Protokoll der Sitzung vom 27.10.2010

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ich dachte, das ist den Unterneh men zu verdanken und nicht der Politik! Das ist ja unglaublich! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Da sollten wir beim Thema bleiben. Darüber können wir uns ja streiten. Aber bei dem Vorwurf bleibe ich.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Zurück zum The ma!)

Aber dass es in Baden-Württemberg grundsätzlich nur Altin dustrien gebe, hat niemand behauptet.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: So hat es sich aber angehört! – Gegenruf des Abg. Franz Unterstel ler GRÜNE: So ein Quatsch!)

Ich weiß nicht, was diese Polemik soll.

(Beifall des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Zu rufe von der CDU)

Ich sage Ihnen noch einmal: Zu dem, was ich zu einer ökolo gischen Ordnungspolitik etwa im Automobilsektor gesagt ha be, habe ich die Worte Ihres Amtsvorgängers noch gut in den Ohren. Die harten Vorgaben aus Brüssel in Bezug auf die Be grenzung des CO2-Ausstoßes auf 120 g/km haben zu wüsten Attacken Ihres Amtsvorgängers geführt, wir wollten den Standort Deutschland mit solchen ordnungspolitischen Vor gaben kaputt machen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Vero nika Netzhammer CDU: Wen meinen Sie?)

Wer eine solche Politik betreibt, muss sich gefallen lassen, dass er von uns in der Sache angegriffen wird. Das werden wir auch in Zukunft tun.

(Beifall bei den Grünen)

Auch die Automobilindustrie hat ihre Lektion gelernt. Sie macht genau das, was wir seit Langem fordern. Sie bietet end lich Produktlinien an, die in die Richtung dessen gehen, was Brüssel vorschreiben will. Nicht wir, sondern Sie haben das Ganze verwässert und verschoben.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sehr gut!)

Bei den leichten Nutzfahrzeugen, bei denen es wieder um ge nau solche ordnungspolitischen Vorgaben geht, sind Sie es, die in Berlin versuchen, diese Vorgaben wieder zu verwäs sern.

(Beifall des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Genau!)

Wir sagen: Unsere Industrie ist durch ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in der Lage, diese Standards zu er füllen. Das höre ich überall. Die Industrie will harte Standards – das habe ich vorhin dargelegt –, damit sie Wettbewerbsvor teile auf dem Markt hat. Denn sie ist ökologisch etwas wei ter, als es andere sind, die Schmutzprodukte herstellen. Das ist die Zukunft.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Was sind Schmutzprodukte, Herr Kollege?)

Herr Ministerpräsident, wir spielen überhaupt nichts gegen einander aus. Davon kann keine Rede sein.

(Ministerpräsident Stefan Mappus: Doch!)

Wir machen das, was Sie gerade wörtlich gesagt haben: Wir gehen nacheinander vor, weil nicht alles gleichzeitig geht. Wir setzen Prioritäten. Dies wiederum bedeutet, dass man auch Posterioritäten setzt.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Wenn man knappe Mittel hat – die Mittel sind knapp –, muss man sich entscheiden, wo ihr Einsatz am nötigsten ist und wo er zweitrangig ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Deshalb wollen Sie ein Schienenprojekt 15 Jahre verzögern!)

Wir sind uns mit Ihnen völlig einig: nacheinander, weil nicht alles gleichzeitig geht.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Aber wir gehen nicht nach dem Gießkannenprinzip vor, son dern wir setzen klare Prioritäten.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wo? – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wo denn? In Stuttgart haben wir Baureife! Stuttgart–Wendlin gen–Ulm kann gebaut werden!)

Das alles wissen wir doch. Herr Dr. Birk, es finden gerade Vermittlungsgespräche statt. Da kommt dies alles auf den Tisch. Das alles wissen wir.

Zwischen unseren Positionen bestehen Differenzen. Sie ver folgen eine andere Strategie als wir.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Wir verfolgen die Strategie: Die Mittel werden prioritär wo anders eingesetzt, weil sie dort am nötigsten sind.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Strategie, die Sie verfolgen, ist erkennbar!)

In dieser Zeit können wir das machen, was wir der Bürger schaft vortragen:

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Was ist das? – Abg. Veronika Netzhammer CDU: Dass man besser durch den Stau kommt!)

Wir planen den Bahnknoten Stuttgart und die Neubautrasse so, dass wir das Ganze bezahlen können und mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen, optimale Effekte erzielen. Darum geht der Streit.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: In 15 Jahren wird es doppelt so teuer!)

Wir ziehen einen solchen realitätsnahen Blick auf die Frage, was wir mit den knappen Ressourcen erreichen können, Ihren Träumen vor, irgendwelche Maximalvorstellungen durchzu

setzen, deren Umsetzung man schließlich nicht bezahlen kann. Genau darum geht die Kontroverse. Dieser müssen Sie sich stellen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sehr gut!)

Ich rate uns allen, in der Sache – dies erfolgt jetzt – hart zu diskutieren, die Fakten und die Sachlage gegenseitig zu über prüfen. Dazu sind wir bereit. Wir schicken die Leute in die Verhandlungen, die am tiefsten in der Sache drin sind. Sie werden mich bei den Vermittlungsgesprächen schon noch se hen, keine Angst.

(Ministerpräsident Stefan Mappus: Da bin ich ge spannt! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Das ist ganz normal. Dann streiten wir uns bitte in der Sache darüber und über Alternativen.

Es ist nämlich nicht so, dass wir Stuttgart 21 nur ablehnen. Wir haben Alternativen, die natürlich – das ist gar keine Fra ge – neu begonnen werden müssen. Derzeit können wir die Mittel sehr gut prioritär woanders einsetzen.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zim mermann CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Ober flächlich!)

Selbstverständlich rede in meiner Partei nicht nur ich, sondern es reden auch andere. Das ist ganz normal. Auch Sie müssen sich daran gewöhnen, dass nicht nur Sie eine Meinung haben, sondern auch Ihre Bundeskanzlerin. So ist es bei uns auch. Auch die Parteivorsitzenden greifen in die Debatten ein.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Auch ein gewis ser Herr Röttgen! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Frau Merkel ist doch nicht mit Herrn Palmer zu verglei chen!)

Das ist vollkommen normal. Ich weiß deshalb nicht, was die se Polemik soll.

Noch einmal meine Ansage: Herr Ministerpräsident, wir strei ten gern hart in der Sache. Ich rate aber von allgemeinen Po lemiken und pauschalen Vorwürfen ab.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Um Himmels wil len!)

Das bringt uns nicht weiter.

(Beifall bei den Grünen und der FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: „Haltet den Dieb!“, schreit der Dieb! – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)