Protokoll der Sitzung vom 06.12.2006

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das war ein Geschäfts- ordnungsantrag! – Weitere Zurufe von der SPD)

Jetzt wird über den Geschäftsordnungsantrag diskutiert. Wem darf ich das Wort erteilen?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der muss doch erst geprüft werden!)

Ja. Und zur Begründung erteile ich dem das Wort, der es möchte. Möchten Sie jetzt das Wort? Sonst bekommt es Herr Abg. Palm.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Der Antragsteller muss doch begründen!)

Ja, ich würde das Wort jetzt Herrn Abg. Palm geben, damit er den Antrag begründen kann.

(Abg. Ute Vogt SPD: Wer einen Geschäftsord- nungsantrag stellt, muss ihn doch begründen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Es ist doch kein Problem, wer den Antrag begründet.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir können den Antrag doch nicht begründen! – Abg. Ute Vogt SPD: Wer den Antrag stellt, muss ihn doch begründen! – Zu- ruf von der CDU: Ganz ruhig!)

Ja, deswegen werde ich jetzt Herrn Abg. Palm das Wort zur Begründung des Geschäftsordnungsantrags erteilen, der von Herrn Abg. Dr. Scheffold gestellt wurde.

(Unruhe bei der SPD)

So einfach ist das.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der CDUFraktion stelle ich folgenden Antrag zur Geschäftsordnung

(Lachen bei der SPD – Abg. Thomas Knapp SPD: Das ist doch ein Witz!)

der Antrag ist doch noch gar nicht formuliert –:

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Der Antrag der SPD-Fraktion auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wird gemäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes über Einsetzung und Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landes zur gutachterlichen Stellungnahme hinsichtlich der Zulässigkeit der Untersuchung an den Ständigen Ausschuss überwiesen.

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir als Einstieg in die Begründung des Antrags die Bemerkung, dass wohl jeder hier im Parlament Interesse an einer Aufklärung der Sachverhalte rund um Salem und die in der Diskussion stehenden badischen Kulturgüter hat.

(Unruhe bei der SPD)

Die Aufklärung muss rasch, aber mit der größtmöglichen Sorgfalt durchgeführt werden.

(Beifall des Abg. Klaus Herrmann CDU)

Das hat die Landesregierung dem Landtag bereits vor Wochen zugesagt und entsprechend gehandelt.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: So ist es! Genau!)

Es wurde eine Expertenkommission zur Klärung der Rechtsverhältnisse an den mehreren Hundert Handschriften und Kunstgegenständen gegründet. Seither wurde vonseiten der Regierung jegliche Handlung in Bezug auf eine außergerichtliche Einigung mit dem Haus Baden oder einen etwaigen Verkauf von Kunstwerken unterlassen.

(Zuruf von der SPD: Wer sagt das?)

Ich betone: Es wurden keine Verträge mit Dritten abgeschlossen. Es wurde nichts ver- und nichts gekauft. Das Regierungshandeln beschränkte sich bisher auf interne Vorbereitungsprozesse.

Die CDU-Fraktion hegt daher erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der von der SPD-Fraktion beantragten Untersuchung. Ein Untersuchungsausschuss ist das schärfste Mittel der parlamentarischen Kontrolle von Regierungshandeln mit gerichtsähnlichen Kompetenzen. Der Normzweck der Artikel 35 der Landesverfassung und Artikel 44 des Grundgesetzes sowie des Untersuchungsausschussgesetzes ist die Ex-post-Kontrolle, also das nachträgliche Überprüfen von Regierungshandeln.

Die Nichteinhaltung des Normzwecks wäre ein Verstoß gegen das verfassungsrechtlich hochrangige Prinzip der Gewaltenteilung. Die Untersuchung im vorliegenden Fall wäre dann zulässig, wenn Verfahrensschritte vorlägen, die in sich geschlossene Vorgänge aufwiesen und unabhängig von der Entscheidung zu beurteilen wären, die sie vorbereiten.

Dies ist hier eindeutig nicht der Fall, meine Damen und Herren. Die Klärung der Eigentumsfragen ist bis zur Beendigung der Arbeit der bereits erwähnten Expertenkommission nicht abgeschlossen. Gleiches gilt für eine möglicherweise gefällte Kabinettsentscheidung vom 9. Oktober dieses Jahres, auf die sich die SPD-Fraktion beruft, da sie durch die danach erfolgte Erklärung der Landesregierung, wonach die Vergleichsverhandlungen mit dem Haus Baden unterbrochen seien, überholt ist.

Selbst wenn Sie die Ex-post-Kontrolle als zu eng bezeichnen und dem Rechtssatz der „Verantwortungsreife“ folgen wollen, müssen Sie zu dem Schluss kommen, dass auch dieser Grad des Handelns nicht erfüllt ist, da die Landesregierung erklärt hat, vor einer Bindung des Landes gegenüber dem Haus Baden den Landtag mit dem möglichen Vergleichsvorschlag zu befassen.

Meine Damen und Herren, trotz großer Gelassenheit, mit der wir einem eventuellen Untersuchungsausschuss entgegensehen würden,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das merkt man! – Wei- tere Zurufe von der SPD)

muss losgelöst vom Verhandlungsgegenstand aus generellen Überlegungen heraus die Zulässigkeit der beantragten Untersuchung dringend überprüft werden.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sehr gut!)

Ein Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung hätte enorme Folgewirkungen. Wenn selbst nicht unbedeutende Teile der Opposition Zweifel an der Zulässigkeit hegen, so ist das mehr als ein deutliches Signal.

Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, machen sich zu Recht Sorgen um den inflationären Umgang mit dem Instrument Untersuchungsausschuss,

(Unruhe – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

der einer Abwertung Ihrer Oppositionsrechte gleichkommt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Da der dafür zuständige Ständige Ausschuss bereits kommende Woche in einer Sondersitzung in der Sache beraten

und sich direkt im Anschluss gutachterlich äußern könnte und da bereits in der kommenden Woche auch der Landtag wieder tagt, muss es nicht zu einer großen Zeitverzögerung kommen. Die Minderheitenrechte im Parlament würden folglich mit dem gebührenden Respekt behandelt.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Meine Damen und Herren, Aufklärung in der Sache tut not. Aufklärung wird auch von uns gefordert. Aufklärung wird es umfassend geben – auch ohne einen rein politisch-taktisch motivierten, populistischen Untersuchungsausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Vogt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Palm, wir widersprechen diesem Geschäftsordnungsantrag und sind schon erstaunt, wie offenbar über Nacht eine neue Erkenntnis gewachsen ist. Es ist nichts Neues und auch nichts Verwunderliches, wenn Sie als die die Landesregierung tragende Koalition versuchen, diesen Vorgang herunterzuspielen und möglichst die Decke des Schweigens und des Bemäntelns darüberzulegen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Haben Sie nicht zugehört?)

Es ist mir auch klar, dass es Ihnen lieber wäre, wenn man das Ganze auf dem Wege von Anhörungen, von Befragungen, von Anfragen an die Landesregierung klären würde;

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sie haben sich an das Recht zu halten!)

denn das sind genau die Punkte, mit denen Sie es seit vielen Jahren immer mit lapidaren Antworten schaffen, die Menschen hinzuhalten, und mit denen Sie es auch beim Thema „Veräußerungen von entsprechenden Kunstgegenständen“ nicht geschafft haben, Licht ins Dunkel zu bringen.