Herr Stickelberger und nachher auch noch Herr Kretschmann sagten, im Staatsministerium gäbe es Überlegungen für eine Kreisreform. Das stand in einer Zeitung. Am selben Tag ist das mit letzter Entschiedenheit dementiert worden. Ich kann Ihnen nur sagen: Daran ist kein wahres Wort! Aber Sie klammern sich ja an jeden vermeintlichen Strohhalm, um irgendetwas finden zu können, was man kritisieren kann.
Die Kreise haben sich bewährt, wie sich auch die Gemeindereform bewährt hat, und die Kreise werden gestärkt. Nachdem wir uns alle zu einer dreistufigen Verwaltung bekannt haben, kommt Kontinuität in die Kreisreform und in die Aufgabenerfüllung auf Kreisebene hinein.
Zur Flurneuordnung wurde gesagt, es sei ein Nachteil, dass man das so aufstückle. Haben Sie eigentlich auch einmal über die Chancen nachgedacht, wenn künftig in einem Landratsamt eine Vermessungsabteilung, eine Flurbereinigungsabteilung, eine Naturschutzabteilung, eine Landwirtschaftsabteilung sind? Aus der Bildung eines solchen grünen Zentrums könnten sich vielleicht auch Synergieeffekte und eine Beratungsqualität für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger ergeben, wie man sie sich nur wünschen kann. Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht?
Aber ich will Ihnen einen zweiten Punkt nennen, über den ich nachgedacht habe. Wir haben zurzeit in der Flurbereinigungsverwaltung 1 400 Mitarbeiter, wir haben in der Landwirtschaftsverwaltung 1 100. Wir haben in der Flurbereinigungsverwaltung weit mehr Leute als in der gesamten Landwirtschaftsverwaltung. Glauben Sie wirklich, dass wir uns bei der Haushaltssituation, die wir haben, eine solche Flurbereinigungsverwaltung und so lange Verfahren in Zukunft noch leisten können? Ich glaube es nicht.
Dann, Herr Kollege Stickelberger, sollte Ihnen einmal jemand am Beispiel der Versorgungsverwaltung erklären, was da größere Bürgernähe auslöst. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Versorgungsämter sind im Augenblick für drei oder vier Kreise zuständig. Sie kennen die Kunden der Versorgungsämter und wissen, dass viele aufs Versorgungsamt gehen. Für drei Viertel der Bürger, die mit dem Versorgungsamt zu tun haben, wird die Entfernung, wenn das Versorgungsamt ins Landratsamt eingegliedert wird, entschieden kürzer, als sie im Augenblick ist.
Beispielsweise bei mir im Kreis müssen die Bürger künftig nach Villingen statt nach Radolfzell. Der Weg nach Radolfzell ist um ein Vielfaches länger. Nirgendwo kann man bes
ser beweisen, wie Bürgernähe aussieht, als bei der Reform der Versorgungsverwaltung, vom Inhaltlichen – dass es die Landratsämter seit Jahren mit vielen verwandten Bereichen zu tun haben – einmal ganz abgesehen.
Der nächste Punkt wurde auch von Herrn Stickelberger angesprochen: Aufgabenabbau. Ja, aber dann bitte nicht am heutigen Tag Aufgabenabbau fordern, wenn ein paar Tage vorher SPD-Abgeordnete einen Antrag eingebracht haben, wonach künftig in jedem Wohnhaus ein Brandmelder angebracht werden soll! Dabei müsste man ja dann auch wieder überwachen, ob die Bürger einer solchen Pflicht nachkommen.
Ja. – Das muss halt stimmig sein. Hören Sie doch einmal auf, die Verwaltung und die Bürger mit immer mehr Vorschriften zu überziehen! Umdenken!
Herr Dr. Noll hat gesagt, Subsidiarität sei das grundlegende Motiv dieser Reform. Ich kann dem nur zustimmen.
Auch seiner zweiten Feststellung stimme ich zu: Die FDP/ DVP hat den Weg für d i e s e Verwaltungsreform frei gemacht – so sagten Sie, Herr Dr. Noll; das ist wahr –, indem sie – so haben Sie weiter ausgeführt – nicht auf früheren Positionen bestanden hat.
Ohne diese veränderte Einstellung gäbe es diese Verwaltungsreform nicht. Insofern sind Sie entscheidend daran beteiligt. Das ist wahr.
Meine Damen und Herren, ein paar Sätze abschließend. Die neue Verwaltungsreform steht in der historischen Kontinuität der bisherigen Verwaltungsreformen in unserem Land. In ihrer Zielsetzung jedoch, in Ansatz und Wirkung ist sie weiter gehend. Es ist eine kreative Erneuerung unserer Verwaltung. Beibehalten werden die Institutionen, die den Menschen vertraut sind – Gemeinden, Städte, Kreise. Identität vonseiten des Bürgers bleibt mit diesen Institutionen möglich. Hierauf bauen wir auf: Dreistufigkeit, Einhäusigkeit, Einräumigkeit.
Wir vermeiden eine gegenseitige Blockade zwischen Ämtern zulasten von Bürgern und Wirtschaft. Falls es fachlich unterschiedliche Meinungen gibt, werden sie innerhalb einer Behörde zugunsten des Bürgers und der Wirtschaft geklärt und zu einer Lösung zusammengeführt.
Meine Damen und Herren, diese Verwaltungsreform wird von vielen getragen, und viele haben sie ermöglicht. Denen möchte ich danken: beiden Regierungsfraktionen, jeder einzelnen Kollegin und jedem einzelnen Kollegen. Ich möchte den beiden Fraktionsvorsitzenden Oettinger und Pfister danken, die von Anfang an mitgezogen haben. Ich möchte den innenpolitischen Sprechern Hans Heinz und Oberbürgermeister Hofer danken, ohne die es auch nicht gelaufen
wäre. Und ich spreche sicher auch in Ihrem Namen, wenn ich unserem Innenminister, seinem Haus und Herrn Staatssekretär Rückert sehr herzlich danke.
Danke für eine meisterhafte Leistung, danke auch dafür, dass in diesen beiden Häusern Beamte mehr als ein Jahr lang weit über ihre reguläre Arbeitszeit hinaus gearbeitet und ihre eigene Berufserfahrung eingebracht haben. Sie müssen sich nur diesen Gesetzentwurf einmal anschauen, um die Leistung zu ermessen.
Meine Damen und Herren, es wurde gesagt, es sei kein Erkenntnisproblem, sondern ein Durchsetzungsproblem. Deswegen sage ich an die Adresse der Oppositionsfraktionen mit Emanuel Geibel:
Die Zeit zum Handeln jedes Mal verpassen, nennt ihr „die Dinge sich entwickeln lassen“. Was hat sich denn entwickelt, sagt mir an, das man zur rechten Stunde nicht getan?
Das ist fast schöner als Beifall. Denn ich würde mich wundern, wenn Sie bei meiner Rede klatschen würden.
Herr Ministerpräsident, Sie haben hier wieder eine tolle Nummer abgeliefert. Denn jemand, der durch Beschluss der Landesregierung eine EU-Richtlinie über Arbeitsschutz in seinem Staatsministerium umsetzt und nach zwei Jahren feststellt, dass sich der Arbeitsschutz vielleicht nicht so gestaltet, wie er sich das selbst vorgestellt hat, und dann als Bürger Erwin Teufel einen Brief an die Bürokratieabbauabteilung seines eigenen Ministeriums schreibt, der braucht uns in diesem Haus über Bürokratieabbau nichts, aber auch gar nichts zu erzählen. Das war wirklich das Tollste.
Ein Ministerpräsident, der hier über Bürokratieabbau spricht und vor 14 Tagen einen ganzen Leitzordner mit DIN-A-4-Blättern über die Umsetzung des neuen Logos des Landes an die Behörden verschickt, der braucht mit uns auch nicht mehr über Bürokratieabbau zu reden.
Mir liegen auch Schreiben von Landräten vor; die lese ich nachher vor. Wenn Sie Zeit haben, mache ich das schon.
Ein Ministerpräsident, der erklärt, die Kreisräte hätten bei den staatlichen unteren Sonderbehörden ein Mitwirkungsrecht,
wie diese organisiert werden, was sie für Aufgaben haben – nur dann kann man Kosten abbauen –, der erzählt uns Märchen und Wunder.
Die Kreisräte können den Haushalt entweder nur so billigen, wie er vorgelegt worden ist, oder sie können ihn nicht billigen. Eine andere Möglichkeit haben sie nicht.
Denn ein Kreistag wird keinen einzigen Beschluss zur Rationalisierung der staatlichen Schulverwaltung – das wird der Landrat nicht zulassen – fassen können, weil er inhaltlich nicht zuständig ist.