sage Ihnen aber vorher: Ich bin natürlich für den Einsatz Professioneller, aber Sie brauchen sich nur einmal die Haushalte anzuschauen, die wir heute haben. Sie brauchen sich nur einmal vor Augen zu führen, dass wir seit 1985 das Haushaltsvolumen mehr als verdoppelt haben. Dabei werden Sie feststellen, welcher Ausbau professioneller Hilfen in den letzten 20 Jahren stattgefunden hat. Sie werden doch nicht aufgrund eines einzigen Beispiels, wo auch einmal eine Sparmaßnahme notwendig ist, übersehen,
dass wir im Ganzen natürlich zu einem gewaltigen Anstieg professioneller Hilfen und staatlicher Tätigkeit in diesem Bereich gekommen sind.
Wir haben übrigens trotzdem diese Zahlen in der Statistik. Deswegen sagen wir: Irgendwie müssen wir einmal etwas anderes machen. Wir müssen einmal daran denken, dass die Probleme in der Gesellschaft anfangen und dort auch wieder ein Stück weit zu lösen sind. Wir müssen einmal ein bisschen umdenken, dass man nicht alles in einer Weise, die wirklich von gestern ist, auf den Staat verlagert, wie es jetzt eigentlich wieder versucht wird.
Nun sind bei uns in den letzten Jahren auch ein paar interessante Maßnahmen durch den Staat erfolgt und woanders nicht.
Es ist das Haus des Jugendrechts angesprochen worden, eine baden-württembergische Pionierleistung. Das Prinzip ist mittlerweile von etlichen anderen abgeguckt worden.
Wir haben hier das jugendliche Intensivtäterprogramm gemacht, wo man einmal gesagt hat: Jetzt gehen wir nahe an
die Mehrfach- und die Intensivtäter heran, um da frühzeitig zu reagieren und das aufzufangen. Auch das ist ein erfolgreiches Programm.
Wir haben zweimal im Land das „Projekt Chance“. Die anderen Länder kommen nach Baden-Württemberg, um sich das anzuschauen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Ursula Haußmann SPD: Können Sie auch in andere Bundesländer gehen und sehen, was dort in der Prävention läuft?)
Und wir haben als Letztes – auch dazu hätten Sie übrigens etwas sagen können; Sie reden nur von anderen Punkten, bei denen Sie meinen, wir täten zu wenig – hier das Nachsorgenetzwerk aufgelegt, das nächste Projekt, über das wir Jugendliche, die aus dem Strafvollzug entlassen werden, sofort auffangen und mit dem wir zu vermeiden versuchen, dass da ein Bruch entsteht und sie wieder in ihre alte Szene zurückkehren. Auch dafür stehen 1,2 Millionen € über die Landesstiftung zur Verfügung, mit der Sie bekanntlich in der Regel auch nichts am Hut haben. Wir machen es halt für Ihre Begriffe vielleicht nicht so, wie Sie es sich vorstellen, aber wir machen es jedenfalls sehr effektiv und so, dass uns andere Bundesländer darum beneiden.
Deswegen bedanke ich mich zum einen für die Gelegenheit zu diesem Dialog. Ich hoffe, dass ich Sie in dem einen oder anderen Punkt überzeugen konnte, dass es nicht nur um Draufhauen geht.
(Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD – Gegen- ruf des Abg. Alfred Haas CDU: Frau Wecken- mann, hören Sie doch mal zu!)
Zum anderen bedanke ich mich vor allem bei den Koalitionsfraktionen für die Unterstützung einer sehr erfolgreichen Politik.
(Abg. Rückert CDU: Muss das sein? – Abg. Theu- rer FDP/DVP: Spare in der Not, dann hast du in der Zeit!)
Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will, wenn ich schon die Möglichkeit habe, in einer Debatte das Schlusswort zu sprechen, noch einmal zwei, drei Sätze sagen, noch einmal fokussiert auf die Themen Prävention und Restriktion.