Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Das ist Ausdruck eines verantwortungsvollen Umgangs mit den Länderfinanzen. Das ist der Ausdruck unseres Gestaltungswillens.

Meine Damen und Herren, noch einmal: Die Einhaltung der Kreditobergrenze ist nur ein Zwischenschritt. Eine Nettokreditaufnahme im Umfang von 2 Milliarden € ist einfach zu viel – um das noch einmal und in aller Klarheit zu sagen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Denn neben dem, was wir an Schuldzinsen am Kapitalmarkt zu tragen haben, haben wir natürlich die gesamten Pensionsverpflichtungen. Sie wissen, dass diese Pensionsverpflichtungen, wenn man sie finanzmathematisch auf einen Zeitpunkt zurückrechnet, ein Vielfaches unserer Kapitalmarktschulden ausmachen.

Wir müssen uns deswegen bemühen, weiter zu konsolidieren. Wir müssen dazu kommen, dass wir in einigen Jahren einen ausgeglichenen Haushalt haben. In unserer mittelfristigen Finanzplanung haben wir das noch nicht zu hoffen gewagt.

Aber ich darf bei dieser Gelegenheit auch noch einmal auf eine wichtige Sache hinweisen: Die beiden Regierungsfraktionen haben beschlossen, dass jeder Cent einer Steuermehreinnahme, die durch eine Änderung des Steuerrechts – um es direkt zu sagen: durch Steuererhöhungen – entsteht, zur Tilgung von Schulden genutzt wird und nicht etwa dazu, um weitere Maßnahmen vorzunehmen. Wenn BadenWürttemberg also – um es im Klartext zu sagen – durch eine Mehrwertsteuererhöhung ein zusätzlicher Betrag zufließen sollte, dann werden wir – und ich bin überzeugt, dass die beiden Regierungsfraktionen da mitmachen – jeden einzelnen Cent nutzen, um die Nettoneuverschuldung zu verringern.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Je früher und je schneller wir die Defizite senken können, umso besser.

Auch im Vollzug müssen wir alle Möglichkeiten nutzen. Sie wissen, dass wir den Immobilienbestand des Landes optimieren wollen. Wir arbeiten mit Nachdruck daran. Wir erhoffen uns aus diesem Prozess – –

(Minister Stratthaus)

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Was heißt das, „den Immobilienbestand optimieren“?)

Das ist schon die Kurzfassung.

(Abg. Fischer SPD: Weniger machen!)

Nein, das heißt zunächst einmal – wir haben uns immer ganz offen und ehrlich unterhalten –, dass wir weniger Schulden ausweisen. Die Optimierung bedeutet aber, dass man die Immobilien über eine GmbH oder eine andere Gesellschaft vermarktet oder gegebenenfalls dort einbringt. Wir hoffen, dass die Vermietung, die Betreuung und auch der Verkauf mithilfe privaten Managements günstiger erfolgen können als bisher.

Man muss offen sagen: In der Tat, es kann auch eine Maßnahme der Ausgliederung sein; das ist keine Frage. Aber – heute Morgen hatten wir schon eine Diskussion darüber – auch ich bin davon überzeugt, dass PPP einiges bringen kann, aber nicht allein von der Finanzierungsseite her – da bringt es überhaupt nichts –, sondern nur dann, wenn es PPP der zweiten Generation ist, in der die ganze Bewirtschaftung der Immobilien, eventuell auch Neubau und Verkauf usw., drin sind. Da kann es durchaus etwas bringen.

Aber ich wollte etwas anderes sagen: Wenn wir die 300 Millionen € erlösen, werden wir auch die sofort zur Senkung der Nettoneuverschuldung nutzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich habe jetzt 32 Minuten geredet. Allerdings umfasst auch der Haushalt 32 Milliarden €, also pro Minute ein Euro.

(Heiterkeit)

Pro Minute ungefähr 1 Milliarde €.

(Heiterkeit)

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, den Haushalt in den Ausschüssen intensiv zu diskutieren. Ich hoffe, dass er dann eine möglichst breite Zustimmung findet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Herrmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich für die CDU-Fraktion vollinhaltlich den Ausführungen des Finanzministers anschließen,

(Abg. Capezzuto SPD: Noi! Das ist ja etwas ganz Neues!)

möchte jedoch noch einige mir wichtig erscheinende ergänzende Bemerkungen machen.

Ausgangspunkt des Nachtragshaushalts ist die Steuerschätzung vom Mai 2005 mit den dort prognostizierten Mindereinnahmen insbesondere für das Jahr 2006. Die Ursache für dieses Ergebnis der Steuerschätzung ist zum einen die schlechte Wirtschaftslage in Deutschland, ist aber auch,

dass die Steuerschätzung – der Finanzminister hat es gesagt – zum neunten Mal in Folge weniger ausgemacht hat als die vorhergehende Steuerschätzung.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Aber Sie wiederho- len jetzt nicht die ganze Rede des Finanzminis- ters?)

Herr Kretschmann, das liegt auch daran – und das hat der Finanzminister nicht gesagt; das ist jetzt die Ergänzung, die ich machen möchte –, dass die Wachstumsannahmen der Bundesregierung – auf dieser Grundlage erfolgt die Steuerschätzung – in der Vergangenheit immer höher ausgefallen sind, als es die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute ergeben haben. Die Steuerschätzung vom November 2004 – auf dieser Grundlage wurde der Urhaushalt erstellt – sah für das Jahr 2006 eine Steigerung des nominalen Bruttoinlandsprodukts um 3,4 % vor. Man hat dann im Mai 2005 die Schätzung nach unten korrigiert auf 2,4 % und jetzt im November auf 1,8 % Steigerung des nominalen Bruttoinlandsprodukts. Ich glaube, dass jetzt sehr viel realistischer geschätzt wurde. Ich hoffe, dass unter der CDU/ CSU-SPD-Regierung künftig realistischere Schätzungen erfolgen, als das bisher unter der rot-grünen Bundesregierung der Fall war.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Theu- rer FDP/DVP: Das hoffen wir auch! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Ich kann prophezeien, dass es nicht der Fall sein wird!)

Es sollte nicht der Wunsch der Vater des Gedankens sein, sondern der Realismus in den Schätzungen sollte der Vater des Gedankens sein.

Nach der Mai-Steuerschätzung hat die Landesregierung sofort reagiert. Im Jahr 2005 gab es eine Ausgabensperre in Höhe von 100 Millionen €, und durch die entsprechende Zinsentwicklung konnten weitere 35 Millionen € eingespart werden. Das war eine richtige Reaktion.

Für das Jahr 2006 liegt uns nun der Einsparnachtrag vor, der die Mindereinnahmen in voller Höhe durch Einsparungen deckt und der in einigen Punkten – der Finanzminister hat es angesprochen – bei Schwerpunktaufgaben Mehrausgaben beinhaltet: Straßenbau, Bildung und Betreuung, Forschung und Technologie. Das ist vom Finanzminister ausgeführt worden. Darauf brauche ich nicht näher einzugehen.

Das Fazit: Baden-Württemberg hat auf die Ausfälle sofort und nachhaltig reagiert. Gegenfinanzierungsmaßnahmen sind in voller Höhe durch Einsparungen gedeckt worden, und damit ist im Gegensatz zu anderen Ländern eine Erhöhung der Nettoneuverschuldung verhindert worden. Dies, meine Damen und Herren, ist gleich im Anschluss an mehrere Einsparhaushalte erfolgt und ist auch vor einer Landtagswahl erfolgt. Das zeigt, dass wir in Baden-Württemberg nicht eine einseitig orientierte Politik und nicht einseitig orientierte Versprechungen machen, sondern stets politische Schwerpunkte und den Landeshaushalt im Blick haben.

(Beifall des Abg. Schebesta CDU)

Wenn ich nun die vergangenen fünf Jahre dieser Legislaturperiode und die Haushalte 2002 bis 2006 betrachte, dann

stelle ich fest, dass wir in diesen fünf Haushalten insgesamt 8,3 Milliarden € haben einsparen müssen. Das Gesamtvolumen betrug, wenn man von etwa 30 Milliarden € pro Haushaltsjahr ausgeht, 150 Milliarden € – davon 8,3 Milliarden € Einsparungen; das sind im Durchschnitt jährlich 5,5 %. Das ist ein ausgesprochen großer Wurf, wenn man bedenkt, dass ein großer Teil des Landeshaushalts nicht disponibel, sondern durch gesetzliche Vorgaben klar geregelt ist. Hier hat die CDU-FDP/DVP-Koalition in Baden-Württemberg richtig und sinnvoll gehandelt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

In diesem Haushalt haben wir neben den bereits genannten noch einige weitere wichtige Maßnahmen, die sich allerdings nicht finanzpolitisch auswirken, sondern durch Umschichtungen finanziert werden. Es wird zum Beispiel der Zuschuss zur Modernisierung des Gästehauses Sankt Florian des Landesfeuerwehrverbands etatisiert. Wir wandeln Polizeivollzugsstellen A 9 mittlerer Dienst in A 9 gehobener Dienst um, um den Anteil des gehobenen Dienstes bei der Polizei auf 51 % zu erhöhen. Wir veranschlagen Mittel für einen Modellversuch zur Erprobung von Schulassistenten, und wir veranschlagen Zuschüsse an die Universität Heidelberg für den Aufbau eines institutsübergreifenden Forschungsschwerpunkts Alternsforschung und an das Deutsche Krebsforschungszentrum.

Nun noch eine Bemerkung zu den Personalkosten. Man hört ja hie und da, insbesondere im kommunalen Bereich, den Vorwurf, wir sollten im Land stärker und massiver sparen. Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten Jahren in den Regierungspräsidien noch vor der Verwaltungsreform das Personal um ein Drittel reduziert. Das ist ein ausgesprochen großer Wurf, der jetzt abgeschlossen ist und der im Ergebnis auch zu deutlichen Einsparungen geführt hat. Wir haben jetzt vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2011 ein weiteres Stelleneinsparprogramm von insgesamt 5 700 Stellen. Wir sparen nicht nur auf einer bestimmten Seite, sondern wir sparen bei den Indianern und bei den Häuptlingen.

(Abg. Wieser CDU: Ich habe gedacht, die sind in Amerika!)

In diesem Programm ist enthalten, dass die Stellen in den Ministerien von jetzt 2 300 auf 2 000 abgesenkt werden. Das ist eine Reduzierung um 13 % in sieben Jahren, also eine ausgesprochen gute Reduzierung auch an der Spitze. Deshalb sind Vorwürfe, wir würden hier beim Personal einseitig nur in den unteren Bereichen sparen, falsch.

(Abg. Wieser CDU: In welchen Reservaten leben die Indianer in Baden-Württemberg, Herr Kolle- ge?)

Herr Kollege Wieser, es gibt ein altes Sprichwort, wonach man von Indianern und Häuptlingen spricht, nicht nur bei Reservaten, sondern auch in der Verwaltung oder in anderen Bereichen. Deshalb habe ich dies so formuliert.

(Abg. Wieser CDU: Sie gehören zu den Häuptlin- gen! – Gegenruf des Abg. Blenke CDU: Dafür müsste er erst einmal im Reservat sein! – Heiter- keit)

Ich möchte aber auch deutlich sagen, dass wir in der badenwürttembergischen Landesverwaltung engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Wenn wir Personal reduzieren, muss das auch mit einer stärkeren Aufgabenkritik und Aufgabenreduzierung einhergehen. Auch hier werden wir in der nächsten Zeit zu den bereits getroffenen Maßnahmen weitere ergreifen.

Meine Damen und Herren, nun noch eine Bemerkung zum Länderfinanzausgleich. In den letzten Jahren haben wir jedes Jahr etwa so viel in den Länderfinanzausgleich eingezahlt, wie es ungefähr der Nettoneuverschuldung im Landeshaushalt entspricht. Mit anderen Worten: Gäbe es den Länderfinanzausgleich nicht, hätten wir in Baden-Württemberg einen in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Haushalt.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Aber es gibt den Länderfinanzausgleich!)