Protokoll der Sitzung vom 29.10.2003

Wo das Geld streichen? Dann streichen Sie doch bitte schön diese unselige Kampagne „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ mit 7 Millionen € pro Jahr. Dann könnten Sie Sprachstandsdiagnose bezahlen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wenn man kein Geld hat, muss man halt auch dort streichen. Das tut Ihnen weh. Das ist mir schon klar.

Dann die Förderung der Schulsozialarbeit. Wissen Sie eigentlich, was Sie machen, wenn Sie die Mittel für die Schulsozialarbeit kürzen und die Städte die Kürzung nicht auffangen können?

(Abg. Pfister FDP/DVP: Stimmt doch gar nicht!)

Natürlich, Sie kürzen die Mittel sehr stark. Sie haben sie in diesem Jahr schon gekürzt.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das ist nicht wahr!)

Natürlich, mit Ihren Stimmen. Sie sind für Kommunalisierung. Ich sage Ihnen: Wenn das so weitergeht, müssen Sie alle die Kinder, die auffällig sind, nachher in stationäre Einrichtungen geben, weil sie nicht schulbegleitend behandelt werden können. Das ist doch das Problem.

(Abg. Zeller SPD: Das bezahlen aber dann die Kommunen! – Abg. Alfred Haas CDU: Es geht ums Geld, nicht nur um die Sache!)

Natürlich geht es ums Geld. Das ist mir schon klar.

(Abg. Alfred Haas CDU: Nein, das ist Ihnen nicht klar!)

Hier hat überhaupt niemand über NSI gesprochen, eine Geldverschleuderungsmaschinerie ohne Ende. Der Landesrechnungshof geht von einem Betrag in Höhe von 350 Millionen € bis 500 Millionen € aus.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Was hätte man dafür alles finanzieren können!)

Dieses Geld wird verschleudert, Herr Ministerpräsident. Eine halbe Milliarde Euro schmeißen Sie für ein System hinaus, das nicht gebraucht wird. Sie haben Tausende von Beamten und Angestellten geschult, die das alle nicht brauchen. Wenn das in einem Betrieb passierte, müsste der Vorstandsvorsitzende zurücktreten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Capezzuto SPD: Aber sofort! – Abg. Dr. Birk CDU: Aber die sind jetzt geschult, zumindest sind sie jetzt fortgebildet!)

Wir haben frühzeitig gefordert, diese Geldvernichtungsmaschinerie zu stoppen. Sie haben alles abgelehnt. Wir haben Sie darauf hingewiesen, dass Sie nicht jeden Dienst im öffentlichen Bereich gleich behandeln können. Jetzt traktieren Sie die Polizei mit bürokratischen Kennziffern und einer Kosten- und Leistungsrechnung, als sei die Polizei ein renditeorientierter Anbieter von käuflichen Waren. So kann man die Polizei nicht behandeln, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Jetzt komme ich zur Verwaltungsreform. Das muss ich schon noch sagen, nachdem sich bei der FDP/DVP offensichtlich eine Veränderung ergeben hat.

(Abg. Capezzuto SPD: Was, gibt es das?)

Der Herr Ministerpräsident sagt in der Zwischenzeit nicht mehr „Verwaltungsreform“, sondern „große Verwaltungsreform“, wie mir heute aufgefallen ist.

(Lachen bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Mau- soleum!)

Dann sagte er in seiner Rede – das finde ich schön –: Auch die Aufgaben sind gewachsen, ganzheitliches Denken im Verwaltungshandeln usw. Weiter sagte er:

... integrierte Entscheidungen sind die Erfordernisse einer Verwaltung von morgen. Wir müssen die Verwaltung vom Bürger her denken und organisieren.

Originalton unserer Debatte im Januar und im März. Sie haben sich ausschließlich am Renditegedanken orientiert. Deswegen haben Sie Ämter verschoben. Sie haben nichts über die Bürgernähe gesagt. Das war unser Thema. Sie haben nichts von Aufgabenregulierung gesagt. Jetzt kommen Sie langsam darauf, dass Aufgabenbeschreibung und Aufgabenabbau erforderlich sind.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Beides ist wichtig!)

Sie haben das umgedreht, und deswegen läuft es falsch.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Herr Hofer gab in der Zwischenzeit der „Schwäbischen Zeitung“ ein Interview.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Beides muss sein!)

Ich verstehe das nicht. Langsam kommen Sie alle ins Boot. Warum haben Sie es eigentlich nicht anders gemacht und unseren Anträgen zugestimmt? Wir waren doch bereit, hier mitzumachen. Die Reihenfolge wäre richtig gewesen: Vom Bürger her denken, Aufgabenkritik und Aufgabenbeschreibung vornehmen und dann die Strukturen festlegen. Sie haben die Strukturen gelassen und verschieben die Aufgaben.

Jürgen Hofer gab der „Schwäbischen Zeitung“ ein Interview, am 28. Oktober veröffentlicht, also gestern. Unabhängig davon, dass die FDP/DVP im Grunde genommen weniger Ministerien braucht, sollten Sie, Herr Ministerpräsident,

einmal der FDP/DVP sagen, dass sie nicht immer im Parlament das ablehnen soll, was sie draußen sagt. Sie sollten nicht nur Richtung Frau Vogt sprechen, sondern dies vielleicht auch denen einmal sagen. Da werden laufend weniger Minister gefordert, aber wenn wir einen entsprechenden Antrag stellen, stimmen Sie nie ab oder sind draußen oder haben es vergessen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Wir warten gerade auf Ih- ren Antrag!)

Herr Hofer, Ihr Interview ist jetzt einen Tag her. Sie haben es hoffentlich noch nicht vergessen. Die Zeitung schreibt:

Jürgen Hofer begrüßte die Verlagerung der Aufgaben von Sonderbehörden auf die kommunale Ebene, warnte zugleich aber auch vor einer Atomisierung der Behörden.

Schön. Weiter heißt es:

Man kann nicht die Aufgaben von neun Ämtern auf 44 Stadt- und Landkreise verteilen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Recht hat der Mann!)

Warum haben Sie eigentlich zugestimmt? Dann weiter:

Gleichzeitig bezweifelte der FDP-Abgeordnete, ob das von der Regierung gesteckte Reformziel, eine Effizienzrendite von 20 % zu erwirtschaften, überhaupt durchgängig erreicht werden könne.

(Beifall bei der SPD)

Das ist genau das, was wir gesagt haben.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Durchgängig! – Unruhe – Zuruf von der SPD: Hofer – Wendehals!)

Entschuldigung! Es ist aber beschlossene Sache.

(Lebhafte Zu- und Gegenrufe von der FDP/DVP und der SPD)

Jetzt hören Sie auf!

Ich kann nur sagen: Willkommen im Klub!

(Abg. Hofer FDP/DVP: Halbzitate!)

Nein, nein! Keine Halbzitate. Sie kommen langsam alle zu uns herüber.

Die Minister können Sie im Grunde genommen langsam auch einpacken, denn die haben ja auch alle zu der gesamten Verwaltungsreform nichts gesagt. Die haben alle im Grunde genommen den Widerspruch an ihrem Gehalt festgemacht, aber der Widerspruch insgesamt ist nicht da.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Durchgängig!)

Wenn Sie heute einmal in die „Stuttgarter Zeitung“ schauen, dann sehen Sie den unglücklichsten Minister der ganzen Regierung,