Protokoll der Sitzung vom 14.07.2004

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Deswegen ist die Stärkung des Gemeinschaftsbewusstseins eine ganz zentrale Aufgabe. Selbsthilfegruppen, Förderung der Vereine, ehrenamtliche Tätigkeit – all das macht Baden-Württemberg stark.

Ich möchte auch noch einmal das Thema „Sicherheit im Alter“ ansprechen, weil mich – ich habe es hier schon einmal gesagt – diese Frage umtreibt. Wir haben es – wenn wir in

(Ministerpräsident Teufel)

Berlin an der Regierung wären, wäre es nicht anders – mit der Situation der Unterfinanzierung der Rentenversicherung zu tun. Deshalb kann man, wenn man verantwortlich handelt, nicht einfach sagen, hier dürfe es überhaupt keine Veränderungen oder Kürzungen geben. Aber dann haben Politiker doch die Pflicht, den Bürgern zu sagen: Eure Beiträge zur Rentenversicherung reichen nicht mehr aus, damit ihr den Lebensstandard, den ihr euch in aktiver Beschäftigungszeit erworben habt, halten könnt. Dann muss man doch den Bürgerinnen und Bürgern einen Weg aufzeigen

(Abg. Fischer SPD: Zeigen Sie ihn!)

und sagen, was sie tun sollen:

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

dass sie privat vorsorgen sollen. Dann muss man ihnen dies auch ermöglichen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Deswegen setze ich mich beispielsweise für eine große Tarifreform und Steuerreform ein, damit der Einzelne mehr zur Verfügung hat und tatsächlich selbst Vorsorge treffen kann.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich sage als Antwort auf das, was der Bundeskanzler gestern in Stuttgart gesagt hat –

(Zuruf von der SPD: Das war gut!)

er sagte, die Eigenheimzulage solle gestrichen werden, sie sei eine Subvention der Vergangenheit, und das eingesparte Geld solle in die Forschung gesteckt werden –: Nein, meine Damen und Herren: Wenn Sie sich in Baden-Württemberg umschauen, erkennen Sie, dass die allermeisten Familien – Arbeitnehmerfamilien, junge Familien mit Kindern – kein Eigenheim hätten bauen können, wenn sie nicht die Wohneigentumsförderung in den unterschiedlichsten Formen bekommen hätten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir wollen, dass künftig nicht nur der Bankdirektor oder der Unternehmer ein Einfamilienhaus bauen kann, sondern dass es das Merkmal in Baden-Württemberg ist, dass Menschen, die sparen wollen, auch Eigentum in Form eines Einfamilienhauses bilden können, dann sage ich: Das ist eine Zukunftsinvestition und keine Subvention der Vergangenheit! Hier bin ich mit Herrn Drexler eigentlich einig. Denn ich erinnere mich daran, dass Sie einen Brief nach Berlin geschrieben haben.

(Abg. Drexler SPD: Mehrere!)

Sie haben einen Brief nach Berlin geschrieben

(Abg. Drexler SPD: Mehrere!)

mehrere –, aber das hat bisher noch keinen Wert gehabt.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Wie bei Ihnen! – Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Trotzdem ist das bemerkenswert. Leider erinnere ich mich nur an einen solchen Einzelfall. Bei der gegenwärtigen Konstellation der Bundesregierung wäre es doch Ihre Aufgabe, die Aufgabe von SPD und Grünen, auch die Vertretung der Interessen der Bürger des Landes Baden-Württemberg zum Schwerpunkt zu machen. Sie können mehr erreichen, als wir im Augenblick erreichen können.

(Beifall bei der CDU – Abg. Fischer SPD: Und was haben die Parteien in Baden-Württemberg ge- macht, als die CDU im Bund dran war?)

Der zweite Punkt bei der privaten Vorsorge ist die Betriebsrente. Die Betriebsrente blieb bisher außen vor, doch jetzt wird sie zur Berechnung des Beitrags an die Sozialversicherungssysteme mit herangezogen. Das ist das Gegenteil dessen, was zu tun nötig ist, wenn die gesetzliche Rente nicht mehr ausreicht.

Drittens ist die Lebensversicherung zu nennen. 65 % der Arbeitnehmerfamilien haben eine Lebensversicherung. Das ist nicht etwas für Reiche. Lebensversicherungen sollen nun besteuert werden: voll besteuert, wenn es nach der Bundesregierung und den sie tragenden Parteien gegangen wäre, oder zur Hälfte besteuert – das haben wir im Vermittlungsausschuss wenigstens erreicht. Aber auch eine Besteuerung zur Hälfte ist einfach zu viel, wenn wir von den Bürgerinnen und Bürgern erwarten, dass sie private Vorsorge treffen.

(Beifall bei der CDU)

Sicherheit im Alter ist ein ganz zentrales Thema dieser Landesregierung.

Nun, meine Damen und Herren, will ich Sie auf einen weiteren Schwerpunkt unserer Arbeit – gerade in diesen Tagen – aufmerksam machen. Vieles davon wird ja öffentlich gar nicht sichtbar, nimmt aber trotzdem einen erheblichen Teil beispielsweise meiner Arbeitszeit in Anspruch.

Der Bankenstandort Baden-Württemberg: Es erweist sich als ausgesprochener Glücksfall, dass wir die drei landesbeteiligten Banken rechtzeitig fusioniert haben. Denn wie stellt sich die Lage der Landesbank Baden-Württemberg dar? Sie ist heute die bestbenotete Landesbank mit dem größten Ertrag und dem größten Umsatz.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wohl wahr!)

Die Landesbank Baden-Württemberg ist heute die Nummer 6 unter allen deutschen Banken, ein leistungsfähiges Institut für die Wirtschaft und die Bürger unseres Landes.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir haben nun noch zwei Baustellen – im positiven Sinne. Die eine besteht darin, eine schlagkräftige Funktionsteilung zwischen der Landesbank Baden-Württemberg und der Baden-Württembergischen Bank zustande zu bringen. Zum anderen gibt es Verhandlungen mit Rheinland-Pfalz, dessen Landesbank gerne mit der Landesbank Baden-Württemberg fusionieren oder eng zusammenarbeiten möchte. Es wird daran gearbeitet, eine solche Vereinbarung zur Stärkung der

(Ministerpräsident Teufel)

Banken beider Länder zustande zu bringen, ohne dass das Rating der Landesbank Baden-Württemberg sinkt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja, genau!)

Das sind die Aufgaben, die uns beschäftigen. Es gibt fast tagtäglich Verhandlungen. Dies sind wichtige Aufgaben der nächsten Monate.

Die Ursachen für unsere Bemühungen um den Bankenstandort Baden-Württemberg sind die im internationalen Vergleich deutliche Ertragsschwäche unserer Banken, der Wegfall der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslast für die Landesbanken und Sparkassen im Juli 2005, die verschärften Vorgaben aus Basel II und die zum 1. Juli 2004 durch das Bundesaufsichtsamt für Finanzen verbindlich eingeführten Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft der Kreditinstitute.

Wir haben bereits rechtzeitig gehandelt, aber, meine Damen und Herren, einiges ist in diesem Zusammenhang noch zu tun. Ich denke nämlich auch in dieser Frage nicht zuerst an die Banken, sondern an die Bürger und an die mittelständische Wirtschaft. Die mittelständische Wirtschaft braucht eine ausreichende Kreditversorgung, und diese ist sehr viel schlechter geworden.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wohl wahr!)

Wir führen in acht Tagen die zweite Tagung auf dem Killesberg über die Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft – mit Hunderten von Teilnehmern aus mittelständischen Betrieben – durch. Ich habe dafür eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich dieses Themas annimmt. Das ist eine wichtige Zukunftsfrage, denn es geht bei uns nicht nur um die Großen, sondern es muss um den Mittelstand gehen, bei dem wir Arbeitsplätze erhalten wollen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Landesregierung wird weiterhin Schwerpunkte im Bereich der inneren Sicherheit setzen. Wir sind auf dem letzten Platz der Skala der Kriminalitätsbelastung. Das ist der Spitzenplatz. Wir haben inzwischen an 550 Orten kommunale Kriminalprävention, und zwar außerordentlich erfolgreich. Wir haben in Baden-Württemberg – darauf bin ich besonders stolz – die niedrigste Zahl an Kinderunfällen aller 16 deutschen Länder.

Wir setzen einen Schwerpunkt in der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus. Dieser Kampf gegen islamistischen Terrorismus ist eine zentrale Herausforderung für die Sicherheitsbehörden; eine Entspannung der Gefährdungslage ist nicht in Sicht. Strategische Ziele der Polizei in Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz sind die Durchführung von Schutzmaßnahmen an gefährdeten Objekten sowie die Aufklärung und Erkenntnisgewinnung über Extremisten und Terroristen, über deren Strukturen und Vorhaben. Die Landesstiftung hat in diesem Jahr Fördermittel von 1 Million € für Projekte in der kommunalen Kriminalprävention zur Verfügung gestellt.

Meine Damen und Herren, innere Sicherheit bleibt die zentrale Aufgabe des Landes, das die geringste Kriminalität

hat. Die Menschen leben in Baden-Württemberg sicherer als in jedem anderen deutschen Land.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich sage ganz offen: Mit dieser Regierungsbildung will ich auch den Verbraucherschutz stärken, und zwar als Teil eines umfassenden Verbraucherschutzes und eines präventiven Gesundheitsschutzes. Es geht mir um den Ausbau und nicht um den Abbau der Ernährungszentren, deren Arbeit nun unter dem Dach der Landratsämter fortgeführt wird. Hier sind ganz neue Kooperationen möglich. Es geht mir um die Fortführung der Landesinitiative „Blickpunkt Ernährung – Brennpunkt Lebensmittel“. Es geht mir um die Landesinitiative „Bewusste Kinderernährung“, in deren Rahmen wir pro Jahr 5 000 Informationsveranstaltungen in Baden-Württemberg durchführen. Dies alles wollen wir noch verstärken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wiederum im Zusammenhang mit dieser Regierungsbildung sage ich: Wir wollen das Betreuungskonzept „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“ weiterentwickeln. Einen großen Schritt nach vorne hat die Kinderbetreuung im Land mit dem Konzept „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“ bereits gemacht.