Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Unruhe)

Jetzt sieht jeder, der sich die hessischen Verhältnisse anschaut, dass so gut wie niemand irgendeinen vernünftigen Rat weiß,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Doch!)

wie man aus dieser Situation herauskommen soll.

(Widerspruch bei der CDU – Abg. Stefan Mappus CDU: Doch! Sie wissen ganz genau, dass das nicht stimmt! – Unruhe)

Sie am allerwenigsten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Der Ministerpräsident Koch hat durch eine unsägliche Kampagne in Hessen diese Situation überhaupt erst ausgelöst. Die CDU in Hessen hat folgendes Plakat im Wahlkampf geklebt:

Linksblock verhindern – Ypsilanti, Al-Wazir und Kommunisten stoppen!

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Genau! Genau da- rum geht es! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Genau darum geht es! – Abg. Stefan Mappus CDU: Genau das ist es! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was heißt das jetzt? – Weitere Zurufe von der SPD, u. a.: Das ist ja unglaublich! – Unruhe)

Wer solche Kampagnen macht, für die er übrigens – das haben Sie vergessen – vom Wähler richtig abgestraft worden ist,

(Abg. Joachim Kößler CDU: Heute nicht mehr!)

der hinterlässt verbrannte Erde.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sie verwechseln Ursache und Wir- kung!)

Er kann nicht erwarten, dass diejenigen, gegen die er so angeht, hinterher noch mit ihm koalieren können. Das kann niemand erwarten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber mit den Linken geht es!)

Glauben Sie allen Ernstes, wenn Frau Ypsilanti noch ihren Mädchennamen gehabt hätte und Al-Wazir nach seiner Mutter anstatt nach seinem Vater geheißen hätte,

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

dass Koch dann plakatiert hätte:

(Zurufe von der CDU: Müller? Meyer?)

„Dill, Knirsch und die Kommunisten verhindern“? Glauben Sie das im Ernst?

(Zurufe von der CDU)

Diese subtile Demagogie, auf dem Rücken von Minderhei ten

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Das ist ja lächerlich! – Abg. Dr. Diet- rich Birk CDU: Es ist doch die entscheidende Frage, ob Sie zusammen mit den Kommunisten die Frau Yp- silanti wählen! Wählen Sie zusammen die Frau Yp- silanti?)

solche Kampagnen zu führen, das hinterlässt verbrannte Erde. Das sage ich Ihnen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Sagen Sie einmal, ob Sie zusammen mit den Kommunisten Frau Ypsilanti wäh- len! Das ist die Frage!)

Nein, jetzt rede ich. Sie haben Ihre Zeit gehabt.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Aber Zurufe sind doch erlaubt, Herr Kretschmann, sogar wenn Sie reden!)

Jetzt haben wir in Deutschland eine Situation, in der sich die Linke unter Umständen in diesem Parteiensystem festsetzt.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Aber nur mit eurer Hilfe! Nur wenn Grün und Rot mitmachen! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ruhe! Hören Sie doch einmal zu! – Unruhe)

Das stellt uns vor Herausforderungen für zukünftige Koalitionen. Das weiß jeder. Das alles ist banal. Es ist in den letzten Wochen hundertmal besprochen worden, dass wir in Zukunft z. B. Dreierkoalitionen eingehen müssen, weil wir sonst nichts anderes als Große Koalitionen mehr hinbekommen.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Dann macht es doch!)

Jetzt haben wir z. B. in Hamburg eine Situation, in der wir bereit sind, mit der CDU Gespräche zu führen und, wenn die Inhalte stimmen, unter Umständen auch mit ihr zu koalieren.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Um die Linke zu ver- hindern, richtig!)

Dazu gehört einfach ein Mindestmaß an gegenseitigem Respekt zwischen demokratischen Parteien. Dieses Mindestmaß haben Sie in Hessen verlassen, und dies haben Sie heute mit Ihrer Debatte auch verlassen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Das ist ja lächerlich! Das ist genau das Unerträgliche! Das ist eine Arroganz, die unerträg- lich ist! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ich habe überhaupt keinen Grund, die Linke irgendwie zu verteidigen. Das liegt mir nun völlig fern.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie machen es halt! – Abg. Stefan Mappus CDU: Sie tun das aber! – Ge- genruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jetzt hört doch einmal zu! – Unruhe)

Jetzt kehren wir einfach einmal auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich empfehle Ihnen, statt solche Debatten hier zu provozieren, die nichts außer Politikverdruss bringen, einmal Wahlanalysen zu lesen. Die Wahlforscher sagen uns: Die Linke ist die Partei des sozialen Protests.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Die Wähler sind zu 70 % der Ansicht, dass sie keine Probleme löse, aber die Dinge beim Namen nenne.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Bei den Reps war es ge- nauso! – Zuruf von der CDU: Wie bei den Republi- kanern!)

Das stellen die Wahlforscher fest.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das haben sie damals auch festgestellt!)

Jetzt schauen wir uns einmal an, wie die zu ihren Ergebnissen kommen. Es ist die Partei der Arbeitslosen, der Arbeiter und der Gewerkschaften. Das ist der Kern. Das ist vorhin schon besprochen worden. Es ist wohl schwerlich nachzuvollziehen, warum jetzt der ehemalige Kollege Maurer zum Kommunis ten mutiert haben soll.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Hat doch niemand gesagt!)

Die niedersächsische Fraktion der Linken hat ihre Kommunis tin gerade ausgeschlossen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Erst nach öffentlichem Protest!)

Das heißt, die ganze Kommunistenrhetorik, die Sie hier veranstalten, geht am Kern der Dinge vorbei. Das schadet der Linken nicht, das wird ihr nutzen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das ist eine Verharmlosung! Die Verharmlo- sung durch einen Geschichtslehrer! – Abg. Stefan Mappus CDU: Sie verharmlosen!)

Ich verharmlose die überhaupt nicht.