Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle einig: Das Schloss Salem ist nicht nur ein hochrangiges Denkmal der Baugeschichte, sondern auch ein Denkmal der Geistes- und Kulturgeschichte im süddeutschen Raum und sogar darüber hinaus.
Die bis 1802 in diesem Gebäude residierende Zisterzienserabtei erreichte im 18. Jahrhundert eine führende Stellung. Eine Zeit lang war sogar der Generalabt der Zisterzienser für ganz Oberdeutschland in diesem Kloster beheimatet. Seit 1803 steht dieses Gebäude im Eigentum des Hauses Baden.
Meine Damen und Herren, jetzt wollen wir doch einmal eines feststellen: Das Haus Baden hat sich in der Vergangenheit alle Mühe gegeben, die ausgedehnte Liegenschaft in gutem Zustand zu erhalten. Dies war nicht nur notwendig für das Denkmal, sondern hat auch eine gewisse Bedeutung für den Tourismus in dieser Gegend und für die Arbeitsplätze. Denn mit dem Schloss und der Schule, die in diesem Schloss beheimatet ist, sind auch eine ganze Reihe von Arbeitsplätzen verbunden. Deswegen ist es notwendig, dies in seiner Bedeutung für den Bodenseeraum zu sehen.
Die Anlage des Schlosses Salem sollte man vielleicht auch noch einmal kurz beschreiben. Die räumliche Ausdehnung ist eine ungeheuere. Ich will ein Beispiel bringen: Wenn dieses Schloss in der Innenstadt von Stuttgart läge, würde die räumliche Ausdehnung ungefähr vom Hauptbahnhof bis zum Innenministerium reichen. Wir sprechen immer nur über das
Das Münster – das ist ganz besonders wichtig – ist eine der wichtigsten gotischen Kirchen in Deutschland. Es ist, wie ich gelernt habe, nach dem Ulmer Münster und dem Freiburger Münster die drittgrößte baden-württembergische gotische Kirche.
Es zeigt aber auch, dass das Haus Baden mit dem Unterhalt dieser Anlage finanziell überfordert war. Es ist in den letzten Monaten oft davon gesprochen worden, das Haus Baden sei pleite. Das ist unsinnig.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ich war dabei! – Ge- genruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Umso schlimmer!)
Das Haus Baden ist also keineswegs pleite. Die Geschäfte gehen, allerdings gehen sie nicht so gut, dass man daraus den Unterhalt einer so großen Anlage bezahlen könnte. So einfach ist die ganze Sache. Deswegen war das Haus Baden in den letzten Jahren finanziell überfordert und hat Wert darauf gelegt, diese Klosteranlage, wenn es sein muss, anders verwerten zu können. Es ist davon gesprochen worden, dass die Liegenschaft eventuell veräußert wird. Dazu, wie wahrscheinlich es ist, dass so etwas gelingen kann, werde ich nachher noch einiges sagen.
Eine solche Veräußerung könnte zur Folge haben, dass Schloss Salem für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich ist. Die Landesregierung will und muss dieses hochwertige Denkmal in seiner vielfältigen Bedeutung für die Öffentlichkeit und für das Land aber weiterhin erhalten; auch darüber besteht, glaube ich, Einigkeit. Wir werden deshalb mit dem Haus Baden Gespräche führen müssen mit dem allgemeinen Ziel, dafür zu sorgen, dass diese Schlossanlage auch in Zukunft für die Öffentlichkeit von Baden-Württemberg und ganz Deutschland sowie für alle Besucher zur Verfügung steht.
Das Haus Baden hat ein Gutachten zur Wertermittlung in Auftrag gegeben. In der letzten Woche wurde die Zusammenfassung übergeben. Dazu muss man sagen, dass in diesem Gutachten nicht die gesamte Anlage bewertet wurde, sondern nur ein Teil. Ausgenommen sind das Münster und das Schloss, und ausgenommen ist auch der Teil, der, wenn Sie die Straße als vorne betrachten, hinter dem Schloss liegt, die Wiesen und
das Rentamt usw. Einbezogen ist im Grunde genommen nur der entlang der öffentlichen Straße liegende Teil von Gebäuden.
Nun hat die mit der Bewertung dieser Gebäude beauftragte Firma, die ein sehr renommiertes Unternehmen ist, das sogenannte Sachwertverfahren gewählt. Das Sachwertverfahren ermittelt, was – sofern das bei einem Schloss überhaupt möglich ist – ein Neubau kosten würde, abzüglich von Abschreibungen, die den heutigen Zustand beschreiben sollen.
Dieses Sachwertverfahren bringt uns aber relativ wenig, um es ganz eindeutig zu sagen. Ganz im Gegenteil: Wir sind sogar rechtlich verpflichtet, den sogenannten Verkehrswert heranzuziehen, wenn wir etwas kaufen. Dabei wird ermittelt, was das Objekt wert wäre, wenn man es am Markt verkaufen würde.
Damit wir nicht in ein falsches Licht geraten: Es ist doch ganz klar, dass der Wert von Salem weit über den Preis hinausgeht. Ich will klarstellen, dass es hier um zwei verschiedene Dinge geht – darüber dürfte kein Streit entstehen –: Wert ist eine ethisch-moralische Angelegenheit, der Preis eine ökonomische.
Wir haben uns aber um den Preis zu kümmern. Dass das Schloss und das Münster für die Öffentlichkeit erhalten bleiben sollen, ist selbstverständlich. Wenn das Land BadenWürttemberg oder irgendjemand anders etwas davon erwirbt, erwirbt er allerdings nicht den kulturhistorischen Wert, sondern das, was am Markt wirklich verkäuflich wäre und möglicherweise auch durch einen Dritten gekauft werden könn te.
Denn eines müssen Sie auch sehen: Die Anlage Salem – ich habe mich einmal darum gekümmert – findet sich nicht etwa unter einer einzelnen Flurstücksnummer, sondern befindet sich auf Dutzenden von Flurstücken. Wir sehen das immer als eine Anlage, die zusammengehört. Aus Sicht des Grundbuchs sind es viele einzelne Grundstücke – um das einmal vorweg zu sagen.
Wenn wir etwas erwerben würden, wären wir also auf jeden Fall gezwungen, nach dem Verkehrswert zu bewerten und in dieser Richtung weiter zu verhandeln. Wir sind deswegen der Meinung, dass das Land nach diesem Schema, nämlich auf dem Verkehrswert aufbauend, ein unabhängiges Wertgutachten erstellen lassen sollte. Ich gehe davon aus, dass das Haus Baden damit einverstanden ist, wenn wir so etwas tun.
Ich bin davon überzeugt, dass wir innerhalb weniger Wochen ein Ergebnis vorliegen haben werden. Wir sind bereit, dann mit dem Haus Baden zu verhandeln – ich muss es noch einmal sagen: immer mit dem Ziel, diese Anlage zu erhalten. Dabei können wir nur etwas bezahlen, was auch am Markt einen Wert hätte, nicht etwa nur den kulturhistorischen oder den bauhistorischen Wert. Das ist ganz klar.
Nun ist immer wieder gesagt worden, dass das Grundstück in der Zwischenzeit verkauft werden könnte. Ich halte das für relativ unwahrscheinlich oder fast unmöglich. Ich glaube nicht, dass es auf der Welt so viele Leute gibt, die diese Anlage kaufen würden.
Kürzlich waren Schweizer hier zu Besuch und haben gesagt: „Nur einem Feind schenkt man ein Schloss.“
Ganz klar: Üblicherweise verursacht ein Schloss hohe Unterhaltskosten. Wir haben ja 47 Schlösser und kennen uns deswegen aus. Ich glaube nicht, dass die Gefahr besteht, dass Schloss Salem kurzfristig verkauft wird, und ich muss sagen: Auch der Prinz von Baden will nicht, dass es an irgendeinen Fremden verkauft wird.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ja! – Abg. Johannes Stober SPD: Deswegen droht er immer da- mit!)
Alles in allem, meine Damen und Herren: Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Ich bin überzeugt, dass wir in der Lage sein werden, das Schloss Salem für die Öffentlichkeit zu erhalten.
(Abg. Klaus Tappeser CDU zu Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Eine hübsche Krawatte! – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU: So transparent!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Minister Frankenberg hat mich an alte Indianerfilme erinnert. Um ihre Spuren zu verwischen, haben die Indianer Zweige hinter sich hergezogen – bei Herrn Frankenberg ist es aktuell vielleicht ein Weihnachtsbaum –, damit man nicht merkt, wer eigentlich der Verursacher war.
Sie tun so, als sei diese Debatte eine Erfindung des Feuilletons vielleicht der FAZ. Sie tun so, als ob wir die Debatte erfunden hätten. Wer hat denn dafür gesorgt, dass es diesen Kulturgüterstreit weltweit und in dieser Schärfe gab?
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Genau! – Abg. Claus Schmie- del SPD: Wo ist er denn?)