Protokoll der Sitzung vom 06.12.2006

Das Ausgabenvolumen des Bildungsetats steigt von 2006 auf 2008 um mehr als 400 Millionen € und damit um 5,6 %. Damit geben wir ein knappes Viertel des Gesamtetats für den Bildungsbereich aus. Rechnen wir die 4 000 Stellen für neue Lehramtsanwärter hinzu, entfallen mehr als die Hälfte der Personalstellen im Haushalt auf den Bereich Schule und Bildung.

Darüber hinaus haben wir auch dem zunehmenden Trend zu Privatschulen Rechnung getragen. Die Schülerzahlen steigen dort. Wir investieren in die Privatschulen zusätzlich rund 86 Millionen €. Verglichen mit dem Jahr 2004, ist dies bis 2008 ein Anstieg um knapp ein Fünftel.

Meine Damen und Herren, aber auch Hochschulen, Wissenschaft und Forschung sind für uns ein Investitionsschwer

punkt. Wir alle wissen, dass wir in den nächsten Jahren eine wesentlich größere Anzahl von Studierenden haben werden. Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Studienanfänger bis zum Jahr 2012 um 16 000 steigen wird. Wir haben deswegen das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ aufgestellt, und wir haben die notwendigen Mittel bereitgestellt. Im Endausbau werden zusätzliche Mittel in Höhe von 150 Millionen € aus dem Haushalt kommen und dazu 150 Millionen € von den Hochschulen. Das sind 300 Millionen € zusätzlich bis zum Jahr 2012. Ich habe mich bei den Kollegen umgehört und festgestellt: Kein anderes Bundesland ist so weit wie wir. Wir können stolz darauf sein, dass wir nicht nur in die Schulen, sondern auch in die Hochschulen sehr viele Investitionsmittel stecken.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Baden-Württemberg ist das Forschungsland Nummer 1 in der Bundesrepublik Deutschland. Rund 4 % unseres Bruttoinlandsprodukts werden in Forschung und Entwicklung investiert. Den größten Teil davon – das muss man ehrlicherweise sagen – leisten die Unternehmen im Lande. Im Bundesdurchschnitt allerdings liegen die Forschungsausgaben nur bei 2,4 %. Zwischen 2,4 % und 4 % ist ein Riesenunterschied. Wir sorgen damit dafür, dass wir auch in Zukunft die Nase vorn haben werden.

Meine Damen und Herren, bei der Auswahl der Spitzenuniversitäten in Deutschland im Rahmen der Exzellenzinitiative ist Baden-Württemberg nicht nur mit der Technischen Hochschule Karlsruhe ganz vorn dabei, sondern auch mit weiteren Universitäten sehr gut positioniert. Wir unterstützen die Exzellenzinitiative durch die Bereitstellung der notwendigen Kofinanzierungsmittel.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die innere Sicherheit. Nachhaltige Politik braucht solide Rahmenbedingungen. Bei der inneren Sicherheit hat Baden-Württemberg einen Spitzenplatz in Deutschland. Das soll auch so bleiben. Dazu haben sich die Regierungsparteien in der Koalitionsvereinbarung klar bekannt.

Wir wollen auch in Zukunft eine bürgernahe und leistungsfähige Polizei. Wir wollen auch weiterhin eine optimal organisierte und modern ausgestattete Polizei. Der Haushaltsentwurf trägt diesem Bekenntnis Rechnung mit Maßnahmen, die die Strukturen verbessern, und mit zusätzlichen Mitteln für die Ausstattung.

Wir steigen mit diesem Doppelhaushalt bei der Polizei in den „atmenden Stellenplan“ ein.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Oi! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ist das etwas Gutes oder etwas Schlechtes?)

2007 und 2008 werden wir im mittleren Dienst insgesamt 700 Stellen heben und damit die Stellenstruktur bei der Polizei deutlich verbessern. Gleichzeitig setzen wir die schrittweise Erhöhung des Anteils der Stellen des gehobenen Dienstes fort, mit der wir in diesem Jahr begonnen haben. Bis 2010 soll der Anteil des gehobenen Dienstes im Polizeivollzugsdienst bei 55 % liegen.

(Minister Gerhard Stratthaus)

Wir stellen der Polizei auch zusätzliche Mittel für Investitionen zur Verfügung – auch mit Blick auf die Gefährdung durch den internationalen Terrorismus. Beim Landesamt für Verfassungsschutz wird ein dritter Observationstrupp zur Terrorbekämpfung aufgestellt, und wir investieren in die Verbesserung der Ausstattung bei Information und Kommunikation. Wir sichern und verbessern damit die Voraussetzungen für eine moderne und leistungsfähige Polizei.

Ein weiterer Schwerpunkt, meine Damen und Herren, ist für uns der Verkehr und der Straßenbau. Ein moderner und leistungsfähiger Wirtschaftsstandort ist auf eine gut ausgebaute Infrastruktur angewiesen. Der Erhalt und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Land sind gemeinsame Aufgaben verschiedener Partner. Es sind allerdings gemeinsame Aufgaben mit gemeinsamen Interessen. Von einer guten Infrastruktur profitieren nicht nur die Menschen im Land. Der Nutzen reicht gerade in einem Land wie Baden-Württemberg, das in der Mitte Europas liegt, weit über das Land hinaus.

Wir setzen uns bei unseren Partnern, etwa beim Bund, für eine zügige Umsetzung der anstehenden Maßnahmen ein. Das betrifft die Schienenprojekte ebenso wie die Bundesfernstraßen. Wir erwarten vom Bund mehr Engagement – gerade bei den ganz großen Projekten. Stuttgart 21 ist ein Projekt – das muss ganz eindeutig gesagt werden –, das für das gesamte Land von ganz großer Wichtigkeit ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Deswegen sind wir auch bereit, einen Beitrag zu übernehmen. Wir bieten unsere Beteiligung an, aber wir fordern auch eine faire Beteiligung des Bundes.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Zu einer leistungsfähigen Infrastruktur gehört auch ein leistungsfähiges Landesstraßennetz. Im Sinne einer nachhaltigen Politik stocken wir die Mittel für den Erhalt, den Ausbau und den Neubau im Doppelhaushalt 2007/2008 deutlich auf. Hierfür stehen in beiden Jahren jeweils mehr als 130 Millionen € zur Verfügung – nach rund 100 Millionen € im laufenden Jahr. Ich muss Ihnen sagen: Mir wäre es recht gewesen, wenn wir noch etwas mehr gehabt hätten.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Im Bereich Hochbau, meine Damen und Herren, müssen wir uns weitgehend auf die Erhaltungsmaßnahmen konzentrieren. Neue Bauvorhaben werden leider die Ausnahme sein. In das allgemeine Behördenbauprogramm werden daher vor allem dringend erforderliche Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen und einige Neu- und Erweiterungsbauten bei Landeseinrichtungen, vorwiegend für Justiz und Polizei, aufgenommen werden können.

Um allerdings unsere Spitzenstellung im Bereich von Forschung und Entwicklung weiter zu unterstützen, werden wir auch bei den Hochschulen die Modernisierung fortsetzen. So werden wir Neubauten der Hochschulen in Heilbronn, in Konstanz, bei der Universität Heidelberg und die Chirurgie des Universitätsklinikums in Ulm finanzieren.

Das Fazit, meine Damen und Herren: Wir unternehmen auch weiterhin alle Anstrengungen, um Baden-Württem

berg einen Spitzenplatz zu erhalten. Wir setzen uns dafür ein, dass Baden-Württemberg wie in der Vergangenheit auch in den nächsten Jahren das Land mit der geringsten Arbeitslosigkeit sein wird. Wir setzen uns dafür ein, dass Baden-Württemberg zu den Ländern gehört, die überdurchschnittliche Wachstumsraten haben. Wir setzen uns vor allem dafür ein, dass auch noch in 20 oder 30 Jahren die junge Generation, die zahlenmäßig viel kleiner sein wird als heute, gute Voraussetzungen vorfindet, um in der Zukunft zu bestehen.

Wir haben in den letzten Wochen die Weichen in Richtung Nullneuverschuldung gestellt, und wir wollen Kurs halten. Haushaltskonsolidierung bedeutet für uns, an der richtigen Stelle zu sparen. Das bedeutet aber auch, an der richtigen Stelle zu investieren.

Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diesen Haushalt konsequent und intensiv zu diskutieren. Dann wird es am Ende für Sie alle eine Freude sein, diesem guten Haushalt zuzustimmen.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU – Bei- fall bei der FDP/DVP und des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, die Aussprache über den Haushalt findet in der Sitzung am Donnerstag, dem 14. Dezember 2006 statt.

Punkt 1 der Tagesordnung ist abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP und Antwort der Landesregierung – Sicherheit im Straßenverkehr im Land Baden-Württemberg – Drucksache 14/386

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion und für das Schlusswort fünf Minuten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Mobilität ist Ausdruck individueller Freiheit. Mobilität schafft Chancen und Lebensqualität. Wir sind eine mobile Gesellschaft. Die individuelle Mobilität ist weder im Geschäftsleben noch bei der Freizeit wegzudenken, wobei wir dabei sind, es bei der Freizeit und dem Individualverkehr vielleicht etwas zu übertreiben. Ich meine damit den Freizeit- und Wochenendstress auf den Straßen.

(Zurufe von der SPD, u. a. des Abg. Claus Schmie- del)

Auf den Straßen unterwegs zu sein bedeutet – auch wenn man von Ludwigsburg hereinfährt, Herr Schmiedel – in letzter Zeit bedauerlicherweise jedoch auch ein zunehmendes Sicherheitsrisiko. Erstmals nach einigen Jahren ist im ersten Halbjahr 2006 bei uns in Baden-Württemberg wieder ein Anstieg der Zahl der Toten im Straßenverkehr, und zwar im

Gegensatz zur Gesamtentwicklung in Deutschland, zu verzeichnen. Es liegt also Handlungsbedarf vor, Handlungsbedarf mit dem Ziel der Minimierung von Unfallrisiken. Deshalb gehört Verkehrssicherheit auf die Agenda der Verkehrspolitik.

Jeder Verkehrsunfall, vor allem jeder Unfall mit Personenschaden, und jeder Verkehrstote ist einer zu viel.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Um in der Prävention Erfolg zu haben und um dem Trend der steigenden Unfallzahlen entgegenzuwirken, muss eine Analyse, also das Hinterfragen dieser neuesten Verkehrsunfallstatistik, erfolgen. Hinterfragt werden muss auch, warum in Deutschland insgesamt die Unfallzahlen zurückgingen und im Gegensatz dazu in Baden-Württemberg im ersten Halbjahr eine signifikante Zunahme zu verzeichnen ist: plus 6,5 % im ersten Halbjahr bei den tödlich Verunglückten im Straßenverkehr, plus 7,3 % bei Unfällen auf Bundesautobahnen mit Personenschaden und plus 4,1 % bei den Unfällen, an denen Seniorinnen und Senioren beteiligt waren.

Besonders auffällig war die Zunahme der Zahl der Unfälle bei Güterkraftfahrzeugführern, also Berufskraftfahrern, mit plus 3 %. Hier sticht ins Auge, dass vor allem die Kleintransporter bis 3,5 t, die sogenannten Sprinter, Hauptverursacher sind.

Tatsache ist auch, dass lediglich 8 % der Verkehrsunfälle mit Personenschaden auf technische Mängel sowie Straßenund Witterungsverhältnisse zurückzuführen sind. Die Sicherheitstechnik im Fahrzeugbau – sei es in der Bremstechnik oder in der Signaltechnik – und auch die Fortschritte im Straßenbau haben hier segensreich gewirkt. Hierfür geht der Dank an unsere Fahrzeugbauer, an unsere Straßenbauer und an unsere Ingenieure.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Damit wird klar, dass 92 % der Unfälle mit Personenschaden auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen sind. Nicht angepasste Geschwindigkeit, Vorfahrtsfehler, mangelnder Sicherheitsabstand, Drängelei, aggressives Fahrverhalten, oftmals Alkohol- und zunehmend Drogenkonsum sind hierfür ursächlich.

Es ist eine gesellschaftspolitische und damit auch eine verkehrspolitische Aufgabe, diesem Fehlverhalten, insbesondere bei den Unverbesserlichen, mit präventiven Maßnahmen entgegenzuwirken.

Um es noch einmal klarzustellen: Die Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger auf den Straßen und die Mehrheit der Berufskraftfahrer fahren verantwortungsvoll. Es geht um die Unverbesserlichen.

Sie alle kennen die Polizeiberichte aus Ihren Heimatzeitungen, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen. Sie kennen auch die Todesanzeigen, die da lauten: „Viel zu früh …“ oder „Durch einen tragischen Verkehrsunfall …“,

oder Berichte, wie ich gestern einen in unserer Heimatzeitung lesen musste – ich zitiere –:

Polizei kontrolliert gezielt