Protokoll der Sitzung vom 28.07.2005

Haben Sie schon einmal die Zahlen gelesen? Herr Kollege Dr. Caroli hat darauf hingewiesen, welche wirtschaftlichen Schäden entstehen, wenn wir den Hochwasserschutz nicht intensivieren. Frau Kollegin, wer bezahlt das dann? Diese Frage müssen Sie beantworten, bevor Sie hier solche Zwischenfragen stellen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben noch gar nicht abschließend gesagt, ob wir dem Gesetzentwurf zustimmen oder nicht. Aber wir wollen von Ihnen eine klare Begründung hören.

(Abg. Fleischer CDU: Parallele zum Straßenbau!)

Wir wollen mal Beispiele hören, wo das, was in dem Gesetzentwurf begehrt wird, notwendig gewesen wäre. Solange Sie dies nicht tun, kann ich dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Vor allem liegt die Vermutung nahe, dass hier das Integrierte Rheinprogramm noch weiter gestreckt werden soll. Aber das wollen wir mit allen Mitteln, die es da gibt – auch den finanziellen –, verhindern.

Frau Berroth, dazu kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Sie mit Vorschlägen kommen wie dem: „Wir wollen keinen Wasserpfennig mehr“, müssen Sie uns auch sagen, woher das Geld kommen soll. Dann können wir uns im Ausschuss gerne darüber unterhalten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Frau Ministerin Gönner.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vorschlag der Regierungsfraktionen, die Geltungsdauer bei wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlüssen von fünf Jahren auf acht Jahre zu verlängern, findet – das wird Sie von der Opposition nicht überraschen – meine uneingeschränkte Zustimmung.

(Oh-Rufe von der SPD)

Diese wassergesetzliche Änderung wird Stetigkeit bei der Umsetzung wichtiger Hochwasserschutzmaßnahmen bringen. Wir werden damit zukünftig noch besser in der Lage sein, die vorhandenen Mittel flexibel und entsprechend der Dringlichkeit von Baumaßnahmen und den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen.

Der Hochwasserschutz hat im Übrigen eine hohe landespolitische Priorität. Wir sind in diesem Jahr bisher glücklicherweise – anders als unsere Nachbarn wie zum Beispiel Bayern – von einem Hochwasser verschont geblieben. Aber auch in Zeiten, in denen man die verheerenden Katastrophen schnell aus dem Auge verlieren kann, muss der Hochwasserschutz für die Landespolitik im Blickfeld bleiben. Wir müssen daher unseren eingeschlagenen Weg eines zukunftsorientierten Hochwasserschutzes fortsetzen.

Ich bin der Überzeugung, dass wir beim Hochwasserschutz bisher gute Arbeit geleistet und vieles erreicht haben. So haben wir frühzeitig eine Hochwasserschutzstrategie für Baden-Württemberg entwickelt. Sie beinhaltet drei Teilstrategien, die in ihrer Kombination einen größtmöglichen Schutz bieten. Zum einen ist dies der technische Hochwasserschutz, also der Bau von Deichen, Dämmen und Hochwasserrückhaltebecken. Für Hochwasserschutzmaßnahmen an Gewässern I. Ordnung hat das Land in den Jahren 1999 bis 2004 insgesamt ca. 127 Millionen € investiert. Städte und Gemeinden erhielten vom Land in diesem Zeitraum darüber hinaus für Hochwasserschutzmaßnahmen an Gewässern II. Ordnung Fördermittel in Höhe von rund 160 Millionen €. Insgesamt hat das Land also in den Jahren 1999 bis 2004 Mittel in Höhe von rund 287 Millionen € für den Hochwasserschutz bereitgestellt.

Weitere Bausteine unserer Hochwasserschutzstrategie sind die Hochwasservorsorge und das Flächenmanagement. Auch hier sind wir einen großen Schritt weitergekommen. Erwähnen möchte ich die Hochwasservorhersagezentrale in Karlsruhe, die sich bei zahlreichen Einsätzen bislang bestens bewährt hat und um die das Land beneidet wird.

Durch zwischenzeitlich insgesamt acht gegründete Hochwasserpartnerschaften konnte der Erfahrungsaustausch zwischen den Gemeinden in einem Einzugsgebiet verbessert werden.

Das Bewusstsein über die Gefahren, die von Hochwasser ausgehen, wurde über die Hochwasserpartnerschaften gestärkt. Es konnte ein Netzwerk zwischen allen Fachdisziplinen aufgebaut werden. Bis zum Jahr 2010 sollen für ca. 12 000 Kilometer Gewässer Hochwassergefahrenkarten erstellt werden. Nach Vorliegen der Gefahrenkarten wird es möglich sein, das Bauen in überflutungsgefährdeten Gebieten weitgehend einzuschränken, damit das Gefährdungspotenzial nicht weiter ansteigt. Das Finanzvolumen für die

(Ministerin Tanja Gönner)

Hochwassergefahrenkarte beträgt rund 15 Millionen €. Bisher wurden davon ca. 2,3 Millionen € verausgabt.

Des am 10. Mai dieses Jahres in Kraft getretenen Gesetzes des Bundes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes, mit welchem als Folge des Elbehochwassers vom August 2002 den Ländern Vorgaben zum Hochwasserschutz gemacht werden, bedurfte es im Übrigen für BadenWürttemberg nicht, da wir mit der Änderung des Wassergesetzes unsere Hausaufgaben bereits 2003, also deutlich vor der Bundesregierung, gemacht hatten.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen stellt nun eine Optimierung der bereits im Jahr 2003 vorgenommenen Änderungen des Wassergesetzes dar. Der Vorschlag hat zwei wesentliche Vorteile: Damit wird die Geltungsdauer der Planfeststellungsbeschlüsse für Infrastrukturmaßnahmen im Land einheitlich auf den Zeitraum von acht Jahren festgelegt. Dies stellt eine Vereinfachung der Rechtslage dar und erleichtert die Handhabung des Planfeststellungsrechts für Infrastrukturmaßnahmen. Wir passen damit die Laufzeiten der Planfeststellungsbeschlüsse im Wasserrecht an diejenigen beim Landesstraßenbau an und haben damit eine Vereinheitlichung des Rechts.

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

Ich glaube, dass dies eine wichtige und wesentliche Änderung ist.

Darüber hinaus wird durch die vorgeschlagene Änderung des Wassergesetzes eine höhere Flexibilität bei der Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen eröffnet. Denn es ist von entscheidender Bedeutung, dass bereits planfestgestellte Projekte – – Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass es im Land außer den Maßnahmen des IRP noch eine Vielzahl anderer dringender Hochwasserschutzmaßnahmen gibt.

Im Übrigen, Herr Walter, war ich etwas erstaunt: Nach meinem Kenntnisstand liegt Heidelberg am Neckar und nicht am Rhein. Insofern ist das IRP – –

(Abg. Walter GRÜNE: Und seinen Nebenflüssen! Genau zuhören!)

Nebenflüsse? Ich bin erstaunt, dass der Rhein ein Nebenfluss des Neckars sein soll. Das habe ich in der Schule anders gelernt. Ich bin aber gern bereit, mich darüber noch einmal zu unterhalten.

(Abg. Walter GRÜNE: Was? Der Rhein und seine Nebenflüsse! Ich weiß nicht, was Sie im Ober- schwäbischen lernen! Aber wir haben es so gelernt! – Gegenruf des Abg. Blenke CDU: Es hat sich viel geändert, seit Sie nicht mehr in der Schule sind!)

Nur weil Sie gerade die Nebenflüsse ansprachen.

Im Übrigen will ich nur sagen: Wolterdingen ist eine dieser Maßnahmen, die in diesem Jahr auch noch begonnen werden. Auch für diese Maßnahme werden Mittel zur Verfügung gestellt. Genau deswegen haben wir hier eine entsprechende Flexibilisierung bei der Priorität, und die Maßnah

men werden nicht nach dem Ablaufdatum von Planfeststellungen umgesetzt. Durch die geplante Flexibilisierung können knapper werdende Mittel so effektiv wie möglich eingesetzt werden.

Auch die Gefahr, dass kostenintensive und aufwendige Planfeststellungsverfahren wiederholt werden müssen – genau diese Gefahr besteht –, wird gemindert. Gerade bei unserem Schwerpunkt im Bereich des technischen Hochwasserschutzes, dem Integrierten Rheinprogramm, eröffnet die Änderung die Möglichkeit, die noch zu realisierenden Baumaßnahmen entsprechend ihrer Dringlichkeit, den vorhandenen Mitteln und der Auftragslage umzusetzen.

Der Polder Söllingen/Greffern soll am 11. November dieses Jahres eingeweiht werden. Mit dem Bau des Polders Rheinschanzinsel soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Mit vier weiteren Rückhalteräumen befinden wir uns im Planfeststellungsverfahren. Für drei dieser Rückhalteräume wird bereits für das Jahr 2006 mit einem Planfeststellungsbeschluss gerechnet.

Ohne Berücksichtigung des bereits in Fertigstellung befindlichen Polders Söllingen/Greffern wird allein für die Umsetzung der in den Jahren 2006 und 2007 zu erwartenden Planfeststellungsbeschlüsse, die ich gerade aufgeführt habe, zur Umsetzung des Integrierten Rheinprogramms ein geschätzter Landesanteil von rund 170 Millionen € benötigt. Diese Zahl allein zeigt, dass wir angesichts der Haushaltslage gut daran tun, uns Spielräume zu eröffnen.

Die vorgesehene Änderung des Wassergesetzes ist hilfreich und kommt voll und ganz dem Hochwasserschutz des Landes zugute, und sie dient einer Vereinheitlichung der Rechtslage im Land.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir müssen noch über das weitere Verfahren befinden. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf Drucksache 13/4489 zur weiteren Beratung an den Umweltausschuss zu überweisen. – Sie stimmen der Überweisung zu.

Punkt 6 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes, des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz, des Landessicherheitsüberprüfungsgesetzes und des Landesdatenschutzgesetzes – Drucksache 13/4524

Das Präsidium hat für die Aussprache nach der Begründung durch die Regierung eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs erhält Herr Innenminister Rech.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Im Namen der Landesregierung lege ich Ihnen heute einen recht umfassenden Gesetzentwurf zur Novellierung des Landesverfassungsschutzgesetzes und anderer Sicherheitsgesetze zur Beschlussfassung vor. Mit diesem Gesetzentwurf verfolgen wir das Ziel, dem Landesamt für Verfassungsschutz zusätzliche Mittel und Instrumente an die Hand zu geben, damit es auch künftig seine schwierigen Aufgaben bei der Bekämpfung des Terrorismus erfüllen kann.

Wir alle stehen noch unter dem Eindruck der verheerenden Bombenanschläge in London. Unser Gesetzesvorhaben hat natürlich einen sehr viel längeren zeitlichen Vorlauf. Es wäre deshalb nicht richtig, davon zu sprechen, dass die vorgesehenen Rechtsänderungen eine Reaktion auf die Londoner Anschläge darstellten.

Wenn wir uns das bisher bekannte Ermittlungsergebnis der britischen Behörden ansehen und bewerten und wenn wir darüber hinaus die Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen des 11. September 2001, der Anschläge von Madrid und des Geschehens im Irak, in Afghanistan und anderswo ziehen, dann wird deutlich, dass die Strukturen und Strategien des internationalen Terrorismus nicht statisch sind, sondern sich verändern und schnell weiterentwickeln. Terroristen agieren zunehmend konspirativ und verfügen über weit gehende logistische Fähigkeiten. Wenn wir den Kampf gegen diese Gegner erfolgreich führen wollen, müssen wir die Sicherheitsinfrastruktur unseres Landes dieser Entwicklung anpassen. Nur so haben wir überhaupt eine Chance, den Gefahren präventiv entgegenwirken zu können.

Lassen Sie mich die Eckpunkte des Entwurfs kurz skizzieren:

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Landesamt für Verfassungsschutz künftig auch Personen und Organisationen beobachten darf, deren Verhalten gegen den in Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes erwähnten Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet ist. Wir schließen damit eine bisher bestehende Gesetzeslücke bei ausländerextremistischen Bestrebungen, die sich gegen politische Gegner im Ausland richten. Nach derzeitiger Rechtslage können wir gegen solche Aktivitäten nur dann vorgehen, wenn eindeutig nachgewiesen werden kann, dass mit diesen Bestrebungen Gewaltanwendung oder entsprechende Vorbereitungshandlungen in Deutschland verbunden sind. In erster Linie sind damit Verhaltensweisen angesprochen, die durch das Schüren von Hass einen Nährboden für extremistische Auffassungen bilden.

Ferner wollen wir es ermöglichen, dass der Verfassungsschutz in Zukunft bestimmte Auskünfte bei Banken, Finanzdienstleistern, Telekommunikationsdiensten oder Telediensten einholen kann.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Oh! Da wird der Justiz- minister aber toben!)