Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Mit der Neuordnung der Ladenöffnungszeiten des Einzelhandels wird die Voraussetzung für eine zeitnahe und bedarfsorientierte Öffnung der Läden geschaffen. Eine Freigabe der Ladenöffnungszeiten an Werktagen bietet deshalb für die Unternehmen des Einzelhandels die Chance, sich speziell auf die Bedürfnisse der Verbraucher einzustellen. Für Familien mit zwei erwerbstätigen Elternteilen könnte sich im Einzelfall auch die Möglichkeit bieten, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Der Einzelhandel, meine Damen und Herren, wird sich schneller und sachgerechter auf die Situation einstellen, als wir dies glauben. Nicht regulieren, sondern deregulieren ist die Antwort auf die Herausforderung dieser Zeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Der Sonntag sowie die kirchlichen und staatlichen Feiertage sind für mich Tage der Arbeitsruhe und der persönlichen körperlichen Entspannung. Wenn wir den Verfassungsauftrag ernst nehmen, die Sonn- und Feiertagsruhe zu schützen, müssen wir diesem Auftrag auch gerecht werden.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das veränderte Freizeitverhalten der Bevölkerung führt zwar dazu, dass an Sonn- und Feiertagen immer mehr Arbeit nachgefragt wird, doch sollten wir auch und gerade aus Sicht der Arbeitnehmer und ihrer Familien ein gewisses Niveau des Sonn- und Feiertagsschutzes bewahren. An Sonnund Feiertagen sollte die Geschäftstätigkeit in Form von Erwerbsarbeit grundsätzlich ruhen, damit der Einzelne diese Tage ungehindert von Arbeitsverpflichtungen für sich allein, für die Familie, für die Gemeinschaft und insbesondere zusammen mit anderen in der Nachbarschaft und in Vereinen nutzen kann. Darauf hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 9. Juni 2004 hingewiesen.

Meine Damen und Herren Kollegen Abgeordneten, ich meine, nicht nur weil Sonn- und Feiertage unter einem besonderen Schutz stehen, müssen wir deren Bedeutung beachten. Auch ich persönlich stehe dahinter. In meiner bisher dreißigjährigen beruflichen Tätigkeit habe ich mich genau an diesen Werten orientiert. Ich stehe hier als Praktiker, um Ihnen dies auch als meine persönliche Meinung deutlich zu sagen. Deshalb unterstütze ich nachhaltig die Entwicklung, dies in Gesetzesform zu gießen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich freue mich deshalb, dass die Adventssonntage, die Feiertage im Dezember sowie die Sonntage an Pfingsten und Ostern nicht verkaufsoffen sein sollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Alfred Winkler SPD: Ja! Welch ein Zufall!)

Drei verkaufsoffene Sonntage übers Jahr verteilt, über die die Verantwortlichen vor Ort entscheiden, sind eine sachgerechte Antwort auf den verfassungsgemäßen Auftrag und die Entbürokratisierungsbemühungen dieses Hauses.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass wir alle uns sicherlich in der Bewertung einig sind, dass sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen erheblich verändert haben.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Veränderte Verkaufsformen, Sonderregelungen und Ausnahmen im werktäglichen Ladenschluss haben die Wettbewerbsbedingungen verändert und teilweise – das dürfen wir nicht verkennen – zu Wettbewerbsverzerrungen geführt. Flexible Arbeitszeiten und unterschiedliche Beschäftigungsstrukturen haben die Arbeits- und Lebensbedingungen sowie die Konsumgewohnheiten der Menschen im Land nachhaltig verändert.

Einkaufen sollte mit den Arbeitszeiten und mit dem Familienleben in Einklang gebracht werden können, meine Damen und Herren.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja, genau! – Zuruf der Abg. Ute Vogt SPD)

Daran zu arbeiten soll unser aller gemeinsames Ziel sein.

Ich bedanke mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Bravo! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hausmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über den Gesetzentwurf über die Ladenöffnung. Tatsache ist, dass wir damit statt wöchentlich 84 Stunden nun 144 Stunden öffnen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wir haben die Möglichkeit, das zu tun!)

Der Charakter des Gesetzes wird sehr deutlich: Es handelt sich um ein Arbeitsschutzgesetz; zuständig ist die Sozialministerin. Der Arbeitsschutz wird trotz aller gesalbten Worte der Sozialministerin verschlechtert: von 84 Stunden auf 144 Stunden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Abg. Stefan Mappus CDU: So ein Quatsch! – Zu- ruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wenn Herr Rombach den größten Teil seiner Redezeit damit verbringt, über Öffnungszeiten an Sonntagen zu diskutieren, aber über die Werktage fast kein Wort über die Lippen bekommt,

(Zuruf von der CDU: Das stimmt nicht!)

dann ist das vielleicht dem Tatbestand geschuldet, dass er aus dem ländlichen Raum kommt, wo er vielleicht besonders schlechte Karten hat, zu begründen, warum unter Tage

(Zuruf von der CDU: Wir schaffen über Tage!)

unter der Woche länger geöffnet werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Gesetz über die Ladenöffnung entstehen keine neuen Arbeitsplätze. Es werden keine neuen Umsätze generiert.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Warten Sie doch ab! – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Abwar- ten!)

Das sagte gerade die Frau Sozialministerin. Ich dachte, Sie vertrauen zumindest Ihren eigenen Reihen.

(Heiterkeit der Abg. Ute Vogt SPD – Beifall bei der SPD)

Die Preise werden steigen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Warum das denn?)

Das können Sie in den Stellungnahmen des Einzelhandelsverbands, der Bäckerinnung usw. nachlesen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Gestiegene Prei- se durch eine um drei Prozentpunkte höhere Mehr- wertsteuer!)

In dieser Situation werden viele Unternehmen vom Markt gedrängt, und zwar solche Unternehmen, die in BadenWürttemberg eine ganz wichtige Rolle spielen und normalerweise von Ihnen in Sonntagsreden im Mund geführt wer

den, nämlich die mittleren, kleinen und familiengeführten Unternehmungen. Sie werden darunter am meisten leiden.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Rainer Sti- ckelberger SPD)

Jetzt wird der Arbeitsschutz abgebaut.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es ist nicht verwunderlich, dass die Handwerkskammer Baden-Württemberg, dass die Gewerkschaften, dass Innungen – ob das die Elektroinnung ist, ob das die Bäckerinnung ist –, dass die Kirchen und viele andere sich deutlich positionieren. Ich sage Ihnen, weil Sie dem Verbraucher, den Beschäftigten und den Unternehmen schaden, werden wir dieses Gesetz deutlich ablehnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Was Sie schon alles wissen!)

Sie verschärfen das Stadt-Land-Gefälle. Das wissen Sie genau. Sie wissen genau, dass jeder Euro, der im städtischen Bereich ausgegeben wird, im ländlichen Bereich nicht mehr ausgegeben wird.

(Widerspruch des Abg. Wilfried Klenk CDU)

Das wissen auch Kolleginnen und Kollegen in Ihren eigenen Reihen; das wissen Sie selbst. Es wird so sein, dass der nachts um 22 Uhr auf der grünen Wiese ausgegebene Euro am nächsten Tag nicht mehr im kleinen Einzelhandel in den Städten ausgegeben wird. Das ist doch auch klar.

(Beifall bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Es wird der Trend verstärkt, dass die Innenstädte bei uns immer mehr veröden werden. Es ist also kein speziell ländliches Problem, dass Tante-Emma-Läden, die schon heute längst unterrepräsentiert sind, immer mehr Schwierigkeiten bekommen werden. Meine Damen und Herren, wir werden in wenigen Jahren hier stehen und als Reparateure auftreten und uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir die Fehlentwicklungen zurücknehmen können.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ui!)