Protokoll der Sitzung vom 04.06.2008

Ein ausgeglichener Haushalt, Nullneuverschuldung, wachsende Exportumsätze und die niedrigsten Arbeitslosenzahlen sind Erfolge, um die uns viele beneiden. Wenn jemand die Rolle der Wirtschaftslokomotive in Deutschland und Europa übernommen hat, dann ist es Baden-Württemberg. Darauf dürfen wir im Land mit Recht stolz sein. Das ist ein Markenzeichen der Landesregierung.

Im Unterschied zur Opposition reden wir nicht einer defensiven Wirtschaftspolitik das Wort. Wir setzen nicht auf protektionistische Maßnahmen wie ein Tariftreuegesetz oder Wertgrenzen im Vergaberecht.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Herr Kollege Drexler – er ist leider nicht mehr da –: Mit Ihrer Ludwigsburger Erklärung liegen Sie grottenfalsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Werner Pfisterer CDU: Wie immer!)

Innovationen im Land sind kein Zufall und keine Eintagsfliegen. Sie haben einen Grund. Hinter dem wirtschaftlichen Erfolg des Landes steht ein strategischer Masterplan, den wir konsequent verfolgen und erfolgreich ausbauen. Die Exzellenzinitiative im Land hat Früchte getragen. Vier von neun Eliteuniversitäten forschen in Baden-Württemberg. Ein Zufall? Wohl kaum. Das ist vielmehr das Ergebnis guter Arbeit der Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Innovationskraft in unserem Land ist das Resultat des starken Engagements von Wirtschaft und Wissenschaft in Forschung und Entwicklung. Während sich der Bund und die Europäische Union noch das Ziel setzen, bis zum Jahr 2010 mindestens 3 % des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung zu investieren, haben wir dieses Ziel mit 4,2 % längst übertroffen. Neben vielen projektbezogenen Förderinstrumenten unterstützen wir Innovationen mit Mitteln der Landesstiftung und aus dem Darlehensprogramm der L-Bank. Am Geld darf die Umsetzung einer guten Idee nicht scheitern.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Verbundforschung, Kompetenzzentrum, Netzwerke und Clus termanagement sind Elemente einer Forschungsinfrastruktur, die wir zu einem hohen Perfektionsgrad ausgebaut haben. Mit Instrumenten wie Technologietransfer, Wissenstransfer, aber auch Humantransfer sorgen wir dafür, dass Erkenntnisse der Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Forschung unserer Hochschulen, der Max-Planck- und Fraunhofer-Institute in wirtschaftliche Ergebnisse umgesetzt werden. Bei diesem Innovationsindikator nehmen wir weltweit mit Abstand den Spitzenplatz ein. Dem Zufall wird hier nichts überlassen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Auch wenn die meisten Innovationen aus dem Fahrzeug- und Maschinenbau kommen, zählt bei uns die Umwelttechnik ebenso zu den Innovationstreibern, wie Neuerungen auf dem Agrarsektor dazu gehören. Von den Angeboten der SteinbeisStiftung mit ihren 350 Transferzentren profitiert der Mittelstand. Selbst kleine Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 10 Millionen € können durch Innovationsgutscheine, Innovationsassistenten sowie Beratungs- und Coachingmaßnahmen ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Mit den Kammern, die Existenzgründer beraten, bilden sie ein wirkungsvolles Tandem.

Es gibt kein Land, das horizontal und vertikal eine so engmaschige Innovationsvernetzung aufweist wie Baden-Württemberg.

Wir wissen: Dem gewerblichen Rechtsschutz kommt dabei eine große Bedeutung zu. In vielen Ländern ist der Schutz von geistigem Eigentum nur schwach entwickelt. Geistiger Diebstahl ist vielerorts eher ein Kavaliersdelikt als ein Straftatbestand. Aber auch dagegen sind wir gerüstet; die Europäische Kommission hat unlängst unser Patentinformationssystem ausgezeichnet.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Der erfolgreiche Ausbau der Innovationskraft wird aber auch davon abhängen, dass wir die Rahmenbedingungen und die weichen Standortfaktoren stärken. Wir brauchen mehr Fachkräfte, eine noch bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, eine offene Tür für qualifizierte Kräfte aus dem Ausland, eine Erweiterung unserer Konzepte zur frühkindlichen Bildung, und es gilt, die Dauer der Zyklen von der Idee bis zur Markteinführung weiter zu reduzieren, auch wenn uns darin im internationalen Vergleich niemand das Wasser reichen kann.

Wir machen unsere Hausaufgaben. Der Bund muss noch mehr Finanzmittel für Forschung und Entwicklung bereitstellen. Ich würde mir auch wünschen, dass der Bund vermehrt Innovationsforen als zentrale Anlaufstellen für forschende Unternehmen gründet und im Bereich Risikokapital das amerikanische Modell übernimmt. Leider werden betriebliche Forschungsausgaben im Vergleich zu anderen Ausgaben bei uns steuerlich eher stiefmütterlich behandelt. Das muss sich ändern. Mit einer gezielten steuerlichen Begünstigung von Forschungsaktivitäten könnten wir die Unternehmensbesteuerung weiter senken sowie Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Also doch Steuer- senkungen?)

Darauf müssen wir im Bund hinwirken.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sehr gut! Steuersenkungen!)

„Hälingerweise“ freut sich der Schwabe dann doch über seine Erfindungen. Mehr Lebensfreude bringt mehr Erfindungen. So einfach ist das.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Gut!)

Meine Damen und Herren, unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt jetzt mein besonderer Gruß dem ehemaligen Präsidenten des Kantonsrats des Kantons Schaffhausen, Herrn Charles Gysel.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Kollege Gysel hat sich in den letzten Jahren große Verdienste um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit insbesondere zwischen dem Kanton Schaffhausen und dem Land Baden-Württemberg erworben. In der Parlamentarierkommission Bodensee hat er immer wieder wichtige Impulse für konkrete Kooperationsmöglichkeiten gegeben. Ich möchte den heutigen Besuch von Herrn Altkantonspräsidenten Gysel dazu nutzen, ihm für sein außergewöhnliches Engagement in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sehr herzlich zu danken.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Das Wort erteile ich nun Herrn Abg. Dr. Prewo.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Technologiepolitik des Landes ist richtungslos.

(Lachen bei der FDP/DVP)

Sie ist träge, sie ist in der Reichweite völlig kümmerlich,

(Zuruf von der CDU: Oh!)

und sie ist ordnungspolitisch weitgehend falsch.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir sind nicht im Bundestag!)

Einer der bedeutendsten Unternehmer des Landes, Menno Harms, hat unlängst dazu gesagt:

Niemand weiß, was die Landesregierung in der Innova tionspolitik will.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da hat er recht!)

Er fügte hinzu:

Wenn Sie heute Unternehmer fragen, welche wirtschafts politischen Ziele das Land verfolgt, werden Sie außer all gemeinen Bemerkungen nichts hören.

Richtungslos – die Richtung ist nicht erkennbar.

Es war einmal anders. In den Sechzigerjahren hat Ministerpräsident Kiesinger zusammen mit Minister Hahn fünf neue Universitäten gründen lassen,

(Zuruf von der FDP/DVP)

damals mithilfe der Opposition.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

In den Siebzigerjahren kamen die Berufsakademien dazu – das war ein guter Aufschlag –, in den Achtzigerjahren – immerhin unter Späth – die Transferzentren. Sie sehen, wir wollen dem, was geschehen ist, schon gerecht werden. Aber seither herrscht Windstille in der Technologiepolitik des Lan des.

Damit wir uns richtig verstehen: Wir sind ein sehr starkes Land. Baden-Württemberg hatte als stärkstes Industrieland schon immer die Technologieführung in Deutschland: Benz, Daimler, die beiden Maybachs, Ernst Heinkel, Graf Zeppelin, Felix Wankel usw. Die stärksten Erfinder seit 150 Jahren waren aus Baden-Württemberg. Wir könnten ein ganzes Pantheon von Erfindern und Ingenieuren von Badenern und Würt tembergern in Deutschland nennen und auch präsentieren. Wir könnten uns übrigens überlegen, ob wir anstatt der Darstellung nur von Dichtern oder manchmal Staatsmännern eine Art „Hall of Fame“ in Baden-Württemberg errichten, wo wir unsere Ingenieure und unsere Erfinder aus Baden-Württemberg ehren. Da würde eine Menge zusammenkommen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gute Idee!)

Das wäre auch für die Jugend ein großer Ansporn. Wir könnten die Erfindungen auch öffentlich präsentieren.

(Abg. Ingo Rust SPD: Sehr gut!)

Auf diese Idee kommt in der Regierung niemand. Man könnte von Philipp Matthäus Hahn über den Freiherrn von Drais bis zu Artur Fischer und darüber hinaus eine große Zahl darstellen.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Reinhold Würth!)