Protokoll der Sitzung vom 18.07.2001

Gleichzeitig beschloss der Ministerrat, sich an den für die Stadt- und Landkreise aus dem Tiermehlverfütterungsverbot entstehenden Mehrkosten für die ordnungsgemäße Beseitigung angemessen zu beteiligen. Im Zweiten Nachtrag 2001 sind für die Bewältigung der BSE-Krise insgesamt Mittel in Höhe von 71 Millionen DM vorgesehen. Ich glaube, es ist unstrittig, dass das Land so richtig gehandelt hat. Knapp die Hälfte dieser Mittel sind für die Verstärkung der Personal- und Sachmittel innerhalb der Landwirtschafts- und Veterinärverwaltung erforderlich. Gut die andere Hälfte der veranschlagten Mittel wird für Hilfen an betroffene Landwirte sowie an die Zweckverbände für Tierkörperbeseitigung gezahlt.

Ein weiterer Posten im Nachtragshaushalt sind 15 Millionen DM für die Modernisierung des Hockenheimrings. Sie wissen, meine Damen und Herren, dass der Hockenheimring, auf dem die Formel 1 ausgetragen wird, für unser Land einen wichtigen Wirtschaftsfaktor, Tourismusfaktor und Imagefaktor darstellt. Deswegen hat die Landesregierung beschlossen, bis zur Höhe von 30 Millionen DM einen Zuschuss zu leisten, damit der Hockenheimring zukunftsträchtig ausgebaut werden kann. In diesem Haushalt ist die erste Hälfte davon etatisiert.

Wir haben auch die Umsetzung des Ziels 3 des Europäischen Sozialfonds – Entwicklung der Humanressourcen für

den Förderzeitraum von 2000 bis 2006 – in den Nachtrag aufgenommen. Veranschlagt sind die zweckgebundenen durchlaufenden EU-Mittel mit einem Volumen von insgesamt 64,4 Millionen DM und die notwendigen Kofinanzierungsmittel des Landes mit einem Gesamtvolumen von 14,7 Millionen DM. Dadurch ist es uns möglich, alle von der EU gebotenen und uns zustehenden Fördermittel in Anspruch zu nehmen.

Meine Damen und Herren, in diesem Land wird nicht nur feste gearbeitet, sondern es werden auch Feste gefeiert. Am 25. April 2002 feiern wir unser 50-jähriges Landesjubiläum. Wir glauben, das wird ein wichtiger Anlass sein, die Identifikation unserer Bürger mit unserem Land – wenn Sie so wollen: auch die Liebe zu unserem Land – zu fördern. Deswegen sind zahlreiche Aktionen geplant. Für die Vorbereitungen im Zusammenhang mit dem Landesjubiläum sind im Nachtrag neben Verpflichtungsermächtigungen rund 5 Millionen DM veranschlagt. Insgesamt sollen für das Landesjubiläum zusätzlich 13,5 Millionen DM bereitgestellt werden.

Ein weiterer wichtiger Posten im Nachtragshaushalt ist das elektronische Grundbuch. Das elektronische Grundbuch muss unbedingt installiert und durchgeführt werden. Es kommt wesentlich teurer, als wir ursprünglich gemeint haben. Wir müssen es deswegen aus dem IuK-Strukturpool herausnehmen und ganz normal über den Haushalt finanzieren.

(Abg. Bebber SPD: Das glaubt euch keiner, dass ihr das nicht gewusst habt! Der Justizminister grinst!)

Wir brauchen dieses elektronische Grundbuch, und wir werden selbstverständlich alle Effizienzrenditen, die sich durch die Einführung ergeben, abschöpfen. Aber zunächst einmal müssen wir im Nachtrag 17,2 Millionen DM veranschlagen. Insgesamt kostet das elektronische Grundbuch ab 2001 137 Millionen DM.

(Abg. Moser SPD: Mit wie viel war es veran- schlagt? – Gegenruf des Abg. Bebber SPD: Mit der Hälfte!)

Das war bisher im IuK-Pool.

(Abg. Drexler SPD: Mehr als die Hälfte!)

Sind Sie dagegen, dass wir das machen?

(Abg. Bebber SPD: Nein! Aber rechnen muss man trotzdem! – Abg. Drexler SPD: Rechnen muss man trotzdem können! – Zuruf des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Gut. – Nach den sich für das Jahr 2001 abzeichnenden Entwicklungen ist bei den Justizgebühren mit hohen Mindereinnahmen zu rechnen. Die Mindereinnahmen erklären sich dadurch, dass die Zahl der Grundstücksgeschäfte, wie Sie alle wissen, sehr stark zurückgegangen ist. Das ist ein Rückgang, der auch bei freien Notaren zu beobachten ist.

Wir haben eine Reihe von beamtenpolitischen Maßnahmen beschlossen und durchgeführt, die zwei Ziele verfolgen: Erstens soll Leistung honoriert werden. Im zweiten Fall ha

(Minister Stratthaus)

ben die Maßnahmen eine familienpolitische Komponente: Man möchte die Absicht verfolgen, Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können. Wir haben deswegen die Leistungsprämie eingeführt, die uns 62 Millionen DM kostet. Wir haben die Jubiläumsgabe wieder eingeführt, und wir haben die Stellenbesetzungs- und Beförderungssperre mit einem Aufwand von 46 Millionen DM verkürzt. Darüber hinaus haben wir den Zuschuss zur Krankenversicherung für Bedienstete im Erziehungsurlaub um 17 Millionen DM erhöht.

Jetzt wird sich Ihnen, meine Damen und Herren, natürlich die Frage stellen, wie diese 360 Millionen DM finanziert werden. Es sind in erster Linie zwei Töpfe, aus denen das Geld kommt: Zum einen liefern wir einen Sparbeitrag in Form einer zusätzlichen globalen Minderausgabe in Höhe von 100 Millionen DM, und zum anderen gibt es Einsparungen bei Personal- und Zinsausgaben.

Die zusätzliche globale Minderausgabe war möglich geworden, weil wir als einziges Bundesland die Folgen der Steuerreform für das Jahr 2001 ehrlich und richtig geschätzt haben. Ich habe gelesen, dass es Bundesländer gab, die mit Überraschung festgestellt haben, dass die Steuerreform zu Mindereinnahmen führt.

(Lachen des Abg. Fleischer CDU)

Wir hatten diese natürlich entsprechend veranschlagt und waren deshalb in der Lage, den Nachtragshaushalt mit 360 Millionen DM ohne zusätzliche Schulden zu finanzieren – wie gesagt: 100 Millionen DM globale Minderausgabe –, und das, meine Damen und Herren, ist natürlich ein Beitrag für die Zukunft. Wir hatten in den letzten Jahren – 1999, 2000 und zum Teil schon 1998 – finanzpolitisch gesehen gute Jahre; die Steuereinnahmen sind relativ gut geflossen. Wir haben das Geld aber nicht ausgegeben, sondern wir haben die Einnahmen ins Ist laufen lassen. Die Haushaltsüberschüsse, die wir in den Jahren 1999 und 2000 hatten und die wir im Jahre 2001 wahrscheinlich noch haben werden, können wir nutzen, um die schwierigen Jahre 2002 und 2003, die durch die Steuerreform geprägt sind, zu finanzieren. Wir haben in der Tat in den relativ guten Jahren gespart, damit wir in den relativ angespannten nächsten Jahren das notwendige Geld zur Verfügung haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Im Personalbereich konnten wir 115 Millionen DM einsparen und bei den Zinsen durch ein geschicktes Zinsmanagement und auch durch die Zinsentwicklung weitere 145 Millionen DM.

Darüber hinaus haben wir auch die Stelleneinsparungsprogramme weitergeführt. Ich kann Ihnen heute mitteilen, dass wir in diesem Nachtrag 2 368 Stellen streichen.

Wir haben, meine Damen und Herren, eine stille Beteiligung für die Landesbank Baden-Württemberg veranschlagt. Worum geht es? Sie wissen, dass wir bereits im Doppelhaushalt 2000/2001 eine stille Beteiligung in Höhe von 592 Millionen DM übernommen haben. Diese stille Beteiligung braucht die Bank, damit sie das notwendige Wachstum finanzieren kann. Die Bank ist gut geführt; sie hat gute Ergebnisse. Dennoch ist das Wachstum so groß,

dass die Gewinne allein zur Finanzierung dieses Wachstums nicht ausreichen.

Mit dem Nachtrag wollen wir eine weitere stille Einlage von 2 Milliarden DM übernehmen. Diese stille Einlage wäre im Augenblick in dieser Höhe nicht notwendig, es zeichnet sich aber ab, dass insbesondere von amerikanischer Seite in Zukunft die Möglichkeiten für öffentlich-rechtliche Banken, stille Beteiligungen aufzunehmen, beschnitten werden. Deswegen fällen wir heute eine Art Vorratsbeschluss. Weil die Zinsen aus der stillen Beteiligung die Refinanzierungskosten übersteigen, haben die Träger der Landesbank beschlossen, die stille Beteiligung selbst zu zeichnen. Auf uns entfallen von insgesamt 5 Milliarden DM, an denen wir uns ungefähr zu 40 % beteiligen, 2 Milliarden DM. Diese 2 Milliarden DM werden zu einem jährlichen Überschuss von insgesamt 24 Millionen DM führen. Das ist der Zinsüberschuss, der entsteht, weil wir für die stille Einlage mehr Erträge bekommen, als wir umgekehrt für die 2 Milliarden DM an Zinsen zahlen müssen.

Meine Damen und Herren, das Fazit zu diesem Nachtrag: Er stellt – davon bin ich fest überzeugt – eine solide, verantwortungsbewusste und zukunftsorientierte Finanzpolitik der Landesregierung unter Beweis. Wir sichern und verbessern die Zukunftschancen in unserem Land. Mit der Zukunftsoffensive III investieren wir in die Bereiche Jugend, Bildung, Arbeit, Forschung und Technologie. Wir schaffen so die Basis dafür, dass Baden-Württemberg beim Standortwettbewerb unter den Bundesländern auch in Zukunft den ersten Platz oder einen der ersten Plätze einnimmt.

Durch die Begrenzung des Nachtrags auf grundsätzlich zwangsläufige Maßnahmen und die zusätzliche Einsparauflage über 100 Millionen DM treffen wir Vorsorge für die große Belastung der künftigen Jahre.

Meine Damen und Herren, ich möchte auf etwas zurückkommen. Die Regierungskoalition hat sich die große Aufgabe gestellt, im Jahr 2006 und in den folgenden Jahren grundsätzlich Haushalte mit einer Nettoneuverschuldung null vorzulegen. Manchmal habe ich aber den Eindruck, diese Angelegenheit wird von Medien, aber auch von der Opposition unter sportlichen Gesichtspunkten etwa nach dem Motto beobachtet: „Schaffen sie es, oder schaffen sie es nicht?“ Es geht hier, meine Damen und Herren, nicht um den Finanzminister und auch nicht um die Landesregierung, sondern es geht schlicht und einfach um das Land Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deswegen möchte ich alle – ich sage bewusst „alle“ –, auch die Opposition, auffordern, an der Erreichung dieses Zieles mitzuarbeiten; denn das Ziel ist notwendig und äußerst lohnend.

Meine Damen und Herren, noch einige Rahmenbedingungen zum Haushalt 2001. Baden-Württemberg – wir haben, was die Wirtschaft und die Finanzpolitik betrifft, außergewöhnlich gute Zahlen – ist keine Insel. Wir sind eines von 16 Bundesländern, und wir sind in hohem Maße von der Politik der Bundesregierung abhängig. Weil wir ein weltoffenes Land sind und weil unser Land besonders exportorientiert ist, sind wir natürlich auch noch stärker als andere

(Minister Stratthaus)

Bundesländer von Entwicklungen auf europäischer und auf globaler Ebene abhängig. Vor diesem Hintergrund ist der Haushalt 2001 zu sehen.

Lassen Sie mich da zunächst einmal einige Sätze zum Länderfinanzausgleich sagen. Sie haben ja sicher mitbekommen, wie hart die Verhandlungen zum Länderfinanzausgleich waren. Hat sich nun einiges gebessert? Ist alles gleich geblieben? Hat sich manches verschlechtert?

Ich glaube, alles in allem ist der neue Länderfinanzausgleich ein Schritt zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung. Der Föderalismus ist mit dem neuen Länderfinanzausgleich ein Stück weitergekommen. Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass die Länder mutiger gewesen wären. Wir hätten uns gewünscht, dass sie nicht so viel Angst vor der eigenen Courage gehabt hätten. Man kann nicht immer von Eigenverantwortung und Eigeninitiative sprechen, sich dann aber unter das große Dach der anderen Länder flüchten. Das haben wir in der Tat bedauert.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Nun ist es so, dass wir durch den neuen Länderfinanzausgleich im Jahr 2005 ungefähr eine Viertelmilliarde Mark mehr bekommen werden, als wir nach der alten Regelung erhalten hätten. Dies ist sicher ein Vorteil. Viel wichtiger aber ist – das ist sehr stark auch auf den Beitrag des Landes Baden-Württemberg zurückzuführen –, dass wir den Tarif verändert haben. Wir hatten vorher einen Tarif, der viel stärker abgeschöpft hat und der viel stärker aufgefüllt hat. Wir haben heute einen Tarif, der linear ist, der logisch ist, der klar ist und der vor allem einem Land von dem, was es mehr hat als der Durchschnitt der anderen Länder, mehr lässt, als das bisher der Fall war. In einem kleinen Maß wird sich durch den neuen Tarif Leistung tatsächlich mehr lohnen.

Wir haben darüber hinaus ein Prämiensystem geschaffen, wonach Steuermehreinnahmen eines Landes, die höher sind als die durchschnittlichen Mehreinnahmen der anderen Länder pro Kopf der Bevölkerung, im Länderfinanzausgleich zu 12 % außerhalb des Ansatzes bleiben. Wir haben einmal zurückgerechnet: Wir hätten zum Beispiel im Jahr 1998, in dem Baden-Württemberg um 4,3 % höhere Steuereinnahmen hatte als andere Länder, 80 Millionen DM mehr gehabt, wenn die neue Regelung bereits gegolten hätte. Da wir davon ausgehen, dass die baden-württembergische Entwicklung auch in Zukunft besser sein wird als im Durchschnitt der Bundesrepublik – und das sagen uns die Wirtschaftsforschungsinstitute –, können wir hoffen, dass wir auch von dieser Regelung in den kommenden Jahren profitieren werden.

Es ist sehr bedauerlich, dass andere Elemente nicht geändert worden sind, zum Beispiel die Stadtstaatenwertung; der Herr Ministerpräsident hat darauf schon einmal hingewiesen. Meines Erachtens ist sie hart am Rande der Verfassungswidrigkeit; aber wir mussten das schlucken.

Etwas anderes, was uns keineswegs gefällt, ist die Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft mit 64 %. Wenn der Bundestag aber, wie Sie wissen, mit seiner Mehrheit beschlossen hatte, 100 % einzubeziehen, und wenn die Bundesregierung, der Bundeskanzler und der Bundesfinanzmi

nister, 100 % unserer kommunalen Finanzkraft einbeziehen wollten, müssen wir zufrieden sein, dass nur 64 % einbezogen werden. Für gut halten wir das auf gar keinen Fall.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Döpper CDU: Trotzdem ein Erfolg!)

Meine Damen und Herren, wir müssen in den letzten Jahren eine weitere sehr negative Entwicklung feststellen: Bundesfinanzminister Eichel lässt sich für seine Konsolidierungserfolge feiern – die bestehen zum Teil –, aber diese Konsolidierungserfolge gehen zum Teil auf Kosten der Länder und der Gemeinden. Ein typischer Fall hierfür sind die UMTS-Erlöse. Man muss sich das einmal vorstellen: Da wird der baden-württembergische Himmel benutzt,

(Lachen bei der SPD)

und der Bundesfinanzminister kassiert die Gebühren.

(Abg. Bebber SPD: Sie müssen ja selbst lachen!)

Ich bin ein freundlicher Mensch. Wenn ich Sie sehe, muss ich immer lachen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in der Tat ist nicht einzusehen, dass der Bund diese 100 Milliarden DM allein kassiert. Der Bund kassiert 100 Milliarden DM, und diese sind natürlich Investitionen der Unternehmen, die abgeschrieben werden, die Gewinne vermindern. Dadurch müssen die Unternehmen weniger Körperschaftsteuer zahlen. Die Körperschaftsteuermindereinnahmen haben die Länder und die Gemeinden zu verkraften, während der Bund die Einnahmen hat. Ich halte dies nicht für richtig,