(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wir nehmen al les, Herr Finanzminister! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das dient dem Landeshaushalt! – Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Wir wollen nachhaltigen Kon sum! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt sind die Grünen auch noch gegen Weih nachten!)
Meine Damen und Herren, kurzum zum Teil 1: Wir können froh sein, dass wir Steuermehreinnahmen zur Rückführung der Verschuldung haben, aber das Ziel ist noch lange nicht er reicht. In den nächsten Jahren gibt es nach wie vor strukturel le Defizite in Milliardenhöhe. Wir wissen, ganz präzise be rechnet – ich habe es schon einmal gesagt, und ich muss es immer wieder sagen –: Um das Ziel für 2019 zu erreichen, muss selbst ein finanzstarkes Land wie Baden-Württemberg pro Jahr Hunderte von Millionen Euro an Schulden abbauen. Insgesamt sind es 2 Milliarden €, die aus dem allgemeinen Fi nanzrahmen herausgeschnitten werden müssen.
Das Zweite ist das Sparpaket. Der Ministerpräsident hat deut lich angekündigt, dass wir uns auch vor einer Landtagswahl – da erst recht, möchte ich sagen – mutig und ehrlich zu einer nachhaltigen Finanzpolitik bekennen müssen.
Er hat angekündigt, dass ein 500-Millionen-€-Paket geschnürt wird. Das wurde zwischenzeitlich öffentlich gemacht. Sie wis sen, worum es hier geht. Wir haben verschiedene Eckdaten dieses Sparpakets in die Diskussion gebracht. Zwei Punkte möchte ich nennen, die besonders viel Diskussion entfachen.
Wenn Sie einen Haushalt haben, bei dem nahezu 45 % oder, wenn man die mittelbaren Kosten hinzunimmt, fast 50 % Per sonalausgaben sind, dann werden Sie einen solchen Haushalt nicht mittel- und langfristig konsolidieren können, wenn Sie diesen Riesenausgabenblock außen vor lassen. Welche Spreng sätze darin sind, merken wir jetzt wieder aktuell bei den Ta rifauseinandersetzungen, zunächst bei der Tarifforderung. Sie müssen sich vorstellen, dass das, was jetzt als Forderung auf dem Tisch liegt – das ist nicht der Abschluss –, diese 5 % re spektive 4,65 %, wenn man von dem Ansatz von 1,5 % aus geht, den wir im Landeshaushalt haben, allein für das Jahr 2011 eine Zusatzbelastung von 400 Millionen € für den Lan deshaushalt von Baden-Württemberg wäre.
Kurzum: Wer beim Landeshaushalt sparen möchte, kann die Personalausgaben nicht außen vor lassen. Das ist das Erste und Wichtige. Darüber muss man sich im Klaren sein, auch wenn anschließend der Aufschrei sicherlich in gewaltiger Form, zum Teil Tsunami-like,
über uns herfällt. Wir haben uns entschieden, in den großen Stellenpool der Landesverwaltung hineinzugreifen und in den nächsten sechs Jahren 1 480 Stellen abzubauen. Immerhin ist das ein struktureller Beitrag von rund 12 Millionen € pro Jahr. Das bedeutet also einen ganz konkreten Abbau von Stellen.
Meine Damen und Herren, der Beschluss, Stellen abzubauen, ist das eine. Das andere ist natürlich – dazu müssen wir uns gleichzeitig verpflichten, wenn man das so vorgibt –: Man kann nicht nur abbauen. In den nächsten sechs Jahren nehmen wir uns vielmehr in die Pflicht, eine Aufgabenkritik durchzu führen
und ganz konkret im Gefolge auch Aufgaben zurückzuneh men. Das ist ganz wichtig; das kann man nicht oft genug sa gen. Das Streichen von Stellen ist das eine. Das andere ist na türlich, den Beschäftigten – die ja bisher nicht überflüssig wa ren – so viel Entlastung zu bieten, dass wir insgesamt 1 480 Stellen abbauen können,
zumal wir diese 1 480 Stellen auf gewisse Bereiche konzent rieren müssen. Wir nehmen die Bildung davon aus – da wird nichts abgebaut –, wir nehmen die Wissenschaft davon aus, wir nehmen die Polizei davon aus, wir nehmen die Justiz da von aus, und wir nehmen – das ist im Blick auf Steuergerech tigkeit auch ganz wichtig – den Steuervollzug davon aus.
Wenn ich aber diese Schonbereiche benenne, muss ich ehrli cherweise dazusagen, dass das auf andere fällt, die entspre chend dezimiert sind. Deswegen wird dieser Abbau nicht leicht sein.
Im ersten Jahr, im Jahr 2011, beginnt dieser Stellenabbau, und es werden bereits 220 Stellen abgebaut – das sind immerhin 7,7 Millionen € –, und nach sechs Jahren wird er komplett be endet sein.
Das Zweite – da spüre ich förmlich die Diskussionsbereit schaft draußen im Land – ist das Vorgriffsstundenmodell. Das Vorgriffsstundenmodell ist an sich nichts Neues für uns. Wir haben es schon im Schulbereich praktiziert. Wir alle wissen, worum es da geht. Es geht darum, dass eine Arbeitsleistung jetzt unentgeltlich in Anspruch genommen wird und dann spä ter wieder ein Ausgleich erfolgt. Das bringt jetzt eine Stunde Mehrarbeit,
und dann, irgendwann mit 40, 50 Jahren, erhält man eine hö here Flexibilität. Mancher ist sehr dankbar, wenn er im Alter ab 55 Jahren bis zum Pensionsalter einen Ausgleich erhält und dann entsprechend weniger arbeiten muss.
(Zurufe der Abg. Walter Heiler SPD und Dr. Gisela Splett GRÜNE – Abg. Gunter Kaufmann SPD: Die Dankbarkeit drückt sich in verschiedenen E-Mails aus!)
Also, kurzum, es ist ganz einfach: Zusätzlich zur normalen Arbeitsleistung soll eine unbezahlte Mehrleistung erbracht werden, für die dann zu späterer Zeit wieder ein Ausgleich er folgt.
Die Konsequenz ist klar: Das, was jetzt an zusätzlicher Ar beitsleistung erbracht wird, gibt mir die Möglichkeit, konkret Stellen abzubauen. Denn nur so sind Einspareffekte möglich. Dann kommt das Zweite und Dritte. Aber das, was ich dann einspare, weil jetzt Mehrarbeit geleistet wird, für die nachher wieder ein Ausgleich erfolgt – das kann in der Zwischenzeit durch den Abbau von Stellen kompensiert werden, wodurch Einsparvolumina geschaffen werden –, das muss anschließend gleichermaßen durch einen entsprechenden Aufgabenabbau gerechtfertigt werden.
Was wir in diesen beiden Säulen haben ist also nichts anderes als der heilige Schwur auf die Zukunft, dass wir diesen Maß nahmen tatsächlich einen nicht nur geringen, sondern deutli chen Aufgabenabbau beim Land folgen lassen. Das gehört der Ehrlichkeit wegen dazugesagt.
Nun, meine Damen und Herren, wird öffentlich darüber dis kutiert, ob es nicht andere Modelle gebe. Ich habe gesehen: Die SPD war mit dem Beamtenbund zusammen.
(Heiterkeit – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir haben Freundschaftsringe getauscht! Das dauert länger! – Vereinzelt Heiterkeit)
Aber eines ist auch klar: Natürlich kommt da und dort die For derung, die Idee mit dem Vorgriffsstundenmodell fallen zu lassen und lieber in der Besoldung entsprechende volumen gleiche Änderungen vorzunehmen. Meine Damen und Her ren, meine Haltung – aber ich bin nur einer aus diesem Ho hen Haus – ist eindeutig: Ich würde diese Besoldungserhö hung – zumal sie mit 1,5 % angesichts dessen, was bei den Tarifverhandlungen gefordert wird, nicht üppig ist – denen geben, die sie verdient haben, die Leistung erbringen.
Wenn Sie draußen jenseits von Bünden, Verbänden und Ver bandsfunktionären das Gespräch mit Beamten suchen, erhal ten Sie die Antwort: „Wenn ihr uns das ehrlich wieder zurück gebt, könnte ich mir sogar vorstellen, dass es ein Gewinn für mich ist, wenn ich im Alter wieder einen entsprechenden Stun
denausgleich bekomme, wenn ihr mir jetzt die Erhöhung gebt. Ich bin jetzt dabei, eine Familie zu gründen. Ich habe ein Haus gebaut. Ich brauche die Erhöhung.“
Insofern höre ich draußen bei den jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ständig, dass sie sagen: „Bitte nicht an die Besoldungserhöhung gehen!“ Deswegen ist der Vorschlag, der zum Teil vom Beamtenbund – vielleicht auch von der SPD mitgetragen – eingebracht worden ist, so nicht richtig. Er ist nicht gerecht gegenüber denjenigen, die jetzt schaffen und die jetzt ihr Geld brauchen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Genau! – Abg. Claus Schmiedel SPD zu CDU und FDP/DVP: Da würde ich jetzt nicht klatschen! Das war grotten falsch! Das passt doch gar nicht!)
Nur, Herr Schmiedel: Hoffentlich haben Sie bei der Schmu sestunde mit Herrn Stich diesem noch einmal gesagt, was Sie vor einem Jahr gefordert haben. Vor einem Jahr wollten Sie nämlich nicht nur 1 400 Stellen streichen, wie wir das jetzt vorhaben, sondern Sie wollten 5 000 Stellen streichen.
Das heißt also: Wer jetzt mit dem Beamtenbund gut Freund ist, der sollte sagen: „Bevor du mich umarmst, denke bitte da ran: Hier ist auch ein Messer. Ich bin auch Brutus. Hier kann es gleichzeitig Schnitte geben mit der kompletten Streichung von 5 000 Stellen.“ Nur haben Sie eines nicht gemacht – das wäre noch viel mutiger gewesen –: Sie haben nicht gesagt, wo Sie streichen wollen. Sie haben nur pauschal gesagt: „Wir lö sen die Regierungspräsidien auf.“ Es hat aber nie und nimmer jemand eine Antwort darauf geben können, was dann konkret mit der Arbeit geschieht, die bei den Regierungspräsidien ge leistet wird.
Meine Damen und Herren, schließlich komme ich zu den In vestitionen für die Zukunft. Natürlich sind das neue Mehraus gaben von über 150 Millionen €. Aber Folgendes stellt in die sem Fall auch ein Stück weit wichtige Symbolik dar: Wir neh men die Mittel hierfür nicht aus den Steuermehreinnahmen, sondern wir haben uns bei diesen Ausgaben auf das be schränkt, was an Kassenüberschüssen für die Jahre 2009 und 2010 hereinkommt. Das ist, glaube ich, ganz wichtig. Wir neh men hierfür nicht die Steuermehreinnahmen für das Jahr 2010, sondern die Kassenüberschüsse.
Wenn man schaut, was da konkret an Ausgaben angedacht ist, sieht man: Es handelt sich nicht um eine Spendierhose, die man vielleicht vor der Landtagswahl anzieht. Nein, das ist es nicht. Es geht um das, was für das ganze Land als notwendig erachtet wird.
Zum einen geht es um den Straßenbau. Heute kamen die Zah len zum Generalverkehrsplan. Demnach ist mit einer Zunah me des Güterverkehrs auf der Straße in den nächsten 15 Jah ren um über 50 % zu rechnen. Wenn man jetzt 40 Millionen €
zur Unterhaltssicherung in den Straßenbau investiert – nicht neu baut, sondern ausbaut –, ist das im Grunde nichts ande res als eine Zukunftsinvestition, die trotz leerer Kassen als zwingend und geboten anerkannt wird.
Das Zweite: Wir bauen die Breitbandverkabelung aus. Es ist geradezu ein Grundrecht des ländlichen Raums, dass wir da Anschluss halten. Wir geben dafür weitere 15 Millionen € da zu. Wir geben 14 Millionen € in die Städtebauförderung. Ich freue mich, dass der Stadt Staufen weiterhin geholfen wird.
60 Millionen € in die Hand nehmen, um für den Vorzugsstand ort Baden-Württemberg das umzusetzen, was im McKinseyGutachten festgestellt wird.