Protokoll der Sitzung vom 02.03.2011

Als Präsident des südbadischen Sportbunds hatten Sie eine große gesellschaftliche Kraft im Rücken. Das verlieh Ihnen zusätzlich politische Statur. Es machte Sie in der Diktion von Heiner Geißler zu einem „MdL plus“.

(Heiterkeit)

Ihre konsequente Hartnäckigkeit in der Sache verbanden Sie immer mit charmanter, gediegener Höflichkeit im Umgang, und stets in edlem Tuch gewandet waren Sie zudem ein auf fällig elegant gekleideter Kollege. Über die Hälfte Ihres bis herigen Lebens gehörten Sie dem Landtag an. Schon dieser Umstand sichert Ihnen unsere Hochachtung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der SPD und der Grünen)

Der Abschied aus dem Parlament verbindet. Unterschiede ver schwimmen. Gleichwohl existiert eine Abstufung: Wer mehr als 30 Mandatsjahre hinter sich hat, dessen Verdienste um das Land werden von einem kleinen Goldrand geziert.

(Heiterkeit des Abg. Peter Hofelich SPD)

Idealtypisch zu sehen ist das bei unserem Kollegen, Minister Pfister. – Ich glaube, er ist nicht da.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Doch! Er sitzt dort! Auf seinem Abgeordnetenplatz!)

Entschuldigung! – 1980 erstmals gewählt, widmeten Sie sich als gelernter Gymnasiallehrer und agiler parlamentari scher Schaffer mit Affinität und Praxiswissen der Schulpoli tik. Bald hatten Sie einen exzellenten Ruf.

1996 kürte Ihre Fraktion Sie zum Vorsitzenden. Sie waren Or ganisator von Mehrheiten, Chefunterhändler bei grundsätzli chen Weichenstellungen im gesamten landespolitischen Spek trum und temperamentvoller Frontmann in den Generaldebat ten – Sie bewährten sich rundum.

Im Jahr 2004 avancierten Sie zum Wirtschaftsminister. Mit Ihrer zupackenden offenen Art kamen Sie nicht nur bei den Mittelständlern bestens an. Der Wirtschaftsstandort BadenWürttemberg hatte in Ihnen einen weltoffenen, gewinnenden und dennoch grundsoliden Repräsentanten.

Was für den Kollegen Fleischer der Sport, das ist für Sie ein Musikinstrument: die Harmonika, die Sie virtuos spielen und um die Sie sich als Verbandspräsident auch intensiv kümmer ten. Die wohltuenden Effekte des Musizierens auf Geist und Gemüt brachten Sie in der Politik zur Geltung. Sie waren ein sympathischer Kollege, der nicht nur zuvorkommend auftrat, sondern selbst in härtesten Auseinandersetzungen verbindlich blieb. Ihr Name steht bleibend für fundiertes Wirken und auf richtige Kollegialität.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Als der Kollege Scheuermann im Jahr 1988 und die Kollegin Vossschulte im Jahr 1989 ihre Mandate antraten, gab es noch zwei deutsche Staaten, der Begriff „Globalisierung“ zählte tat sächlich noch zu den Fremdworten, und das Internet war noch nicht frei zugänglich. Das offenbart, wie vielen einschneiden den Entwicklungen Sie sich stellen mussten.

Sie, lieber Kollege Scheuermann, wurden zur in jeder Hin sicht unverwechselbaren Stimme Ihrer Fraktion in der Um welt- und Verkehrspolitik sowie in der Medienpolitik. Sie eta blierten sich als ständiger Impulsgeber des Regierungshan delns und als gestrenger Navigator des politischen Kurses. Für Ihre Überzeugungen stritten Sie konsequent, wohlgemerkt auch in den eigenen Reihen.

Dreimal schulterten Sie die Herkulesaufgabe, einen Untersu chungsausschuss zu leiten, und Sie führten das schärfste Schwert des Parlaments so gekonnt, dass es Resultate erziel te, ohne zu verschleißen. Da Sie es kurz und knackig mögen, sage ich schlicht: Hut ab vor Ihren Leistungen als MdL!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Pädagogin aus Berufung, Erfahrung als Ministerialbeamtin, Sprachklang einer Tagesschausprecherin –

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Dieter Kleinmann FDP/ DVP)

schon diese drei Komponenten Ihres persönlichen Rüstzeugs, liebe Kollegin Vossschulte, befähigten Sie, als Nachrückerin rasch Fuß zu fassen. Stets profiliert und detailfest argumen tierend gewannen Sie allseits Akzeptanz. Davon zeugten Ih re Wahl zur stellvertretenden Landtagspräsidentin 2001 und Ihre Wiederwahl 2006.

Auch als Vizepräsidentin powerten Sie mit vollem Einsatz in den sachpolitischen „Maschinenräumen“ des Landtags, aktu ell im Schulausschuss und im Europaausschuss. Daneben wa ren Sie für mich eine perfekte Vertreterin: jederzeit parat und sämtliche Aufgaben souverän bewältigend.

Ob beim allgemeinen Präsidieren, ob bei den Routinetages ordnungspunkten am Schluss der Plenartage, deren Abspulen Sie sprechtechnisch in ein grandioses Finale verwandelten,

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

ob am Rednerpult, ob als Gastgeberin bei Veranstaltungen – überall bewiesen Sie Stil und Esprit. Sie personifizierten die Würde des Hohen Hauses. Herzlichen Dank speziell dafür!

(Beifall bei allen Fraktionen)

In unserem Volkshandbuch symbolisieren Sterne neben unse ren Namen, in der wievielten Wahlperiode wir dabei sind. So betrachtet, verabschieden wir nun gleich fünf renommierte „Vier-Sterne-Fachpolitiker“:

(Heiterkeit des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP)

die Kolleginnen Lazarus und Wonnay, die Kollegen Döpper und Heinz mit je 19 Mandatsjahren sowie den Kollegen Behringer mit rund 17 Mandatsjahren.

Sie, liebe Kollegin Lazarus, verkörperten eine ausgesprochen wichtige politische Legierung: Sie waren mit demselben Elan Bildungs- und Finanzpolitikerin. Beides schlüssig zu kombi nieren vermochten Sie nicht zuletzt deshalb, weil Ihnen als Studiendirektorin und als einflussreicher Fraktionsvorsitzen den im Baden-Badener Gemeinderat niemand ein X für ein U verkaufen konnte.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Die Kollegin Wonnay kann heute nicht hier sein. „Hausfrau“ ließ sie unter „Beruf“ ins Landtagshandbuch drucken. Diese Bezeichnung beinhaltete eine politische Kampfansage gegen hergebrachte Klischees. Vier Wahlperioden lang trat sie im Sozialausschuss für eine moderne Familien- und Frauenpoli tik ein. Wenn sie Versäumnisse witterte, wurde sie zur streit

baren Lobbyistin für jene, denen eine Lobby fehlt. Fünf Jah re lang fungierte sie zusätzlich als stellvertretende Fraktions vorsitzende.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Krankenkassenbetriebswirt – dieser Beruf prädestinierte Sie, lieber Kollege Döpper, für den Sozialausschuss. Sie bestätig ten das in drei Wahlperioden.

Ihre zweite politische „Mission“ fanden Sie im Petitionsaus schuss, dem Sie seit 1992 angehörten und dessen Vorsitz Sie 2001 übernahmen. Sie verinnerlichten die Aufgabe, Treuhän der eines zentralen Grundrechts zu sein. Trotz der riesigen Fallzahlen ermüdeten Sie nicht. Jederzeit brachten Sie zwei erlei in praktische Konkordanz: Ihren wohlwollenden Gerech tigkeitssinn und die Entschiedenheit, eine generell für richtig erachtete Linie im Einzelfall durchzuhalten. Besonderer Re spekt und ausdrückliche Anerkennung dafür.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Die klassische württembergische Verwaltungsausbildung gilt im Schwäbischen als die einzig wahre Eliteausbildung,

(Vereinzelt Heiterkeit)

und dies aus gutem Grund, wie Sie brillant zeigten, lieber Kol lege Heinz. Als 40-Jähriger kamen Sie in den Landtag. Zu die sem Zeitpunkt waren Sie schon über zehn Jahre Bürgermeis ter. Sie konnten also prompt viel einbringen. Ehrgeizige Sach kunde, abgeklärter Pragmatismus und eine soziale Ader präg ten Sie als Innen- und Sozialpolitiker. Schön, dass Sie als Lan desgeschäftsführer des DRK Baden-Württemberg weiterhin dem Gemeinwohl dienen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie, lieber Kollege Behringer, waren in Ihrem Wahlkreis so präsent und so fest verwurzelt, dass Sie keinen Internetauftritt brauchten.

(Heiterkeit)

Sie nahmen Bürgernähe wörtlich und praktizierten sie tradi tionell. Sie wollten nie das große Rad drehen. Sie wollten die richtigen Hebel betätigen. Sie rackerten pflichtbewusst, ohne um Aufsehen zu buhlen. Exemplarisch dafür war Ihre Bereit schaft zur Kärrnerarbeit im Petitionsausschuss. Dafür herzli chen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Acht Kolleginnen und Kollegen verabschieden sich mit Ver diensten aus 15 Jahren Mandatszeit in das „Leben nach dem Landtag“.

Sie, liebe Kollegin Lichy, wurden 1996 als Landtagsnovizin sofort Sozialstaatssekretärin. Diese doppelte Herausforderung meisterten Sie mit allen Qualitäten einer richtigen Unterlän derin und erfahrenen Kommunalpolitikerin. Dass der Grad unseres Engagements nicht von Ämtern und Würden abhän gig sein darf, demonstrierten Sie in dieser Wahlperiode als Mitglied des Wissenschafts- und des Europaausschusses. Auch Ihnen herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie, liebe Kollegin Netzhammer, zählten als führungsstarke Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses und als Mitglied des Finanzausschusses zu den einflussreichsten Akteuren im Par lament. Wirtschaftswissenschaftlerin, Wirtschaftspädagogin, zu Hause ein mittelständisches Familienunternehmen – Ihre sachpolitische Arbeit war authentisch und daher stringent. Auch Ihnen gilt ein herzlicher Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Liebe Kollegin Rastätter, hört man Ihren Namen, hat man so fort Ihren jugendlichen Politikstil vor Augen.

(Vereinzelt Heiterkeit)