Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Ich kam mir bei Ihrem Beitrag vor wie in einem anderen Film.

(Zuruf der Abg. Katrin Altpeter SPD)

In den Presseberichten der vergangenen Woche konnte ich le sen: „Ungeteilte Zustimmung der Opposition zum Erwerb der Aktien“ – ungeteilte Zustimmung!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe der Abg. Helmut Walter Rüeck und Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Ich kann mich an eine Präsidiumssitzung in der vergangenen Woche erinnern, in der die SPD-Fraktion – ich will gar keine Namen nennen, um Sie nicht noch mehr zu blamieren – aus drücklich ein verkürztes Verfahren zur Beratung des Nach trags vorgeschlagen hat –

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Hört, hört! – Zu ruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

um dies einmal ganz klar und deutlich anzusprechen. Warum war das so? Zu dem Zeitpunkt waren Sie noch in der ersten Euphorie. Dann ist Ihnen drei Tage – –

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Namen wä ren schon interessant! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Unruhe)

Schreien Sie doch nicht herum.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja, natürlich! Das ist ja un glaublich! Miserabler Start! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Natürlich! Märchenstory! – Weitere Zurufe von der SPD – Gegenrufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Dietrich Birk: Getroffene Hunde bellen! – Unruhe)

Herr Präsident, würden Sie bitte einmal dafür sorgen, dass ich wieder weitersprechen kann?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Bleiben Sie einmal auf dem Boden der Wahrheit! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Drei Tage später sind Sie offensichtlich aus der Schockstarre aufgewacht und haben gemerkt, dass Sie eigentlich in der Op position sind.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Genau jetzt sind Sie in der Situation, dass Sie einen guten Coup, einen guten Deal, ein gutes Geschäft für unser Land, ein Geschäft, das im Interesse unseres Landes liegt, letztlich noch madig machen, weil Sie noch ein paar Haare in der Sup pe suchen. So sieht es doch aus.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rein hold Gall SPD: Warum gab es dann so viel Kritik aus Ihrer Fraktion?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass der Ministerpräsident mit dem Rückkauf der EnBW-Anteile von der EdF

(Abg. Reinhold Gall SPD: Glauben ist schon einmal gut! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

gut gelegen hat und dass der Rückkauf auch im Interesse des Landes Baden-Württemberg war und ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Der Ministerpräsident kannte hierzu auch die Haltung der Fraktionen – zumindest dem Grunde nach – und konnte sich auch sicher sein, dass ein Rückerwerb der Anteile mindestens von der Mehrheit dieses Landtags, wenn nicht sogar vom ge samten Plenum getragen würde.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das Orakel von Delphi! – Abg. Reinhold Gall SPD: Da hört man aber von Ihrer Fraktion auch andere Dinge!)

Eines ist doch ganz klar: Vertraulichkeit ist bei solchen Ge schäften das A und das O.

Jetzt sage ich noch einmal: Es gibt verschiedene Gründe. Sie haben zu Recht die Verfassung des Landes zitiert. Anderer seits gibt es das Bundesrecht

(Abg. Reinhold Gall SPD: Die CDU-Landräte hat man doch auch informiert!)

in einfachen Gesetzen. Also es ist halt so: In solchen Fällen bricht Bundesrecht noch immer Landesrecht. Punkt 1.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Da hat jetzt ein Forst wirt geredet, kein Jurist!)

Punkt 2: Ein solcher Fall ist wahrscheinlich auch selten. Des halb ist im Bundesrecht erst gar nicht berücksichtigt, dass ei ne öffentliche Körperschaft mit geteilter Verantwortungswahr nehmung im Industriebereich, nämlich bei einem börsenno tierten Unternehmen, überhaupt als Käufer oder Verkäufer auftritt.

Punkt 3: Wenn die EdF sagt: „Wir wollen keinen Parlaments vorbehalt im Vertrag“ und davon das Zustandekommen des Kaufs respektive des Rückkaufs abhängig macht, heißt das: entweder so oder so. Dann kommt dieser Rückkauf unter Um ständen nicht zustande. Das ist ganz einfach. Die Frage ist na türlich, ob wir im Interesse dieses Landes und seiner Bürger eine solche Alternative überhaupt ernsthaft in Erwägung zie hen würden.

Ich glaube, Herr Kollege Dr. Schmid, Sie hätten vor dem Ab schluss dieses Vertrags vermutlich noch einen Volksentscheid herbeigeführt.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Abg. Helmut Wal ter Rüeck CDU: Aber nur auf Antrag der Jusos! – Abg. Reinhold Gall SPD: Darüber reden wir heute noch!)

Um damit eines klarzumachen: Es gibt bestimmte Geschäfte, die man entweder jetzt machen kann oder gar nicht. Ich halte den Ausnahmetatbestand, den der Herr Ministerpräsident vor hin zu Recht angesprochen hat, aufgrund der Bedeutung und des singulären Themas in diesem Fall auch für vertretbar und richtig,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Das ist im Interesse des Landes!)

weil das Ganze im Interesse des Landes ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Es ist völlig egal, was Sie davon halten! Der Deal ist gemacht!)

Dann finden Sie bei dem Thema „Morgan Stanley“ weitere Haare in der Suppe. Auch dazu hat der Ministerpräsident dar gelegt, dass es fachliche Gründe gibt, genau diese Bank mit heranzuziehen: Erstens hat sie die EdF zu 20 % teilprivatisiert und war beim Börsengang damals aktiv, und zweitens kennt sie auch die EnBW, und damit ist in Bezug auf EdF und EnBW bereits Insiderwissen vorhanden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Eine Hand wäscht die an dere!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass der Chef die ser erfolgreichen Bank eine unumstrittene fachliche Kompe tenz aufweist, das bestreiten nicht einmal Sie.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Vorher hat Mappus ge sagt: Das sind alles Heuschrecken!)

Das haben Sie bisher nicht bestritten. Dass der Chef dieser Bank außerdem zufällig Unionsmitglied ist, das ist eine Be reicherung für die Union, hat aber mit dem Geschäft nichts zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Märchen! – Zuruf von der CDU zu SPD und Grünen: Solche Leute hätten Sie auch gern! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wie sieht es bei Gleiss Lutz aus?)

Das ist der ganz entscheidende Punkt. Nein, meine sehr ver ehrten Damen und Herren, am Ende, lieber Herr Kollege Dr. Schmid, konnten Sie sich nicht einmal durchringen, dem Mi nisterpräsidenten zu diesem Kauf bzw. Rückkauf zu gratulie ren.

(Zuruf von der CDU: Richtig! So ist es! – Zuruf des Abg. Dr. Frank Mentrup SPD)

Das wäre angemessen gewesen. Ich sage noch einmal: Die Presseberichte der vergangenen Woche sprechen doch eine andere Sprache, und es gibt gute Gründe, diese Aktien genau zum jetzigen Zeitpunkt zu erwerben.

Die Veränderungen, die in den letzten zehn Jahren eingetre ten sind, sind gravierend. Als man damals an die EdF als Min derheitsaktionär verkaufte, war das ganze energiepolitische Umfeld in einem ganz anderen Szenario zu sehen. Energiepo litik war damals ein Feld, das noch nicht bereinigt war. Die Zukunft der Stadtwerke war ungewiss. Die ehemaligen Regi onalmonopolisten haben sich überhaupt erst wieder gefunden. Mittlerweile sind es Oligopole geworden. Dabei war damals ein starker Partner notwendig.

Das Thema ist heute vorbei. Die Stadtwerke haben sich sta bilisiert und die Oligopole ein Stück weit festgefügt. Aber es gibt nach wie vor Wachstumsmärkte. Wir müssen alles dafür tun, dass auch im energetischen Sektor Wachstum und Be schäftigung in Baden-Württemberg verbleiben. Wir müssen auch kommunale Eigner, kommunale Stadtwerke stärken. Da zu bietet sich jetzt die EnBW an, weil die Stadtwerke erstmals in nennenswertem Maß Zugang zur Produktion von Strom be kommen können und nicht nur im Handel verharren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Aber die Stadtwerke wollen es doch gar nicht!)

Frau Kollegin Mielich, Badenova wird es vermutlich nicht wollen, solange in Freiburg die Grünen und die Linken die Mehrheit haben.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Die Mehrheit der Grünen und der Linken? – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Wer soll das bitte sein? Wer? – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die grün-linke Mehrheit! – Abg. Helmut Wal ter Rüeck CDU: Die sind natürlich dagegen! Das ist klar!)

Aber es stehen bereits eine ganze Reihe von Interessenten auf der Matte.

Das Zweite: Die Frage ist doch, wie das gestaltet wird und wie das strategische Szenario in den nächsten Jahren ausse