Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

(Abg. Norbert Zeller SPD: Es wird immer primi- tiver!)

Da muss man doch auch einmal sagen: Die hatten ihr Geld in der Schweiz. Die SED/PDS war ja gezwungen, zum Ende der DDR ihre Vermögensverhältnisse darzulegen, und sie hat – man höre und staune – zugegeben, 11 Millionen DM auf Konten in der Schweiz zu haben. Die unabhängige Kommission sagt aber: Die SED/PDS verfolgte eine Strategie der Vermögensverschleierung. Das heißt: Was wäre denn besser, wenn wir in der Staatswirtschaft genau die hätten, die das Gleiche gemacht haben, und sogar noch viel übler, nämlich mit Verschleierung?

(Abg. Martin Rivoir SPD: Wie die hessische CDU!)

Da also den Menschen Sand in die Augen zu streuen und immer nur die eine Seite zu sehen halte ich für scheinheilig, und das ist genau die Strategie, die die Linken hoffähig macht.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU – Zuruf von der CDU: So ist es!)

Jetzt komme ich zu der Frage, die natürlich zu Recht auch die ganzen Diskussionen ausgelöst hat, welchen Rat wir unseren Kollegen in Hessen geben. Jetzt müssen wir das nicht unbedingt, aber jeder weiß natürlich, dass wir damit mit unserer Positionierung hier im Landtag schon ein Signal an die Bevölkerung gäben, was wir machen würden. Dann weiß sie, was ihr machen würdet, wenn es denn überhaupt zu der Situa tion käme, die ich für 2011 in Baden-Württemberg nicht vorhersehe.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt sind wir gespannt! Was würde die FDP/DVP machen?)

Da wird ja jetzt immer auf die FDP und die SPD, die Frau Ypsilanti, geschaut. Aber ich frage nach wie vor: Gilt eigentlich in einer Demokratie noch – unabhängig davon, ob man Personen mag oder nicht mag –, dass der, der die meisten Stimmen hat, zunächst einmal den Auftrag zur Regierungsbildung hat? Wenn ich mich nicht ganz täusche, liegt halt die CDU in Hessen zwar nicht viel, aber immerhin vor der SPD.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die soll doch bilden!)

Also gibt es da einen Auftrag.

Jetzt hat unser Ministerpräsident dankenswerterweise die denk baren Koalitionen genannt – Koalitionen, nicht Duldung –: Die Große Koalition, die echt denkbar wäre, aber die wir auch nicht so furchtbar gern mögen. Aber eine andere wäre denkbar, nämlich Schwarz-Gelb-Grün.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Z. B.!)

Die wäre denkbar.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein, die ist ausge- schlossen!)

Jetzt kommt die entscheidende Frage – Herr Kretschmann, das war schon entlarvend –, ob Sie springen. Sie werden ja vermutlich irgendwann die Wahl haben. Nicht die Frau Ypsilanti wird über eine Duldung durch die Linken entscheiden, sondern die Grünen werden über dieses Modell entscheiden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn die Grünen sich von einer Duldung oder einer Regierungsbeteiligung der Linken klar distanzieren, dann kann die Frau Ypsilanti dieses Modell überhaupt nicht fahren. Wenn also von den Grünen ein klares Signal käme, nicht in eine Regierung unter Duldung der Linken oder gar eine Koalition mit den Linken einzutreten, käme dies nicht. Übrigens ist eine Duldung nichts anderes als eine Koalition. Denn jeder weiß, dass es nicht nur um die Wahl des Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin geht, sondern auch um die Aufstellung des Haushalts usw.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Sie müssten also regelmäßig mit den Linken in irgendwelchen Gesprächen alle Gesetzentwürfe, alle Haushaltsvorlagen usw. absprechen.

Der Knackpunkt liegt also im Moment bei den Grünen. Sie haben ja geschildert, Koch habe verbrannte Erde hinterlassen.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Aber dann müssten Sie schon einmal abwägen, ob Sie all das, was wir gemeinsam den Linken als altkommunistisches Gedankengut vorwerfen können, für weniger schlimm halten als das, was möglicherweise im Wahlkampf passiert ist. Ich glaube schon: Man sollte nicht ständig auf die FDP zeigen und sagen: „Ihr müsst jetzt eine Regierung möglich machen.“ Der eigentliche Schlüssel liegt in Hessen bei den Grünen; so einfach ist es.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Bei den Grünen! – Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: So einfach ist es halt nicht!)

Unsere Partei hat klipp und klar erklärt, wofür sie zur Verfügung steht. Wir glauben, dass man in einer Jamaika-Koalition auch einiges an Inhalten verwirklichen können sollte. Ich bin nicht Herr Hahn. Aber ich kenne die Programme von Frau Ypsilanti und die Programme unserer Partei. Diese sind an vielen Stellen wie Feuer und Wasser.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Überall! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das passt nicht!)

Wenn wir da in eine Koalition eintreten würden, dann wäre in der Tat der Vorwurf berechtigt: „Euch geht es nicht um Inhalte. Ihr reduziert euch auf eine Funktionspartei.“ Genau das ist doch die Strategie, die Sie verfolgen. Sie sagen: „Na ja, irgendwie kriegen wir die schon noch dazu.“

Ich bin sicher, dass die FDP in Hessen genauso wie Herr Wes terwelle nach der letzten Bundestagswahl verfahren wird. Da war es ja genauso. Auch damals hätten wir die Große Koalition verhindern können. Aber wir haben gesagt: „Wir wollen die Verschiebung der Achse der Bundesrepublik nach links beenden.“ Da kann man nicht mit denen in eine Koalition treten, die dafür standen und stehen. So ist jetzt auch die Situation in Hessen: Frau Ypsilanti ist für ihre Zugehörigkeit zum linken Flügel bekannt, der gegen die Agenda 2010 agiert hat.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Wir sind uns einig mit der CDU, dass die Agenda 2010 zwar nicht an jeder Stelle handwerklich toll gemacht war, aber dass sie Erfolge gebracht hat. Diese Erfolge haben auch Sie noch begrüßt. Dass man jetzt anfängt, das rückabzuwickeln, kann man nicht von uns erwarten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir wollen nicht unser ordnungspolitisches Gewissen an der Garderobe zum Eingang zu einer Regierungsbeteiligung abgeben. Das werden wir nicht tun.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Sehr gut!)

Deswegen sage ich klipp und klar: Der Schlüssel liegt an dieser Stelle bei den Grünen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Notfalls könnten die mit Schwarz-Gelb koalieren!)

Man mag gern zusammen mit der CDU überlegen, mit welchem Personal die Regierung gebildet wird. Wir haben unsere Position klar benannt – unabhängig von Personen. Uns geht es um die Programme. Wir sagen nicht: „Das Gesicht oder der Name gefällt uns nicht.“ Wir treten deswegen nicht in eine solche Regierung ein, weil uns das Programm nicht gefällt. Von daher wird man sehen, wie sich die Grünen da letztendlich verhalten werden.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Rot-Rot- Grün!)

Ich glaube, es wird noch schwieriger werden, wenn man in Hamburg die Schnittmengen so sieht, dass ein solches Bündnis denkbar ist. Ich vermute schon, dass Sie noch unter Erklärungsdruck kommen. Aber Sie werden gezwungen sein, Herr Kollege Kretschmann, zu zeigen, ob Sie die Kraft, den Mut und die Traute haben, ihr Verhältnis zu denen, die teilweise auch aus Ihrer ehemaligen Klientel bei den Linken gelandet sind, offenzulegen und ganz klar zu sagen: „Auch wir, die Grünen, wollen mit dieser linken Partei, so wie sie jetzt ist, nicht koalieren und wollen uns von ihr auch als Partner in einer Regierung Ypsilanti nicht dulden lassen.“

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich darf zum Ende kommen: Es ist viel über die Historie gesagt worden. Ihre Ausführungen zur Historie, Herr Kollege Schmiedel, waren beeindruckend; das ist überhaupt keine Frage. Ich selbst habe hierzu in familiärer Hinsicht oder aus der Zeit der Wende keine Erfahrungen zu bieten. Deswegen erlauben Sie mir, dass ich abschließend aus einem Interview des Deutschlandfunks mit dem Liedermacher Wolf Biermann – vielen bekannt, Sozialdemokrat – zitiere.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Woher wissen Sie denn, dass er Sozialdemokrat ist?)

Jetzt bitte ich wirklich die Sozialdemokraten noch einmal, zuzuhören, falls sie das Interview nicht kennen:

Diese Linken da, mit denen jetzt die SPD ins Bett gehen will, das sind meine treuen alten Todfeinde. Was ich von denen halte, das können Sie sich an einem Finger aus

rechnen. Aber das ist die Vergangenheit. Man muss die Linken, die sich jetzt so nennen, auch beurteilen nach dem, was sie realistisch tun. Da sind sie nun wirklich

das stammt nicht von mir –

die schäbigste, die ordinärste Form des Populismus, zu dem alle Leute neigen, wenn sie gewählt werden wollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

An anderer Stelle heißt es dann:

Wenn Sie sich vorstellen:

jetzt hören Sie gut zu –

Die haben schon mal die SPD gefressen, nach dem Krieg, das hieß dann SED, Sozialistische Einheitspartei. Da haben die Kommunisten damals – die Stalinisten, würde ich besser sagen – unter dem Machtschild der Sowjetunion, der Besatzungsmacht, die SPD gefressen.

Und jetzt zieht er seine Conclusio: