Dann sind Sie also für die sechsjährige Grundschule? Das ist doch aber dann eine Schule mit Gesamtschulcharakter, oder was? Das ist eine Schule, in der alles beieinander ist. Ich habe ja nicht gesagt, das sei eine Gesamtschule.
Ich habe nicht gesagt, das sei eine Gesamtschule, sondern ich habe gesagt, das hätte Gesamtschulcharakter.
(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wie die Grundschule jetzt auch! – Abg. Drexler SPD: Wie die Grund- schule jetzt auch!)
Ich kann nur sagen: In den Ländern, in denen alles beieinander ist, haben wir die mit Abstand schlechtesten Ergebnisse.
Zweitens: Sie stellen sich hier hin und sagen, die große Steuerreform, die wir fordern, bedeute eine Entlastung um 24 Milliarden € – das war vorhin Ihre wörtliche Aussage –, und das könne niemand bezahlen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Das Modell von Kirchhof, das ich seit Monaten propagiere, schichtet 60 Milliarden € um und ist das Modell mit den geringsten Steuersätzen, den höchsten Freibeträgen, den niedrigsten Eingangssteuersätzen und den niedrigsten Spitzensteuersätzen.
(Abg. Fischer SPD: Und wer bezahlt das dann? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Reden Sie doch mit Frau Merkel!)
Außerdem ist es in der Summe finanzneutral. Es kostet nicht 10 Milliarden € und nicht 25 Milliarden € oder 24 Milliarden €, sondern es ist finanzneutral. Ich kann Ihnen nur sagen: Das, wofür ich mich einsetze, geht am weitesten und belastet die öffentlichen Haushalte nicht.
(Abg. Fischer SPD: Ach was! „Finanzneutral“! Das belastet die öffentlichen Haushalte! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Warum redet auf Bundesebene niemand über Ihren Vorschlag? Vielleicht müssen Sie ihn einmal in Ihrer Partei einbringen!)
die SPD werde abgestraft für Reformen, die sie jetzt mache. Das ist entweder falsch oder zumindest nur eine Teilwahrheit.
Die Wahrheit ist: Die SPD wird von den Bürgerinnen und Bürgern derzeit abgestraft, weil sie den Bürgern vor den letzten beiden Bundestagswahlen etwas völlig anderes gesagt hat, als nach den Bundestagswahlen ihre Politik war.
(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Ursula Haußmann SPD: Da kennt sich die Landesregierung nicht aus!)
Dazu nenne ich nur wenige Beispiele. Die IG Metall – ihr damaliger zweiter Vorsitzender Riester – und die SPD sind 1998 mit der Aussage in den Bundestagswahlkampf gezogen: „Rente mit 60“. Der allererste deutsche Politiker, der vom Renteneintrittsalter 67 gesprochen hat, war der Bundesarbeitsminister Riester. Die Menschen fühlen sich getäuscht, wenn ihnen zuerst gesagt worden ist, sie könnten mit 60 in den Ruhestand gehen, und ihnen jetzt gesagt wird, dass sie nach 45 Beitragsjahren mit einer Rente von 40 % ihres vorherigen Bruttolohns rechnen müssen.
Die Leute fühlen sich getäuscht, wenn Sie vor der Wahl sagten, Sie schafften die Zuzahlung zu Arzneimitteln, die Rezeptgebühr, wieder ab, und nach der Wahl eine Eintrittsgebühr bei jedem Arzt verlangen. Da fühlen sich die Leute getäuscht.
(Beifall der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Wo kommt die denn her? – Abg. Drexler SPD: Wo kommt denn die Eintritts- gebühr her? – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ein- fache CDU-Wahrheiten glauben die Menschen nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)
Die Leute fühlen sich doch getäuscht, wenn Sie die Karenztage, die zu unserer Regierungszeit eingeführt worden sind, sofort nach der Wahl streichen und jetzt eine Absicherung des Krankengeldes von den Arbeitnehmern allein tragen lassen.
Die Leute fühlen sich doch getäuscht, wenn Sie Scheinselbstständigkeit bekämpfen, dann aber eine Ich-AG einführen. Die Leute fühlen sich doch getäuscht, wenn die SPD den Begriff „soziale Gerechtigkeit“ aus ihrem Programm streicht. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir bleiben bei Leistung und Wettbewerb, aber auch bei sozialer Gerechtigkeit.
Dass das, was ich sage, keine böse Behauptung ist, möchte ich mit folgender Aussage der Landesvorsitzenden der SPD Baden-Württemberg belegen – ich zitiere –:
Es ist für einen Politiker vielleicht das Schlimmste, zugeben zu müssen, dass er sich gravierend geirrt hat, und dafür dann öffentlichen Spott zu kassieren. Das war auch für mich selbst das Schwierigste.
Stehen Sie hin und sagen Sie – dann gewinnen Sie einen Teil Ihrer Glaubwürdigkeit zurück –: Wir haben den Bürgerinnen und Bürgern vor den Wahlen etwas völlig anderes versprochen, als wir ihnen heute zumuten.
Herr Ministerpräsident, jetzt wollen wir hier doch einmal Klartext reden. Sie haben gesagt, die SPD sei im Bundestag gegen das Konnexitätsprinzip gewesen.
In der Verfassungskommission 1992 bis 1994 hat es die CDU genau abgelehnt, das Konnexitätsprinzip für die Bundesrepublik Deutschland im Grundgesetz zu verankern. Da stellen Sie sich hier hin und behaupten genau das Gegenteil!
(Beifall bei der SPD – Abg. Seimetz CDU: Richtig zuhören würde auch nicht schaden! – Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)
Zweitens: große Steuerreform. Führen wir uns doch einmal die Steuersätze vor Augen, die 1998 gegolten haben, Herr Ministerpräsident. 1998 lag der Eingangssteuersatz bei 25,9 %. Jetzt haben wir einen Eingangssteuersatz von 16 %, und er wird auf 15 % sinken. Der Eingangssteuersatz ist also um über zehn Prozentpunkte gesunken.
Sie dagegen stellen sich hier hin und sagen: Ich bin gegen diese Steuerreform; sie hat ja den Menschen nichts gebracht. Der Spitzensteuersatz lag unter der Kohl-Regierung 16 Jahre lang bei über 50 %. Wir haben ihn jetzt auf 46 % gesenkt und wollen ihn in der nächsten Stufe auf 42 % senken.