Protokoll der Sitzung vom 28.10.2010

Das heißt: Der Souverän muss jetzt direkt sprechen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Argumente wer den immer schlimmer!)

Nein, das ist einfach so. Das entspricht nämlich richtiger weise dem Demokratieprinzip.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Peter Hauk: Nach Ihrer Vorstellung! Sie haben in dieser Frage die Weis heit gepachtet!)

Nein. Sie müssen einfach einmal lernen, zuzuhören. Das kann ich Ihnen nur dringend empfehlen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Scheinheiligkeit!)

Die Kanzlerin hat nämlich – entgegen unserer Auffassung – gesagt: Die Landtagswahl wird zu einem Plebiszit über Stutt gart 21.

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Das hat sie gesagt.

(Zurufe von der CDU: Nein! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das stimmt gar nicht! Sie sollten zuhören und sie wenigstens richtig zitieren! – Abg. Marianne Wonnay SPD: Das hat sie gesagt, genau!)

Damit sagt sie natürlich: Auch schon beschlossene Projekte unterliegen dem Demokratieprinzip. Das ist auch ganz nor mal. Das sehen wir in Berlin beim Thema Atomausstieg. Es entspricht dem Demokratieprinzip, dass eine neue Regierung mit neuen Mehrheiten alte Beschlüsse ändern kann. Das ist

völlig normal. Wenn ein Parlament das kann, dann kann ein Volksentscheid das erst recht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU – Abg. Jörg Döpper CDU: Aber hallo! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Landesverfassung aushebeln!)

Das liegt in der Logik des Demokratieprinzips. Wir wollen, dass das jetzt passiert, vor der Wahl oder spätestens mit der Wahl und nicht nach der Wahl.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Peter Hauk: Dieser Argumentation folgen nicht einmal alle Ihrer Mitglie der! – Zuruf des Ministerpräsidenten Stefan Mappus – Gegenruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Auch für den Ministerpräsidenten gilt: Keine Zwi schenrufe von der Regierungsbank!)

Klar ist, dass der Vorschlag der SPD einen Umweg bedeutet, gegen den man natürlich Bedenken formulieren kann. Die sind auch von Ihren Gutachtern formuliert worden.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Rechtsbeu ger!)

Es ist verfassungspolitisch natürlich nicht die erste Wahl, es so zu machen.

(Lachen des Abg. Peter Hauk CDU)

Aber es ist natürlich kein Rechtsmissbrauch. Das haben die Gutachter Wieland und Hermes – –

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Welchen Stellenwert hat die Verfassung, Herr Kollege? – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sie glauben ja selbst nicht, was Sie sa gen! – Unruhe bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich weiß nicht, Herr Präsident, warum die Mehrheitsfrakti onen nicht zuhören können.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Weil sie nicht wollen! Sie wollen nicht! – Lebhafte Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Helmut Walter Rüeck: Wir hören zu, aber wir verstehen es nicht! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Nur weil wir zuhören, regen wir uns so auf!)

Nur, Herr Kollege Hauk: Es fällt auf Sie zurück. Sie sind es, die sich der Forderung verweigern,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Oberlehrer!)

die Quoren für eine Volksabstimmung so zu senken, dass die ses Instrument vom Volk selbst in Gang gesetzt werden kann. Sie weigern sich.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident, Sie stehen im Wort. Sie haben näm lich gesagt, dass Sie nichts gegen solche Volksabstimmungen haben. Sorgen Sie also dafür, dass die Mehrheitsfraktionen die Quoren senken.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Aber nicht rückwirkend! Das ist Quatsch!)

Dann kann der richtige Weg eingeschlagen werden. Da das Volk selbst protestiert und das geändert haben will, wäre es auch der richtige Weg, wenn es selbst über ein Volksbegehren einen Volksentscheid einleiten könnte. Das ist aber bei den bestehenden Hürden nicht möglich.

(Abg. Peter Hauk CDU: Warum? – Abg. Klaus Herr mann CDU: Es sind nicht so viele dafür!)

Darum haben sie noch nie stattgefunden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Ja warum? – Glocke des Präsidenten)

Das fällt ganz klar auf Sie zurück.

Ich sage noch einmal: In Bayern – –

Herr Abg. Kretschmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Röhm?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Entschuldigung, Herr Kretschmann!)

Nein. Er hat sich schon mit Zwischenrufen verausgabt, da muss er mich nicht auch noch fragen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich habe keinen einzigen Zwischenruf gemacht! – Unruhe)

Herr Kollege Röhm, mir läuft die Zeit davon.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Herr Röhm hat eine grüne Krawatte an! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich habe keinen Zwischenruf gemacht! Ich ha be Ihnen aufmerksam zugehört! Das ist nicht in Ord nung!)

Also gut, es gab keinen Zwischenruf von Ihnen. Okay.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Tun Sie mir nicht weh! – Heiterkeit)

In Bayern haben bisher sieben Volksentscheide stattgefunden. Man sieht, dass das die repräsentative Demokratie nicht in frage stellt. Es belebt und stärkt sie. Das ist die ganz wichti ge Erfahrung, die man damit machen kann.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Wenn die Bürgerschaft die Möglichkeit hat, direkt bei einzel nen Fragen zu intervenieren, dann steigt auch das Vertrauen in die repräsentative Demokratie insgesamt.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Woran merken Sie das?)

Deswegen kann ich die CDU-Fraktion nur auffordern: Gehen Sie endlich den Weg, die Quoren so zu senken, dass ein Volks begehren auch realistisch möglich ist. Dann können wir einen geraden Weg beschreiten

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Wie die SPD!)

und müssen nicht Umwege gehen, so wie jetzt. Allerdings füh ren auch Umwege zum Ziel. Deswegen kann ich Sie nur auf fordern, unserem Begehren stattzugeben.

Vielen Dank.