Protokoll der Sitzung vom 15.03.2007

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 22. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche hier im Raum einzustellen.

Dienstlich verhindert sind heute die Herren Abg. Pfisterer und Schmiedel.

Krank gemeldet sind die Herren Abg. Braun, Haas, Hausmann und Rüeck.

Aus dienstlichen Gründen verhindert sind Herr Minister Stratthaus und Herr Minister Hauk.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Baden-Württemberg erfordern klare Werthaltungen, Nachhaltigkeit als Fundament, ambitionierte Ziele und Vorgaben. Die richtigen Mittel, Wege und Instrumente müssen genannt werden. Schließlich muss das Ganze auf allen Ebenen auch in die Tat umgesetzt werden – durch den Staat, in Europa, im Bund, im Land, durch die Kommunen, die Zivilgesellschaft, die Haushalte und jeden Einzelnen.

Nun hat sich Ministerpräsident Oettinger als „Schwarzer mit grünem Inhalt“ geoutet. Wir glauben, dass er lediglich ein „Grün-Redner“, aber ein „Schwarz-Handler“ ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Erstes Beispiel: Flächenverbrauch. Zitat Oettinger:

Wir haben in den letzten 50 Jahren in Baden-Württemberg so viel Fläche für Siedlung und Verkehr neu beansprucht wie alle Generationen zuvor zusammen. … Wenn wir nicht aufpassen, entstehen heute mit Wohn- und Gewerbegebieten auf der grünen Wiese die Altlasten von morgen, für die dann niemand mehr zahlen kann.

Dann hat er die „Nettonull“ beim Flächenverbrauch angekündigt.

Unsere Vorschläge waren: Die Regionalverbände sollen für die Gemeinden verbindliche konkrete Mengenziele der Flächeninanspruchnahme festlegen.

(Zuruf von der SPD)

Der Nachhaltigkeitsbeirat Baden-Württemberg hat vorgeschlagen, Flächenzertifikate einzuführen, mit denen die Flächen dann so gehandelt werden, dass deren Verbrauch wirklich sinkt. Was davon übrig geblieben ist, können wir heute in der Zeitung lesen: Ein reiner Appell, dass der Flächenverbrauch spürbar gesenkt werden soll.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau!)

Man hat sich in der Koalitionsrunde darüber gestritten, ob die Formulierung „spürbar“ oder die Formulierung „deutlich“ gewählt werden soll. Die FDP/DVP hat sich dann mit der Formulierung „spürbar senken“ durchgesetzt.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Semantisch!)

Die „Stuttgarter Zeitung“ hat es in ihrem Kommentar richtig charakterisiert: Lächerlich!

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Lächerlich! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Absurd!)

Hemingway hat einmal gesagt:

Das Beste von allem geht verloren, wenn man es zerredet.

Dafür haben wir ein Beispiel, das uns der grüne Radikalredner Oettinger geliefert hat.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: „Der grüne Radikal- redner“! Das ist ja ganz stark!)

Übrig geblieben ist schwarz-gelbes Pseudohandeln. Denn das, was Sie beschlossen haben, geschieht ohnehin schon.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Zweites Beispiel: Auto.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Oh!)

Ministerpräsident Oettinger in der Regierungserklärung: „Unsere Autos brauchen zu viel Sprit.“

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Nichts ist unmög- lich, Toyota!)

Nun macht die EU endlich, nachdem die freiwillige Selbstverpflichtung von der Autoindustrie nicht erfüllt wird, ambitionierte Zielvorgaben für den CO2-Ausstoß

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und dann ist wieder nichts!)

mit 120 bis 130 g pro Kilometer. In der Regierungserklärung Oettingers hieß es: „Unsere Autos brauchen zu viel Sprit.“ Nun kommt endlich eine klare Vorgabe. Und jetzt sagt Oettinger im Rahmen der Haushaltsberatung, dass

... es nicht sein kann, dass mit der Umweltkeule gegen den Standort Deutschland agiert wird.

Zuvor sagte er:

Wir sägen den Ast, auf dem wir sitzen, doch nicht ab. So blöd mögen Sie sein, wir sind es nicht.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Er hat doch recht!)

Strategien für den Automobilstandort Baden-Württemberg sehen allerdings anders aus. Wohin die eben zitierten Vorstellungen von Herrn Oettinger führen, wenn einmal Gegenwind kommt, sehen wir in den USA: Auch die USA haben auf Spritfresser gesetzt,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Schwarzenegger!)

auf PS, Geschwindigkeit und Größe. Und wo steht heute die Automobilindustrie in den USA? Im Keller. Davor müssen wir gerade die baden-württembergische Automobilindustrie bewahren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Richtig! – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Die sind selber groß! – Zu- ruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Deswegen brauchen wir auch in Baden-Württemberg ambitionierte Ziele.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nichts ist unmög- lich!)

Töpfer hat bei der Auftaktveranstaltung zur Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg richtig gesagt:

Der Markt entscheidet nicht über Grenzwerte. Der Markt antwortet auf Grenzwerte.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Antwort hat Dieter Zetsche letzte Woche gegeben. Er sagte:

Es gibt einen neuen Trend: das Premium-ökologische Segment. Diesen steigenden Bedarf zu decken, sehe ich als Marktchance.