Protokoll der Sitzung vom 03.02.2011

Sie haben angekündigt, Sie wollen für integrative Schulpro jekte werben. Das war Ihr Ziel. Sie haben jetzt in Ihrem neu en Programm etwas verabschiedet, was genau dies beinhaltet. Dort heißt es:

Schulversuche sowie regionale Initiativen zur verstärk ten Kooperation von Verbünden und verschiedener Schul arten... sind förderungswürdig.

„Erfolgreiche Programme aus Schulversuchen“ sollen „wei tergeführt... und... von anderen Schulen übernommen wer den können“.

(Beifall der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP)

Da muss ich Sie fragen: Mit wem wollen Sie das denn ma chen? Die CDU hat hier ganz klar gesagt, dass das mit ihr nicht geht.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das überlassen Sie doch uns!)

Sie betreiben ganz bewusst Wählertäuschung, weil Sie eben nicht bereit sind, hier irgendeine Veränderung vorzunehmen, und sich in der Bildungspolitik am Nasenring durch das Land ziehen lassen.

Dazu noch mehr in der zweiten Runde.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Zel ler.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schick, Sie und Ihre CDU

(Abg. Peter Hauk CDU: Immer noch „Frau Ministe rin“, Herr Kollege Zeller!)

machen eine Politik gegen die Kommunen, gegen die Schu len und gegen die Eltern.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Sie sind mit Ihrem Werkrealschulkonzept gegen die Wand ge fahren. Die Gemeinden Kusterdingen, Kirchentellinsfurt und Wannweil haben Ihnen gezeigt,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Halten Sie sich da raus! Das ist mein Wahlkreis!)

dass Ihr Weg der falsche ist. Das Schlimme ist aber: Sie wol len das gar nicht einsehen, sondern Sie haben jetzt, ohne dass Sie die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet haben, so fort erklärt, Sie würden dagegen Widerspruch einlegen.

(Zuruf von der CDU: Widerspruch?)

Es ist nicht das erste Mal, dass Sie mit der Bildungspolitik der Regierungskoalition an die Wand gefahren sind. Schon im Jahr 2007 ist die Landesregierung mit ihrem Vorhaben, Fran zösisch als erste Pflichtfremdsprache in der Rheinschiene durchzusetzen, gescheitert. Sie mussten einräumen, dass Sie auf dem Holzweg waren, als es um die Integrative Waldorf schule Emmendingen ging, als es darum ging, auch geistig behinderte Kinder ins Regelschulwesen aufzunehmen. Das ist Ihre Politik. Nehmen Sie Eltern, Kommunen und die Schulen endlich ernst!

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Mit Rechthaberei über die Köpfe der Betroffenen hinweg, wie Sie sie betreiben, ist es nicht getan. Ich fordere Sie von dieser Stelle aus auf, Frau Schick: Nehmen Sie diese Berufung zu rück, und akzeptieren Sie das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen.

Meine Damen und Herren, der Bürgermeister von Kirchen tellinsfurt

(Abg. Peter Hauk CDU: Sind Sie jetzt für die Werk realschule oder nicht?)

hat gesagt: „Wir können den Eltern, die im Frühjahr ihre Kin der anmelden, nicht sagen, wie es nach der siebten Klasse wei tergehen wird.“ Die Folge ist nun – das muss man sich jetzt einmal vergegenwärtigen; das ist Ihre Politik –: Die Eltern melden die Kinder außerhalb der Schule in Ganztagsschulen oder in Privatschulen an.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Was haben Sie gegen Privatschulen?)

Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Sie sind letztlich schuld da ran, wenn die Schulen aus den Dörfern verschwinden.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: So ein Blödsinn!)

Ich behaupte, meine Damen und Herren, das ist von Ihnen auch gewollt.

(Abg. Walter Heiler SPD: Vorsatz! – Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Denn das Werkrealschulkonzept ist letztlich nichts anderes als ein Einsparkonzept zulasten der Schulen am Ort. Es ist doch ein bildungspolitischer Offenbarungseid, wenn ein Schulstand ort nach dem anderen wegbricht. Wir können dies ja überall im Land verfolgen. Die Folge Ihrer Politik ist doch, dass wir eine Konzentration der Schulen auf wenige Kommunen ha ben.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Ganz wenige!)

Kollege Lehmann hat gerade zu Recht das Gutachten von Ti no Bargel zitiert. Ihre Politik führt dazu, dass letztlich nur noch 30 % der Kommunen eine weiterführende Schule haben werden. Das darf nicht sein. Das ist ein Verlust, ein kommu naler Verlust und auch ein kultureller Verlust in der Fläche, den wir nicht akzeptieren wollen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir hingegen werden Schulkonzepte unterstützen, die die Schule vor Ort im Dorf belassen.

(Zuruf des Abg. Gundolf Fleischer CDU)

Wir wollen eine wohnortnahe Schule mit einem möglichst breiten Spektrum von Abschlüssen haben.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Eine zentrale Einheits schule wollen Sie!)

Wir wollen, dass Kommunen ab 5 000 Einwohnern auch das Recht bekommen, eine weiterführende Schule zu haben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Diesen Rechtsanspruch wollen wir einlösen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Stärkung des ländlichen Raums! – Zuruf der Abg. Andrea Krueger CDU)

Die Grundschulempfehlung halten wir für überholt, für über flüssig.

(Abg. Volker Schebesta CDU: So?)

Es gibt genügend Beispiele, die belegen,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Seit zehn Jahren immer dasselbe!)

dass die Grundschulempfehlung nicht mehr zeitgemäß und pädagogisch nicht mehr zu verantworten ist. Deswegen wer den wir in der nächsten Plenarsitzung mit unserem Gesetz entwurf diesbezüglich auf ihre Abschaffung drängen.

Es geht darum, Eltern ernst zu nehmen,

(Abg. Walter Heiler SPD: Ja!)

sie zu beraten, mit ihnen gemeinsam den besten Weg für ihr Kind zu diskutieren und den Eltern nicht sozusagen per Ver

ordnung von oben nach unten im Sinne eines obrigkeitsstaat lichen Denkens Vorschriften zu machen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Walter Heiler SPD: Wo sind wir denn?)