Protokoll der Sitzung vom 27.10.2010

Sie werden sich nicht vollständig vom Thema Mobilität ver abschieden können, aber auch dabei bin ich mir nicht ganz si cher. Herr Kretschmann, ich bin mir nicht ganz sicher, was die Grünen eigentlich denken. Da kommt der seriöse Herr Kretschmann und erzählt uns ein paar Storys. Morgen kommt irgendein Überflieger und Hereinflieger aus Berlin namens Özdemir, der uns andere Storys erzählt. Dann kommt irgend ein bahnfeindlicher Oberbürgermeister aus der Nachbarschaft,

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aus Tübingen!)

der uns wieder andere Storys erzählt.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ein buntes Durchein ander! Ein Kessel Buntes!)

Welchen Storys der Grünen sollen wir in Zukunft noch glau ben? Wer steht eigentlich für grüne Politik?

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Ihr glaubt grünen Storys sowieso nicht, egal, von wem sie kom men!)

Ich frage nicht, wem wir glauben sollen, sondern wem die Bürger glauben sollen. Wir haben Sie ja durchschaut. Die ent scheidende Frage ist, wem die Bürgerinnen und Bürger noch glauben sollen. Ich mache mir da wirklich Sorgen. Ich mache mir auch Sorgen um den Zustand der Grünen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Selbst die SPD hat schon einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit verspielt. Dies geschah mit der Abkehr von der Rente mit 67, mit der Abkehr von Hartz IV und mit der Abkehr von derglei chen mehr.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Von S 21!)

Bei der SPD ist fast Hopfen und Malz verloren. Sie sind in Ih rer Glaubwürdigkeit schon massiv erschüttert. Aber den Grü nen, die bisher noch als die Gutmenschen in Deutschland ge golten haben – die oppositionellen Gutmenschen –, kann man auch nichts mehr glauben, weil man nicht weiß, wohin sie sich entwickeln.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Der CDU glaubt oh nehin niemand! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜ NE verlässt seinen Abgeordnetenplatz. – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt flüchtet er!)

Ich weiß, Herr Kollege Kretschmann und andere scheinen manches nicht auszuhalten.

(Zurufe, u. a. Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Kretschmann holt Hilfe von Palmer!)

Eigentlich wollte ich noch etwas zum Thema Schiene sagen.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Jetzt ist er gegan gen!)

Aber ich sehe, Herr Kollege Wölfle ist wieder einmal nicht im Parlament und scheint auch an diesem Tag wieder anderes vorzuhaben.

(Zurufe von den Grünen, u. a. Abg. Franz Unterstel ler: Geht es denn noch billiger? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Vielleicht telefoniert er mit Palmer! – Unruhe)

Wahrscheinlich stimmen sich Kretschmann, Palmer, Özdemir und Wölfle gerade miteinander ab. Wer weiß das?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von den Grünen)

Zum Thema Infrastruktur: Wir sind uns wahrscheinlich mit der SPD darin einig, dass wir beim Straßenausbau zweifels ohne noch Nachholbedarf haben.

(Zurufe von den Grünen)

Der zweite Bereich ist die Schiene. Das kann ich Ihnen am Ende nicht ersparen. Herr Kollege Kretschmann, der jetzt lei der nicht da ist, sagt, man müsse die alte Achse Nord-Süd se hen. Jawohl, diese muss man sehen. Denn ich bin schon da für, dass man die Zentren, die heute existieren, auch mitein ander verbindet. Das ist wahr.

Deshalb setzen wir alles daran, dass wir im Rheintal deutlich vorwärtskommen. Das wird in Weil nach dem Planfeststel lungsverfahren ja auch passieren. Dort gibt es den „Roten Punkt“. Die Finanzierung dort ist jetzt auch gesichert. Das heißt, im südlichsten Abschnitt des Rheintals, in Weil, wird jetzt auch gebaut. So wird sukzessive verfahren. Soweit der „Rote Punkt“ erteilt ist, wird auch im Rheintal weiter gebaut. Das ist auch richtig.

Sie vergessen nur eines – das betrifft das Thema Zukunftsfä higkeit –, nämlich dass sich die Europäische Union nicht mehr in Richtung Süden, sondern in Richtung Osten erweitert hat. Die dynamischsten Märkte in der Europäischen Union wer den in den nächsten Jahren eben nicht in Italien, am Mittel meer und in Nordafrika, sondern im Osten zu suchen sein – übrigens auch entlang der Donau, Stichwort Donaustrategie auch des Landes Baden-Württemberg.

Es ist doch ganz klar: Wer heute einen Vorsprung schafft, wer bereits heute die Verkehrsinfrastruktur darauf ausrichtet, wo unmittelbar in unserer Nachbarschaft, nämlich innerhalb der EU, Wirtschaftsdynamik entsteht, wird auch davon profitie ren. Davor, Herr Kollege Kretschmann, verschließen Sie sich.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Win fried Kretschmann GRÜNE: Das stimmt doch über haupt nicht! Die Neubaustrecke ist doch überhaupt nicht güterverkehrstauglich! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Darum geht es doch gar nicht!)

Entschuldigung, Herr Kollege Kretschmann. Sie vergessen eines: Im Rheintal geht es im Wesentlichen um den Güterver kehr. Dabei geht es auch darum, dass die Schweiz – deshalb hat sie auch den Staatsvertrag abgeschlossen – mit dem Neu bau des Gotthard-Basistunnels einen Großteil des Lkw-Ver kehrs aus den engen Tälern der Schweiz herausbekommen will, was durchaus verständlich ist.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Es geht also um Güterverkehr. Hier jedoch geht es in allerers ter Linie um Personenverkehr auf der Ost-West-Achse, weil wir auf dieser Achse keine leistungsfähigen Personenverkehrs verbindungen haben.

Herr Kollege Kretschmann, Sie wollen die Zahl der Kurzstre ckenflüge und der Mittelstreckenflüge eindämmen. Den PkwVerkehr wollen Sie auch nicht fördern. Was bleibt dann für die Menschen übrig? Sie haben mir noch immer nicht erklärt, wie Sie diesen Spagat schaffen wollen. Sollen die Menschen dann gemütlich mit dem Schiff von Regensburg und von Ulm aus über die Donau verkehren?

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Mehr Niveau, bitte! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Ulmer Schachtel! – Abg. Reinhold Gall SPD: Auch schön! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wenn man viel Zeit hat!)

Nein. Meine Damen und Herren, an diesem Beispiel der Hard ware-Infrastruktur zeigt sich, dass sich vor allem die Grünen des Themas nicht annehmen. Warum? Das liegt auch daran, dass man dabei keine Wolkenbilder verschieben kann. Da kann man keine weißen Wolken zeichnen und sagen: „Wun derbar, sieh einmal nach links und nach rechts, die Sonne geht auf, und es ist alles toll.“ Vielmehr wird da die Wahrheit ganz konkret.

Auch die Menschen spüren: Infrastruktur hat eine unmittel bare Auswirkung auf sie und auf die Landschaft. Das ist über haupt keine Frage. Wenn man Infrastruktur schaffen will, zieht das auch Eingriffe nach sich, die man abwägen muss. Genau diesen Prozessen verschließen Sie sich. Das ist der entschei dende Punkt.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wir ver schließen uns dem überhaupt nicht! Blödsinn! – Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Er spricht als Opposition ge gen die Grünen!)

Doch, das ist Ihr entscheidendes Manko. Sie fordern A und sind nicht bereit, daraus die Konsequenz – das ist B – zu zie hen. Sie fordern den Ausbau regenerativer Energien, der Windkraft, sind aber nicht bereit, die Konsequenz zu ziehen, dass man dafür Batterien – nämlich Pumpspeicherkraftwerke – und Netzleitungstrassen braucht. Das ist doch wahr.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe, u. a. der Abg. Franz Untersteller GRÜNE und Hel mut Walter Rüeck CDU)

In Thüringen führen Sie den Widerstand gegen 380-kV-Tras sen an.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das hätten Sie gern!)

Sie wissen genau, dass der Windstrom von Nord nach Süd transportiert werden muss. Im Südschwarzwald sind Sie beim Widerstand dabei, wenn es um Pumpspeicherung geht.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Da gibt es CDU- Gemeinderäte im Vorstand!)

Ja, natürlich gibt es die. Aber wir haben landespolitisch den Durchsatz, um das entsprechend durchzutragen. Vor Ort ver hindern Sie, und hier vor Ort verhindern Sie den Bau von Schnellbahnstrecken.

(Widerspruch bei den Grünen – Abg. Franz Unter steller GRÜNE: So ein Quatsch!)

Ja, natürlich. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Herr Kollege Kretschmann, Sie wollen im Prinzip die Gut menschen bleiben, und wenn die Betroffenheit vor Ort kommt, wollen Sie auch die Gutmenschen bleiben. Das passt nicht zu sammen. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Bri gitte Lösch GRÜNE: Was haben Sie gegen Gutmen schen?)

Herr Kretschmann, Sie sprechen davon, dass die Schule ge öffnet werden müsse. Das glaube ich. Sie würden die Schule so öffnen, dass die Dächer weg sind und es hineinregnet.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall der Abg. Veronika Netzhammer und Karl-Wilhelm Röhm CDU)

So wird es kommen. Sie sagen, man müsse die Rollläden hochziehen, aber Sie hauen die Fenster heraus. Entschuldi gung, sagen Sie doch, was Sie wollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Basisschule! – Abg. Reinhold Gall SPD: Die Dächer bleiben drauf!)