Protokoll der Sitzung vom 24.11.2010

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Klaus Herrmann CDU: Klientelpolitik der Grünen!)

Sie sagen allgemein Ja und konkret Nein. Das ist doch die Wahrheit. Ist es mittlerweile modern, jegliche Form der Mo bilität zu verneinen?

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Außer beim Hub schrauber! – Zurufe von den Grünen)

Ist es modern, zu sagen, wir brauchten weniger Individualver kehr?

(Zurufe der Abg. Bärbl Mielich und Franz Unterstel ler GRÜNE – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ist es modern, zu sagen: „Wir lehnen den Luftverkehr ab“? Ist es modern, zu sagen: „Wir lehnen darüber hinaus den Schie nenverkehr ab“? Ist so etwas modern? Ist es modern, zu sa gen, wir reagierten ausschließlich auf den Druck der Straße, wir reagierten ausschließlich auf Proteste? Ist es nicht sinn voller, dieses System der parlamentarischen und repräsenta tiven Demokratie, das uns zu diesem Wohlstand geführt hat, das uns zu einer Bürgerkultur, einem bürgerschaftlichen En gagement geführt hat, zu stärken? All das lehnen Sie ab.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ist es denn sinnvoll und modern, die Planwirtschaft wieder einzuführen?

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Entschuldigung. Ich zitiere Frau Künast:

Es gibt Bereiche, die müssen schrumpfen, und andere müssen radikal wachsen.

Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus einer Weimarer Erklärung der Grünen-Bundestagsfraktion:

Anstelle blinden Wachstums brauchen wir eine Politik, die klar sagt, welche Bereiche wachsen und welche bes ser schrumpfen sollen.

(Zurufe von der CDU)

Ist es sinnvoll, planwirtschaftliche Elemente in einer freiheit lichen,

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

wettbewerbsorientierten Demokratie wieder einführen zu wol len?

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Haben Sie schon ein mal etwas von Ordnungspolitik gehört?)

Ist das modern?

Ich glaube, es ist nach wie vor modern und der Zeit angemes sen, in einer sozialen Marktwirtschaft ein klares Spielfeld vor zugeben, das Spielfeld zu begrenzen. Das ist in diesem Dis kurs das soziale Element in einer sozialen Marktwirtschaft. Aber innerhalb des Spielfelds muss Wettbewerb herrschen. Genau dort wollen Sie eingreifen, indem Sie in allen Berei chen Vorgaben machen.

Ist es modern, am Ende zu sagen: „Wir fördern nur noch den Durchschnitt in der Schule“

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen)

ja, natürlich – „mit Einheitsschulen von Klasse 1 bis 9“?

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Rein hold Gall SPD: Kampfbegriff!)

Das sind doch Ihre Forderungen. Sie haben dazu keine Al ternativbezeichnungen geliefert.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ihre Partei schwenkt doch schon um! Haben Sie das nicht bemerkt?)

Ist es modern, dabei die Schwachen in dieser Gesellschaft von der Förderung auszunehmen, auf der Strecke zu lassen?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hört, hört!)

Ist es modern, nicht die Starken, sondern nur den Durchschnitt zu fördern?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dummes Zeug!)

Ich glaube, dass wir mit unserer Schulpolitik nicht stehen blei ben. Vielmehr entwickeln wir sie aus den gesellschaftlichen Erfordernissen heraus weiter. Die Erfolge dabei lassen sich doch sehen:

(Abg. Norbert Zeller SPD: Genau!)

die geringsten Schulabbrecherquoten, die geringste Jugend arbeitslosenquote. So erfolglos kann dieses System also nicht sein.

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Sehr richtig!)

Hinsichtlich der Leistungsbewertung – das lehnen Sie viel leicht auch noch ab –, was PISA etc. betrifft, ist es ähnlich. Da können wir uns wahrlich nicht nur sehen lassen, sondern wir liegen an der Spitze.

Modern heißt, an die gesellschaftlichen Erfordernisse, aber auch an eine hochstehende Industriekultur angepasste Verhält nisse weiterzuentwickeln und keine radikalen Brüche vorzu nehmen.

Darauf, lieber Kollege Kretschmann, bleiben Sie die Antwort am Ende schuldig. Sie sind die Verweigerer. Sie sind diejeni gen, die sich aus wahl- und parteitaktischen Gründen

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das glauben Sie doch selbst nicht! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

am Ende der Protestkultur annehmen, die die Protestkultur glorifizieren und als Bürgerbewegungen stilisieren und die wahren Bürgerbewegungen in diesem Land auf der Strecke lassen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich sage Ihnen ganz offen: Von dieser Form einer – so ich sa ge einmal – stilisierten Konsumgesellschaft halte ich wenig.

Ich will eine Aktionsgesellschaft, eine Gesellschaft von Bür gerinnen und Bürgern, die sich auch f ü r Projekte, f ü r Menschen engagieren und nicht nur dagegen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Schmid.

Herr Präsident, sehr verehrte Da men und Herren! Der Erkenntniswert dieser Debatte ist ge ring.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wie bei den meisten Debatten, die von den Grünen beantragt wur den!)

Wir sehen eine Partei, die zu einem wichtigen Thema im We sentlichen Nein sagt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Wir sehen eine andere Partei, die die Partei des Rückschritts und der Entsolidarisierung darstellt.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Wenn wir über moderne Politik für Baden-Württemberg re den, dann geht es doch um Fortschritt für das Land. Es geht um wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Fortschritt,