und wir werden ihnen das jetzt in den nächsten Jahren wieder zurückgeben. Ich halte das für eine sehr intelligente Form, mit Personal umzugehen, Personalkosten zu bewirtschaften und Potenziale zu schaffen.
(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Aber das sind doch Schulden, was die Grünen wollen! Selbst Herr Stratt- haus sagt, das seien Schulden!)
(Abg. Stephan Braun SPD: Lassen Sie sich das von Herrn Stratthaus einmal erklären! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Als ich als Minister begonnen habe, wurde ich gefragt, wie viele Jugendliche ich abschreiben würde. Ich finde, bei aller Schwierigkeit, die wir erkennen, dürfen wir niemanden abschreiben. Das muss man sich versagen.
Deswegen arbeiten wir auch an der Weiterentwicklung des Bildungswesens: durch frühe Sprachförderung, durch die Stärkung der Kompetenzen der Kinder beim Übergang vom Kindergarten in die Grundschule, durch Ganztagsschulen, durch die Verdopplung der Zahl der Schulpsychologen. Wir haben 617 Ganztagsschulen im Land. Wir haben jetzt 113 neue Anträge für Schulen mit besonderen sozialen und pädagogischen Aufgabenstellungen und 145 Anträge auf offene Ganztagsschulen erhalten.
Aber Sie, Herr Mentrup, werden es uns doch nachsehen, dass wir Anträge wenigstens auf ihre sachliche Richtigkeit prüfen, bevor wir zusätzliche Personalkosten und auch Sachkosten auf den Weg bringen. Es ist doch ganz normal, dass man sich die Dinge auf ihre Schlüssigkeit hin anschaut.
Zum Glück ist inzwischen nicht mehr umstritten, dass wir mit der Bildung früher beginnen müssen und dass schon der Kindergarten eine Bildungseinrichtung ist.
Mit dem Orientierungsplan für die Kindertageseinrichtungen haben wir ein Bildungskonzept für die Kindergärten auf den Weg gebracht, das weit über unsere Landesgrenzen hinaus großes Ansehen genießt.
Von all den Ländern, die Sie genannt haben, gehört allein Hessen zu den Geberländern im Länderfinanzausgleich. Die anderen Länder kassieren. Wir zahlen 2 Milliarden € im Jahr ein. Rheinland-Pfalz bekommt davon 300 Millionen €. Die können mit unserem Geld gut spendabel sein und haben trotzdem eine fast doppelt so hohe Pro-Kopf-Verschuldung wie wir.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge- ordneten der Grünen – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Genau! – Abg. Ute Vogt SPD: Sie wären froh, wenn Sie die absolute Mehrheit hätten! – Abg. Reinhold Gall SPD: Es gibt CDU-Länder, die das auch tun!)
Es sind genau diese Kinder, die die heutige Beitragsfreiheit später durch den Schuldendienst in Ländern, die keine Rücksicht auf die Entwicklung ihrer Verschuldung nehmen, abbezahlen müssen.
Der Ministerpräsident hat das gestern in einem ganz vernünftigen Zusammenhang hier angeführt, indem er nämlich auch auf die finanzielle Machbarkeit verwiesen hat. Das oberste Ziel, das wir für junge Menschen erreichen müssen, ist, dass
sie die Eintrittskarte ins Berufsleben lösen können. Ich habe vorhin den Schüler von Bernhard Bueb zitiert. Jetzt zitiere ich Bueb selber, und zwar nicht aus seinem Buch. Er hat vor zwei Jahren in der „Stuttgarter Zeitung“ geschrieben:
Man führe sich vor Augen, was es für junge Menschen bedeutet, wenn ihnen der Königsweg zu sich selbst, die Arbeit, verweigert wird. Wir alle definieren uns über Arbeit.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Ich mich nicht! – Heiterkeit – Abg. Gundolf Fleischer CDU: Jetzt wird mir einiges klar! – Erneute Heiterkeit – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Schuften!)
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das hieße ja, meine sinnhafte Existenz würde aufhören, wenn ich in Pension ginge! – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Sie können auch unbezahlt arbeiten, Herr Kretsch- mann!)
Ich habe doch nicht davon gesprochen, Herr Kollege Kretschmann, dass Sie 24 Stunden am Tag arbeiten wollen. Aber für das, was man Ihnen hier bezahlt, werden es ja wohl wenigstens acht sein dürfen.
Ich glaube, dass es für die Hauptschüler und Hauptschülerinnen, dass es für alle Schüler in der Tat richtig ist, dass wir unsere Bemühungen darauf abstellen, dass sie eine Eintrittskarte in das Berufsleben lösen können. Unsere Hauptschulen arbeiten sehr engagiert und ideenreich daran, junge Menschen aufs Berufsleben vorzubereiten. Aber wir werden die Hauptschule inhaltlich weiterentwickeln müssen, damit die Chancen der jungen Menschen, in Ausbildung zu kommen, wieder steigen. Wir reden über eine enge Kooperation mit den Realschulen, über die Verstärkung der Praxiszüge, über die Einführung von Kompetenzanalyse in den Hauptschulen, damit wir nicht nur feststellen, was sie nicht können, sondern damit wir feststellen, was sie können, und das in einer beruflichen Perspektive verwertbar machen.
Ich denke, all diejenigen, die leichtfertig über die Auflösung der Hauptschule reden, gefährden die Schullandschaft in Baden-Württemberg ganz erheblich.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Über- haupt nicht!)
Ich appelliere aber hier auch ganz eindeutig an die Wirtschaft des Landes, wieder mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen.
Es macht keinen Sinn, zu sagen, es gebe nicht genügend Jugendliche, die wir ausbilden können, wenn die Zahl der Ausbildungsplätze in Jahrzehnten um ein Drittel zurückgegangen ist. Wir hatten einmal 105 000 Ausbildungsplätze pro Jahr in Baden-Württemberg, und wir haben noch 70 000 – bei allen Anstrengungen, neue zu schaffen. Deswegen ist es wichtig, dass die jungen Menschen eine Perspektive erhalten. 50 % derer, die sich heute um eine Lehrstelle bewerben, sind bereits mindestens im zweiten Suchlauf. Das heißt, wir haben eine hohe Zahl an Altbewerbern, und wir können diese nicht einfach sich selbst überlassen.
(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Stephan Braun SPD: Ja, aber was machen Sie da?)
Ich habe gerade ein paar Beispiele dafür genannt, was wir in den Hauptschulen konzeptionell weiterentwickeln. Ich kann Ihnen auch sagen, dass wir das, was die Bundesbildungsministerin in die Diskussion eingeführt hat, nämlich die Schulabbrecherquote – konkret wird diese daran gemessen, wie viele Schülerinnen und Schüler keinen Hauptschulabschluss haben – zu senken,
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Da hätte die Frau Bun- desbildungsministerin schon in Baden-Württemberg sinnvoll wirken können!)
schon erreicht haben. Wir haben in Baden-Württemberg die niedrigste Quote im Ländervergleich. Aber entscheidend ist, dass es nicht nur um einen Abschluss, sondern dann auch um einen Anschluss geht. Deswegen konzentrieren wir uns auf die Bereiche, die für einen beruflichen Einstieg maßgeblich sind. Wir müssen uns gerade in den Hauptschulen – wir tun es auch im Berufseinstiegsjahr – darauf konzentrieren, dass zentrale Dinge wie Mathematik, Deutsch, Sozialverhalten und Berufsnähe von den Jugendlichen intensiv erworben werden.
Ich will Ihnen auch sagen, dass unser Bildungssystem in Baden-Württemberg ein System ist, das Aufsteigerbildung beinhaltet. Wir wollen, dass junge Menschen Ziele erreichen können, die auch jenseits der jeweiligen Schule liegen, die sie gerade besuchen. 45 % unserer Hauptschüler machen einen mittleren Bildungsabschluss, eine mittlere Reife, und 50 % der Zugangsberechtigungen zu Fachhochschulen und Universitäten in diesem Land werden nicht mehr an allgemeinbildenden Gymnasien, sondern an beruflichen Schulen erworben.
Das ist doch ein Merkmal für ein Bildungswesen, das weit über dem steht, was Sie uns hier gelegentlich in Strukturdebatten zumuten.