Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

und der Bundesfinanzminister gesagt: Wir werden keine Steuererhöhungen bekommen. Ich war am 21. März mit dem Herrn Bundesfinanzminister zusammen. Damals hat er uns noch eindeutig erklärt, dass der Bund im Jahre 2004 eine Nettoneuverschuldung von Null erreichen will. Auf Nachfragen, die wir immer wieder gestellt haben, hat er gesagt: Es

(Minister Stratthaus)

ist nicht mit größeren Steuerausfällen zu rechnen. Dass die Steuerausfälle kommen werden, haben wir seit dem Augenblick gewusst, als die Experten die Wachstumsprognosen zurückgenommen haben. Das konnte sich dann jeder ausrechnen.

(Abg. Schmid SPD: Na also! Das heißt, Sie haben es auch gewusst!)

Nein, das Entscheidende ist doch, dass unsere Steuereinnahmen viel stärker zurückgegangen sind, als dies der Rückgang des Wirtschaftswachstums hätte vermuten lassen.

(Abg. Fleischer CDU zur SPD: Lenken Sie bloß nicht von Ihrer Pleitepolitik ab!)

Dies liegt an Ihrer Unfähigkeit in der Steuerpolitik.

(Beifall bei der CDU)

Im nächsten Jahr fehlen uns also 1 Milliarde €. Bei den Gemeinden sieht es genauso aus, wobei ich Ihnen sagen muss, dass die Lage bei den Gemeinden in Baden-Württemberg schon schlimm, bei den Gemeinden in den meisten anderen Bundesländern allerdings katastrophal ist. Dies hängt auch damit zusammen, dass bei uns die Sozialhilfekosten – spezifisch betrachtet – Gott sei Dank wesentlich geringer sind. In anderen Bundesländern sieht es viel schlimmer aus als bei uns.

Es ist überhaupt keine Frage, dass uns die Bundesregierung belogen hat.

(Abg. Schmid SPD: Dann haben Sie aber auch gelo- gen! Sie hatten die Zahlen auch!)

Ich lese Ihnen vor, was Gerhard Schröder noch am 1. Oktober gesagt hat: „Es wird keine Steuererhöhungen geben.“ Dies hat er im Oktober ganz eindeutig gesagt. Ich könnte Ihnen eine ganze Reihe von weiteren Zitaten vorlegen. Der Mann hat uns einfach angelogen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hauk CDU: Das ist der Punkt! So ist es!)

Die Behauptung, Steuersubventionen würden abgebaut werden, dies seien keine Steuererhöhungen, ist einfach lächerlich. Wir müssen doch die Steuern im breitesten Sinn zum Bruttoinlandsprodukt ins Verhältnis bringen. So betrachtet steigen eben die Steuern von Jahr zu Jahr.

(Abg. Hauk CDU: Das ist der Punkt! – Zuruf des Abg. Schmid SPD)

Weiterhin muss ganz eindeutig gesagt werden, dass auch die CDU dafür war, Subventionen bei der Steuer abzubauen.

(Abg. Schmid SPD: Na also!)

Moment, sagen Sie nicht „Na also!“, sondern lassen Sie mich doch einmal, wenn Sie dazu in der Lage sind, einen ganzen Gedanken entwickeln. Wir haben gesagt: Wir wollen die Bemessungsgrundlage verbreitern und dann die Steuersätze senken. Sie machen aber das Umgekehrte: Sie verbreitern die Bemessungsgrundlage, bringen jedoch den höchsten Steuersatz zur Anwendung und besteuern alles. Deswe

gen sind dies Steuererhöhungen, deswegen ist dies kein Subventionsabbau. Das ist doch ein Riesenunterschied!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Woher kommt die ganze Misere? Ganz einfach: weil Deutschland beim Wirtschaftswachstum an letzter Stelle steht.

(Abg. Birzele SPD: Seit wann? – Gegenruf des Abg. Oettinger CDU: Seit drei Jahren, Herr Kollege!)

Das will ich Ihnen jetzt erläutern: Deutschland steht ungefähr seit Mitte der Neunzigerjahre an letzter Stelle.

(Abg. Birzele SPD: Seit 1993! Nicht ungefähr, son- dern seit 1993! – Weitere Zurufe von der SPD)

Moment. Die damalige Regierung von CDU/CSU und FDP hat dies auch erkannt.

(Abg. Schmid SPD: Davon haben Sie nie etwas ge- sagt!)

Doch, sie hat es erkannt und hat etwas gemacht.

(Zuruf von der CDU: Blockade Lafontaine!)

Sie hat nämlich eine hervorragende Steuerreform auf den Weg gebracht. Diese Steuerreform war vom Bundestag beschlossen und wurde dann verhindert. Die Verhinderer haben Namen: Es waren Eichel und Lafontaine.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: So ist es!)

Genau jene Gebiete, auf denen heute Reformen als notwendig betrachtet werden, hat jene Regierung reformiert. Wir haben nämlich sowohl hinsichtlich des Arbeitsmarkts als auch der Krankenversicherung und des Kündigungsschutzes usw. Reformen eingeleitet, die Lafontaine zurückgenommen hat. Wir haben also die Situation, dass wir aufgrund der Politik dieser Regierung im Jahre 2006 dort stehen, wo wir im Jahr 1994 standen; denn die Reformen des Jahres 1996

(Zuruf von der CDU: Eine Politik der verformten Hand!)

haben Lafontaine und Eichel zurückgenommen. Man hat die darauf folgenden vier Jahre nichts gemacht, und die nächsten vier Jahre wird man auch nichts machen. Obwohl diese Regierung höchstens acht Jahre im Amt sein wird, haben wir durch sie zwölf Jahre verloren. Es ist wirklich schlimm, was uns diese Regierung angetan hat.

(Beifall bei der CDU – Abg. Schmid SPD: Eine ei- genwillige Schau!)

Hinsichtlich der Konjunktur befinden wir uns an letzter Stelle. Wir sind in der Zwischenzeit auch bezüglich der Verschuldung an letzter Stelle – das muss man auch sagen. Wir haben von allen europäischen Staaten die höchste Staatsverschuldung. Wir haben doch immer voller Arroganz auf die Italiener und auf die Griechen herabgeschaut. Heute sind wir diejenigen, die die meisten Schulden haben.

(Abg. Drexler SPD: Das war schon 1998 so!)

Das war 1998 nicht so.

(Minister Stratthaus)

(Abg. Birzele SPD: Das war 1998! Die Staatsver- schuldung hat einen Namen!)

Das ist eine ganz neue Entwicklung.

(Abg. Hauk CDU: Damals 2,5 %, heute liegen wir bei 3,8!)

Im Übrigen haben Sie natürlich mit Ihrer Steuerpolitik – ich muss noch einmal darauf kommen – eine Meisterleistung vollbracht. Ihre Meisterleistung war doch wirklich die Körperschaftsteuerreform. Die Behauptung, dass Sie deren Auswirkungen nicht gekannt hätten, ist falsch. Es gab im Jahr 1998 ein Gutachten von 73 Professoren, die vor dieser Art der Körperschaftsteuerreform gewarnt haben. Sie haben das alles in den Wind geschlagen. Wir waren dagegen. Heute haben wir die Quittung. Ich muss es noch einmal wiederholen: Die Aktiengesellschaften und die GmbHs zahlen in der Bundesrepublik Deutschland fast keine Steuern.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das ist soziale Gerechtig- keit!)

Jetzt kommen Sie und reden laufend von Änderungen. Dieses Gerede von Änderungen wird genau das Gegenteil bewirken. Weil Sie davon sprechen, dass Sie die Körperschaftsteuer im Jahr 2003 wieder ändern, werden natürlich alle im Jahr 2002 schnell noch ausschütten, und das Loch wird in diesem Jahr noch größer.

(Abg. Drexler SPD: Was wollen Sie denn eigent- lich?)

Das Schlimme ist doch überhaupt die Unberechenbarkeit Ihrer Politik.

(Abg. Schmiedel SPD: Was wollen Sie? Was pas- siert denn im Land?)

Jeden Tag sagen Sie etwas anderes.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das machen Sie aber auch!)

Es kann sich doch kein Investor mehr darauf einstellen. Das Schlimmste ist die Unberechenbarkeit Ihrer Politik. Sie machen auf diesem Gebiet wirklich alles falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)