Protokoll der Sitzung vom 14.02.2007

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Haushalt ist der erste Schritt der Umsetzung dessen, was wir in der Koalitionsvereinbarung als vorrangiges Ziel der Landespolitik für diese Legislaturperiode festgelegt haben, nämlich die Nettoneuverschuldung auf mindestens null zurückzuführen, und zwar nicht im, sondern spätestens ab dem Jahr 2011. Das muss auch für den Zeitraum danach gelten. Im Haushaltsplan für die Jahre 2005 und 2006 war noch eine Nettokreditaufnahme von jeweils knapp 2 Milliarden € vorgesehen. Jetzt nähern wir uns dem Ziel Null mit großen Schritten. Wir wissen aber auch, dass das Ziel noch nicht erreicht ist. Wir beschließen zwar eine ganze Reihe strukturell wirksamer Maßnahmen,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Eben!)

die auch künftige Haushalte entlasten, trotzdem werden wir 2009 und in den Folgejahren noch jeweils 1 Milliarde € einsparen müssen, um punktgenau zu landen. Wir müssen dies tun, und wir werden es tun, weil wir wissen, die Motive der

Nachhaltigkeit und der Generationengerechtigkeit erfor- dern es, mit der Politik der ständig steigenden Verschuldung Schluss zu machen.

Dabei möchte ich gleich auf den Vorschlag der Grünen zur Gegenfinanzierung eingehen. Der sogenannte Bildungsfonds der Grünen ist ein Beispiel dafür, wie man sich ganz leichten Fußes von eigenen Anträgen zum Abschlussbericht der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ verabschiedet. Wie war das noch? Man müsse jährlich 1 % der Personalkos ten einsparen und damit Jahr für Jahr 2 000 Stellen. Nun beantragen Sie stattdessen eine Fülle neuer Stellen. Zusätzliche Schulden, Herr Kollege Metzger, bleiben aber zusätzliche Schulden –

(Abg. Oswald Metzger GRÜNE: Nicht wenn man es über den Abbau von im Saldo 8 000 Stellen wegen des Schülerrückgangs innerhalb von zehn Jahren so- lide finanziert!)

auch, wenn man dafür eine Sonderfinanzierung vorsieht und verspricht, sie bis zum Jahr 2017 wieder zu tilgen. Wir werden dieses Geld auch dann nicht haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

So eine Lösung mag zwar gut klingen – vor allem, wenn es für einen guten Zweck gedacht ist –, aber seriös ist es nicht, denn damit würde ein ganz unsicherer Wechsel auf die Zukunft gezogen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ähnlich ist es auch mit den Gegenfinanzierungsvorschlägen der SPD.

Wir aber haben mit Blick auf weitere Haushaltsklarheit z. B. damit begonnen, die Mittel für den Landesstraßenbau in den Landeshaushalt zurückzuführen. Wir wollen für die Zukunft mehr Haushaltssicherheit. Unser ausdrücklicher Dank gilt deshalb Herrn Finanzminister Stratthaus für seinen Schwenk beim Verschuldungsverbot. Es kam auch für uns überraschend. Nur einen Tag nachdem es im Finanzausschuss noch eine heiße Debatte um den Rechnungshofvorschlag gegeben hatte, konnten wir der Presse entnehmen, dass unsere Argumente doch Wirkung gezeigt haben. Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP/DVP)

Mit dem Haushaltsstrukturgesetz verankern wir mit Wirkung ab 2011 ein Verbot der Neuverschuldung in der Landeshaushaltsordnung. Dazu wird die Verankerung des Verbots der Neuverschuldung in der Verfassung noch in dieser Legislaturperiode kommen. Das ist klar vereinbart, wurde von uns angekündigt und wird auch so umgesetzt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich wünsche mir allerdings sehr, dass dieser Kurs auch anderswo Nachahmer findet. Die Föderalismusreform II wird dies zeigen müssen. Wir wissen allerdings, dass die Kompromissbildung nicht nur zwischen dem Bund und den Ländern, sondern bei diesem Thema gerade auch zwischen den Län

dern selbst noch erheblich schwieriger sein wird als bei der ersten Stufe der Föderalismusreform. Das ist auch eine Herausforderung für unseren Ministerpräsidenten Günther Oettinger und alle, die am Verhandlungstisch sitzen, eine Herausforderung jedoch, die jede Anstrengung lohnt.

Wir brauchen Instrumente zur Vorbeugung bei Haushaltskrisen und Haushaltsnotlagen. Wir brauchen Kriterien für eine höchstens zulässige Verschuldung, Strategien für den Abbau übermäßiger Verschuldung und ein Instrumentarium, das die Einhaltung dieser Kriterien auch garantiert.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Wir brauchen eine stärkere Eigenverantwortung von Bund und Ländern und eine stärker eigenständige, aufgabenadäquate Finanzausstattung. Für bestimmte Steuerarten sollten die Länder selbst die Gesetzgebungskompetenz erhalten. Bei anderen, z. B. bei der Lohn- und Einkommensteuer, ist ein Hebesatzrecht sehr wohl denkbar.

Auch die Struktur des Länderfinanzausgleichs muss erneut auf den Prüfstand – nicht weil wir uns der Solidarität entziehen wollen, sondern weil er in seiner heutigen Form einfach falsche Anreize sowohl für die Geber- als auch für die Nehmerländer setzt. Herr Kollege Rust, wir müssten uns auch nicht über Kindergartengebühren und Regionalisierungsmittel unterhalten, wenn der Länderfinanzausgleich eine solide Struktur hätte.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nun zum Antrag der Grünen wegen der Regionalisierungsmittel. Wir haben das schon an den verschiedensten Stellen erörtert: Dieses Gespräch ist nicht hier im Landtag zu führen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wo denn sonst?)

Es ist doch so: Wenn die Herren Koch und Steinbrück, als sie – sicherlich auch aufgrund der Erfahrungen in ihrem eigenen Land – zu der Erkenntnis kamen, dass nicht alle Mittel sachgerecht verwendet werden, gesagt hätten: „Wir nehmen es denen weg, die diese Mittel nicht dafür einsetzen, ihren Nahverkehr auszubauen“, dann wäre da überhaupt kein Problem gewesen. Genau die, auf die das zutrifft, haben jetzt auch nicht das Problem, Streckenkilometer streichen zu müssen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig!)

Aber wir, die wir das Geld für den Nahverkehr ausgegeben haben, wir brauchen diese Mittel auch weiterhin. Natürlich ist es problematisch, dass die Deutsche Bahn offensichtlich nicht ganz betriebswirtschaftlich gedacht hat, sondern auf Strecken streicht, wo wirklich Verkehrsvolumen wegfällt und wo dieses Verkehrsaufkommen auch nicht von der Straße übernommen werden kann, weil in diesen Gebieten die Straßen ohnehin voll sind.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das ist doch Ihr Vertrag! Das ist doch Ihr Vertrag! – Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE: Sie machen doch die Verkehrspoli- tik!)

Das ist aber kein Problem des Landtags, sondern das ist ein Problem u. a. der Deutschen Bahn und deshalb nicht hier zu erörtern.

Übrigens, Herr Metzger, zu Ihrem Antrag. Nachdem Sie es sich so einfach gemacht haben mit der Gegenfinanzierung, fällt uns auch die Ablehnung leicht.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf von den Grünen: Jawohl!)

Die Grünen erwerben sich „bleibende Verdienste“ dadurch, dass sie Totengräber nicht nur von Stuttgart 21, sondern auch von der baden-württembergischen Wirtschaft sein wollen. Wir werden alles tun, dies zu verhindern.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dieser Haushalt ist ein Sparhaushalt, ganz klar. Wir mussten 1,3 Milliarden € für 2007 und 1,6 Milliarden € für 2008 einsparen, um den Haushalt schrittweise zu konsolidieren und die Nettokreditaufnahme entsprechend abzusenken. Wer behauptet, die Konsolidierung dieses Haushalts sei uns gewissermaßen in den Schoß gefallen, der zeigt damit nur, dass er von den Realitäten der Haushaltspolitik wenig versteht.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Offenbar ist das lästige Arbeit!)

Wir haben andererseits nicht nur gespart, sondern sehr wohl da erhöht, wo es nötig ist. Ein Beispiel dafür ist das Strukturprogramm im mittleren Dienst für Justiz- und Steuerverwaltung. Auch wenn die Opposition dies offensichtlich – weil sie es immer anmahnt – nicht bemerkt hat: Dieser Haushalt setzt ganz deutliche Schwerpunkte und bringt strukturelle Veränderungen. Diese Schwerpunkte folgen denselben Kriterien der Generationengerechtigkeit, der Nachhaltigkeit und der Zukunftsorientierung, die auch unseren Kurs strikter Haushaltskonsolidierung leiten. Die Schwerpunkte liegen vor allem bei Bildung und Betreuung, bei Wissenschaft und Forschung und im Umweltsektor.

Nachhaltigkeit ist im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ein Motiv, das allzu oft nur im Kontext von Energie- und Umweltpolitik diskutiert wird. Tatsächlich liegt dem Nachhaltigkeitsgedanken ein ganz umfassender Ansatz gesellschaftlicher Entwicklung zugrunde. Richtig verstanden zielt der Begriff auf einen Entwicklungsprozess, der ökonomisch erfolgreich ist und sich zugleich durch ein von ökologischem Bewusstsein und sozialer Verantwortung geleitetes Handeln auszeichnet.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig! Soziale Verantwortung auch gegenüber den kommenden Ge- nerationen!)

Eine einseitige Betonung nur der Ökologie hat mit Nachhaltigkeit überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Herr Kollege Rust, Sie haben die Rolle der Koalitionsfraktionen bei der Vorbereitung des Haushalts angesprochen. Ich finde es wirklich gut, dass Sie das gewürdigt haben. Es ist in der Tat ein anderer Stil als im Bund, wo man sehr vieles nach

außen trägt und dann lauthals öffentlich darüber diskutiert, letztlich aber weniger erreicht, als wir es mit unserem seit Langem im Land geübten Verfahren hinbekommen. Es wurde stets nicht nur in kleiner Runde besprochen, sondern jeweils den Fraktionen rückgemeldet.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das stimmt!)

Es ist klar, dass das der Opposition nicht immer gefällt. Das würde mir ähnlich gehen.

Aber nun zu Ihrer Aussage zu den nachträglichen Änderungsanträgen. Vielleicht können Sie sich vorstellen, dass es auch in solchen Verhandlungen Dinge gibt, bei denen nicht unbedingt alle einig sind und man noch eigene Schwerpunkte setzen will. Außerdem haben wir ein gewisses Prinzip durchgehalten. Wir hatten im Koalitionsvertrag eine fünfprozentige Kürzung bei den freiwilligen Leistungen des Landes vereinbart. Das ist so auch in den Haushalt eingeflossen. Mit unseren nachträglichen Änderungen haben wir dort Korrekturen gesetzt, wo es uns notwendig erschien. – Das nur noch einmal zur Erläuterung.

Zu der anderen von Ihnen aufgeworfenen Frage, Herr Metzger, wann Haushaltsberatungen stattfinden: Ich glaube, dar über kann man sich im Rahmen der Geschäftsordnungskommission des Landtagspräsidiums oder in einem ähnlichen Gremium durchaus unterhalten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Da ist sowieso einiges im Umbruch. Ich habe im Moment dazu keine feste Position. Es gibt Vor- und Nachteile. Das sollten wir einfach sachlich angehen.

Zu den Änderungsanträgen, die die Koalitionsfraktionen eingebracht haben, unter anderem zum Energiebereich: Wir haben – das haben Sie lobend und schimpfend zugleich erwähnt – ein ganzes Bündel von Änderungen vorgelegt, die den deutlichen Willen unterstreichen, Energie zu sparen, die Energieeffizienz zu erhöhen und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien voranzubringen. Vor dem, was da die Oppositionsfraktionen vorgelegt haben, brauchen wir uns nicht zu verstecken. Im Gegenteil.

Nächster Punkt: Bildung und Wissen werden Motoren nachhaltiger Entwicklung sein. Angesichts einer steigenden Nachfrage nach Studienplätzen stellen wir deshalb 16 000 zusätzliche Studienanfängerplätze bereit und fangen in diesem Haushalt damit an.