Protokoll der Sitzung vom 02.04.2008

Mehr als 30 000 Schülerinnen und Schüler besuchen eine zweijährige Berufsfachschule. Diese Schulart hat neben den beruflichen Gymnasien eine zentrale Gelenkfunktion.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es! Sehr richtig! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir reden über Un- terrichtsausfall an beruflichen Schulen! Er windet sich wieder, das ist unglaublich!)

Sie stellt sicher, dass Hauptschülerinnen und Hauptschüler neben einer soliden Vorbereitung auf eine berufliche Ausbildung den mittleren Bildungsabschluss erwerben können. Wenn 40 % unserer Hauptschülerinnen und Hauptschüler am Ende die mittlere Reife erwerben – hauptsächlich dank der Berufsfachschule –, dann ist das auch ein Erfolg dieses Bildungsgangs, der diese Jugendlichen zu einem erfolgreichen Bildungsabschluss führt.

Daher bin ich auch der Kollegin Krueger dankbar, die in diesem Zusammenhang die Durchlässigkeit des Bildungssystems klar aufgezeigt hat. Das berufliche Bildungswesen ist auch deswegen so erfolgreich, weil jeder Jugendliche entlang dieses Systems am Ende zu einem erfolgreichen Abschluss kommen kann. Für uns gilt das Primat „Kein Abschluss ohne Anschluss“. Deswegen ist das berufliche Bildungssystem in Baden-Württemberg ein solches Vorzeigeprojekt und hat auch international Vorbildcharakter.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, da Sie, Herr Kollege Kaufmann, in diesem Zusammenhang in starkem Maße das Thema Unterrichtsversorgung angeschnitten haben, möchte ich vorweg einige wenige Bemerkungen zur Qualität unseres beruflichen Bildungssystems machen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Unsere Berufsschulen sind sehr innovative Schulen.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Das hat niemand bestrit- ten! Das liegt an den Lehrern! – Abg. Gunter Kauf- mann SPD: Gutes Personal! – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Das bestreitet niemand!)

Die neuen Lehrpläne, die erarbeitet wurden, sind handlungsorientiert und haben gleichzeitig die Problemlösung in den Mittelpunkt gestellt.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Über 200 sogenannte Lernfeldlehrpläne wurden entwickelt. Natürlich ist das auch eine außerordentliche Leistung unserer Berufsschullehrer, die mit der Umsetzung beauftragt sind.

Die beruflichen Gymnasien haben wir qualitativ-inhaltlich weiterentwickelt.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr richtig!)

Klar ist, dass es zur Attraktivität einer dualen Ausbildung gehört, dass parallel dazu der Erwerb der Fachhochschulreife ermöglicht wird.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es! Hervorra- gend!)

Das sind weitere Bausteine, die wir von Jahr zu Jahr weiterentwickeln, um das berufliche Bildungswesen noch attraktiver zu machen.

Nun zur Unterrichtsversorgung. Es ist kein Geheimnis, dass wir in der vergangenen Legislaturperiode insgesamt 5 500 neue, zusätzliche Lehrerstellen geschaffen haben. Zudem haben wir für diese Legislaturperiode die politische Aussage getroffen, dass wir keine Lehrerstelle aus dem Bestand einsparen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wo sind dann die ganzen Berufsschullehrer?)

Dies hatte zur Folge, dass wir in den Jahren 2000 bis 2006 1 800 neue Stellen allein für die beruflichen Schulen geschaffen haben. Das sind mehr neue Stellen, als insgesamt in den 20 Jahren zuvor an den beruflichen Schulen geschaffen wurden. Dadurch ist es uns gelungen, das strukturelle Defizit von über 7 % auf aktuell 4,4 % zu reduzieren. Das ist durchaus eine Quote, die im positiven Sinne weiterhin ausbaufähig ist.

(Lachen des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Aber wir befinden uns damit auf einem guten Weg.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig!)

Damit auch das klar ist, meine Damen und Herren: Berufsschulen müssen immer auch auf den Arbeitsmarkt reagieren. Wenn wir einen angespannten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt haben, bedeutet das nun einmal, dass wir mit jedem Einstellungsjahr, mit jedem Schuljahr auch eine entsprechende Anzahl von Lehrerstellen zur Verfügung stellen müssen.

Letztlich war nicht das Land Baden-Württemberg oder die Landesregierung dafür verantwortlich, dass es Jahre gab, in denen nicht in ausreichendem Maße Ausbildungsstellen geschaffen wurden. Trotzdem haben wir reagiert und zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung gestellt, um die betroffenen Jugendlichen nicht auf der Straße stehen zu lassen, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, im Rahmen vollzeitschulischer Bildungsgänge entsprechende Abschlüsse zu erwerben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es! – Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Trotzdem ist es uns gelungen, meine Damen und Herren, das strukturelle Defizit auf 4,4 % zu reduzieren.

Herr Kollege Lehmann, Sie haben es angesprochen – Sie sind ein Fachmann; Ihnen brauche ich da gar nichts vorzumachen –: Natürlich ist das strukturelle Defizit bei den Teilzeitklassen etwas höher als im gewerblichen Bereich oder insgesamt, gemessen an der genannten Quote von 4,4 %.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Gestatten Sie mir aber auch hier einen Ländervergleich. Sie wissen, dass die Stundentafel für die Teilzeitklassen an unseren Berufsschulen 13 Stunden vorsieht.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ist es!)

Sie wissen aber auch, dass die Stundentafeln aller anderen Bundesländer zwölf Stunden ausweisen. Es gab schon einmal

Überlegungen einer früheren Landesregierung, zu sagen: Dieses strukturelle Defizit könnten wir statistisch sofort bereinigen, wenn wir uns dem Niveau der anderen Bundesländer angleichen würden, also die Stundentafel von 13 auf zwölf Stunden reduzierten.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Am Ende würde das Folgendes bedeuten: Wir hätten im Teilzeitbereich kein strukturelles Defizit von 8 % mehr, sondern eines von 0 %. Wir haben das aber trotzdem nicht getan, weil uns natürlich auch an den Berufsschulen der Religionsunterricht, da, wo er erteilt wird, wichtig ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Dieter Kleinmann FDP/ DVP)

Deswegen nehmen wir das strukturelle Defizit in diesem Bereich durchaus in Kauf.

Die Lehrergewinnung, meine Damen und Herren, ist natürlich eine Herausforderung, und wir weisen in unserem Haushalt für alle Schularten auch stets die Stellen aus, die wir zur Deckung der Unterrichtsversorgung brauchen.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Ja! Richtig!)

Es ist kein Geheimnis, dass wir bei der Lehrergewinnung vor allem auch im ländlichen Raum und insbesondere in den Mangelfächern oder den technischen Berufen durchaus Probleme haben, qualifiziertes Lehrpersonal zu finden.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es! Habe ich ja auch gesagt!)

Kollege Kleinmann hat es gesagt, jawohl. Dafür bin ich sehr dankbar.

Es ist auch kein Geheimnis, dass es gerade in Zeiten einer guten wirtschaftlichen Konjunktur schwierig ist, an das erforderliche Personal heranzukommen.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Denn diese Leute befinden sich natürlich auch in einem Wettbewerb und genießen es, wenn sie gleichzeitig ein Angebot vom Staat und ein Angebot aus der freien Wirtschaft bekommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Aber auch dafür ist das Land Baden-Württemberg nicht primär zur Verantwortung zu ziehen. Vielmehr hat der Haushaltsgesetzgeber die Aufgabe, die notwendigen Ressourcen dafür zur Verfügung zu stellen. Das heißt, wenn wir alle Lehrerstellen besetzen könnten, die wir in diesem Bereich wollten, dann hätten wir das strukturelle Defizit weiter und deutlich unter 4,4 % reduziert.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Es sind konkrete Maßnahmen, die wir in Angriff genommen haben und die jetzt auch für das neue Schuljahr gelten, die ich nur kurz skizzieren möchte. Wir bauen die Dezentralisierung der Lehrergewinnung von Jahr zu Jahr aus. Konkret erfolgt

das durch schulbezogene Stellenausschreibungen. Sie wissen, dass wir anfänglich 30 % eines „Lehrerstellenjahrgangs“ ausgeschrieben haben und aktuell über 50 % schulscharf ausschreiben. Gerade für den beruflichen Bereich beträgt der Anteil der Lehrerstellen, die wir schulbezogen ausschreiben, Herr Kollege Lehmann, deutlich über 50 %. Das heißt, um es konkret zu machen: Die Berufsschule, die eine Stelle schulscharf ausschreiben will, um möglichst früh an qualifiziertes Personal heranzukommen, hat die Möglichkeit dazu. Das trägt natürlich auch zur Optimierung der Unterrichtsversorgung gerade für den ländlichen Raum bei. Wenn 80 % der Stellen, die wir im beruflichen Bereich schulscharf ausschreiben, allein im ländlichen Raum besetzt werden, dann ist das ein Beleg dafür, dass wir das Augenmerk genau auf die richtige Stelle richten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)