Protokoll der Sitzung vom 25.06.2008

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Aber wir beschäftigen uns nicht nur mit den Aufsteigern, sondern auch mit denen, bei denen die Risiken in der eigenen Entwicklung auch in der Schule deutlich werden. Da geht es um diejenigen, die es schließlich nicht schaffen, mit einem Abschluss von der Schule zu gehen. Man hat sich bundesweit darauf verständigt, dass die Quote derer, die keinen Hauptschulabschluss erreichen können, in den Schulen deutlich gesenkt werden muss. Wir haben, was die Schülerinnen und Schüler betrifft, die nicht mindestens einen Hauptschulabschluss erreichen, die niedrigste Quote. Wir hatten im vorletzten Jahr eine Quote von 6,3 %; mittlerweile liegt sie bei 5,9 %.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Aber nicht überall!)

Bundesweit liegt sie deutlich darüber. Wir liegen auch hier auf Platz 1 unter allen Bundesländern.

Es sind bei Weitem nicht alles Hauptschüler, die den Hauptschulabschluss nicht erreichen. Da sind natürlich auch alle Förderschüler dabei. Sie erreichen aber einen eigenen Abschluss und haben beispielsweise über Berufsbildungswerke eigene Zugangswege in die weitere berufliche Tätigkeit.

97,3 % aller unserer Hauptschülerinnen und Hauptschüler haben zuletzt einen Hauptschulabschluss erreicht. Das ist eine ausgesprochen hohe Erfolgsquote.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Ent- scheidend ist, was sie damit anfangen können!)

Wir kümmern uns auch darum, dass diejenigen, die eine sonderpädagogische Förderung brauchen, diese einerseits in für sie sehr gut geeigneten Sonderschulen bekommen können. Wir haben dort die beste Schüler-Lehrer-Relation aller Bundesländer. Aber wir haben gleichzeitig die höchste Quote aller Länder bei der Frage: Wie viele Kinder werden an den allgemeinen Schulen durch sonderpädagogische Unterstützung gefördert? Bundesweit sind das gerade einmal 14 %, bei uns sind es 40 %. Das alles ist noch die Abteilung „Erfolgsquoten“.

Meine Damen und Herren, gleichzeitig achten wir darauf, dass wir diese Erfolgsquoten nicht etwa dadurch erreichen, dass wir etwas verschenken. Wir verschenken keine Abschlüsse.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das wäre ja noch schöner!)

Abschlüsse müssen werthaltig bleiben, damit sie für den Übergang genutzt werden können. Deswegen stellen wir uns auch jeder Qualitätsanforderung und jedem Qualitätsvergleich. Dabei kommt für die Jugendlichen in unserem Land die mit Abstand niedrigste Arbeitslosenquote in Deutschland und in Europa heraus.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das liegt aber nicht an der Landesregierung!)

Jetzt beträgt sie nur noch 2,8 %. Davon träumen andere nicht einmal, weil sie wissen, dass sie dies nicht erreichen können.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Natürlich ist die Frage immer auch: Wie viele Lehrkräfte stehen zur Verfügung, um die Aufgaben in der Schule wahrzunehmen? Man kann natürlich sagen: nie genug. Aber ich will auch hier wenigstens eine Zwischenbilanz ziehen.

Wir haben eine Relation von 16,1 Schüler pro Lehrer. Das ist der erste Platz unter allen alten Flächenländern. Die neuen Bundesländer taugen hier wegen des massiven Schülerrückgangs in diesen Ländern nicht wirklich zu einem Vergleich.

(Zuruf von der SPD)

Wir haben mit den Pädagogischen Assistenten eine neue Profession in die Schulen gebracht. Die Schulen, die daran partizipieren, sind mit dem Einsatz dieser Pädagogischen Assis tenten sehr zufrieden.

Die Frage ist: Was kommt nach? Seit dem Jahr 2000 haben wir in Baden-Württemberg 38 000 Lehrerinnen und Lehrer neu in den Schuldienst des Landes eingestellt.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Junge Lehrerinnen und Lehrer, die modern ausgebildet sind, die beispielsweise auch von Anfang an in ihrer Ausbildung mit den neuen Bildungsplänen gearbeitet haben, bilden damit rund 40 % des gesamten Personalkörpers in den Schulen.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das ist ja lo- gisch! Dass die Menschen älter werden, kann selbst die CDU nicht verhindern!)

Ich sage Ihnen, dass in diesem Jahr rund 4 100 weitere Lehrerinnen und Lehrer in den Schuldienst des Landes eingestellt werden. Auch das ist, glaube ich, eine unglaubliche Anstrengung, die wir hier unternehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir haben im Stellenplan des Landes aktuell 90 535 Lehrerstellen. Das ist ein historischer Höchststand in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg. Es kann keine Rede davon sein, dass auf Kosten der Bildung gespart werde. Wir haben bei sinkenden Schülerzahlen das hohe Niveau der Lehrerausstattung gehalten,

(Beifall des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Aber trotzdem hatte mein Sohn gestern kompletten Unterrichtsausfall! Den ganzen Tag keinen Unterricht! – Gegenruf der Abg. Elke Brunnemer CDU)

und wir haben damit dafür Sorge getragen, dass die Ziele, die ich beschrieben habe, auch erfolgreich erreicht werden können.

(Abg. Reinhold Gall SPD: So ein Quatsch!)

Wir haben als eines von drei Ländern keinen Numerus clausus bei der Ausbildung von Referendaren. 13 andere Länder verhindern, dass Studenten ihre Ausbildungen zügig zu Ende bringen können. Wir gehören zu den drei Ländern, die den Numerus clausus bei der Referendarausbildung nicht eingeführt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Wir haben eine Reihe von Erfolgskonzepten zu bilanzieren. Die frühe Bildung ist in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen, aber auch in den Mittelpunkt unserer Taten gerückt. Mit dem Orientierungsplan für den Kindergarten, mit dem Projekt „Schulreifes Kind“, mit dem Bildungshaus für Drei- bis Zehnjährige, mit der Sprachförderung vor und in der Grund schule haben wir erhebliche Mittel eingesetzt und Konzepte erarbeitet, mit denen wir die frühkindliche Bildung zu einem durchgängigen Konzept – von Beginn des Kindergartens an bis zum Ende der Grundschule – entwickeln.

Wir haben auf der anderen Seite aber nicht vor, die Grundschulzeit zu verlängern. Es gibt keinen Grund dafür.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Macht keinen Sinn! – Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Eine Verlängerung der Grundschulzeit dezimiert die Konzepte der weiterführenden Schulen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Jawohl! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP)

Wer auf eine sechsjährige Grundschule setzt, setzt damit auch auf das sechsjährige Gymnasium, die vierjährige Realschule und die dreijährige Hauptschule. Das sind keine wirklichen Perspektiven.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Inzwischen haben wir ja auch eine deutliche Antwort auf die Frage bekommen, was von der sechsjährigen Grundschule zu erwarten ist. Professor Rainer Lehmann von der HumboldtUniversität in Berlin

(Zuruf der Abg. Ute Vogt SPD)

hat dazu Untersuchungen angestellt. Er hat deutlich festgestellt, dass die vierjährige Grundschule ein erfolgversprechenderes Konzept ist, wenn man sie in den Zusammenhang mit den weiterführenden Schulen stellt.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Falsch interpretiert! Das stimmt einfach nicht! – Zuruf des Abg. Thomas Knapp SPD)

Ich interpretiere nicht. Ich bin auch bereit, zu zitieren, wenn Sie das nicht glauben wollen. Ich habe auch dazu ein Zitat dabei. Lehmann betont: „Bei einer nur vierjährigen Grundschule ist der Lernfortschritt in allen Leistungsgruppen besser.“

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Volker Schebesta CDU: Hoppla!)

Man kann da nicht viel fehlinterpretieren.

Wir haben die Ganztagsschulen systematisch ausgebaut. Derzeit sind es 837 Schulen, die sich als Ganztagsschulen konstituiert haben. Wir verpflichten sie nicht, sondern wir bieten ihnen die Möglichkeit dazu. Die Entscheidung wird vor Ort nach Bedarf und nach Beratung mit allen zu beteiligenden Gruppierungen getroffen.

Wir haben für das neue Schuljahr erneut 221 Ganztagsschulen zusätzlich genehmigt.

(Abg. Ute Vogt SPD: Und wie viele Lehrer dazu?)

Damit liegen wir schon bei fast 1 060 Ganztagsschulen im Land.

Wir haben dort mit dem Jugendbegleiterprogramm eine intelligente Form der Vernetzung von Schule und außerschulischer Bildung geschaffen. Mittlerweile nehmen 765 Schulen dieses Programm wahr. Das heißt, fast alle Ganztagsschulen arbeiten mit dem Jugendbegleiterprogramm. Auch hier schreitet die Entwicklung zügig voran.

Wir haben für unsere Schulen stimmige Schulkonzepte auf der Basis moderner Bildungspläne. Diese Bildungspläne haben erstmals in der Geschichte der Bildungspolitik in Deutschland Standards gesetzt, Kompetenzen formuliert und den Schu len den Auftrag zur Entwicklung von Schulcurricula gegeben. Hartmut von Hentig, dessen Rang in der deutschen Bildungsszene unbestritten ist, hat das Vorwort für die Bildungspläne verfasst – das war bereits eine Adelung der Bildungspläne – und schreibt darin, dass diese Reform „eine Antwort auf die jetzt gegebenen und erkennbaren Erwartungen“ an die Schulen ist.

Mit diesen Konzepten und mit der gestärkten Eigenständigkeit der Schulen entwickeln wir unsere Schulen weiter. Aber die Schulen entwickeln sich auch weiter. Es ist ganz entscheidend, dass wir hier von den Schulen selbst erfahren, wie sie die Verantwortung, die ihnen übertragen worden ist, wahrnehmen.